OGH 9ObA224/99b

OGH9ObA224/99b17.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Jörg Krainhöfner und Gerhard Loibl als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Hans K*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr. Max Urbanek, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei N***** AG, ***** vertreten durch Dr. Georg Grießer und andere, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung (Streitwert S 1,000.000), hilfsweise Rechtsgestaltung, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Juni 1999, GZ 9 Ra 45/99z-17, womit über Rekurs der beklagten Partei der Beschluß des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23. November 1998, GZ 32 Cga 105/98i-12, als nichtig aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Zu 26 Cga 148/97b des Erstgerichtes begehrt der Kläger die Feststellung, daß sein Dienstverhältnis zur Beklagten bis zur Versetzung von Waidhofen/Thaya nach Wien im Juli 1996 und auch weiterhin bestand bzw besteht. Zu 10 Cga 48/98w begehrt die Beklagte die Feststellung, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Verfahrensparteien infolge Entlassung mit Schreiben vom 2. 3. 1997 nicht über den 4. 3. 1998 hinaus fortbestehe. Zu 24 Cga 49/98w stellte der Kläger das Feststellungsbegehren, daß das Dienstverhältnis trotz der mit Schreiben vom 2. 3. 1998 ausgesprochenen Entlassung auch über den 3. 3. 1998 hinaus aufrecht fortbestehe. Eventualiter begehrt er, die mit Schreiben vom 2. 3. 1998 ausgesprochene Entlassung für rechtsunwirksam zu erklären.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Kläger zuletzt die Feststellung, daß das Dienstverhältnis trotz der mit Schreiben vom 14. 4. 1998 ausgesprochenen weiteren Entlassung auch über den Erhalt des Schreibens am 16. 4. 1998 hinaus aufrecht fortbestehe. Eventualiter begehrt er die Rechtsunwirksamerklärung dieser Entlassung.

Über Unterbrechungsantrag des Klägers sprach das Erstgericht aus, daß das Verfahren bis zur rechtskräftigen Beendigung der Verfahren 26 Cga 148/97t und 24 Cga 49/98w unterbrochen werde. Weiters wurde mit diesem Beschluß der Antrag der beklagten Partei, die Klage wegen Streitanhängigkeit zurückzuweisen, abgewiesen.

Aus Anlaß des von der Beklagten gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurses hob das Rekursgericht den angefochtenen Beschluß zur Gänze als nichtig auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über den Unterbrechungsantrag des Klägers an das Erstgericht zurück.

Der Vorsitzende des erstgerichtlichen Senates habe nicht nur über die Unterbrechung des Verfahrens erkannt, sondern auch den Antrag der Beklagten, die Klage wegen Streitanhängigkeit zurückzuweisen, abgewiesen, nachdem beide Anträge mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert worden seien und die Verhandlung zur Prüfung der Voraussetzungen, ob zu unterbrechen sei bzw ob Streitanhängigkeit vorliege, auf unbestimmte Zeit erstreckt worden sei. Voraussetzung für eine Entscheidung über den Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens sei, daß über die Frage des Prozeßhindernisses zunächst zu entscheiden sei, da im Falle einer Klagezurückweisung wegen Streitanhängigkeit für eine Unterbrechung des anhängigen Verfahrens kein Raum bleibe. Da der Antrag auf Zurückweisung der Klage in der mündlichen Streitverhandlung mit den Parteien erörtert worden sei, sei die Zurückweisung dieses Antrages außerhalb der mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden allein nicht durch die Bestimmung des § 11a Abs 1 Z 3 ASGG gedeckt. Heilung sei nicht möglich. Die Nichtigkeit sei von Amts wegen wahrzunehmen und der angefochtene Beschluß daher aufzuheben und die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen. Das Rekursgericht hat nicht ausgesprochen, daß der Rekurs gegen diesen Beschluß zulässig sei.

Diese Entscheidung des Rekursgerichtes bekämpft die beklagte Partei in ihrem gesamten Umfang aus dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache, hilfsweise wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens mit dem Antrag, in Stattgebung des Rekurses oder Anlaß des Rekurses den angefochtenen Beschluß aufzuheben, das bisherige Verfahren für nichtig zu erklären und die Klage zurückzuweisen, weil der angefochtene Beschluß in Wahrheit eine meritorische Entscheidung über den Nichtigkeitsgrund der Streitanhängigkeit sei und Streitanhängigkeit vorliege.

Die klagende Partei stellt den Antrag, den Rekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

Auch wenn der Revisionsrekurs schwergewichtsmäßig nur die Entscheidung über die Einrede der Streitanhängigkeit anstrebt, ficht er den Beschluß in seinem gesamten Umfang, daher auch im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Entscheidung über den Unterbrechungsantrag an.

Der Rekurs ist insgesamt unzulässig.

Nach dem mangels einer abweichenden Regelung auch im Verfahren in Arbeitsrechtssachen anzuwendenden § 519 Abs 1 Z 1 ZPO ist gegen einen im Berufungsverfahren ergehenden Beschluß des Berufungsgerichtes der Rekurs nur zulässig, soweit das Berufungsgericht die Klage oder die Berufung ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat. Die Verwerfung der Berufung, soweit diese Nichtigkeit wegen eines Prozeßhindernisses geltend macht oder der Beschluß, mit dem die Nichtigkeit des angefochtenen Urteils ausgesprochen, die Klage aber nicht zurückgewiesen wird, der Rechtsschutz also nicht (abschließend) verweigert wird, ist daher auch in Arbeitsrechtssachen nicht anfechtbar. Richtet sich der Rekurs gegen einen Beschluß, mit dem über einen Sachantrag einer Partei oder über ein von ihr gestelltes Rechtsschutzbegehren entschieden wurde, dann entspricht der Rekurs in seiner Funktion einem Rechtsmittel in der (Haupt-)Sache und es sind ergänzend auch die Vorschriften über die Berufung bzw Revision heranzuziehen. Der Oberste Gerichtshof hat es als Wertungswiderspruch angesehen, die Anfechtung eines solchen Beschlusses anderen Zulässigkeitsbeschränkungen zu unterwerfen als sie für die Anfechtung eines gleichartigen berufungsgerichtlichen Beschlusses gelten. Entscheidend für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses in diesen Fällen ist somit ohne Rücksicht darauf, ob ein Berufungsgericht oder ein Rekursgericht entschieden hat, die Zurückweisung der Klage, also die abschließende Verweigerung des Rechtsschutzes.

Die Vorschriften über die Anfechtbarkeit von Beschlüssen des Berufungsgerichtes müssen daher aber auch in den Fällen herangezogen werden, in denen über ein Rechtsschutzbegehren, das auf die abschließende Erledigung des Verfahrens gerichtet ist, durch Zurückweisung der Klage nicht von einem Berufungsgericht, sondern von einem Rekursgericht abweisend entschieden wird. Auch eine Nichtigkeit, die ein Rekursgericht als nicht gegeben angesehen hat, kann in dritter Instanz nicht mehr wahrgenommen werden. Es wäre nun ein unüberbrückbarer Wertungswiderspruch, wenn zwar im Berufungsverfahren die Verwerfung einer wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung und die Ablehnung der beantragten Zurückweisung der Klage nicht angefochten werden könnte, ein inhaltsgleiches Rechtsschutzbegehren im Rekursverfahren aber einer Überprüfung in dritter Instanz zugänglich wäre. Der Beschluß, mit dem die Nichtigkeit des erstgerichtlichen Beschlusses ausgesprochen wird, ohne die Klage oder ein anderes Rechtsschutzbegehren zurückzuweisen, ist daher unanfechtbar (RZ 1996/33; EFSlg 85.357; 9 ObA 98/91).

Daß das Rekursgericht im Spruch der Entscheidung eine neuerliche Entscheidung über den Unterbrechungsantrag auftrug, ändert nichts daran, daß die Zulässigkeit des Rekurses gegen diesen Aufhebungsbeschluß nach der speziellen Bestimmung des § 192 Abs 2 ZPO zu beurteilen ist. Nach dieser Bestimmung können die nach den §§ 187 bis 191 ZPO erlassenen Anordnungen, soweit sie nicht eine Unterbrechung des Verfahrens verfügen, durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden. Auch die (ersatzlose) Aufhebung einer in erster Instanz bewilligten Unterbrechung durch das Rekursgericht ist daher nicht anfechtbar (4 Ob 521/94; 7 Ob 565/95). Daß das Rekursgericht den auf Unterbrechung lautenden Beschluß des Erstgerichtes auch als nichtig zur neuerlichen Entscheidung über den Unterbrechungsantrag aufhob, ändert nichts daran, daß es sich nicht um eine Entscheidung handelt, die eine Unterbrechung des Verfahrens verfügte und daher nach § 192 Abs 2 ZPO anfechtbar ist (5 Ob 58/66).

Der Rekurs ist demnach insgesamt als unzulässig zurückzuweisen.

Da die Rekursbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen hat, sind die Kosten derselben weitere Verfahrenskosten gemäß § 52 Abs 1 ZPO.

Stichworte