OGH 9Ob4/99z

OGH9Ob4/99z9.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton P*****, Selbständiger, ***** vertreten durch Dr. Helmut Klement und andere, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei Manfred Z*****, Wohnungsvermieter, ***** wegen Abberufung als Geschäftsführer (Streitwert S 500.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Dr. Franz Krainer, Rechtsanwalt in Graz, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Beklagten, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgericht vom 18. November 1998, GZ 6 R 238/98m-7, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs des Masseverwalters wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Nach dem Klagevorbringen sind die Streitteile und Ulrike Z***** Gesellschafter der "Pension ***** GesmbH". Mit Vergleich vom 5. 12. 1997 hätten sich der Beklagte sowie Ulrike Z***** verpflichtet, dem Kläger S 800.000 sA bis 31. 5. 1998 zu zahlen, wobei der Beklagte sich für den Fall der nicht termingerechten Zahlung verpflichtet habe, die Geschäftsführung der genannten GesmbH zurückzulegen. Da weder Zahlung geleistet noch die Geschäftsführung zurückgelegt worden sei, begehrt der Kläger, den Beklagten zu verpflichten, ein Firmenbuchgesuch, mit dem die Eintragung des Erlöschens seiner Vertretungsbefugnis als Geschäftsführer der genannten GesmbH beantragt werde, beglaubigt zu unterfertigen; hilfsweise, in die Löschung als Geschäftsführer der genannten GesmbH einzuwilligen. Die Klage wurde am 28. 8. 1998 überreicht. Bereits am 24. 8. 1998 war über das Vermögen des Beklagten der Konkurs eröffnet worden.

Infolge Nachsendeauftrages an den Masseverwalter konnte die Klage dem Beklagten nicht zugestellt werden. In dem darauf gestellten Antrag des Klägers begehrt er die Neuzustellung der Klage nicht nur an den Beklagten, sondern auch an den Masseverwalter. Dabei bringt er vor, daß strittig sei, ob der geltend gemachte Anspruch auf Unterfertigung eines Firmenbuchgesuches für die nicht im Konkurs befindliche GesmbH auch die Geschäftsführung der beklagten Partei an dieser GesmbH beinträchtige oder nicht.

Das Erstgericht wies den Antrag unter Hinweis auf § 7 KO ab.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der klagenden Partei Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Prozeßgericht erster Instanz die Fortsetzung des gesetzmäßigen Verfahrens nur mit dem Beklagten auf. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Geschäftsführers einer GesmbH werde dessen Handlungsfähigkeit im Sinne des § 15 Abs 1 Satz 2 GmbHG nicht berührt. Er sei daher weiterhin zur Vertretung der Gesellschaft berufen. Lediglich die Ausübung seines Stimmrechtes als Gesellschafter gehe auf den Konkursmasseverwalter über. Der Rechtsstreit werde daher durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beklagten nicht berührt.

Gegen diesen Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Masseverwalters mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Klage zurückzuweisen; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Rekurs ist unzulässig.

Der Masseverwalter macht geltend, daß die dem Klagebegehren stattgebende Entscheidung insofern unmittelbaren Einfluß auf die Sollmasse habe, als der Anspruch auf ein zumindest teilweise pfändbares Entgelt für die Geschäftsführertätigkeit des Beklagten durch die Stattgebung des Klagebegehrens beendet wäre (SZ 67/168; SZ 69/70 ua).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unabhängig davon, ob die Entscheidung von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängt, unzulässig.

Seit dem Judikat 61 (SZ 27/290) steht nach einhelliger Rechtsprechung dem Beklagten ein Rechtsmittel gegen den Beschluß, mit dem das Rekursgericht die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über eine vom Erstgericht vor Streitanhängigkeit zurückgewiesene Klage aufträgt, nicht zu. Die in der Klage als beklagte Partei angeführte Person ist in diesem Vorprüfungsverfahren noch nicht Partei und eine gerichtliche Entcheidung entfaltet ihr gegenüber keine bindende Wirkung (Rechberger in Rechberger ZPO Rz 2 zu § 230; ArbSlg 10.927; EvBl 1997/7; RIS-Justiz RS0039200). Daß die Klage gleichzeitig mit der Entscheidung des Rekursgerichtes dem Beklagten - hier dem Masseverwalter - zugestellt wurde, ändert nichts daran, daß der Beklagte zu dem maßgeblichen Zeitpunkt der Fassung des Beschlusses erster Instanz noch nicht am Verfahren beteiligt war (4 Ob 508/95; 9 ObA 131/95).

Daß im vorliegenden Fall die Entscheidung des Rekursgerichtes nicht die Zurückweisung der Klage betraf, sondern nur den Antrag auf Zustellung der Klage, hindert die Anwendung der zitierten Rechtsprechung nicht. Es ist auch ohne Bedeutung, daß hier nicht der Beklagte ein Rechtsmittel ergreift, sondern der Masseverwalter, weil die Konkursmasse, soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind, zwar in der Person des Masseverwalters ein ex lege vertretungsbefugtes und -verpflichtetes Organ erhält (EvBl 1997/7), aber auch diesem wie dem Beklagten als solchen im Rahmen der vorläufigen Prüfung der Zulässigkeit der Klage und dem dazugehörigen Zustellvorgang keine Rechtsmittellegitimation zukommt, weil bis zur Streitanhängigkeit nur ein Verhältnis zwischen Kläger und Gericht begründet ist und dem Beklagten oder Masseverwalter gegenüber keine Bindungswirkung eintritt (SZ 27/290; 5 Ob 287/97k ua).

Der Mangel der Verfügungsfähigkeit ist wie der der Prozeßfähigkeit von Amts wegen zu prüfen. Wenn der Klage nicht eindeutig zu entnehmen ist, daß ein geltend gemachter Anspruch die Konkursmasse berührt oder sich auf Bestand und Höhe der Masse infolge seiner engen Verknüpfung auswirkt und daher nicht schon bei der ersten Prüfung der Klage nach § 230 Abs 2 ZPO zur Zurückweisung der Klage mangels der Voraussetzungen des § 6 Abs 3 KO führt, so besteht in diesem Verfahrensstadium weder eine Bindung der die Klagezulässigkeit bejahenden Entscheidung für den Beklagten noch den Masseverwalter.

Erst nach Begründung der Streitanhängigkeit auch gegenüber dem Beklagten wirkt sich die ex lege Vertretungsbefugnis des Masseverwalters aus. Gegen eine nach diesem Zeitpunkt gefällte Entscheidung, die nicht einen Gemeinschuldnerprozeß im Sinne des § 6 Abs 3 KO zum Gegenstand hat, ist dem Masseverwalter die Rechtsmittellegitimation und ein entsprechendes, eine Verknüpfung mit der Masse behauptendes Vorbringen, das infolge der von Amts wegen zu prüfenden Umstände und der Nichtigkeitssanktion auch nicht dem Neuerungsverbot unterliegt, zuzubilligen (2 Ob 544/88; 4 Ob 276/98m). Liegt einem fälschlich als Gemeinschuldnerprozeß im Sinne des § 6 Abs 3 KO angesehenem Rechtsstreit in Wahrheit ein Anspruch zugrunde, der sich auf die Konkursmasse auswirkt, dann tritt der Konkursmasse gegenüber die Rechtskraftwirkung der darin ergangenen Entscheidung nicht ein.

Stichworte