OGH 10ObS135/99x

OGH10ObS135/99x31.8.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr und Dr. Steinbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Michael Braun und Dr. Elmar A. Peterlunger (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Frieda P*****, Landwirtin, *****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger, DDr. Heinz Mück und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, vertreten durch Dr. Christian Preschitz und Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 6. April 1999, GZ 12 Rs 55/99s-66, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Arbeits- und Sozialgericht vom 10. Feber 1999, GZ 14 Cgs 91/96h-60, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache, wonach die am Stichtag 1. 1. 1996 im 52. Lebensjahr stehende Klägerin die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Erwerbsunfähigkeitspension nach § 124 Abs 1 BSVG nicht erfüllt, ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit hinzuweisen (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Ergänzend ist der Rechtsrüge, die sich inhaltlich nur gegen die Verweisbarkeit der Klägerin auf Heimarbeitsplätze richtet, folgendes entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 124 Abs 1 BSVG in der hier anzuwendenden Fassung gilt als erwerbsunfähig der (die) Versicherte, der (die) infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche der körperlichen oder geistigen Kräfte dauernd außerstande ist, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen. Wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, ist der Begriff der Erwerbsunfähigkeit nach dieser Gesetzesstelle an strengere Voraussetzungen geknüpft als die Begriffe der Invalidität und der Berufsunfähigkeit nach dem ASVG. Erwerbsunfähigkeit liegt nämlich erst bei gänzlicher Unfähigkeit zu einem regelmäßigen Erwerb vor; der (die) Versicherte muß sich auf jede wie immer geartete selbständige oder unselbständige Tätigkeit verweisen lassen, demnach auch auf Heimarbeit. Das Verweisungsfeld ist also mit dem gesamten Arbeitsmarkt identisch; eine Einschränkung, daß die Verweisungstätigkeiten im Hinblick auf die bisher ausgeübten Tätigkeiten zumutbar sein müssen, besteht nicht (SVSlg 39.110 = ARD 4326/21/91; 10 ObS 86/92; 10 ObS 300/92; 10 ObS 69/94; SSV-NF 4/81, 10/29 ua zur ähnlichen Bestimmung des § 133 Abs 1 GSVG; die Entscheidung SSV-NF 3/42 betrifft den Begriff der Erwerbsunfähigkeit nach § 124 Abs 2 BSVG aF - nunmehr § 122c BSVG - und setzt die Vollendung des 55. Lebensjahres voraus. Die Klägerin wird das 55. Lebensjahr aber erst mit Stichtag 1. 10. 1999 vollendet haben). Damit besteht auch in Fällen des § 124 Abs 1 BSVG (ebenso wie nach § 133 Abs 1 GSVG - 10 ObS 385/98k) praktisch überhaupt keine Verweisungsbeschränkung. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß die Klägerin wegen ihrer Fähigkeit, bestimmte - näher bezeichnete - Heimarbeiten zu verrichten, zu einem regelmäßigen Erwerb noch nicht gänzlich unfähig ist (vgl SSV-NF 11/73; 10 ObS 385/98k), so daß die Voraussetzungen für die Gewährung einer Erwerbsunfähigkeitspension nach § 124 Abs 1 BSVG derzeit nicht vorliegen.

Das Argument der Revisionswerberin, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt existiere Heimarbeit nur für Frauen, sodaß keine "geschlechtsneutrale" Möglichkeit eines regelmäßigen Erwerbes bestehe, ist nicht ganz verständlich: bei Prüfung der Verweisbarkeit der Klägerin hätten doch nur solche Arbeitsplätze außer Betracht zu bleiben, die speziell ihr nicht zur Verfügung stünden, weil sie

ausschließlich Männern vorbehalten wären (vgl dazu SSV-NF 8/116 = SZ

67/216 = DRdA 1995, 516 [M. Ritzberger-Moser]). Dies ist aber bei

Heimarbeit gerade nicht der Fall. Nach den auf Grund eines ausführlichen berufskundlichen Sachverständigengutachtens getroffenen Feststellungen kann auch keine Rede davon sein, daß es nicht wenigstens 100 Arbeitsplätze für Heimarbeiterinnen mit einem das Existenzminimum sichernden Einkommen gebe.

Im Hinblick darauf, daß sich die Klägerin durch Heimarbeit einen Erwerb verschaffen kann, erübrigt es sich zu prüfen, ob die Klägerin nicht ausgehend von ihrem ab Dezember 1997 bestehenden Leistungskalkül auf unselbständige Arbeiten im Rahmen eines Betriebes verwiesen werden könnte.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit liegen nicht vor.

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