OGH 5Ob104/99a

OGH5Ob104/99a25.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Notburga R*****, vertreten durch Dr. Bernhard Aschauer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Kommerzialrat Hermann S*****, vertreten durch Dr. Hermann Spatt, Rechtsanwalt in Thalgau, wegen Aufhebung eines Kaufvertrages und Leistung (Revisionstreitwert S 1,313.746,50 sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 1. März 1999, GZ 1 R 4/99k-22, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zu dem von den Vorinstanzen als unwirksam beurteilten Gewährleistungsverzicht ist primär anzumerken, dass im Vertrag lediglich die Haftung "für bestimmte Eigenschaften oder eine bestimmte Beschaffenheit des Kaufobjekts" ausgeschlossen wurde, nicht aber für die gemäß § 922 ABGB "im Verkehr gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften". Die Freiheit einer Liegenschaft von massiven Kontaminationen, deren Vorhandensein infolge Einschreitens der Umweltbehörde die Käuferin für Jahre an der Bauführung hindert, gehört im allgemeinen zu den gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften einer zum Zweck der Errichtung eines Hauses gekauften Liegenschaft, sodass sich der Gewährleistungsausschluss schon nach dem Wortlaut des Vertrages nicht ohne weiteres auf den festgestellten Mangel, der die gewöhnlich vorausgesetzte Brauchbarkeit verhinderte, beziehen läßt. Schon die Auslegung von Gewährleistungsvorschriften darf nämlich zu keinen sittenwidrigen Ergebnis führen (SZ 40/37). Selbst wenn man den Gewährleistungsausschluss aber auf diesen Mangel bezieht, muss sich der Beklagte dem Vorwurf der Sittenwidrigkeit aussetzen, hat er doch bei Vorhandensein von Verdachtsgründen die Klägerin nicht aufgeklärt, obwohl sie die Haftung für diesen Mangel vertraglich ausschließen wollte (JBl 1987, 383).

Es entspricht gesicherter höchstgerichtlicher Rechtsprechung, dass die Sittenwidrigkeit von Freizeichnungsklauseln nicht ausdrücklich unter formeller Berufung auf § 879 ABGB geschehen muss, sondern auch eine schlüssige Geltendmachung durch entsprechendes Sachvorbringen unter Hinweis auf den Rechtsmissbrauch eine notwendige Berufung auf die Nichtigkeit der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung darstellt (ÖBA 1990, 466 = WBl 1990, 55 mwN; SZ 69/127; RS0016447; RS0016440).

Ob in einem konkreten Fall das Vorbringen einer die Aufhebung eines Vertrages anstrebenden Partei als ausreichend in diesem Sinn zu erachten ist, ist als Frage des Einzelfalls nicht revisibel, solange keine auffallende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen vorliegt. Das ist dann nicht der Fall, wenn das gesamte Vorbringen der Klägerin, insbesondere auch das zur Sittenwidrigkeit des Irrtumsanfechtungsausschlusses, auch auf den Gewährleistungsausschluss bezogen wurde.

In ständiger Rechtsprechung wird der zeitliche Aspekt der Behebbarkeit eines Mangels neben dem der Wirtschaftlichkeit als maßgeblich angesehen. Ein Mangel ist - selbst wenn er behebbar ist - in rechtlicher Hinsicht dem unbehebbaren gleichgestellt, der zur Vertragsaufhebung berechtigt, wenn die Mängelbehebung nicht in absehbarer Zeit bewerkstelligt werden kann (SZ 22/145; JBl 1972, 531 = EvBl 1972/170; RS0018746). Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass der Verkäufer dafür einzustehen hat, dass sich die Sache schon bei Übergabe in brauchbarem Zustand befindet.

Ergab sich daher für die Klägerin als Erwerberin eines Grundstücks mit Bauplatzbewilligung, der am 22. 11. 1995 eine Baubewilligung erteilt wurde, die Notwendigkeit des Zuwartens mit der Bauführung auf unbestimmte Zeit, weil erst der Abschluss der Untersuchung des kontaminierten Bodens durch die Bundesumweltbehörde ("Verdachtsfläche" für Chemieabfälle) im Frühjahr 1999 der Umfang der notwendigen Altlastensanierung festgestellt werden konnte, ist die Annahme der Unbehebbarkeit des Mangels infolge Unzumutbarkeit des Zuwartens begründet. In Übereinstimmung mit der dargestellten Rechtsprechung haben die Vorinstanzen der Klägerin deshalb die Berechtigung zur Vertragsaufhebung zugestanden, ohne dass darüber hinaus Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen gewesen wären.

Zur Frage des Schadenersatzes geht die Revision nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, weshalb sich ein Eingehen auf die Argumente erübrigt.

Das unzulässige Rechtsmittel war daher zurückzuweisen.

Stichworte