OGH 4Ob253/99f

OGH4Ob253/99f28.9.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei d***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Michael Dyck und Dr. Norman Dick, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei A***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Winfried Sattlegger und andere Rechtsanwälte in Linz, wegen Unterlassung (Streitwert 50.000 S) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 950.000 S), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 16. Juni 1999, GZ 1 R 87/99s-69, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegen § 1 UWG verstößt, wer sich schuldhaft über ein Gesetz hinwegsetzt, um im Wettbewerb einen Vorsprung vor gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen (stRsp ua ÖBl 1992, 268 - Naturfreunde; ÖBl 1993, 66 - Impressum mwN). Der erkennende Senat hat schon ausgesprochen, daß auch Verstöße gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften, die an sich wettbewerbsneutral sind, dann als sittenwidrig zu beurteilen sind, wenn die Verletzung dem Beklagten auch subjektiv vorwerfbar ist (ÖBl 1988, 17 - Autobus-Werbefahrt); insoweit liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor.

Mit Inkrafttreten der Arbeitsstättenverordnung (AStV) BGBl II 1998/368 am 1. 9. 1999 (§ 48 Abs 6 AStV), traten ua §§ 21 und 25 Allgemeine Arbeitnehmerschutzverordnung (AAV) außer Kraft (§ 48 Abs 4 AAV). An die Stelle der letztgenannten Bestimmungen traten §§ 2 und 3 AStV, wonach Verkehrswege ohne Fahrzeugverkehr eine nutzbare Mindestbreite von 1,0 m, Durchgänge zwischen Lagerungen, Möbeln, Maschinen oder sonstigen Betriebseinrichtungen eine solche von 0,6 m und Ausgänge ohne Fahrzeugverkehr eine solche von 0,8 m aufweisen müssen; gem § 18 Abs 1 AStV beträgt die nutzbare Mindestbreite von Fluchtwegen für höchstens 20 Personen 1,0 m, jene von Notausgängen für höchstens 20 Personen 0,8 m, für höchstens 40 Personen 0,9 m.

Nach ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre setzt jedes Rechtsmittel eine Beschwer, also ein Anfechtungsinteresse voraus; es ist nicht Sache der Rechtsmittelinstanzen, rein theoretische Fragen zu entscheiden (SZ 49/22; ÖBl 1991, 38 uva; Heller-Berger-Stix, Kommentar zur Exekutionsordnung 648; Fasching IV 13 f und Lehrbuch2 Rz 1709 ff). Nach nunmehr herrschender Auffassung muß die Beschwer zur Zeit der Entscheidung über das Rechtsmittel noch bestehen (SZ 61/6 mwN; Heller-Berger-Stix aaO). Ob die Beklagte gegen §§ 21, 25 AAV verstoßen hat, ist für die Parteien, insbesondere für die Klägerin, nach dem Außerkraftsetzen dieser Normen ebenso nur noch von theoretischem Interesse wie die von ihr angestrebte grundlegende Klärung von in diesen Vorschriften verwendeten Begriffen. Auf Grund des von der Klägerin begehrten Urteils könnte sich die Beklagte mit Oppositionsklage zur Wehr setzen, wenn gegen sie die Exekution bewilligt würde, weil die (Haupt)Verkehrswege in einem ihrer Geschäftslokale nicht eine Mindestbreite von 1,20 m und die Ausgangstüren nicht eine solche von 1 m erreichen, ist doch die Beklagte (auf Grund der nunmehr geänderten Rechtslage) berechtigt, Verkehrswege von sogar nur 1,0 m Breite und Ausgänge von nur 0,8 m Breite einzurichten. Die Klägerin kann daher mit ihrem Rechtsmittel nicht erreichen, daß nach der früheren Rechtslage eine Unterlassungsverpflichtung ausgesprochen wird, die wegen einer Gesetzesänderung nicht mehr zu vollstrecken ist (ecolex 1992, 642; vgl auch ÖBl 1991, 38). Damit ist aber die Klägerin durch die Abweisung ihres Begehrens nicht beschwert. Eine Beschwer durch die Kostenentscheidung ist jedoch ohne Rücksicht darauf zu verneinen, ob es sich um Kosten erster oder zweiter Instanz handelt (SZ 61/6; ÖBl 1991, 38; ecolex 1992, 642). Aus § 50 Abs 2 ZPO idF des Art XXXI EO-Novelle 1991 BGBl 628 könnte die Klägerin auch dann, wenn ihr Rechtsmittel sonst Erfolg gehabt hätte, keinen Kostenersatzanspruch ableiten, weil ihr Rechtsschutzinteresse schon bei Einbringung des Rechtsmittels (8. 9. 1999) gefehlt hat und nicht erst nachträglich weggefallen ist.

Stichworte