Spruch:
Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Kläger begehrte die Nichtigerklärung des von der beklagten Partei in der Generalversammlung vom 22.2.1991 gefaßten Beschlusses, mit dem er als Geschäftsführer der beklagten Partei abberufen worden war. Er brachte vor, einerseits verstoße der Inhalt dieses Gesellschafterbeschlusses gegen zwingende Gesetzesvorschriften, andererseits seien die im Gesellschaftsvertrag einer solchen Maßnahme vorausgesetzten wichtigen Gründe nicht vorgelegen.
Die beklagte Partei bestritt die Klagsbehauptungen und das der Berechtigung der Klage vorauszusetzende Feststellungsinteresse.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Mit Beschluß vom 13.7.1993 hob das Gericht zweiter Instanz dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Mit Beschluß vom 26.8.1993 eröffnete das Landesgericht für ZRS Graz den Konkurs über das Vermögen der beklagten Partei.
Darauf stellte das Erstgericht die Unterbrechung des anhängigen Rechtsstreits gemäß § 7 KO fest.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluß auf, trug dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens auf und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Es führte aus, „Gemeinschuldnerprozesse“ im Sinne des § 6 Abs. 3 KO seien etwa Rechtsstreitigkeiten über die Ehescheidung, die Feststellung der Vaterschaft, das Recht zur Namensführung, den unbefugten Gebrauch einer Firma, Ansprüche auf persönliche Leistungen, Unterlassungen des Gemeinschuldners sowie Streitigkeiten über die Mitgliedschaft bei einer im Konkurs befindlichen Genossenschaft. Ob auch gemäß § 41 GmbHG anhängige Verfahren als solche Rechtsstreitigkeiten anzusehen seien, hänge davon ab, ob der Inhalt des „angefochtenen Beschlusses“ die Konkursmasse betreffe. Der Oberste Gerichtshof habe - soweit ersichtlich - bisher in zwei Fällen die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer nach § 41 GmbHG beklagten Gesellschaft als Unterbrechungsgrund angesehen. Im ersten Fall habe der Gesellschafterbeschluß den Verkauf aller Geschäftsanteile an eine andere Gesellschaft mit beschränkter Haftung, im zweiten Fall die Auflösung der Gesellschaft zum Inhalt gehabt. In beiden Fällen habe die Anfechtung somit unzweifelhaft das Vermögen der Konkursmasse betroffen. Bartsch-Pollak (I 73 FN 23) führten hingegen als Beispiel eines Gemeinschuldnerprozesses die Klage auf Nichtigerklärung eines Generalversammlungsbeschlusses über die Leistung von Nachschüssen an; in einem solchen Verfahren könne sich der Masseverwalter als Nebenintervenient am Rechtsstreit beteiligen, der Gemeinschuldner werde aber nicht von ihm vertreten. Bei der Bestellung oder Abberufung von Geschäftsführern handle es sich um eine gesellschaftsinterne organisatorische Maßnahme, die auf die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft mit beschränkter Haftung keinen Einfluß nehme. Der Masseverwalter sei daher auch nicht berechtigt, Mitglieder von Organen zu bestellen oder abzuberufen, weil er nicht die Masse betreffende Aufgaben der Organe nicht an sich ziehen könne. Nicht vermögensrechtliche Rechtsstreitigkeiten aus der Bestellung oder Abberufung eines Geschäftsführers berührten daher den Tätigkeitsbereich des Masseverwalters nicht; solche Prozesse seien wie Verfahren der Gesellschaft aus mitgliedschaftlichen Rechten auch im Konkurs der Gesellschaft mit beschränkter Haftung weiterhin gegen diese und nicht gegen den Masseverwalter zu führen. Das Verfahren sei daher nicht nach § 7 KO unterbrochen.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse der beklagten Partei und des Masseverwalters, dessen Rechtsmittelrecht zu bejahen ist, weil vom Ausgang des Zwischenstreits über die Wirkungen der Konkurseröffnung auf das anhängige Streitverfahren seine Prozeßführungsbefugnis abhängt, sind berechtigt.
Im zweiten Rechtsgang des Verfahrens, in dem der Kläger die Nichtigerklärung eines Gesellschafterbeschlusses anstrebt, mit dem er als Geschäftsführer abberufen wurde, ist über das Vermögen der gemäß § 41 GmbHG beklagten Gesellschaft mit beschränkter Haftung der Konkurs eröffnet worden. Das Erstgericht sah damit das Verfahren gemäß § 7 Abs. 1 KO als unterbrochen an, das Gericht zweiter Instanz ordnete dagegen das Verfahren den im § 6 Abs. 3 KO von den Wirkungen der Konkurseröffnung ausgenommenen Rechtsstreitigkeiten zu und verneinte deshalb das Vorliegen des vom Erstgericht angenommenen Unterbrechungsgrundes. Ob dem Erst- oder dem Gericht zweiter Instanz beizupflichten ist, kann aufgrund der gegenwärtigen Verfahrenslage indes noch nicht abschließend erkannt werden:
Gemäß § 7 Abs. 1 KO werden alle Rechtsstreitigkeiten, in denen der Gemeinschuldner Kläger oder Beklagter ist, mit Ausnahme der im § 6 Abs. 3 KO bezeichneten Streitigkeiten, durch die Konkurseröffnung unterbrochen. Der letzteren Bestimmung zufolge können Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Konkursmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Gemeinschuldners, auch während des Konkurses gegen den Gemeinschuldner oder von ihm anhängig gemacht oder fortgesetzt werden. Zu diesen „Gemeinschuldnerprozessen“ gehören einerseits Streitigkeiten, deren Gegenstand gar nicht vermögensrechtlicher Natur ist, und andererseits Streitigkeiten vermögensrechtlicher Natur, sofern der Streitgegenstand weder einen Aktiv- noch einen Passivbestandteil der (Soll-)Konkursmasse bildet (Bartsch-Pollak, KO3 I 72; ähnlich auch Jeger-Lent, KO8 §§ 207, 208 Rz 35). Letzteres ist aber nur zu bejahen, wenn die dem Klagebegehren stattgebende Entscheidung im Prozeß auf den Stand der Sollmasse unmittelbar keinen Einfluß nimmt. Unmittelbar ist deren Einfluß aber auch dann, wenn der Streitgegenstand selbst zwar den Sollstand der Masse nicht berührt, mit vermögensrechtlichen, die Masse betreffenden Ansprüchen jedoch derart eng verknüpft ist, daß sich das klagsstattgebende Urteil auf deren Bestand oder Höhe rechtsnotwendigerweise unmittelbar auswirkt. Soweit im deutschen Schrifttum (vgl. nur Stein-Jonas ZPO21 § 240 Rz 9; Hartmann in Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO52 § 240 Rz 11) darüber hinaus auch jede mittelbare Beziehung zum Verfahrensgegenstand als ausreichend angesehen wird, kann dem der erkennende Senat nicht bloß deshalb nicht beipflichten, weil solche Auswirkungen aufgrund der Aktenlage gar nicht verläßlich erkannt bzw abgeschätzt werden können, sondern auch, weil auch nicht vermögensrechtliche, ja sogar personenstandsrechtliche Streitigkeiten (wie Ehe- und Abstammungsstreitigkeiten), deren Ausnehmung von der Unterbrechungswirkung der Konkurseröffnung gar nicht in Zweifel gezogen werden kann, mitunter sehr erhebliche mittelbare Auswirkungen (zB Ehepakte, Unterhalt usw.) auf die Konkursmasse haben können.
Demgemäß ist das über eine Klage gemäß § 41 GmbHG eingeleitete Verfahren nur dann den Gemeinschuldnerprozessen gemäß § 6 Abs. 3 KO zuzurechnen, wenn die mit der Nichtigerklärung bewirkte Aufhebung des Gesellschafterbeschlusses nach den vorher angestellten Erwägungen keine unmittelbare Wirkung auf die Konkursmasse entfaltet. Gegenstand des streitverfangenen Gesellschafterbeschlusses ist die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der beklagten Gesellschaft. Die Organisation der durch die Konkurseröffnung gemäß § 84 Z 4 GmbHG aufgelösten Gesellschaft mit beschränkter Haftung bleibt auch im Konkurs gewahrt; die Organe nehmen weiterhin ihre Funktionen wahr, soweit diese nicht vom Masseverwalter (etwa im Rahmen einer Unternehmensfortführung) verdrängt werden oder deren Ausübung dem Zweck des Konkurses zuwiderliefe. Dem Masseverwalter ist es daher auch verwehrt, Mitglieder der Organe abzuberufen bzw. zu bestellen (Gellis, GmbHG2, 449). Die Bestellung, aber auch die Abberufung des Geschäftsführers einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist eine rein gesellschaftsinterne organisatorische Maßnahme, die für sich genommen auf die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft keinen Einfluß nimmt (so auch Reich-Rohrwig, GmbH-Recht, 664 FN 30). Nun haben die Rechtsmittelwerber übereinstimmend vorgebracht, der Kläger habe im Konkurs seine Vergütungsansprüche als Geschäftsführer auch für die Zeit nach seiner Abberufung bis zur Konkurseröffnung angemeldet. Würde er den Abberufungsbeschluß der Gesellschafter mit Erfolg anfechten, wäre die Gesellschaft in der Tat auch weiterhin - bis zur Konkurseröffnung - zur Zahlung des Entgelts verpflichtet gewesen (vgl. BGHZ 32, 114, 121 f), soweit der darauf gerichtete Anspruch des Klägers nach der maßgeblichen vertraglichen Grundlage untrennbar mit seiner Geschäftsführerfunktion verbunden wäre. Anders lägen die Dinge nur, wenn dem Kläger in seiner Funktion als Geschäftsführer keine Vergütung zugesichert worden sein oder diese ihre Grundlage in einem (freien) Dienstvertrag haben sollte, nach dem sie nicht untrennbar an die Ausübung der Geschäftsführertätigkeit geknüpft ist. Da sich aus den vorliegenden Urkunden - insbesondere aus dem Gesellschaftsvertrag und dem Gesellschafterbeschluß vom 12.3.1987 - zu dieser Frage, abgesehen davon, daß die Festsetzung der Geschäftsführerbezüge einer Beschlußfassung durch die Generalversammlung bedarf, nichts entnehmen läßt, wird das Erstgericht im fortgesetzten Zwischenverfahren den Sachverhalt so weit zu verbreitern haben, daß die Frage, ob der Rechtsstreit durch die Konkurseröffnung unterbrochen ist, verläßlich beurteilt werden kann.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.
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