OGH 1Ob317/99w

OGH1Ob317/99w25.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Gesellschaft m. b. H. *****, vertreten durch Dr. Werner Steinwender und Dr. Christian Mahringer, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Dkfm. Miljenko B*****, vertreten durch Dr. Hermann Fina, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 199.636,32 S sA infolge ordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 150.591,19 S sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 10. Juni 1999, GZ 2 R 256/98d-35, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 13. Oktober 1998, GZ 22 Cg 118/97p-30, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision und die Revisionsbeantwortung werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte nach Auflösung eines Leasingvertrags über einen PKW den Zuspruch von 199.636,32 S sA. Diesem Klagebegehren gab das Erstgericht mit 192.336,05 S sA statt und wies das Mehrbegehren von 7.300,27 S sA ab. Das Berufungsgericht sprach der klagenden Partei bloß 150.591,19 S sA zu und wies das Klagemehrbegehren von 49.045,13 S sA ab. Es sprach zunächst ferner aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Mit Beschluss vom 21. September 1999 änderte das Berufungsgericht diesen Ausspruch auf Antrag des Beklagten dahin ab, dass die ordentliche Revision doch zulässig sei. Es fehle an einer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob ein Leasingvertrag vom Geschäftsführer einer Gesellschaft als Konsument und Mitleasingnehmer wegen laesio enormis und Wuchers erfolgreich angefochten werden könne, wenn er behaupte, "keine Gegenleistung erhalten zu haben", seien doch Äquivalenzstörungen beim Leasingvertrag grundsätzlich beachtlich.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

1. Nach den Revisionsausführungen hätte der Beklagte den Leasingvertrag einer Gesellschaft als deren Geschäftsführer zwar "als Mitantragsteller" unterfertigt, in Wahrheit jedoch keine Gegenleistung erhalten, sodass nicht nur der Tatbestand des Wuchers, sondern auch der der Verkürzung über die Hälfte des wahren Wert erfüllt sei, könne doch das auf den Beklagten anwendbare Konsumentenschutzrecht durch die Vereinbarung einer ihn als Mitleasingnehmer belastenden Solidarhaftung nicht wirksam umgangen werden.

1. 1. Der Beklagte stützte sein Vorbringen, der Leasingvertrag sei wegen Wuchers nichtig bzw zufolge Verkürzung über die Hälfte des wahren Werts nicht verbindlich, im Verfahren erster Instanz auf die Behauptung, der Wert des Leasingobjekts habe nicht einmal die Hälfte des vereinbarten Leasingentgelts erreicht. Zu berücksichtigen sei auch, dass "der Leasinggeber dem Leasingnehmer das Objekt weit kürzer als die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zugestanden" habe (ON 11 S. 4 f).

1. 2. Das ein krasses Wertmissverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, das als Tatbestandsmerkmal des Wuchers oder der Verkürzung über die Hälfte des wahren Werts verwirklicht sein müsste, nicht besteht, folgt aus den Feststellungen. Der Beklagte behauptete im Verfahren erster Instanz dagegen nicht, er habe überhaupt keine Gegenleistung erhalten, weil ihm von der Leasinggeberin kein Nutzungsrecht am Leasingfahrzeug eingeräumt worden sei.

2. Jene Rechtsfrage, die das Berufungsgericht schließlich bewog, die ordentliche Revision doch zuzulassen, ist somit nach den voranstehenden Erörterungen gar nicht zu lösen, beruht sie doch auf Tatsachenbehauptungen, die als unzulässige Neuerungen erst im Rechtsmittelverfahren vorgebracht wurden.

3. Das Erstgericht stellte fest, der Beklagte habe den Leasingvertrag über Aufforderung der klagenden Partei "als Mitantragsteller" unterfertigt, weil letztere "eine bessere finanzielle Absicherung des (Anm: zuvor bereits mit der Gesellschaft abgeschlossenen) Vertrages" erreichen habe wollen. Das Leasingfahrzeug sei den Leasingnehmern "in einem neuwertigen Zustand übergeben" worden (ON 30 S. 14).

Zu diesen Tatsachen sei angemerkt, dass aus ihnen nicht geschlossen werden kann, der Beklagte habe als Leasingnehmer kein vertragliches Nutzungsrecht gehabt. Das Motiv des Leasinggebers für die von ihm erreichte Erstreckung des Vertragsverhältnisses auf einen solidarisch haftenden Zweitleasingnehmer sagt nichts über dessen vertraglichen Rechte aus. Diese unterscheiden sich im Übrigen - nach den weiteren Feststellungen zum Vertragsinhalt - nicht von jenen der Gesellschaft.

4. Gemäß § 508a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision an einen Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden. Die Revision ist daher vor dem Hintergrund der voranstehenden Erwägungen in Ermangelung einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO, von deren Lösung die Entscheidung abhinge, zurückzuweisen. Dabei kann sich der Oberste Gerichtshof zufolge § 510 Abs 3 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.

5. Der klagenden Partei wurde eine Ausfertigung des Beschlusses, mit dem ihr das Berufungsgericht die Revisionsbeantwortung nach § 508a Abs 5 ZPO freigestellte, am 4. Oktober 1999 zugestellt. Nach § 507a Abs 1 beträgt die Frist zur Revisionsbeantwortung vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 507a Abs 2 Z 2 ZPO mit Zustellung der Mitteilung über deren Freistellung. Eine solche Revisionsbeantwortung ist zufolge § 507a Abs 3 Z 1 ZPO beim Berufungsgericht einzubringen. Demgemäß war der 2. November 1999 der letzte Tag, an dem sie fristgerecht zur Post gegeben werden konnte. An diesem Tag langte die Revisionsbeantwortung entsprechend ihrer Adressierung beim Erstgericht (Landesgericht Klagenfurt) ein. Dieses leitete den Schriftsatz an das Berufungsgericht (Oberlandesgericht Graz) weiter, bei dem er am 5. November 1999 eintraf.

5. 1. Bei gesetzlichen Fristen - somit auch bei der Frist zur Rechtsmittelbeantwortung - wird der Zeitbedarf für den Postlauf in die zu wahrende Frist dann nicht eingerechnet, wenn die Sendung an das zuständige Gericht adressiert wurde. Bei fristgerechter Absendung an ein unzuständiges Gericht muss die Sendung als Voraussetzung ihrer Rechtzeitigkeit dagegen noch innerhalb der durch den Zustellakt ausgelösten Frist beim zuständigen Gericht einlangen (SZ 60/192). Im Anlassfall hätte die Revisionsbeantwortung der klagenden Partei spätestens am 2. November 1999 beim Oberlandesgericht Graz eintreffen müssen, um noch rechtzeitig zu sein. Da sie jedoch dort erst am 5. November 1999 eingelangte, ist sie verspätet und deshalb zurückzuweisen.

Anzumerken bleibt, dass diese Revisionsmittelbeantwortung auch im Falle deren Rechtzeitigkeit nicht zu honorieren gewesen wäre, weil in ihr nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels des Beklagten hingewiesen wurde.

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