OGH 1Ob346/99k

OGH1Ob346/99k14.1.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Jörg E*****, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler und Mag. Erich Rebasso, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Wasserwerksgenossenschaft W*****, vertreten durch Draxler & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 276.754,80 S sA über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 16. März 1999, GZ 11 R 197/98s-22, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die hier bedeutsame Wehranlage ist eine Wasserbenutzungsanlage im Sinne des § 26 Abs 1 WRG. Die beklagte Partei ist Inhaberin des mit dieser Anlage verbundenen Wasserbenutzungsrechts. Ihr werden nach den Feststellungen auch "regelmäßige Bachabkehren im Werkskanal ... behördlich vorgeschrieben". Auch die Bachabkehr 1995, die dem Klageanspruch zugrunde liegt, wurde von der beklagten Partei durchgeführt.

Die Wehranlage der beklagten Partei ist als Stauanlage zur Wasserspeicherung und -zufuhr - entgegen deren Ansicht - kein Zubehör des Werkskanals und der Kraftwerke in dessen Verlauf, sondern eine sonderrechtsfähige Wasserbenutzungsanlage. Das verdeutlicht bereits das vom erkennenden Senat in der Entscheidung 1 Ob 21, 22/93 (= SZ 66/177) aufgegriffene Beispiel Raschauers (Wasserrecht - Kommentar Rz 8 zu § 26 WRG).

Der Versuch der beklagten Partei, eine Haftung nach § 26 Abs 2 WRG mit dem Argument abzuwenden, ihre Wasserbenutzungsanlage sei bloß Zubehör der einzelnen Kraftwerke ihrer Mitglieder im Verlauf des Werkskanals, muss daher scheitern.

2. Die Behauptung der beklagten Partei, im "Zeitpunkt der erstmaligen Wasserbenutzungsbewilligungserteilung "habe" ein ... Fischereirecht als selbständiges dingliches Recht gerade eben nicht" bestanden, ist feststellungsfremd, beruht doch die Bewilligung der konkreten Stauanlage auf dem Bescheid des Landeshauptmanns für Niederösterreich vom 19. Juli 1952. Damals waren aber die Fischereireviere - auch nach Ansicht der beklagten Partei - längst gebildet. Daher tragen die grundsätzlichen Ausführungen über die Priorität von Fischereirechten in der Entscheidung 1 Ob 21, 22/93 auch den im Anlassfall geltend gemachten Ersatzanspruch.

3. Die beklagte Partei hält ihren Standpunkt, Ersatzansprüche nach § 26 Abs 2 WRG könne nur der Fischereiberechtigte selbst, nicht dagegen ein Pächter geltend machen, weiterhin aufrecht. Darauf ist zu erwidern:

§ 26 Abs 2 WRG begründet eine § 364a ABGB entsprechende Erfolgshaftung. Jene Sonderregelung verdrängt nachbarrechtliche Ersatzansprüche nach § 364 Abs 2 und § 364a ABGB im Falle eines - wie hier - konsensgemäßen Betriebs einer behördlich genehmigten Wasserbenutzungsanlage, wobei solche Ansprüche auch einem Pächter des Fischereiberechtigten zustehen (1 Ob 19/90 = JBl 1991, 247 [Rummel]).

Nach Ansicht der beklagten Partei ist dagegen aus der Entscheidung 1 Ob 19/90 ein unmittelbarer Ersatzanspruch des Pächters bloß "bei konsenslosem oder konsenswidrigem Betrieb" einer Wasserbenutzungsanlage ableitbar. Diese Auslegung beruht jedoch auf einem Missverständnis deren allgemeinen Bedeutung.

Der Umstand, dass dem Ersatzanspruch eines Pächters dort der konsenslose Betrieb einer Kläranlage zugrunde lag und daher nicht die Sonderregelung des § 26 Abs 2 WRG, sondern allgemeines Nachbarrecht zur Anwendung kam, erlaubt nicht die Schlussfolgerung, die grundsätzlichen Ausführungen zur Aktivlegitimation eines Bestandnehmers, einen nachbarrechtlichen Ersatzanspruch geltend zu machen, seien dann nicht tragfähig, wenn ein solcher Ersatzanspruch auf dem konsensgemäßen Betrieb einer Wasserbenutzungsanlage beruht, wird doch unmissverständlich klargestellt, dass § 26 Abs 2 WRG seiner Rechtsnatur nach § 364a ABGB entspricht und bei Verwirklichung seines Tatbestands als Sonderregelung für Ersatzansprüche an die Stelle nachbarrechtlicher Ansprüche nach § 364 Abs 2 und § 364a ABGB tritt. Da aber § 26 Abs 2 WRG die Aktivlegitimation für derartige Ersatzansprüche nicht auf die Person des Fischereiberechtigten beschränkt, sind insofern die für das allgemeine Nachbarrecht geltenden Grundsätze maßgebend.

4. Aus der Formulierung in der Entscheidung 1 Ob 21, 22/93 ("Gleiches hat zu gelten, wenn sie im wasserrechtsbehördlichen Verfahren keine Maßnahmen zum Schutz der Fischerei [§ 15 Abs 1 WRG idF der WRG-Novelle 1990] begehrt haben" [Pkt. 4. Ende 1. Abs]) leitet die beklagte Partei offenkundig ab, die Ersatzpflicht nach § 26 Abs 2 WRG in der geltenden Fassung könne sich nur auf einen Sachverhalt beziehen, "welchem eine wasserrechtliche Bewilligung und ein Schadenseintritt nach Inkrafttreten der WRG-Novelle 1990 zugrunde" liege. Sie blendet damit die Kernbegründung im Pkt. 4. dieser Entscheidung aus ihren Erwägungen aus, die sich zur Anspruchsvoraussetzung, dass "mit dem Schadenseintritt bei der Bewilligung nicht oder nur in einem geringeren Umfang gerechnet wurde", ausschließlich auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor der WRG-Novelle 1990 stützt.

5. Im Übrigen befasst sich die beklagte Partei mit Fragen der Auslegung eines Abtretungsvertrags und - der Sache nach - solchen der Beweiswürdigung zu der im Revisionsverfahren nicht mehr korrigierbaren Feststellung, dass "im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren der Stauanlage ... nicht mit nachteiligen Folgen für den Fischereiberechtigten von der Art des eingetretenen Schadens gerechnet worden war". In der Frage der Vertragsauslegung vermag sie jedoch eine gravierende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen nicht aufzuzeigen.

6. Aus allen voranstehenden Erwägungen folgt, daß die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO abhängt, sodass die außerordentliche Revision der beklagten Partei gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückzuweisen ist.

Stichworte