OGH 2Ob342/99d

OGH2Ob342/99d10.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Flora P*****, vertreten durch Dr. Ekkehard Erlacher und Dr. Renate Erlacher-Philadelphy, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Hannes L*****, und 2. Petra L*****, beide vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Räumung infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 13. August 1999, GZ 4 R 371/99h-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 25. Mai 1999, GZ 17 C 62/99z-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Berufungsgericht hat zwar in Abänderung seines zunächst gegenteiligen Ausspruches die Revision gegen sein Urteil vom 13. 8. 1999 gemäß § 508 Abs 3 ZPO für zulässig erklärt, doch liegen die in § 502 Abs 1 ZPO normierten Voraussetzungen für die Anrufung des Obersten Gerichtshofes nicht vor. Die Erledigung des Rechtsmittels kann sich daher auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO). An den gegenteiligen Ausspruch des Berufungsgerichtes ist der Oberste Gerichtshof nicht gebunden (5 Ob 127/99h; 6 Ob 223/99h).

Rechtliche Beurteilung

Als (entscheidungs-)erhebliche Rechtsfrage ist einzig die Auslegung des Parteienverhaltens der beklagten Parteien im Anschluss an die Erklärung des Rechtsvorgängers der klagenden Partei als Verpächter bereits wenige Monate nach Zustandekommen eines mündlichen Pachtvertrages, die Beklagten als Pächter mögen "abfliegen" und sich "etwas Neues suchen", zu beurteilen. Die beklagten Parteien haben diese Erklärung selbst in ihrem Antwortschreiben vom 22. 12. 1998 als "einseitige Kündigung des Pachtverhältnisses mit sofortiger Wirkung" verstanden und um Rückzahlung ihrer zuvor erlegten Kaution ersucht; des weiteren haben sie hierin mitgeteilt, "ab sofort" keinen Pachtschilling mehr (in der vereinbarten Höhe von bisher S 7.500 monatlich), sondern nur mehr S 2.250 an "angemessener Miete" leisten zu wollen.

Während das Erstgericht die auf titellose Benützung, in eventu Vorliegen eines qualifizierten Zahlungsrückstandes nach § 1118 ABGB gestützte Räumungsklage abwies, gab ihr das Berufungsgericht - in Stattgebung der Berufung der klagenden Partei, in der das Fehlen der Voraussetzungen des § 1118 ABGB nicht mehr bekämpft worden war - Folge. Es ging davon aus, dass das zitierte Antwortschreiben der Beklagten im Sinne einer einvernehmlichen Auflösung zu verstehen sei, weil sie hierin die Auflösung des Pachtverhältnisses durch den Verpächter zustimmend zur Kenntnis genommen und erst nach sohin einvernehmlicher Auflösung desselben ein neues Anbot zum Abschluss eines Mietvertrages (insbesondere mit geänderten Zahlungsbedingungen) gestellt hätten, welches jedoch vom später verstorbenen Verpächter nicht angenommen worden sei. Dieses Anbot habe auch gegenüber dem früheren Pachtverhältnis kein minus, sondern ein aliud dargestellt, sodass für die tatsächlich erfolgte Weiterbenützung kein Rechtstitel bestehe.

Dieses Auslegungsergebnis, das sich am Wortlaut und Sinngehalt des Schreibens der beklagten Parteien orientierte, ist keineswegs - wie die Revision vermeint - "grob fehlerhaft", sodass es einer Korrektur bedürfte, sondern vielmehr eine typische Einzelfallbeurteilung, die für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar wäre (und damit die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO erfüllte), wenn im Interesse der Rechtssicherheit wirklich ein grober Fehler bei der Auslegung unterlaufen wäre (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 502; RIS-Justiz RS0021095 und 0044298). Die Revisionswerber erkennen selbst, dass es sich um einen Auslegungsfall nach den §§ 863, 914 ABGB handelt. Der Umstand, dass es sich bei ihnen "nicht um juristisch geschulte oder vertretene" Personen handelt, vermag daran ebenso wenig zu ändern wie der Umstand, dass das Berufungsgericht die Änderung der (rechtlichen) Qualifikation des Bestandverhältnisses von Pacht auf Miete (mit um fast 2/3 gekürztem Monatsentgelt) als aliud qualifizierte, weil es sich hiebei tatsächlich um unterschiedliche, auch in den Rechtsfolgen abweichende Vertragstypen handelt. Dass die Beklagten der Auflösungserklärung ihres Verpächters überhaupt "nur unter der Bedingung" zustimmen wollten, dass im selben Ausmaß ein Mietverhältnis zustande komme, lässt sich jedenfalls dem Wortlaut ihres Schreibens auch im Lichte des § 914 ABGB nicht entnehmen. Insoweit versuchen die Rechtsmittelwerber vielmehr (unzulässigerweise), die Beweiswürdigung der Vorinstanzen vor dem Obersten Gerichtshof einer für sie günstigeren Umwürdigung zu unterziehen.

Mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision der beklagten Parteien sohin zurückzuweisen.

Da die klagende Partei auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ihrer Prozessgegner nicht hingewiesen hat, hat sie die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen (RS0035962, 0035979).

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