OGH 8Ob113/99x

OGH8Ob113/99x7.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Adamovic und Dr. Spenling als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** Gesellschaft mbH, Maschinenanlagen KG, ***** vertreten durch Dr. Thomas Mondl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Insolvenzverwaltung H***** GmbH, ***** (als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der H*****, Baugesellschaft mbH), vertreten durch Dr. Friedrich Fromherz, Rechtsanwalt in Linz, wegen Feststellung einer Masseforderung, in eventu wegen S 70.000,-- sA (Revisionsinteresse S 70.000,--), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 30. September 1998, GZ 1 R 184/98d-40, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 7. Mai 1998, GZ 4 Cg 249/96x-31, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.871,04 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 811,84 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende Partei begehrte die Feststellung einer Masseforderung von S 38,191.225,-- sA, hilfsweise die Zahlung eines Betrages von S 70.000,-- sA als Pönale, wobei diese Forderung auf einen undatierten Vertrag mit der nachmaligen Gemeinschuldnerin mit der Überschrift "Vertrag über die Beteiligung an Joint-Venture-Investitionen und Gewinnen in Ungarn" gegründet wird.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es unter anderem den Wortlaut des Vertrages, in welchem die nachmalige Gemeinschuldnerin mit EH, die klagende Partei mit M***** KG und die H***** BeteiligungsgmbH mit H***** bezeichnet werden, feststellte; daraus ist hervorzuheben:

V Vertragsdauer

(2) Der Vertrag ist auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und kann unter Einhaltung einer 6-monatigen Kündigungsfrist zum Jahresende von jedem Vertragsteil schriftlich gekündigt werden, wobei diese Kündigung für EH erstmals zum 31. 12. 2003 möglich ist.

(3) Sollte EH den bestimmenden Einfluß in der HBG verlieren (dh weniger als 50 % der Stimmrechte besitzen), so steht es der M***** KG frei, diesen Vertrag sofort zu kündigen, wobei die Garantieleistung und die Erfolgsbeteiligung für das Jahr, in dem die Auflösung erfolgt, aliquot berechnet werden. Der M***** KG steht für diesen Fall zusätzlich öS 15 Mio als Schadenersatz zu.

Weiters stellte das Erstgericht den Wortlaut eines Schreibens des Masseverwalters vom 10. 6. 1996 fest, welches vom Erstgericht als Kündigung im Sinne des § 21 KO durch den Masseverwalter gedeutet wurde.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es bewertete den Wert des Entscheidungsgegenstandes des Hauptbegehrens mit einem S 260.000,-- übersteigenden Betrag und erklärte die ordentliche Revision hinsichtlich des Haupt- und des Eventualbegehrens als zulässig. Das Berufungsgericht habe sich nur teilweise auf jüngere oberstgerichtliche Rechtsprechung stützen können, sonst nur auf ältere. Im übrigen komme der Entscheidung erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht zum strittigen Vertrag aus: Auf Grund der Erklärung der klagenden Partei in der Berufungsverhandlung sei davon auszugehen, daß der in eventu geltend gemachte Betrag ein Teil der in der Klage geschilderten Pönale von S 15.000.000,-- sei und sich die klagende Partei dabei auf die Regelung in Punkt V Abs 3 des Vertrages beziehe.

V Abs 3 des Vertrages sehe als Voraussetzung für einen derartigen pauschalierten Schadenersatz zunächst vor, daß die "EH", also die H***** Baugesellschaft mbH den bestimmenden Einfluß in der "HBG", also in der H***** Beteiligungsgesellschaft mbH bzw B***** AG verliere, dh weniger als 50 % der Stimmrechte besitze. In der Klage sei behauptet worden, daß nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Gemeinschuldnerin die H***** Beteiligungs AG veräußert worden sei. Ausgehend hievon sei der bestimmende Einfluß verloren gegangen, jedoch bedürfe es der weiteren Voraussetzung für den pauschalierten Schadenersatzanspruch, daß die klagende Partei den Vertrag mit der Gemeinschuldnerin kündige. Die klagende Partei habe im erstinstanzlichen Verfahren nicht behauptet, den Vertrag mit der Gemeinschuldnerin deshalb aufgekündigt zu haben. Sie habe sich vielmehr auf das Auflösungsschreiben des Masseverwalters vom 10. 6. 1966 bezogen, dem nicht der Charakter eines Vertragsrücktrittes nach § 21 KO zukomme, weshalb es sich bei diesem Schadenersatzanspruch um eine Masseforderung handle. Dabei sei jedoch übersehen worden, daß - worauf bereits die Klagebeantwortung hingewiesen habe - nach dem Vertrag für einen derartigen pauschalierten Schadenersatzanspruch eine Kündigung des Vertrages durch die klagende Partei anspruchsbegründend gewesen sei. Mangels Vorhandenseins von Anhaltspunkten für diesen Umstand könne die Berufung hinsichtlich des Eventualbegehrens nicht erfolgreich sein.

Nur gegen die Abweisung des Eventualbegehrens richtet sich die (ordentliche) Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern und dem Eventualbegehren (Leistung von S 70.000,-- sA) stattzugeben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Die Auslegung von Verträgen (Urkunden) ist regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage, soferne die Vorinstanzen nicht zu einem unvertretbaren Ergebnis gelangten (10 Ob 511/93; zuletzt 7 Ob 108/99d und 9 ObA 168/99t). Da die Auslegung der Vorinstanzen, die Geltendmachung des Schadenersatzanspruches nach Punkt V Absatz 3 2. Satz des Vertrages setze die Kündigung des Vertrages durch die klagende Partei nach dem ersten Satz dieser Vertragsbestimmung voraus, zufolge des durch die Worte "für diesen Fall" noch besonders betonten engen Zusammehanges zwischen Satz 1 und 2 jedenfalls vertretbar ist, liegt eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht vor. Da das Berufungsgericht zu einem vertretbaren Auslegungsergebnis kam, bedurfte es nicht mehr der Anwendung der bloß subsidiären Unklarheitenregel des § 915 zweiter Halbsatz ABGB.

Soweit die Revisionswerberin mit dem Vorbringen, die klagende Partei sei vom Erstgericht mit einer Rechtsansicht überrascht worden, einen in der Berufung nicht gerügten Mangel des Verfahrens erster Instanz geltend macht und die Kostenentscheidung bekämpft, ist die Revision absolut unzulässig. Da das Revisionsgericht gemäß § 508a Abs 1 ZPO an den Ausspruch des Berufungsgerichtes über die Zulässigkeit nicht gebunden ist und keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 2 ZPO geltend gemacht wird, ist die Revision gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO, zumal die beklagte Partei auf die Unzulässigkeit der Revision ausdrücklich hingewiesen hat.

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