Spruch:
Die Revision der klagenden Partei, der Rekurs der beklagten Parteien und die Rekursbeantwortung der klagenden Partei werden zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihrer Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Text
Begründung
Am 5. 4. 1998 ereignete sich auf einem Kundenparkplatz in Salzburg ein Verkehrsunfall, an dem der Kläger mit einem Go-Kart sowie die Erstbeklagte mit einem bei der zweitbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW beteiligt waren. Der im Privateigentum stehende Parkplatz ist sowohl bei der Einfahrt als auch der Ausfahrt durch Schranken abgetrennt. Bei der Einfahrt sind eine Tafel mit der Aufschrift "Privatparkplatz - nur für Kunden während der Einkaufszeit - es gilt die StVO - es wird keine Haftung übernommen" sowie eine weitere Tafel mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 15 km/h angebracht. Bei der Ausfahrt befindet sich das Verkehrszeichen "Einfahrt verboten". Zum Unfallszeitpunkt, einem Sonntag, war der Schranken der Parkplatzausfahrt nicht versperrt, er konnte durch einfaches Aufheben geöffnet werden. Sowohl der Kläger, der das Go-Kart auf seinem PKW transportierte, als auch die Erstbeklagte gelangten über die Ausfahrt auf den Parkplatz. Zum Unfallszeitpunkt hatte der Kläger auf dem Parkplatz bereits einige Runden mit seinem Go-Kart gedreht. Die Erstbeklagte fuhr über eine Verbindungsstraße zwischen Parkflächen, die mit Randlinien gekennzeichnet waren, entsprechend der vorgeschriebenen Fahrrichtung. In Annäherung an die spätere Unfallstelle befindet sich links innerhalb der Parkfläche ein sichtbehindernder Verschlag für Einkaufswagen. Der Kläger, der mit der Höchstgeschwindigkeit des Go-Karts von 30 km/h unterwegs war, tauchte von links hinter dem Einkaufswagenverschlag, somit aus der gekennzeichneten Parkfläche auf. Die Erstbeklagte reagierte unverzüglich, konnte jedoch aus der Bremsausgangsgeschwindigkeit von 28 km/h eine Kollision nicht mehr verhindern. Hätte sie eine Geschwindigkeit von 15 km/h eingehalten, hätte sie ihr Fahrzeug vor der Kollision zum Stillstand bringen können. Im Hinblick auf die Sichtbehinderung durch den Einkaufswagenverschlag hätte der Kläger lediglich eine Geschwindigkeit von 5 bis 10 km/h einhalten dürfen, um eine Kollision mit allfälligem Verkehr auf der Verbindungsstraße zu verhindern.
Der Kläger begehrt unter Anrechnung eines Mitverschuldens von 50 % von den beklagten Parteien die Zahlung von S 80.000 sowie die Feststellung der Haftung für die Hälfte aller unfallskausalen Schäden mit der Begründung, die Erstbeklagte sei mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren, habe verspätet reagiert, eine verfehlte Fahrlinie eingehalten und sich verbotswidrig auf diesem Parkplatzbereich befunden.
Die Beklagten wendeten Alleinverschulden des Klägers ein, weil er den Rechtsvorrang der Erstbeklagten mißachtet, eine überhöhte Fahrgeschwindigkeit eingehalten und auf einem nicht als Fahrbahn markierten Teil des Parkplatzes gefahren sei. Aufrechnungsweise wurde eine Gegenforderung von S 87.850 gegen die Klagsforderung eingewendet.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren kostenpflichtig ab.
Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 40.000 sA und auf Feststellung einer 25 %igen Haftung der beklagten Parteien als Teilurteil. Im übrigen, also hinsichtlich der Abweisung einer weiteren Forderung von S 40.000 samt Zinsen und der Feststellung einer weiteren 25 %igen Haftung der beklagten Parteien und der Kostenentscheidung wurde das Ersturteil aufgehoben und dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Das Berufungsgericht sprach zunächst aus, der Wert des Entscheidungsgegenstandes übersteige S 52.000, nicht jedoch S 260.000, die ordentliche Revision sei unzulässig. Einen Ausspruch, daß der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei, tätigte das Berufungsgericht nicht.
Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß es sich bei dem Parkplatz um eine Straße ohne öffentlichen Verkehr im Sinne des § 1 Abs 2 StVO handle. Der Straßenerhalter sei berechtigt, für eine derartige Fläche eigene Vorschriften zur Regelung des Verkehrs aufzustellen. Gegen die von ihm angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung habe die Erstbeklagte zuwidergehandelt. Dem stehe aber das weit überwiegende Verschulden des Klägers gegenüber, der von einer vom Straßenerhalter für den ruhenden Verkehr bestimmten Fläche ohne den - darüberhinaus auch noch von rechts kommenden - Fließverkehr Beachtung zu schenken, mit einer gleichfalls gegen die vom Straßenerhalter vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit verstoßenden Geschwindigkeit von 30 km/h auf die von der Erstbeklagten benützte Verbindungsstraße gefahren sei. Es sei eine Verschuldensteilung von 3 : 1 zu Lasten des Klägers gerechtfertigt. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht Feststellungen zur Höhe der von den Parteien geltend gemachten Schadenersatzansprüche zu treffen haben. Hinsichtlich eines Viertels des Gesamtschadens des Klägers, sohin im Umfang der Hälfte des geltend gemachten Leistungs- und Feststellungsbegehrens sei das Klagebegehren aber abzuweisen und das angefochtene Urteil insoweit zu bestätigen.
Über Antrag der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht mit Beschluß vom 24. 6. 1999 seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision dahin ab, daß die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei. Gemäß § 508 Abs 5 ZPO stünden sowohl den beklagten Parteien als auch der klagenden Partei die Beantwortung der Revision der jeweiligen Gegenseite frei.
Es begründete diesen Beschluß damit, daß dem Kläger insofern beizupflichten sei, als es eine Rechtsprechung des OGH "für eine Unfallsituation im Freizeitbereich auf Parkplätzen" mit den vom Kläger daraus gezogenen Schlüssen nicht gebe, weshalb insoweit doch eine erhebliche Rechtsfrage vorliege. Gleiches gelte im Zusammenhang mit dem "Moniturantrag" der Beklagten, jedenfalls was die zitierte Entscheidung ZVR 1994/59 betreffe.
Gegen den das Ersturteil teilweise aufhebenden Beschluß des Erstgerichtes richtet sich die Revision (richtig: der Rekurs) der beklagten Parteien mit dem Antrag, "das angefochtene Urteil" dahin abzuändern, daß das Klagebegehren kostenpflichtig abgewiesen werde.
Die klagende Partei hat dazu Revisionsbeantwortung (richtig: Rekursbeantwortung) erstattet und beantragt, der Revision der beklagten Parteien nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Parteien ist unzulässig, weil das Berufungsgericht nicht ausgesprochen hat, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei (§ 519 Abs 1 Z 2 ZPO). Daß das Berufungsgericht in seinem Beschluß vom 24. 6. 1999 offenbar der Ansicht war, gegen seinen Aufhebungsbeschluß sei eine Revision möglich und zulässig, vermag daran nichts zu ändern. Bei einem Rekurs, der trotz Fehlens des Ausspruches des Berufungsgerichtes, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist, erhoben wird und der daher unzulässig ist, sieht das Gesetz eine Rekursbeantwortung nicht vor, diese ist daher ebenfalls zurückzuweisen (3 Ob 522/94).
Gegen das das klagsabweisende Urteil des Erstgerichtes teilweise bestätigende Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben werde.
Die beklagten Parteien haben beim Erstgericht eine Revisionsbeantwortung eingebracht, in der sie beantragten, der Revision der klagenden Partei nicht Folge zu geben. Die Revisionsbeantwortung wäre zwar gemäß § 507a Abs 3 Z 1 ZPO beim Berufungsgericht einzubringen gewesen, sie ist aber deshalb rechtzeitig, weil sie innerhalb der offenen Frist bei diesem eingelangt ist.
Die Revision der klagenden Partei ist wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage - der gegenteilige Ausspruch des Berufungsgerichtes ist nicht bindend - unzulässig. Worin die hier relevante Rechtsfrage liegen soll, ist dem Beschluß des Berufungsgerichtes vom 24. 6. 1999 nicht zu entnehmen. Daß es keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes "für eine Unfallsituation im Freizeitsportbereich auf Parkplätzen" gibt, begründet für sich keine erhebliche Rechtsfrage, weil es nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofes ist, abstrakt die "Unfallsituation im Freizeitsportbereich auf Parkplätzen" zu beurteilen.
Aber auch in der Revision der klagenden Partei werden keine erheblichen Rechtsfragen dargetan. Wenn in der Revision die Ansicht vertreten wird, es gebe wohl kaum eine Situation, in der sich zB Rollerskater auf privaten Flächen StVO-konform verhielten oder Go-Kart-Fahrer auf Privatflächen, auf denen sie sich zulässigerweise aufhielten, den Rechtsvorrang beachteten, ist dem Kläger entgegenzuhalten, daß rechtswidriges Verhalten auch durch oftmalige Ausübung nicht rechtmäßig wird.
Zu der in der Revision relevierten Frage des Rechtswidrigkeitszusammenhanges liegt eine gefestigte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vor (s RIS-Justiz RS0022933 und RS0008775). Wie weit der Normzweck (Rechtswidrigkeitszusammenhang) reicht, ist eine Auslegungsfrage im Einzelfall (SZ 68/191).
Das Berufungsgericht ist auch nicht von der Entscheidung 8 Ob 71/87 (= ZVR 1988/85) abgegangen. Auch wenn der Kläger darauf vertrauen hätte dürfen, daß der Parkplatz von keinem PKW benützt wird, hätte er, ausgehend von seiner Ansicht, die Benutzung mit Go-Karts sei gestattet, damit rechnen müssen, daß der Parkplatz von einem solchen benützt wird.
Auch die Frage der höheren Betriebsgefahr stellt sich nicht, wenn - wie hier - die einem Halter zurechenbare gewöhnliche Betriebsgefahr gegenüber dem Verschulden in der Regel zu vernachlässigen ist (vgl Apathy, KommzEKHG, Rz 22 zu § 11 mwN).
Schließlich sind den Feststellungen auch keine Anhaltspunkte für eine "Sportveranstaltung" zu entnehmen.
Die Revision des Klägers war sohin wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen. Da die beklagten Parteien nicht auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen haben, haben sie die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
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