OGH 2Ob159/99t

OGH2Ob159/99t1.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann S*****, vertreten durch Dr. Anton Schiessling und Dr. Othmar Knödl, Rechtsanwälte in Rattenberg, wider die beklagten Parteien 1. Jürgen S***** und 2. Marlene S*****, beide D***** und 3.***** Versicherungs-AG, D*****, alle vertreten durch Dr. Bernhard Hämmerle, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen S 240.500 sA und Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 11. März 1999, GZ 4 R 54/99v-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24. November 1998, GZ 41 Cg 1/98k-14, zum Teil bestätigt und zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Der Ausspruch des Berufungsgerichtes im Punkt 2 seines Urteilsspruches, daß die zweit- und drittbeklagten Parteien der klagenden Partei für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall vom 16. Juli 1995, der Gegenstand des Aktes BAZl 1465/95 des Bezirksgerichtes Kufstein war, zu einem Drittel haften, wobei die Haftung der drittbeklagten Partei mit dem Rahmen des mit der zweitbeklagten Partei hinsichtlich des PKWs mit dem Kennzeichen DGF-E 728 (D) am Unfallstag bestehenden Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrages beschränkt ist, wird als nichtig aufgehoben.

Im übrigen wird der Revision nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei an Kosten des Revisionsverfahrens den Betrag von S 6.025,54 binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 16. 7. 1995 ereignete sich in Österreich ein Unfall zwischen dem Kläger als Fahrer eines Mountain-Bike und einem vom Erstbeklagten gelenkten, von der Zweitbeklagten gehaltenen und bei der drittbeklagten Partei haftpflichtversicherten PKW.

Mit der am 31. 12. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger zunächst die Zahlung von S 140.250 sA sowie die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle künftigen Schäden. Er brachte dazu vor, er sei mit seinem Mountain-Bike auf der R***** Gemeindestraße talwärts gefahren. Bei erster Sicht auf das für die Verhältnisse mit überhöhter Geschwindigkeit in der Fahrbahnmitte entgegenkommende Beklagtenfahrzeug habe er gebremst, jedoch eine Kollision nicht verhindern können. Bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h hätte der Erstbeklagte den Unfall verhindern können. Es seien dem Kläger Schmerzen entstanden, welche ein Schmerzengeld von S 250.000 rechtfertigten, der Schaden am Fahrrad betrage S 30.000, an unfallskausalen Spesen seien S 500 aufgelaufen. Aus prozeßökonomischen Gründen werde derzeit die Hälfte des entstandenen Schadens von S 280.500, sohin einen Betrag von S

140.250 begehrt.

In der Verhandlung vom 6. 11. 1998 dehnte der Kläger das Klagebegehren auf den Gesamtschaden von S 280.500 aus.

Die Beklagten wendeten ein, der Kläger sei mit überhöhter Geschwindigkeit auf der Fahrbahnhälfte des Erstbeklagten bergab gefahren. Der Erstbeklagte sei auf halbe Sicht gefahren und habe den PKW, als der Kläger in den Sichtbereich gekommen sei, abgebremst und angehalten.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen wurden:

Der Unfall ereignete sich am 16. 7. 1995 gegen 9.30 Uhr. Bei der R***** Gemeindestraße handelt es sich um eine Freilandstraße, im Nahbereich der Unfallstelle befindet sich das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 40 km/h". Die Straße führt - aus der Sicht des Erstbeklagten - etwa von Norden nach Süden, sie hat zunächst eine Breite von 4,2 m; diese beträgt dann im Bereich einer leichten Rechtskurve 3,8 m und verschmälert sich die Straße schließlich auf 3,4 m. Der westliche Fahrbahnrand war dicht bewachsen, östlich der Straße befindet sich eine leicht abfallende Wiese, die von der Straße durch einen Drahtzaun abgegrenzt ist. Die Steigung der Fahrbahn beträgt in Fahrtrichtung des Erstbeklagten ca 9 %, die gegenseitige Sicht beträgt im Nahebereich der Unfallstelle mindestens 60 bis 70 m.

Zum Unfallszeitpunkt herrschte Tageslicht, die Straße war trocken. Der PKW hatte eine Breite von 1,65 m, der Kläger mit seinem Bountain-Bike einen Breitenanspruch von ca 70 cm.

Der Erstbeklagte fuhr am Unfallstag bergwärts, welchen Seitenabstand er zu seinem rechten Fahrbahnrand einhielt, konnte nicht festgestellt werden. Die zunächst eingehaltene Geschwindigkeit betrug ca 40 km/h. Er war gerade dabei, vom 2. in den 3. Gang zu schalten, als er merkte, daß ihm der Kläger mit seinem Mountain-Bike entgegenkam. Er stellte fest, daß der Kläger einen großen Abstand zu seinem rechten Fahrbahnrand einhielt, er hatte auch den Eindruck, daß er ziemlich schnell fuhr.

Der Erstbeklagte bremste sein Fahrzeug auf eine Geschwindigkeit von ca 15 bis 20 km/h ab und lenkte so weit nach rechts, daß der Abstand zum rechten Fahrbahnrand nur noch 0,4 m betrug, es war ihm aber nicht möglich, sein Fahrzeug vor der Kollision zum Stillstand zu bringen.

Der Kläger sah das Beklagtenfahrzeug zum ersten Mal, als er sich gerade im Kurveneingang und das Beklagtenfahrzeug noch auf der darunter sich befindenden Geraden war. Er hielt eine Geschwindigkeit von ca 30 km/h ein; diese verringerte er kaum, sondern versuchte, da er sich mit dem Fahrrad auf der linken Fahrbahnhälfte befand, nach rechts zu ziehen, was ihm aber nur teilweise gelang. Das Fahrrad kollidierte mit dem Vorderrad gegen den linken vorderen Scheinwerfer des Beklagtenfahrzeuges. Die Kollisionsgeschwindigkeit lag kaum unter 30 km/h. Der Kläger hatte einen Seitenabstand zu seinem rechten Fahrbahnrand von mehr als 1,6 m. Im Hinblick darauf, daß der Erstbeklagte mit seinem Fahrzeug bis auf 0,4 m an seinen rechten Fahrbahnrand herangefahren war, verblieb dem Kläger eine Durchfahrtsbereite von 1,6 m, die an sich ausreichend war. Wäre der Kläger weiter rechts gefahren, wäre der Unfall unterblieben.

Die Fahrbahnbreite im eigentlichen Unfallsbereich betrug ca 3,65 m. Für den Kläger war eine Verzögerung von 2,5 bis 3,5 m/sec**2 möglich, für den Erstbeklagten eine solche von 8 bis 10 m/sec**2. Um auf halbe Sicht zu fahren, ergibt sich für den Kläger eine maximal zulässige Geschwindigkeit von 36 bis 45 km/h, für den Erstbeklagten von 55 bis 66 km/h. Der Kläger ist in die halbe Sichtstrecke des Beklagtenfahrzeuges eingefahren.

Hätte der Erstbeklagte zum Zeitpunkte des ersten Sichtkontaktes mit einer starken Bremsung reagiert, so wäre ihm ein Stillstand vor der späteren Unfallstelle möglich gewesen, wobei aber nicht festgestellt werden kann, ob dadurch der Unfall vermieden worden wäre. Nicht festgestellt werden konnte auch, ob die Kollision dann, wenn sich der Erstbeklagte mit dem Fahrzeug ganz am rechten Fahrbahnrand befunden hätte, vermieden worden wäre.

Der Kläger erlitt einen Oberschenkelbruch rechts, eine große Wunde am linken Sprunggelenk mit Gelenksöffnung, eine tiefe Wunde über der linken Darmbeinschaufel sowie mehrere kleine Rißquetschwunden und Prellungen. Er wurde vom 16. 7. bis 9. 8. 1985 stationär in einer unfallchirurgischen Klinik aufgenommen. Er trug links einen Unterschenkelgips, mit Krücken mußte er bis 18. 9. 1995 gehen. Vom 14. 3. bis 18. 4. 1996 befand er sich in einem Rehabilitationszentrum, im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in der Klinik wurde vom 12. bis 15. 11. 1996 das Metall entfernt. Der Wert des Beines ist rechts um 15 % vermindert, es liegt aber keine Erwerbsminderung vor. Spätfolgen sind nicht auszuschließen. Der Kläger mußte komprimiert 5 bis 6 Tage schwere, 20 Tage mittlere und 10 bis 12 Wochen leichte Schmerzen ertragen. Eine eingeschränkte altersgemäße Lebensführung ist über das erste Halbjahr nach dem Vorfall als seelischer Beschwerdekreis anzusehen.

Der Zeitwert des Fahrrades betrug S 23.500, der Restwert ca S 5.000 bis S 10.000. Der Kläger hat das Fahrzeug nach dem Unfall repariert und um S 3.000 bis S 4.000 verkauft.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Kläger habe gegen § 7 StVO verstoßen, hingegen treffe den Erstbeklagten kein Verschulden am Unfall. Ein Anhalten des Beklagtenfahrzeuges sei im Hinblick darauf, daß der Breitenanspruch des klägerischen Fahrrades nur 70 cm betragen habe, nicht erforderlich gewesen.

Der Kläger focht dieses Urteil hinsichtlich eines abgewiesenen Betrages von S 269.000 an und beantragte, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß dem Klagebegehren hinsichtlich dieses Betrages von S 269.000 sA stattgegeben werde.

Das Berufungsgericht bestätigte die Klagsabweisung hinsichtlich des Erstbeklagten. Hingegen verurteilte es die zweit- und drittbeklagten Parteien zur Zahlung von S 72.000 sA und stellte deren Haftung zur ungeteilten Hand für alle zukünftigen Schäden des Klägers aus dem Unfall vom 16. 7. 1985 zu einem Drittel fest, wobei die Haftung der drittbeklagten Partei mit dem Rahmen des mit der zweitbeklagten Partei bestehenden Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrages beschränkt wurde. Das Mehrbegehren auf Zahlung von S 208.500 sowie auf Feststellung der Haftung für weitere zwei Drittel wurde abgewiesen. Das Berufungsgericht sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, gemäß Art 7 des Übereinkommens über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht, BGBl 1975/387, sei österreichisches Recht anzuwenden.

Da sich im vorliegenden Fall unmittelbar neben der Fahrbahn Büsche befunden hätten, sei der vom Erstbeklagten eingehaltene Seitenabstand von 40 cm trotz des Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Abs 2 StVO zulässig. Dem Kläger sei eine völlig ausreichende Durchfahrtsbereite von 1,6 m zur Verfügung gestanden, weshalb für den Erstbeklagten keine Veranlassung zu einem starken Bremsmanöver bestanden habe. Es sei daher ein Verschulden des Erstbeklagten zu verneinen.

Hingegen sei dem Kläger vorzuwerfen, daß er selbst zum Kollisionszeitpunkt immer noch einen Abstand von mehr als 1,6 m zum rechten Fahrbahnrand eingehalten habe. Er wäre verpflichtet gewesen, mit jener Aufmerksamkeit bzw Geschwindigkeit zu fahren, die es ihm ermöglicht hätte, rechtzeitig den Abstand zum rechten Fahrbahnrand bei Gegenverkehr auf das unbedingte erforderliche Maß zu verringern. Zu Recht sei daher das Erstgericht von einem Alleinverschulden des Klägers ausgegangen. Den beklagten Parteien sei allerdings der Entlastungsbeweis nach § 9 Abs 2 EKHG nicht gelungen. Sie hätten nicht beweisen können, daß der Unfall unterblieben wäre, wenn der Erstbeklagte zum Zeitpunkt des ersten Sichtkontaktes mit einer starken Bremsung sein Fahrzeug vor der Unfallstelle zum Stillstand gebracht hätte oder wenn er sich mit seinem Fahrzeug ganz am rechten Fahrbahnrand befunden hätte. Stelle man die Gefährdungshaftung des PKW dem Verschulden des Klägers gegenüber, so erscheine eine Haftungsaufteilung im Verhältnis von 2 : 1 zu Lasten des Klägers angemessen.

Berücksichtige man die Schmerzperioden des Klägers und die dazu kommenden psychischen Belastungen aus dem Umstand, daß er insgesamt für neun Monate in einer altersgemäßen Lebensführung eingeschränkt und keinen Sport betreiben habe können, erscheine ein Schmerzengeld von S 200.000 angemessen.

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für nicht zulässig, weil der Entscheidung keine Bedeutung über den Einzelfall hinauskomme.

Gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der zweit- und drittbeklagten Parteien mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung als nichtig aufzuheben; in eventu wird beantragt, sie dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird weiters beantragt, die Haftung der zweit- und drittbeklagten Parteien jedenfalls auf ein Drittel der Haftungshöchstbeträge gemäß § 15 EKHG zu begrenzen und schließlich wird hilfsweise ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die klagende Partei hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, dem Rechtsmittel der zweit- und drittbeklagten Parteien nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichtes - wie im folgenden noch darzulegen sein wird - an einer Nichtigkeit leidet. Nichtigkeitsgründe stellen aber stets eine erhebliche Rechtsfrage des Verfahrensrechtes im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS-Justiz RS0042743; SZ 70/76).

Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit wurde geprüft, er ist nicht gegeben (§ 510 Abs 3 ZPO).

Unter dem Revisionsgrund der Nichtigkeit machen die zweit- und drittbeklagten Parteien geltend, das Berufungsgericht habe gegen die Teilrechtskraft verstoßen, weil in der Berufung der klagenden Partei nur die Abweisung des Zahlungsbegehrens, nicht aber auch die Abweisung des Feststellungsbegehrens bekämpft worden sei.

Unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung führen sie aus, es hätte ihre Haftung jedenfalls mit den Haftungshöchstbeträgen des § 15 EKHG begrenzt werden müssen.

Weiters sei das Berufungsgericht auf den Verjährungseinwand nicht eingegangen. In der Streitverhandlung vom 6. 11. 1998 sei das Klagebegehren von ursprünglich S 140.250 auf S 280.500 ausgedehnt worden, diesbezüglich hätten die Beklagten Verjährung eingewendet.

Schließlich sei das Berufungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, daß der Entlastungsbeweis nach § 9 Abs 2 EKHG nicht gelungen sei. Auch die erhöhte Sorgfaltspflicht des § 9 EKHG dürfe nicht überspannt werden, solle ein vom Gesetzgeber nicht gewollte reine Erfolgshaftung vermieden werden. Es könne vom Erstbeklagten nicht verlangt werden, sofort zum Zeitpunkt des ersten Sichtkontaktes auf den Kläger stark zu bremsen, weil der Erstbeklagte damit rechnen habe dürfen, daß sich auch der Kläger ordnungsgemäß verhalte. Es würde eine Überspannung der Sorgfaltspflichten bedeuten, von jedem Autolenker bereits dann, wenn er auf 60 bis 70 m eines Radfahrers ansichtig werde, ein starkes Bremsmanöver zu verlangen. Auch müsse der Lenker einen entsprechenden Sicherheitsabstand zum rechten Fahrbahnrand halten, weshalb ein Abstand von 40 cm keinesfalls beanstandet werden könne.

Schließlich sei auch die vom Berufungsgericht vorgenommene Haftungsaufteilung von 2 : 1 unrichtig, weil der Kläger eklatant gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen habe, während der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges lediglich eine untergeordnete Bedeutung zukomme.

Letztlich sei auch ein Schmerzengeld von S 200.000 überhöht.

Hiezu wurde erwogen:

Wie schon eingangs ausgeführt, hat das Erstgericht das auf Zahlung und Feststellung gerichtete Klagebegehren zur Gänze abgewiesen. Diese Entscheidung wurde von der klagenden Partei lediglich im Umfang der Abweisung des Begehrens auf Zahlung von S 269.000 angefochten, sie ist daher im übrigen - insbesondere hinsichtlich der Abweisung des auf Feststellung gerichteten Klagebegehrens - in Teilrechtskraft erwachsen. Dadurch, daß das Berufungsgericht dem Feststellungsbegehren zum Teil stattgegeben hat, hat es gegen diese Teilrechtskraft verstoßen und dadurch einen ungeschriebenen Nichtigkeitsgrund nach § 477 ZPO gesetzt (3 Ob 16/97t). Insoweit war das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Nichtigkeit durch Beschluß aufzuheben (§§ 513, 473 Abs 1 ZPO).

Die Frage der Beschränkung der Haftung auf die Höchstbeträge des EKHG stellt sich im Hinblick auf die Aufhebung des Feststellungsurteiles des Berufungsgerichtes wegen Nichtigkeit nicht mehr.

Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß den zweit- und drittbeklagten Parteien der Entlastungsbeweis nach § 9 Abs 2 EKHG nicht gelungen ist. Nach ständiger Rechtsprechung ist dieser Entlastungsbeweis nur dann erbracht, wenn die äußerste nach den Umständen des Falles mögliche und zumutbare Sorgfalt beachtet wird. Die Sorgfaltspflicht setzt nicht erst in der Gefahrenlage ein, vielmehr muß von vornherein alles vermieden werden, was zur Entstehung einer gefahrenträchtigen Situation führen könnte (Schauer in Schwimann**2, ABGB, Rz 21 zu § 9 EKHG mwN). Beweispflichtig für die Voraussetzungen der Haftungsbefreiung ist der Haftpflichtige, er muß den Nachweis der Einhaltung jeder gebotenen Sorgfalt erbringen, Zweifel gehen zu seinen Lasten (Schauer, aaO, Rz 52 zu § 9 EKHG mwN). Ist etwa zweifelhaft, wie groß der Seitenabstand eines Kraftfahrzeuges zum Fahrbahnrand war, so ist von der für den Haftpflichtigen ungünstigsten Möglichkeit auszugehen (ZVR 1978/135). Es ist daher für die Beurteilung des vorliegenden Falles davon auszugehen, daß der Unfall vermieden worden wäre, wenn der Erstbeklagte ganz an den rechten Fahrbahnrand gefahren wäre oder wenn er durch eine starke Betriebsbremsung sein Fahrzeug zum Stillstand gebracht hätte. Eine dieser Maßnahmen erscheint aber durchaus zumutbar, stellte doch der Erstbeklagte als er den Kläger bemerkte, fest, daß dieser einen großen Abstand zu seinem (des Klägers) rechten Fahrbahnrand einhielt, er hatte auch den Eindruck, daß dieser ziemlich schnell fuhr.

Zu Recht ist daher das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß die zweit- und drittbeklagten Parteien jedenfalls zu haften haben. Gegen die Verschuldensteilung von 2 : 1 zu Lasten des Klägers bestehen keine Bedenken (vgl ZVR 1983/74 und 2 Ob 2348/96z).

Unberechtigt ist auch der von den zweit- und drittbeklagten Parteien erhobene Verjährungseinwand. Der Zuspruch von einem Drittel liegt jedenfalls innerhalb der bereits in der Klage geltend gemachten Hälfte des gesamten klägerischen Schadens; dieser Anspruch ist daher nicht verjährt.

Berücksichtigt man schließlich die mit den Verletzungen des Klägers verbundenen psychischen Beeinträchtigungen, bestehen gegen die Ausmessung des Schmerzengeldes mit S 200.000 ebenfalls keine Bedenken.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50, 51 ZPO. Hinsichtlich des für nichtig erklärten Teiles des Berufungsgerichtes sind die Kosten gemäß § 51 Abs 2 ZPO gegenseitig aufzuheben. Darauf entfallen rund 10 % der mit S 6.695,04 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.185,84) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung der zweit- und drittbeklagten Parteien. 90 % dieser Kosten, sohin S 6.025,54 haben die zweit- und drittbeklagten Parteien an Kosten des Revisionsverfahrens dem Kläger zu ersetzen.

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