Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Die bei der beklagten Partei feuerversicherte Videothek des Klägers brannte am 3. 2. 1988 aus. Dabei wurden unter anderem 3450 Videokassetten zerstört, darunter Kassetten, die der Kläger unter Umgehung urheberrechtlicher Vorschriften aus Deutschland nach Österreich importiert hat (Parallelimporte). Dem Versicherungsvertrag lagen die AFB 1984 (im folgenden AFB) zugrunde, deren Art 5 auszugsweise wie folgt lautet:
„(1) Der Ermittlung der Ersatzleistung wird unbeschadet der Bestimmungen des Art 10 ABS der Versicherungswert zur Zeit des Eintrittes des Schadenfalles (Ersatzwert) zugrundegelegt, bei beschädigten Sachen der Unterschied zwischen diesem Wert und dem Wert der Reste, bei dessen Ermittlung die Verwendbarkeit der Reste für die Wiederherstellung zu berücksichtigen ist. ...
(2) Als Ersatzwert gelten: ...
b) Bei Gebrauchsgegenständen, Arbeitsgeräten, Maschinen und sonstigen technischen Einrichtungen die Wiederbeschaffungskosten unter billiger Berücksichtigung der aus dem Unterschied zwischen alt und neu sich ergebenen Wertminderung ...
d) Bei Waren, mit denen der Versicherungsnehmer handelt, bei Rohstoffen, die der Versicherungsnehmer für die Erzeugung von Waren beschafft hat, sowie bei Naturerzeugnissen die Kosten der Wiederbeschaffung bei Eintritt des Schadenfalles, höchstens jedoch deren Verkaufspreis, abzüglich der ersparten Kosten.
Maßgebend sind die Preise (soweit sich Marktpreise gebildet haben, die Marktpreise) zur Zeit des Eintrittes des Schadenfalles sowie die Kosten der Neuherstellung zur Zeit des Eintrittes des Schadenfalles.
Ergibt sich bei Gebäuden, Maschinen, technischen Einrichtungen und Waren ein geringerer Wert aus dem Umstand, daß sie infolge einer nicht durch den Schadenfall verursachten Beschädigung, infolge Veralterung oder dauernden Betriebsstillstandes schon dauernd entwertet waren, so gilt der geringere Wert als Ersatzwert ...“.
Die beklagte Versicherung gestand zu, daß dem Kläger durch das Unbrauchbarwerden der Videokassetten ein Schaden von S 100.000,‑- und in der Folge von S 160.000,‑- erwachsen ist. Demgegenüber wurde von den Vorinstanzen unter Berufung auf § 273 Abs 1 ZPO festgestellt, daß unter Berücksichtigung einer Bewertung der Kassetten des Systems Betamax mit 0 S, weil sie im Zeitpunkt des Schadenseintrittes vom Markt bereits verschwunden waren, der Kassetten des Systems Video 2000 mit S 50,‑- bis S 100,‑- pro Einheit, wegen der damals nur mehr sehr geringen Marktanteile sowie der Kassetten des Systems VHS mit je S 100,‑- sich für die beim Brand vernichteten Kassetten ein Ersatzwert von insgesamt S 300.000,‑- ergibt. Dieser Wert ist auch wegen der pauschalen Bewertung mit den Wiederbeschaffungskosten identisch. Wegen der totalen Vernichtung der Kassetten durch den Brand kommt eine Kostenersparnis nicht in Betracht.
Der Kläger fordert von der Beklagten jedoch die Bezahlung von S 779.150,‑- sA und behauptet, daß dieser Betrag dem Wiederbeschaffungswert der unbrauchbar gewordenen Kassetten entspreche.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung dieses Begehrens.
Das Erstgericht sprach zunächst mit einem in Rechtskraft erwachsenen Zwischenurteil aus, daß die Klagsforderung dem Grunde nach zu Recht besteht und gab mit Endurteil dem Klagebegehren mit S 300.000,‑- samt 9 % Zinsen ab 3. Feber 1988 statt ‑ dieser Zuspruch erwuchs in Rechtskraft ‑ , gleichzeitig wies es das Mehrbegehren auf Zahlung von S 479.150,‑- sA ab. Die bloße Möglichkeit einer Geltendmachung von Urheberrechtsverletzungen zufolge illegaler Parallelimporte mittels Zivilklage durch Urheberrechtsberechtigte sei nicht mit dem Vorgehen von Zoll‑, Sicherheits‑ und Strafvollzugsbehörden in Verfallsverfahren zu vergleichen. Hinsichtlich der Höhe des Anspruches folge das Erstgericht den pauschalierten Bewertungen des Sachverständigen V*****, welcher den Zeitwert der verbrannten Kassetten insgesamt mit höchstens S 300.000,‑- festgelegt habe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers mit der angefochtenen Entscheidung nicht Folge und sprach aus, daß die Erhebung der ordentlichen Revision unzulässig sei. Es folgte im wesentlichen den Ausführungen des Erstgerichtes. Das Sachverständigengutachten sei schlüssig, die Bewertung der Kassetten anhand dieses Gutachtens gemäß § 273 Abs 1 ZPO sei zu billigen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der klagenden Partei erweist sich mangels Vorliegens einer Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig und war daher zurückzuweisen.
Die Feuerversicherung stellt eine Sachversicherung dar, mit der das Eigentum des Versicherungsnehmers geschützt wird (vgl Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht3, 338). Die in Art 5 der AFB verwendeten Begriffe „Ermittlung des Ersatzwertes“, „Wiederbeschaffungskosten unter billiger Berücksichtigung der aus dem Unterschied zwischen alt und neu sich ergebenden Wertminderung“, „Kosten der Wiederbeschaffung“ stellen in erster Linie versicherungsrechtliche Begriffe dar (vgl zum Begriff „Zeitwert“ in SZ 61/81 = WBl 1988, 406 = VersE 1384). Auf die Schadenersatzbegriffe des bürgerlichen Rechts ist dann, wenn die AFB ausdrücklich darauf verweisen, oder wenn ihr Wortlaut sonst keine sinnvolle Auslegung erlaubt, zurückzugreifen (vgl dazu Martin SVR Q I 3 sowie Wussow, Feuerversicherung2 § 3, 15 ff). Die außerordentliche Revision vermag nicht aufzuzeigen, daß das Berufungsgericht gegen die in der Lehre und Rechtsprechung zur Auslegung von Versicherungsbedingungen (vgl Weiss/Lorenz VersVG2 § 1 Rz 49 ff) vertretenen Auffassungen verstoßen hätte. Wie in Art 5 AFB festgelegt bestimmt sich der Wert der Ersatzleistung nach den Kosten der Wiederbeschaffung bei Eintritt des Schadensfalles, höchstens jedoch nach dem Verkaufspreis abzüglich der ersparten Kosten. Da im vorliegenden Fall jedoch aufgrund des Auslaufens der Modelle Betamax und Video 2000 ein Markt zur Beschaffung gleichwertiger Videokassetten nicht mehr vorhanden war, war der Zeit‑ bzw Marktwert der restlichen Videokassetten unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen der Gesamtlebensdauer und der im Zeitpunkt der Zerstörung noch vorhandenen Benutzungszeit, sowie des Wertes, den die Videokassetten für den Eigentümer noch hatten, zur Beurteilung heranzuziehen (SZ 51/37, SZ 61/81).
Durch den „illegalen“ Import der beim Brand unbrauchbar gewordenen Videokassetten aus Deutschland wurden die Urheberrechte bzw die Vertriebsrechte der jeweiligen Filmhersteller verletzt. Für den Kläger bestand daher vor dem Brand die Gefahr der zivilrechtlichen Geltendmachung dieser Rechte entweder durch die Filmhersteller selbst oder durch die von diesen dazu befugten Verwertungsgesellschaften bzw durch diverse Vereine zum Schutze von Urheberrechten. Diese potentielle Gefahr stellte einen Rechtsmangel dar, der sich bei der Bewertung auswirkte, weil ein branchenkundiger Käufer den Preis mit diesem Argument drücken konnte. Durch die Gefahr der Geltendmachung der Verletzung der Urheberrechte war die Nutzungsmöglichkeit des Klägers beschränkt und war daher auch dieses Faktum in die Bewertung des Schadens miteinzubeziehen.
Indem sich sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht an der vom Sachverständigen festgelegten Schadenshöhe orientierten, liegt keine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache vor. Vielmehr unterliegt dies der freien Beweiswürdigung der Gerichte. Ob die Bewertungskriterien des Sachverständigengutachtens zutreffend sind, bildet grundsätzlich eine Tatfrage und ist daher der Prüfungsbefugnis des Obersten Gerichtshofes entzogen.
Nach der Lehre und der neueren Rechtsprechung wird die Betragsfestsetzung nach § 273 Abs 1 ZPO der rechtlichen Beurteilung zugeordnet (vgl Rechberger in Rechberger ZPO § 273 Rz 5). Die Revision vermag ‑ wie dargelegt ‑ keinen Rechtsmangel der Beurteilung dieses Falles durch die Vorinstanzen aufzuzeigen.
Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO war sohin die außerordentliche Revision zurückzuweisen.
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