OGH 7Ob205/98t

OGH7Ob205/98t13.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon-Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und widerbeklagten Partei M***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Peter Kisler und DDr. Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, gegen die erstbeklagte und widerklagende Partei "U*****gesellschaft mbH, ***** und die zweitbeklagte Partei Ing. Walter B*****, vertreten durch Wolf, Theiss & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1. DM 61.100,25 sA, und 2. DM 4,000.000,-- sA und Feststellung (Streitwert S 100.000,-), über den Rekurs der klagenden und widerbeklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 3. April 1998, GZ 3 R 245/97i-98, womit infolge Berufung der klagenden und widerbeklagten Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 28. August 1997, GZ 14 Cg 5/93g-88 (bzw 90), aufgehoben wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.

Text

Begründung

Auf die Vorentscheidung 7 Ob 515, 516/95-52 und den ihr zugrundeliegenden Sachverhalt wird, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen.

Das Erstgericht hat im folgenden Verfahrensgang folgenden Sachverhalt festgestellt:

"Zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten wurde am 15. 7. 1985 ein Lizenz- und Abnahmevertrag geschlossen.

Die Lieferpreise des Vertragsproduktes (Spraydose mit 200 Sprühstößen a 5 mg, unverpackt, ohne Beipackzettel) wurde mit DM 4,-- vertraglich festgelegt, für unverkäufliche Ärztemuster mit 100 Sprühstößen DM 2,50. Für das erste Vertriebsjahr verpflichtete sich die Erstbeklagte zur Lieferung einer Stückzahl von 150.000 Einheiten zum Preis von DM 3,50 und die Klägerin zur Abnahme dieser Menge ohne Anrechnung auf die jährliche Mindestmenge.

Die Erstbeklagte hat mit Schreiben vom 8. 5. 1988 den Vertrag aufgekündigt.

Die Klägerin hat das von ihr betriebene Zulassungsverfahren in der Absicht der Verschleppung durchgeführt.

Damit ist der Erstbeklagten ein Gesamtschaden von DM 4,000.000,-- sA entstanden".

Im zweiten Verfahrensgang dehnte die beklagte widerklagende Partei ihr Leistungsbegehren von DM 1,150.000,-- sA auf insgesamt DM 4,000.000,-- sA sowie um ein Feststellungsbegehren aus. Mit am 12. 7. 1995 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz führten die Beklagten aus, das europäische Patent Nr. 240.484 mit Beginn der Schutzzeit am 10. 3. 1987 und mit einer Schutzdauer von 20 Jahren stelle ein Vertragsschutzrecht im Sinn des Punktes 10.1. des gegenständlichen Vertrages dar. Dieser Vertrag ende somit am 10. 3. 2007. Dies ergebe für den Zeitraum ab dem 2. Halbjahr 1995 bis 31. 12. 2006 einen weiteren Verdienstentgang von DM 3,691.500,-- sowie aliquot für die ersten drei Monate des Jahres 2007 einen Verdienstentgang von DM 80.250,--. Der Verdienstentgang für diese gesamte Laufzeit betrage daher DM 6,104.250,--. Zur Vereinfachung werde dieser Verdienstentgang mit nominellen Werten gerechnet, da der Abzinsung die Erhöhung der Lieferpreise nach Punkt 5.9. des Vertrages gegenüberstehe. Daraus resultiere für den Zeitraum vom 1. 1. 1989 bis 30. 6. 1995 ein Verdienstentgang von DM 2,332.500,--. Durch das schuldhafte Verhalten der Klägerin hätten die Beklagten bisher DM 202.847,84 und S 2,379.199,59 aufwenden müssen, die nicht angefallen wären, wenn die Klägerin den Vertrag erfüllt hätte. Im einzelnen entfalle ein Betrag von DM 202.847,84 auf ein Honorar des Rechtsanwaltes Dr. W*****, der eingeschaltet werden mußte, um die Ansprüche der Beklagten gegenüber der Klägerin zu wahren und um die Zulassung für die Beklagten zu erlangen, ferner S 872.010,89 an zusätzlichen Rechtsanwaltskosten der Vertreter der Beklagten in diesen (der Zulassung dienenden) Verfahren für Mehrleistungen, die erforderlich gewesen seien, um die Rechtsansprüche der Beklagten zu wahren, ferner S 1,257.188,70 auf die Erstellung einer Bio-Verfügbarkeitsstudie und klinischer Prüfungen, zu deren Erstellung die Klägerin verpflichtet gewesen wäre, S 50.000,-- an notwendigem Honorar für die Einschaltung des Patentanwalts Dr. H***** und S 200.000,-- an Sachaufwendungen der Beklagten zB für Reisen.

Die Klägerin bestritt dieses ergänzende Vorbringen der Beklagten als unsubstantiiert. Hiedurch sei das bisherige Vorbringen unschlüssig geworden und werde hilfsweise auch die Verjährung der Forderungen der Beklagten eingewendet.

Die Beklagten entgegneten darauf, auch die europäischen Patente Nr. 190.292, 240.484 und 376.917 sowie das dem letzten europäischen Patent zugrundeliegende österreichische Patent seien Vertragsschutzrechte im Sinne des gegenständlichen Vertrages, der somit eine Laufzeit bis 28. 12. 2009 gehabt hätte. Die Klägerin schulde der Erstbeklagten für vereinbarungsgemäß gelieferte Waren DM 170.010,40, wobei diese Forderung am 1. 11. 1992 fällig gewesen sei. Das Feststellungsbegehren wurde damit begründet, daß die Klägerin nach Ende der Mindestlaufzeit des gegenständlichen Vertrages der Erstbeklagten die Zulassung auch für Großbritannien und die Schweiz kostenlos übertragen hätte müssen, wobei diese Zulassungen zum heutigen Zeitpunkt einen Wert von mindestens DM 1,000.000,-- repräsentierten. Die Erstbeklagte werde daher selbst die Zulassung in Großbritannien und in der Schweiz zu erwirken haben. Sie habe daher ein rechtliches Interesse daran, daß die Haftung der Erstbeklagten für diese Kosten festgestellt werde. Ihre Höhe könne die Erstbeklagte erst nach Durchführung des Zulassungsverfahrens beziffern. Dementsprechend begehrte die erstbeklagte Widerklägerin gegenüber der widerbeklagten Klägerin die Feststellung, daß ihr diese für alle Kosten hafte, die für eine Zulassung des "N*****-T*****-Aerosols" oder des "N*****-P*****-Aerosols" in Großbritannien und der Schweiz erforderlich sind.

Die Klägerin wendete darauf ein, beim nunmehr geltend gemachten Betrag handle es sich um eine unzulässige Klageänderung, gegen deren Zulassung sie sich ausspreche. Durch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes "sei das Leistungsbegehren mit Wirksamkeit der Vertragsaufhebung in sofortige Schadenersatzforderungen übergegangen". Es sei "an der Erstbeklagten gelegen" (offenbar gemeint: im ersten Rechtsgang gelegen gewesen), darzulegen, in welcher Höhe tatsächlich Schäden, die noch nicht erfaßt worden seien, allenfalls noch drohten. Außerdem spreche sich die Klägerin auch gegen das geltend gemachte Feststellungsbegehren aus. Mit Schriftsatz vom 6. 10. 1995 wendete die Klägerin unter anderem neuerlich Verjährung gegen die geltend gemachten Ansprüche der Beklagten ein. Die über den bisher geltend gemachten Verdienstentgang von DM 1,050.000,-- hinausgehenden Ansprüche seien keinesfalls durch das Zwischenurteil gedeckt, weil all diese Ansprüche spätestens am 31. 12. 1988 fällig geworden seien und somit die Verjährungsfrist des § 1489 ABGB am 31. 12. 1991 geendet habe.

Mit Schriftsatz vom 30. 10. 1995 replizierte die Erstbeklagte auf den Verjährungseinwand, daß nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes die Bezifferung eines Leistungsbegehrens für die Erstbeklagte erst mit der für Deutschland erteilten Zulassung möglich gewesen sei. Die endgültige Zulassung sei am 20. 1. 1993 erteilt worden. Da die Wirkung dieser Zulassung aber durch den von der Klägerin vertragswidrig eingebrachten Widerspruch gehemmt worden sei, der erst mit Schreiben vom 23. 2. 1994 zurückgezogen worden sei, beginne die Verjährung erst mit 23. 2. 1994. Zum Zinsenbegehren legte die Erstbeklagte detailliert dar, nach welchen Kriterien die Abzinsung vorgenommen worden sei. Mit Schriftsatz vom 14. 11. 1995 brachte die Erstbeklagte ergänzend vor, daß das Feststellungsbegehren für den Fall nicht gestellt werde, wenn der Erstbeklagten aus dem Titel des Ersatzes des Schadens, welcher ihr dadurch entstanden sei, daß die Klägerin entgegen den vertraglichen Verpflichtungen keine Zulassung in der Schweiz und in Großbritannien erwirkt habe, ein Betrag von DM 1,000.000,-- zugesprochen werde.

Das Erstgericht verpflichtete die Klägerin zur Zahlung von insgesamt DM 4,000.000,-- sA an die erstbeklagte Partei und wies deren Begehren, die Erstbeklagte zur Zahlung von DM 61.100,25 zu verpflichten, ab. Es gab dem Feststellungsbegehren antragsgemäß statt. Die Klägerin habe die Zulassung des Präparates der Erstbeklagten treuwidrig hintertrieben und damit die für den Eintritt der Rechtsbedingung erforderlichen Handlungen schuldhaft unterlassen. Die Klägerin hätte der Beklagten vertragliche Sorgfalt geschuldet; sie hätte alles vermeiden müssen, was zur vorläufigen Verweigerung der Zulassung führen konnte. Demzufolge sei auch hier bei der Beurteilung des Schadenersatzes von der Fiktion des Bedingungseintrittes auszugehen. Die Klägerin werde daher hinsichtlich des Vertrauensschadens und hinsichtlich des Nichterfüllungsschadens ersatzpflichtig. Das durch den Lizenzvertrag begründete Dauerschuldverhältnis könne zwar aus wichtigem Grund vorzeitig aufgelöst, nicht jedoch rückwirkend für ungültig erklärt werden. Es habe mit Vertragsabschluß begonnen und am 31. 12. 1988 geendet. Ab Ende 1988 stehe der Erstbeklagten der Ersatz jenes Schadens zu, der ihr durch die Nichtabnahme der vertraglich vereinbarten Mindestmenge des Präparates entstanden sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf. Es erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Die im Aufhebungsbeschluß vom 27. 1. 1995 (ON 52) vom erkennenden Senat ausgesprochene Rechtsmeinung, daß alle Abnahmeverbindlichkeiten der Klägerin und Widerbeklagten in sofort fällige Schadenersatzverpflichtungen gegenüber der erstbeklagten und widerklagenden Partei übergegangen seien und es an letzterer liege, darzulegen, welche der Höhe nach noch nicht erfaßbaren Schäden ihr aus der Vertragsverletzung durch die klagende und widerbeklagte Partei allenfalls noch entstanden seien und daß die klagende und widerbeklagte Partei ab der Zulassung des Präparates der erstbeklagten und widerklagenden Partei in der Bundesrepublik Deutschland für alle Schäden, die ihr durch das vertragswidrige Verhalten der Klägerin und Widerbeklagten erwachsen seien, ziffernmäßig erfassen könne, sei durch die Entscheidung des verstärkten Senates vom 19. 12. 1995 1 Ob 621/95 überholt worden. Gemäß § 1489 ABGB verjährten Schadenersatzansprüche in drei Jahren ab dem Zeitpunkt, in dem der Schaden und die Person des Ersatzpflichtigen dem Geschädigten bekannt werde, gleichviel, ob der Schaden durch Übertretung der Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sei. Diese Verjährung werde nach der zitierten Entscheidung des verstärkten Senates des Obersten Gerichtshofes erst in Gang gesetzt, wenn der Schaden eingetreten sei, doch verbiete es der der Prozeßökonomie dienende Zweck des Verjährungsrechtes, die Verjährung jedes folgenden Teilschadens erst mit dessen Entstehen beginnen zu lassen; sei ein (wenn auch der Höhe nach noch nicht bezifferbarer) Schaden eingetreten, so seien damit alle Voraussetzungen für den Ersatzanspruch gegeben und sei dieser dem Grunde nach entstanden. Der drohenden Verjährung seines Anspruches auf Ersatz der künftigen, aber schon vorhersehbaren Schäden begegne der Geschädigte dann, wenn ihm schon ein Primärschaden entstanden und er nach dem Gesagten zu einer Leistungsklage genötigt sei, wenn er gleichzeitig auch eine Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist erhebe. Der Oberste Gerichtshof sei bei einer neuerlichen Entscheidung im zweiten Rechtsgang im Hinblick auf die oben zitierte Entscheidung seines verstärkten Senates an seine Rechtsansicht im ersten Rechtsgang nicht gebunden; auch das Berufungsgericht erachte sich nicht gebunden, es gehe vielmehr von der durch die Entscheidung des verstärkten Senates geschaffenen Rechtslage aus. Danach habe die Erstbeklagte Leistungsklage nur hinsichtlich des bereits eingetretenen Verdienstentganges (und sonstiger Schäden) erheben können und sei im übrigen, hinsichtlich des in Zukunft zu erwartenden Verdienstentganges (insoferne liegen absehbare folgende Teilschäden vor) genötigt gewesen, ein Feststellungsbegehren zu erheben. Da sie dies getan habe, beginne die Verjährung - trotz der rechtskräftigen Abweisung des Feststellungsbegehrens - immer erst mit Eintritt eines weiteren Teilschadens (Gewinnentgang eines weiteren Geschäftsjahres). Im Zeitpunkt der Klageausdehnung (30. 8. 1995) sei somit hinsichtlich des nunmehr auch geltend gemachten Verdienstentganges ab 1993 Verjährung nicht eingetreten. Dies gelte in gleicher Weise auch für das von der Erstbeklagten in der Tagsatzung vom 30. 8. 1995 gestellte Feststellungsbegehren, wonach die Klägerin der Erstbeklagten für alle Kosten zu haften habe, die für eine Zulassung des N*****-T*****-Aerosols oder des N*****-P*****-Aerosols in Großbritannien und der Schweiz erforderlich sei, wobei auch insoferne das rechtliche Interesse an der alsbaldigen Feststellung zu bejahen sei. Das im zweiten Rechtsgang erhobene Feststellungsbegehren sei im übrigen sachlich berechtigt und betreffe nicht verjährte zukünftige Teilschäden. Von der Frage der rechtlichen Zulässigkeit der Klageänderung mangels Verjährung sei allerdings die Zulassung der Klageänderung im formellen Sinn gesondert zu prüfen. Obwohl sich die Klägerin gegen die Zulassung des als Klageänderung aufgefaßten DM 1,050.000,-- sA übersteigenden Leistungsbegehrens und des neu gestellten Feststellungsbegehrens ausgesprochen habe, habe es das Erstgericht unterlassen, darüber mit gesondertem Beschluß zu entscheiden. Vielmehr habe es dadurch, daß es auch über den ausgedehnten Betrag bzw über das ausgedehnte Feststellungsbegehren entschieden habe, schlüssig die Klageänderungen zugelassen. Da sich die Bindungswirkung eines den Klageanspruch dem Grunde nach bejahenden Zwischenurteiles auch auf nachfolgende Klageerweiterungen erstrecke, die - wie hier - aus demselben Rechtsgrund abgeleitet werden, sei das Beweisverfahren nur zur Frage der Höhe, also im wesentlichen zum gleichen Thema wie zum ursprünglichen Begehren - durch Einholung eines Sachverständigengutachtens - zu führen gewesen. Auch die hinsichtlich des ausgedehnten Begehrens zulässigerweise erhobene Verjährungseinrede verursache keinen zusätzlichen Verfahrensaufwand. Auch sei durch das neue Feststellungsbegehren keine Verzögerung oder ein Mehraufwand entstanden. Zu Recht erachte sich die Berufungswerberin in ihrer Mängel-, Tatsachen-, Beweis- und Rechtsrüge aber dadurch beschwert, daß das Erstgericht "praktisch ohne jede Begründung, weitere Beträge in Millionen-DM-Höhe zugesprochen" habe und hinsichtlich des Teilbetrages von DM 61.100,65 der Klageforderung im Hinblick auf eine allfällige Aufrechnung mit keinem Wort eingegangen sei. Die insoferne vom Erstgericht getroffene Minimalfeststellung "damit ist der Erstbeklagten und Widerklägerin ein Gesamtschaden von DM 4,000.000,-- sA entstanden", reiche auch nicht in Verbindung mit weiteren in der Beweiswürdigung enthaltenen Feststellungen für eine abschließende Beurteilung aus. Die beklagte Widerklägerin habe ihre Verdienstentgangsforderung zunächst aufrechnungsweise mit DM 6,104.250,-- beziffert und daraufhin noch weitere Teilbeträge geltend gemacht, die ihr bei Vertragserfüllung durch die Klägerin nicht erwachsen wären, so das Honorar für den Rechtsanwalt Dr. W***** in Höhe von DM 202.847,84, weitere zusätzliche Rechtsanwaltskosten in Österreich von S 872.010,89 in diesem Verfahren, die erforderlich gewesen seien, um die Ansprüche der Beklagten zu wahren, dazu gehörten auch Beträge von S 1,257.188,20 für die Erstellung einer Bioverfügbarkeitsstudie, S 50.000,-- an Honorar für die Einschaltung des Patentanwaltes Dr. H***** und S 200.000,-- an Sachaufwendungen zB für Reisen. Dies ergebe eine Forderung der beklagten Widerklägerin von DM 6,307.097,98 und von S 2,379.199,59. Unter Bezugnahme auf den Inhalt des in der Tagsatzung vom 30. 8. 1995 verlesenen Schriftsatzes ON 56 und das weitere Vorbringen, die Klägerin schulde der Erstbeklagten für vereinbarungsgemäß gelieferte Waren DM 170.000,--, wobei diese Forderung am 1. 11. 1992 fällig gewesen sei, habe die Erstbeklagte in dieser Tagsatzung die Gegenforderung auf DM 4,000.000,-- sA ausgedehnt. Über den von der Klägerin im Schriftsatz vom 6. 10. 1995 detailliert erhobenen Einwand der mangelnden Substantiierung der ausgedehnten Gegenforderung habe die Erstbeklagte ihr Begehren aus dem Titel des Verdienstentganges während der Vertragslaufzeit mit DM 6,987.000,-- bzw unter Berücksichtigung einer Abzinsung mit einem Zinssatz von 6 % zum 20. 1. 1993 jedenfalls mit insgesamt DM 4,903.277,76 präzisiert. Hinzu kämen noch die Kosten des Rechtsanwaltes Dr. W***** von DM 202.847,84 zuzüglich S 2,395.684,79 - laut Schriftsatz ON 56 noch S 2,379.199,59 - und die Kaufpreisforderung von DM 170.010,40. Eine Klarstellung dahingehend, in welchem Umfang die einzelnen angeführten Forderungen im auf DM 4,000.000,-- sA ausgedehnten Klagebetrag enthalten seien, sei im erstinstanzlichen Verfahren nicht erfolgt. Bei pauschaler Geltendmachung mehrerer gleichartiger Ansprüche müßten diese aber aufgegliedert werden, um dem Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO gerecht zu werden. Dies sei von Amts wegen auch noch im Rechtsmittelverfahren zu beachten. Das Fehlen dieses Erfordernisses rechtfertige aber regelmäßig nicht die sofortige Abweisung des Klagebegehrens; vielmehr habe der Richter in Erfüllung seiner Prozeßleitungspflicht nach § 182 ZPO den Kläger - auch wenn dieser anwaltlich vertreten sei - zu einer entsprechenden Präzisierung des Begehrens aufzufordern. Die Unterlassung einer derartigen Anleitung durch das Erstgericht begründe einen Verfahrensmangel, der zur Aufhebung des Ersturteiles führe. Eine Überprüfung der von der Beklagten zu den einzelnen Schadenersatzforderungen vertretenen Rechtsauffassungen sei dem Berufungsgericht in diesem Stadium des Verfahrens noch nicht möglich, weil derzeit noch gar nicht feststehe, welche dieser einzelnen Forderungen nach der erforderlichen Individualisierung überhaupt noch Gegenstand des Klagebegehrens sein werden. Das Erstgericht werde im fortzusetzenden Verfahren zunächst die Beklagte zu einer Präzisierung der Gegenforderung aufzufordern und sodann - nach allfälliger Ergänzung des Sachverständigengutachtens - detaillierte Feststellungen hinsichtlich der sodann individualisierten einzelnen Forderungen zu treffen und auf dieser verbreiterten Entscheidungsgrundlage zu beurteilen haben, in welchem Umfang die Gegenforderung der Beklagten berechtigt ist und allenfalls die Voraussetzungen für die Aufrechnung mit der Klageforderung im Teilbetrag von DM 61.100,25 sA gegeben sind oder nicht.

Rechtliche Beurteilung

Der von der Klägerin erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Da hinsichtlich des restlichen Klagebegehrens keine nachvollziehbaren Feststellungen des Erstgerichtes vorliegen, ist dessen Behandlung im Rekursverfahren nicht möglich. Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes beruht allein auf der unterlassenen Lösung der Tatfrage durch das Erstgericht.

Rekursgegenständlich ist daher allein die Frage, ob das von der beklagten Widerklägerin ursprünglich erhobene und später ausgedehnte Leistungs- und Feststellungsbegehren allein auf Grund des Vorbringens ganz oder teilweise verjährt ist. Dies ist aus folgenden Gründen zu verneinen:

Wie bereits in der Vorentscheidung dargelegt wurde, beruht das Widerklagebegehren der erstbeklagten Partei auf dem ihr durch die treuwidrige gänzliche Vereitelung des Zulassungsverfahrens für ihr Präparat in der Bundesrepublik Deutschland erlittenen Schaden nach § 920 ABGB. Das ursprüngliche Erfüllungsinteresse der erstbeklagten Partei verwandelte sich demnach in einen Schadenersatzanspruch (vgl Binder in Schwimann, ABGB2 § 920 Rz 11 mwN). Zutreffend hat das Berufungsgericht noch erkannt, daß mangels nachvollziehbarer Festlegung durch die erstbeklagte widerklagende Partei nicht nachvollzogen werden kann, welche der insgesamt letztlich im Widerklagebegehren geltend gemachten Beträge welcher Forderung zuzuordnen sind. Soweit die Revisionswerberin die Zulassung der Klageänderung durch das Berufungsgericht releviert, ist ihr entgegenzuhalten, daß dagegen infolge von Konformatsbeschlüssen der Vorinstanzen ein weiterer Rechtszug an den Obersten Gerichtshof nicht möglich ist (§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO). Davon unabhängig ist aber die materiellrechtliche Berechtigung der einzelnen Beträge zu überprüfen. Entgegen den Revisionsausführungen wurde bereits in der Vorentscheidung der Beginn der Verjährungsfrist mit der Zulassung für das gegenständliche Präparat der erstbeklagten Partei als mit (November) 1992 (vgl AS 335 in Bd I) für maßgeblich erachtet. Genauere Feststellungen fehlen allerdings dazu. Bis zur Zulassung dieses Präparates in der Bundesrepublik Deutschland hätte die Klägerin einem Leistungsbegehren der erstbeklagten Partei erfolgreich die Einwendung entgegenhalten können, daß mangels einer Zulassung durch das Bundesgesundheitsamt ihre Abnahmeverpflichtung gar nicht wirksam geworden sei. Dementsprechend wäre der beklagten Widerklägerin bis zu diesem Zeitpunkt auch kein Leistungs-, sondern nur ein Feststellungsbegehren zugestanden. Ab diesem Zeitpunkt kann aber davon ausgegangen werden, daß der beklagten Widerklägerin grundsätzlich eine Bezifferung all jener Schäden, die ihr aus der mit der Klägerin eingegangenen Abnahmeverpflichtung bis zum Auslaufen des Lizenzvertrages sich ergaben, möglich war.

Dem Berufungsgericht wäre grundsätzlich darin beizupflichten, daß bei einer Änderung der Rechtsprechung durch eine (spätere) Entscheidung des verstärkten Senates nach einem (früher) ergangenen Aufhebungsbeschluß des Obersten Gerichtshofes dessen Bindungswirkung durchbrochen werden kann (vgl Kodek in Rechberger, ZPO § 511 Rz 1 mwN). Dieser Überlegungen bedarf es im vorliegenden Fall aber gar nicht. Die beklagte Widerklägerin hat im ersten Rechtsgang ihre Schadenersatzansprüche gegenüber der klagenden widerbeklagten Partei zunächst allein auf die sich aus dem Lizenzvertrag ergebenden, datumsmäßig genau festgelegten Abnahmeverpflichtungen gegründet. Diese waren im Zulassungszeitpunkt bzw nach einer der beklagten Widerklägerin zuzubilligenden Berechnungsfrist durch einen entsprechenden Vergleich zwischen den ihr ohnedies anfallenden Produktionskosten mit dem Bruttogewinn zu eruieren. Für alle darüber hinausgehenden weiteren Schäden war dies mangels Bestimmbarkeit durch im Lizenzvertrag festgelegte Abnahmeverpflichtungen nicht möglich. Derartige Schadenersatzansprüche stellen die für die verzögerte Zulassung des Medikaments der beklagten Widerklägerin in Großbritannien und in der Schweiz entstandenen Schäden dar. Das in diesem Umfang von der Widerklägerin im zweiten Rechtsgang erhobene Feststellungsbegehren ist daher schon allein deswegen zulässig. Seine Berechtigung wird durch entsprechend zu treffende Feststellungen im fortgesetzten Verfahren erster Instanz zu erheben sein.

Geht man davon aus, daß die Zulassung des Präparats der beklagten Widerklägerin in der Bundesrepublik Deutschland im November 1992 (wie bereits dargelegt, fehlen genauere Feststellungen darüber noch) grundsätzlich den Beginn der Verjährungsfrist für die von der beklagten Widerklägerin erhobenen Schadenersatzansprüche auslösen konnte, so wäre die im Schriftsatz ON 61 und 62 vorgenommene Klageausdehnung durchaus noch rechtzeitig, zumal der beklagten Widerklägerin zur Ermittlung ihrer über die Abnahmeverpflichtung laut Lizenzvertrag hinaus entstandenen Schäden noch ein gewisser Zeitraum für deren Berechnung zuzubilligen wäre. Geht man von der Rechtzeitigkeit dieser Klageausdehnungen aus, so bedarf es gar nicht der vom Berufungsgericht für seine Beurteilung herangezogenen Fiktion, daß das Feststellungsbegehren in der Vorentscheidung dieses Senates gar nicht abgewiesen hätte werden dürfen. Eine derartige Auffassung ist im vorliegenden Fall allein schon deshalb rechtsirrig, weil in der Entscheidung des verstärkten Senates nur ausgesprochen wird, daß von einem Schadenersatzberechtigten die Erhebung eines Feststellungsbegehrens nicht vor jenem Zeitpunkt verlangt werden darf, in dem er noch gar keinen Schaden erlitten hat, ein solcher aber in Zukunft mit Sicherheit zu erwarten ist, sondern daß der Verjährungsbeginn für noch nicht der Höhe nach absehbare Schäden erst mit dem Zeitpunkt, in dem diese tatsächlich eintreten, festzulegen ist. Die Schäden, die auf einer datums- und mengenmäßig fixierten Regelung im Lizenzvertrag beruhten, traten tatsächlich mit der Verwirklichung der Rechtsbedingung, nämlich der Zulassung des Präparates in der Bundesrepublik Deutschland, ex nunc ein. Inwieweit darüber hinausgehende Schäden noch vorliegen und im letztlich ausgedehnten Klagebetrag von DM 4,000.000,-- ihre Berücksichtigung finden, hat aber die beklagte Widerklägerin nicht konkret dargelegt. Wie der Oberste Gerichtshof ebenfalls bereits mehrmals (SZ 43/29; 3 Ob 508/82 = RIS-Justiz RS0034572) ausgesprochen hat, können nicht rechtzeitig vorgenommene Prozeßhandlungen, wie zB verspätetes Vorbringen, Überschreitung der zur Urkundenvorlage gesetzten Fristen und ähnliches, dem Kläger wohl verfahrensrechtliche Nachteile, wie zB Zurückweisung seines Vorbringens wegen Verspätung bringen, sie sind im allgemeinen aber nicht geeignet, auf die Absicht des Klägers schließen zu lassen, daß er den Prozeß nicht führen wolle. Dies gilt auch im vorliegenden Fall (vgl 7 Ob 154/99v).

Wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, stellt ein wie hier vorliegendes immer noch als unschlüssig zu bewertendes Klagebegehren zwingenden Anlaß für eine entsprechende Manuduktion durch das Gericht dar. Wiewohl die Vorgangsweise des Erstgerichtes durch ständige Fristerstreckungen nicht dem Gesetz entsprach und der Umstand, daß bei den beklagten Parteien ein Vertreterwechsel stattfand, keine Rechtfertigungsgründe für die (immer noch) nicht vorgenommene erforderliche Substantiierung des Schadenersatzbegehrens darstellen, kann aufgrund der speziellen Lagerung des vorliegenden Einzelfalles im vorliegenden Verfahrensstadium nicht beurteilt werden, inwieweit Verjährung eingetreten ist. Hiezu bedarf es neben einer Spezifizierung des Klagebegehrens auch einer Zuordnung der einzelnen Forderungen zur geltend gemachten Pauschalsumme und dementsprechend auch noch ergänzender Tatsachenfeststellungen. Der Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes erweist sich daher im Ergebnis als berechtigt.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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