OGH 7Nd508/99

OGH7Nd508/997.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der beim Landesgericht Wels anhängigen Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Wolfgang Gewolf und Dr. Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wider die beklagte Partei prot. Firma J***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. August Lahnsteiner und Dr. Karl Heinz Lahnsteiner, Rechtsanwälte in Ebensee, wegen S 1,000.000, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag der klagenden Partei, anstelle des Landesgerichtes Wels das Landesgericht Klagenfurt zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Gesellschaft mit Sitz in H***** begehrt von der beklagten Gesellschaft, die ihren Sitz in A***** hat, S 1,000.000 aus dem Titel des Schadenersatzes mit der wesentlichen Begründung, die nunmehr insolvente H***** GesmbH (kurz Firma H*****) habe ihr eine Strangpreßanlage zur Erzeugung von Aluminiumprofilen geliefert. Dabei habe sich H***** ua der beklagten Partei bedient, die ihr, der Klägerin gesondert Rechnung gelegt habe, die von ihr auch bezahlt worden sei. Durch mangelhafte Verschweißungsarbeiten der Beklagten seien Teile der Anlage beschädigt worden und sei es zu Produktionsausfällen gekommen. Die dadurch entstandenen Schäden beliefen sich auf mindestens S 9,000.000, wovon die beklagte Partei etwa 85 % zu vertreten habe. Aus Kostenersparnisgründen werde derzeit nur eine Forderung in Höhe des Klagsbetrags geltend gemacht.

Die beklagte Partei wendet mangelnde Passivlegitimation ein. Sie habe der Firma H***** lediglich Arbeitskräfte (Schlosser und Elektriker) zur Verfügung gestellt. Über Ersuchen der Firma H***** sei die an diese gelegte Rechnung nach Beendigung der Arbeiten an die klagende Partei "umadressiert" worden; die klagende Partei habe die Rechnung auch beglichen. Dies ändere aber nichts daran, daß mit der Klägerin kein Vertragsverhältnis bestanden habe.

Die klagende Partei beantragt die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Klagenfurt gemäß § 31 Abs 1 und 2 JN. Sie verweist dazu darauf, daß sich die gegenständliche Industrieanlage in Völkermarkt, also im Sprengel des Landesgerichtes Klagenfurt befinde. Dort sei ein Ortsaugenschein durchzuführen und die Überprüfung durch zwei Sachverständige vorzunehmen. Insbesondere seien auch alle (48) als Zeugen namhaft gemachte Mitarbeiter der Klägerin und deren Geschäftsführer in Völkermarkt bzw im Sprengel des Landesgerichtes Klagenfurt wohnhaft.

Die beklagte Partei trat der Delegierung entgegen. Das Gericht werde zunächst die Vertragsgrundlage zu prüfen haben. Die zu diesem Beweisthema zu vernehmenden Zeugen und Parteien hätten mit Ausnahme des Geschäftsführers der Klägerin alle ihren Sitz oder Wohnort in Oberösterreich. Die Mitarbeiter der Klägerin könnten dazu nichts beitragen und sei dazu auch kein Ortsaugenschein durchzuführen.

Das Landesgericht Wels legte die Akten zur Entscheidung über den Delegierungsantrag mit der Äußerung vor, daß eine Delegierung jedenfalls dann zweckmäßig wäre, "wenn eine Vernehmung der zahlreichen von der klagenden Partei geführten Zeugen notwendig werden könnte".

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßigkeitsgründe bilden etwa der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen für die Lage eines Augenscheinsgegenstandes (4 Nd 2/95; 4 Nd 502/98 uva). Zielsetzung der Delegation ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszuganges oder der Amtstätigkeit; sie soll aber nur den Ausnahmefall darstellen (Mayr in Rechberger, Rz 4 zu § 31a JN; 7 Nd 508/97 uva). Andernfalls würde nämlich eine allzu großzügige Anwendung des § 31 JN zu einer unvertretbaren Lockerung und faktischen Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen (EvBl 1966/380; 1 Nd 16/95; 10 Nd 501/98 uva). Läßt sich daher die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen und widerspricht eine Partei der Delegierung, so ist diese abzulehnen (Mayr aaO; Arb 9589; EFSlg 69.712).

Im vorliegenden Fall erscheint aus Gründen der Prozeßökonomie vorerst die Untersuchung des Einwandes der mangelnden passiven Klagslegitimation angezeigt. Erst dann wäre allenfalls in das sehr aufwendige Beweisverfahren hinsichtlich der behaupteten Mangelhaftigkeit der von den Mitarbeitern der Beklagten durchgeführten Arbeiten einzutreten. Damit läßt sich die Frage der Zweckmäßigkeit der Delegierung nicht eindeutig im Sinne der klagenden Partei beantworten. Ihrem Delegierungsantrag ist daher ein Erfolg zu versagen.

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