OGH 1Ob308/99x

OGH1Ob308/99x23.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück, Dr. Peter Wagner, Dr. Walter Müller und Dr. Wolfgang Graziani-Weiss, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagten Parteien

1. R***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Manfred Pochendorfer, Rechtsanwalt in Ried, und 2. Dipl. Ing. Erwin W*****, vertreten durch Dr. Guido Held, Dr. Gottfried Berdnik, Mag. Bernhard Astner und Mag. Lukas Held, Rechtsanwälte in Graz, wegen S 1,626.219,16 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 10. August 1999, GZ 6 R 132/99w-15, womit der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 26. März 1999, GZ 2 Cg 154/98i-9, in der Hauptsache (Klagszurückweisung) bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der erst- und der zweitbeklagten Partei binnen 14 Tagen die mit je S 24.415,20 (darin S 4.069,20 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortungen zu bezahlen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte die Verurteilung der beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von "Schadensbehebungskosten" im Gesamtbetrag von S 1,626.219,16. Das Erstgericht sei gemäß § 92a JN zur Verhandlung und Entscheidung zuständig; hilfsweise stützte die klagende Partei die Zuständigkeit des Gerichts erster Instanz auf den Gerichtsstand des Erfüllungsorts.

Das Erstgericht wies die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück. Die Voraussetzungen für den Gerichtsstand nach § 92a JN seien nicht gegeben, weil kein aus der Beschädigung einer körperlichen Sache entstandener Schaden geltend gemacht worden sei, vielmehr habe sich die klagende Partei auf die Mangelhaftigkeit einer körperlichen Sache berufen, die die von ihr behaupteten Schäden verursacht habe. Den Nachweis der Vereinbarung eines Erfüllungsorts gemäß § 88 Abs 1 JN habe die klagende Partei nicht erbracht.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung in der Hauptsache mit der Maßgabe, dass die Klage - offensichtlich nicht nur wegen örtlicher, sondern auch wegen sachlicher Unzuständigkeit - zurückgewiesen wurde. Es sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei. Für die Inanspruchnahme des Gerichtsstands nach § 92a JN sei Voraussetzung, dass der Schaden aus der Beschädigung einer körperlichen Sache entstanden sei. Der reine Verbesserungsaufwand für ein mangelhaft hergestelltes Werk könne nicht vor dem Gerichtsstand der Schadenszufügung geltend gemacht werden. Die klagende Partei habe einen Sanierungsaufwand begehrt, der sich inhaltlich als Anspruch auf Schadenersatz auf Grund einer Schlechtlieferung, unrichtiger Planung und der Verletzung von Warnpflichten darstelle. Solche Ersatzansprüche seien vom Gerichtsstand des § 92a JN nur erfasst, wenn sie aus der Beschädigung einer körperlichen Sache resultierten. Konkrete Behauptungen hiezu habe die klagende Partei nur in Bezug auf einen für Gartengestaltungsarbeiten begehrten Betrag von S 7.713 aufgestellt. Eine Ausdehnung dieses Betrags aus dem Titel Gartengestaltungsarbeiten habe sie nicht vorgenommen, sie habe auch nicht zum Ausdruck gebracht, nur einen Teil der Kapitalsforderung begehrt zu haben. Die restlichen Teilbeträge ließen auf Grundlage der Behauptung der klagenden Partei eine Zuordnung, inwieweit es sich um Aufwendungen zur Behebung von Sachschäden oder um Sanierungskosten handle, nicht zu. Dies gelte auch für die im Rekurs erwähnten Blumentröge und die - auch im Rekurs noch nicht konkretisierten - anteiligen Beträge an Planungs- und Bauleitungskosten sowie die Kosten der "Betonsanierungsarbeiten". Ausreichende Behauptungen zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit seien somit nur für einen unter der die Zuständigkeit des Gerichtshofs begründenden Wertgrenze liegenden Teilbegehrens aufgestellt worden, doch mangle es hier an der sachlichen Zuständigkeit des Erstgerichts. Aus dem Umstand, dass gemäß § 55 Abs 1 JN Ansprüche zusammenzurechnen seien und gemäß § 227 ZPO auch dann in einer Klage geltend gemacht werden könnten, wenn das Prozessgericht für einen der Ansprüche nicht zuständig sei, ließe sich nicht ableiten, dass Ansprüche infolge Zusammenrechnung vor ein Gericht gebracht werden könnten, "das für den einen Anspruch sachlich und für den anderen örtlich nicht zuständig wäre". Die Vereinbarung eines Erfüllungsortes habe die klagende Partei weder substanziiert behauptet, noch urkundlich nachgewiesen. Demnach könne sie sich auch nicht auf den Gerichtsstand des Erfüllungsorts berufen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist unzulässig.

Die klagende Partei bezweifelt gar nicht die Richtigkeit der vom Rekursgericht in Übereinstimmung mit der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofs vertretenen Rechtsansicht, nach der sie sich auf den Gerichtsstand des § 92a JN nur berufen dürfe, wenn die von ihr geltend gemachten Ersatzansprüche aus der Beschädigung einer körperlichen Sache resultierten. Sie meint lediglich, sie habe hinreichend deutlich behauptet, ihr seien Schäden aus der Beschädigung einer körperlichen Sache entstanden: dies betreffe die für die Blumentröge geltend gemachten Schäden (S 52.068), die Schadensbehebungskosten betreffend die Gartenanlage (S 89.468,40) und die "gemäß § 273 ZPO festzusetzenden anteiligen Kosten für Planung und Bauleitung".

Die Frage, ob das Vorbringen bzw das Begehren eindeutig genug ist, um daraus erschließen zu können, dass jemand einen Schaden aus der Beschädigung einer körperlichen Sache geltend macht, kann nur auf Grund der jeweiligen konkreten Behauptungen und somit nur im konkreten Einzelfall beantwortet werden, einer richtungsweisenden Entscheidung ist die Beantwortung dieser Frage nicht zugänglich. Das Gericht zweiter Instanz hat logisch einwandfrei dargelegt, weshalb es zur Auffassung gelangte, dass die klagende Partei nur einen Betrag von S 7.713 "aus der Beschädigung einer körperlichen Sache" geltend machte (S 7 der Rekursentscheidung), und die klagende Partei vermag diesen Ausführungen nichts Wesentliches entgegenzusetzen und vor allem auch nicht aufzuzeigen, inwiefern die Frage, ob ausreichende Behauptungen aufgestellt worden seien, von der Beantwortung einer erheblichen Rechtsfrage abhinge. Hat sich das Rekursgericht - wie hier - im Rahmen der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gehalten, unter welchen Voraussetzungen der Gerichtsstand nach § 92a JN in Anspruch genommen werden kann, und somit vor allem dann nicht, wenn ein reiner Vermögensschaden geltend gemacht wird (1 Ob 617/94; 7 Ob 608/93; 1 Ob 641/92; SZ 64/123; SZ 63/105; Mayr in Rechberger ZPO Rz 1 zu § 92a JN), so ist nicht zu erkennen, inwiefern die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhinge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukäme.

Was den von der klagenden Partei subsidiär geltend gemachten Gerichtsstand nach § 88 JN betrifft, ging das Gericht zweiter Instanz zu Recht davon aus, dass die klagende Partei weder die Vereinbarung eines Erfüllungsorts substanziiert behauptet, noch eine solche Vereinbarung urkundlich nachgewiesen hat. Es genügt nicht, dass sich der Erfüllungsort aus materiellrechtlichen Vorschriften ermitteln ließe, weil der gesetzliche Erfüllungsort die Zuständigkeit nach § 88 Abs 1 JN nicht begründet (4 Ob 1511/95 mwN). Auch den Ausführungen im Revisionsrekurs ist nicht zu entnehmen, inwiefern die Vereinbarung eines Erfüllungsortes getroffen worden sein sollte.

Der Revisionsrekurs ist zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortungen beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO; die beiden beklagten Parteien haben jeweils auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen. Ein Streitgenossenzuschlag ist allerdings nicht zuzuerkennen, weil es hiefür an den Voraussetzungen des § 15 RATG gebricht, vertritt doch keiner der Beklagtenvertreter mehrere Personen und steht er auch nicht mehreren Personen gegenüber.

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