OGH 9ObA144/99p

OGH9ObA144/99p9.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisions- und Rekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Johann Meisterhofer und DI Werner Conrad als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Birsen C*****, Arbeiterin, ***** vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Ali Y*****, dieser vertreten durch Dr. Robert Oberdanner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 15.058,12 brutto und S 47.000 netto sA, infolge Revisionsrekurses und Revision der klagenden Partei gegen die Entscheidungen des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungs- und Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Februar 1999, GZ 12 Ra 14/99m-34, womit infolge Berufung und Rekurses der Klägerin das Urteil und der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. Oktober 1998, GZ 18 Cga 170/97f-27, bestätigt wurden, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

A) Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie zu lauten haben:

"Die Parteibezeichnung der beklagten Partei wird berichtigt auf "Ali Y*****, Kellner, *****";

der Antrag des Vereines B***** D***** C***** (im folgenden Verein genannt) auf Berichtigung der Parteibezeichnung der beklagten Partei in "Verein B***** D***** C*****, vertreten durch den Obmann Hasan Y*****", wird abgewiesen.

Die Revisionsrekursbeantwortung des Vereines wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Verfahrenskosten.

B) Aus Anlaß der Revision werden die Urteile der Vorinstanzen und das

diesen vorausgehende nach Erlassung des Zahlungsbefehles liegende Verfahren als nichtig aufgehoben.

Die Kosten des nichtigen Verfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Ali Y***** war Pächter des Lokales Club L*****, Inhaber war der Verein B***** D***** C*****, dessen Obmann war Hasan Y*****. Der Betrieb des Lokals war Sinn und Zweck des Vereines. Dies wußte die Klägerin, die im Lokal gearbeitet hat. Das Lokal wurde als "Club L*****" bezeichnet. Die Klägerin wurde laut An- und Abmeldebestätigung der Gebietskrankenkasse vom Dienstgeber "Club L***** Verein" beschäftigt. Der Verein "B***** D***** C***** Club L*****" hat aber vereinsrechtlich nie existiert.

Ein Verein B***** D***** C***** mit dem Obmann Hasan Y***** war im Vereinsregister eingetragen und ist am 14. 1. 1998 freiwillig aufgelöst worden.

Mit der am 14. 8. 1997 eingebrachten Klage begehrt die Klägerin zunächst mit der Begründung, vom 1. 4. bis 26. 6. 1997 beim Verein "B***** D***** C***** Club L*****" als Kellnerin mit Inkasso beschäftigt gewesen zu sein, von diesem den vereinbarten Lohn für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses samt aliquoten Sonderzahlungen und darüber hinaus wegen unberechtigter Entlassung Kündigungsentschädigung bis 10. 7. 1997 sowie Urlaubsabfindung für den Zeitraum vom 1. 4. bis 10. 7. 1997 im Gesamtbetrag von S 47.000 netto und S 15.058,12 brutto. In der Tagsatzung vom 20. 2. 1998 brachte der Klagevertreter vor, daß die Klägerin bei dem beklagten Verein beschäftigt gewesen sei. Ihr Einstellungsgespräch und ihre Gehaltsverhandlungen und sonstige Gespräche hätten mit Ali Y***** stattgefunden.

Die an den Verein gerichtete Klage und der Zahlungsbefehl waren entgegen § 17 ZustG hinterlegt worden, die Verständigung war nicht in den vorhandenen Briefkasten eingelegt, sondern an der Eingangstüre befestigt. Das Gerichtsstück kam als unbehoben zurück und befindet sich noch im Akt.

Dessenungeachet beantragte der "Verein" die Abweisung des Klagebegehrens und brachte vor, daß der Obmann des Vereins B***** D***** C***** Club L***** Ali Y***** sei; die Klägerin sei nur für eine Probezeit beim beklagten Verein beschäftigt gewesen und sei wegen Alkoholisierung entlassen worden.

Am 3. 8. 1998 zog die beklagte Partei den Einwand, daß die Klägerin nicht bei der beklagten Partei, sondern beim Pächter beschäftigt gewesen sei, zurück.

Die klagende Partei beantragte, weil der ursprünglich beklagte Verein vereinsrechtlich nie existent war, die Parteienbezeichnung auf Ali Y***** zu berichtigen. Die beklagte Partei stellte hingegen den Antrag, die Parteibezeichnung auf den bestehenden Verein B***** D***** C*****, vertreten durch Hasan Y***** zu berichtigen.

Das Erstgericht berichtigte die Bezeichnung der beklagten Partei im Sinne des Antrages der beklagten Partei und wies den Berichtigungsantrag der Klägerin und mit Urteil das Klagebegehren ab.

Eindeutig sei, daß die Klägerin ihren Dienstgeber, und zwar den beklagten "Verein" in der berichtigten Bezeichnung klagen wollte. Da der Verein mit der von ihr gewählten Bezeichnung im Vereinsregister nicht eingetragen gewesen sei, sei im Sinne des Antrages der Beklagten die Berichtigung der Parteienbezeichnung der beklagten Partei auf den tatsächlich eingetragen gewesenen Verein vorzunehmen. Aus der Klage sei eindeutig dieser Verein als Arbeitgeber zu entnehmen. Die Einbeziehung des Ali Y***** wäre ein Parteienwechsel. Da das Klagebegehren gegen den Verein gerichtet sei, die Klägerin zum Schluß der Verhandlung behauptet habe, beim Pächter beschäftigt gewesen zu sein, sei das Klagebegehren jedoch inhaltlich unschlüssig und daher abzuweisen.

Das Berufungsgericht gab weder dem Rekurs der Klägerin noch deren Berufung Folge.

Die beklagte Partei sei, wenn auch ohne den Zusatz "Club L*****" im Vereinsregister eingetragen gewesen und habe zur Zeit der Klageeinbringung bestanden. Die Klägerin habe den Verein als Dienstgeber klagen wollen. Der Versuch, Ali Y***** in das Prozeßverhältnis durch eine Parteienberichtigung einzubinden, sei nichts anderes als ein unzulässiger Parteiwechsel. Die Klägerin sei nach ihren Behauptungen nicht beim beklagten Verein, sondern bei Ali Y***** beschäftigt gewesen, so daß auch materiellrechtlich keine Ansprüche gegen den Verein gegeben seien.

Gegen diese Entscheidungen der zweiten Instanz richten sich der Revisionsrekurs und die Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Sache, mit den Anträgen, die Parteienberichtigung in Abänderung der Entscheidung der Vorinstanzen auf Ali Y***** zuzulassen und dem erkennbaren Antrag auf Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen mit dem Auftrag, das Verfahren gegen den wahren Dienstgeber bei gegebener Schlüssigkeit des Klagebegehrens fortzusetzen.

Der Verein erstattete eine Revisionsrekurs- und Revisionsbeantwortung und stellte den Antrag, den Rechtsmitteln der Klägerin keine Folge zu geben.

Die Revisionsrekursbeantwortung ist genauso wie ein Rechtsmittel des nie in das Prozeßrechtsverhältnis einbezogenen Vereines unzulässig (RIS-Justiz RS0039313).

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Eine Richtigstellung der Parteienbezeichnung auf diejenige Person, gegen die nach dem Inhalt der Klage in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, etwa durch Anführung des Unternehmens das Klagebegehren erhoben ist, ist in jeder Lage des Verfahrens vorzunehmen (8 ObA 201/96). Die Richtigstellung einer nur falsch bezeichneten, aber eindeutig klar erkennbaren Partei ist auch dann zulässig, wenn es durch die Richtigstellung zu einem Personenwechsel kommt. Eine Klageänderung liegt selbst im Falle der Einbeziehung eines anderen Rechtssubjektes noch nicht vor, wenn sich aus der Klageerzählung, wozu auch das sonstige Vorbringen gehört, etwa durch Bezug auf ein bestimmtes Arbeitsverhältnis eindeutig ergibt, wer beklagte Partei sein sollte, so daß der in Anspruch genommene Beklagte wissen mußte, wen die Klage betrifft (8 ObA 175/97m).

Dazu ist festzuhalten, daß die Klägerin mit ihrer Klage den "Verein B***** D***** C***** Club L*****" in Anspruch nahm. Die beklagte Partei brachte vor, daß Ali Y***** Obmann des von der Beklagten in Anspruch genommenen Vereins sei. Im Zusammenhang mit den Krankenkassenmeldungen des "Club L***** Verein" und dem Umstand, daß unter der Anschrift des "Club L*****" auch noch die nunmehrige beklagte Partei ihren Sitz hat, ist der Irrtum der Klägerin, eine Vermischung der beiden Bezeichnungen als Parteienbezeichnung zu bilden, verständlich. Da Ali Y***** der Pächter des Lokals "Club L*****" war, dessen Betrieb Vereinszweck der "Beklagten" war, mußte ihm auch klar sein, daß die Klägerin, die für den "Club L*****" arbeitete, dessen Pächter er war, mit ihrer Bezeichnung in der Klage nur ihren Dienstgeber den "Club L*****", der aber mangels Vereinsexistenz nichts anderes als der Pächter persönlich war, klagen wollte. Daß der Verpächter des Lokals, die nunmehr berichtigte beklagte Partei war, machte diese, da der Dienstvertrag mit dem "Club L*****" = dem Pächter = Ali Y***** und nicht dem Verein B***** D***** C***** zustande kam, nicht zum Dienstgeber. Die Meldung bei der Gebietskrankenkasse für "Club L*****" erfolgte sohin irreführend.

Die Existenz zweier Rechtssubjekte kann zwar für eine unzulässige Parteienänderung sprechen (9 ObA 128/94), jedoch gab es im vorliegenden Fall weder den Verein "B***** D***** C***** Club L*****" noch den "Club L*****" als Verein. Die Klägerin hat den damals bestehenden Verein B***** D***** C*****, der nie ihr Arbeitgeber war, auch nie als beklagte Partei bezeichnet. Die Änderung der Bezeichnung des nicht existenten "B***** D***** C***** Club L*****" auf den dahinterstehenden,von der ursprünglich beklagten Partei sogar als ihren "Obmann" bezeichneten Ali Y*****, der in Wahrheit der Pächter des Vereinslokales war, ist daher keine willkürliche Einführung eines neuen Rechtssubjektes in den Prozeß, sondern eine zulässige Berichtigung der Parteibezeichnung auf eine existente Person.

Aus Anlaß der Revision war folgendes zu erwägen:

Der Beklagtenvertreter war sowohl von Ali Y***** als auch von dem nun ausgeschiedenen Verein bevollmächtigt. Das Verfahren wurde aber nur mit dem durch den Obmann Hassan Y***** vertretenen Verein geführt. In der bloßen Beiziehung des Beklagtenvertreters kann in diesem Einzelfall daher keine erkennbare objektive Prozeßführung mit der wahren beklagten Partei erblickt werden. Die Vorinstanzen sind auch nur von einem Prozeßrechtsverhältnis zum Verein ausgegangen. Wurde die Klage nicht demjenigen zugestellt, der tatsächlich Partei ist, sondern einem anderen, auf den gerade die unkorrekte Parteienbezeichnung paßt und dann das Verfahren mit diesem durchgeführt, so muß die richtige Partei, wenn sie nach der Berichtigung dem Verfahren beigezogen wird, das bis dahin unter Verletzung ihres rechtlichen Gehörs geführte Verfahren nicht gegen sich gelten lassen (8 ObA 201/96).

Die in den Prozeß einbezogene, aber von der klagenden Partei tatsächlich nach ihrem Vorbringen nicht in Anspruch genommene Partei ist eine "Quasi-Partei". Die ihr gegenüber gesetzten Prozeßhandlungen sind nichtig, weil sie, bezogen auf die wirkliche Partei gegen § 477 Abs 1 Z 4 ZPO verstoßen (2 Ob 601, 602/92). Die von Amts wegen wahrzunehmende Nichtigkeit bewirkt die Aufhebung des angefochtenen Urteiles und des nichtigen Verfahrens, mit Ausnahme des von der Nichtigkeit nicht betroffenen aber auch noch nicht dem Beklagten zugestellten Zahlungsbefehles.

Was die Kosten des nichtigen Verfahrens und Rechtsmittelverfahrens und den von der ausgeschiedenen Partei geltend gemachten Kostenersatzanspruch betrifft, sind diese Kosten gemäß § 51 Abs 2 ZPO gegenseitig aufzuheben. Beide Teile trifft ein Verschulden an der Führung des nichtigen Verfahrens. Einerseits hätte die klagende Partei die vereinsrechtliche Existenz der von ihr in Anspruch genommenen beklagten Partei im Zusammenhang mit der Krankenkassenanmeldung und ihren Behauptungen immer nur mit Ali Y***** den Arbeitsvertrag betreffende Gespräche geführt zu haben und damit die richtige Bezeichnung der beklagten Partei leicht prüfen und von vornherein die Parteienbezeichnung richtigstellen können. Andererseits hätte der Verein schon aufgrund der gewählten Parteienbezeichnung und des Gesamtvorbringens der Klägerin erkennen können und müssen, daß die Parteienbezeichnung unrichtig ist und die Klägerin Ali Y***** als ihren Dienstgeber in Anspruch genommen hat. Da das Verschulden nicht einer Partei allein zuzurechnen war, treten die Rechtsfolgen des § 51 Abs 2 ZPO ein.

Die Kosten des Rekurses sind gemäß § 52 Abs 1 ZPO weitere Verfahrenskosten. Eine Kostenersatzpflicht des Vereines scheidet aus, weil es ihn nicht mehr gibt. Ali Y***** kann als noch nicht Verfahrensbeteiligter nicht in Anspruch genommen werden. Im Verhältnis zu ihm liegt daher auch kein Zwischenstreit vor.

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