OGH 1Ob127/99d

OGH1Ob127/99d25.5.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer und Dr. Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef S*****, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde W*****, vertreten durch Dr. Andreas Wildschwenter, Rechtsanwalt in Wörgl, wegen 3,6 Mio S sA infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 15. Februar 1999, GZ 1 R 11/99y-9, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 12. November 1998, GZ 18 Cg 185/98z-5, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß das Ersturteil wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 71.049 S (darin 11.841,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Schreiben vom 13. Mai 1991 erklärte eine Warenhandels-AG mit Sitz in Österreich gegenüber dem Kläger, dessen Liegenschaft im Gebiet einer Tiroler Stadtgemeinde, der beklagten Partei, samt dem darauf befindlichen Gebäude um 8 Mio S kaufen zu wollen und dieses Anbot bis zum 30. Juni 1991 aufrechtzuerhalten. Später informierte der anwaltliche Vertreter der Warenhandels-AG den Kläger mit Schreiben vom 21. Juni 1991, daß nur deren Vorstand wirksame rechtsgeschäftliche Erklärungen abgeben könne; ein Vertragsschluß erfordere die Unterschriften beider Teile. Nach weiterem Schriftverkehr teilte der Kläger der Warenhandels-AG mit Schreiben vom 23. September 1991 mit, er ziehe "die Annahme vom 19. 6. 1991 über das Anbot der Firma ... vom 13. 5. 1991" unter der Voraussetzung zurück, daß ihm keinerlei Kosten erwüchsen.

Die Liegenschaft des Klägers lag nach dem Flächenwidmungsplan der beklagten Partei vom 16. September 1977 im "Wohngebiet". Mit Schreiben vom 20. Jänner 1992 beantragte der Kläger, die beklagte Partei möge die Flächenwidmung seiner Liegenschaft von "Wohngebiet" auf "Mischgebiet" ändern. Der Gemeinderat der beklagten Partei lehnte diesen Antrag in seiner Sitzung vom 1. Oktober 1992 mehrheitlich ab; darüber wurde der Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 1992, das ihm am 27. Oktober 1992 zuging, informiert.

Der Kläger begehrte mit der am 3. September 1998 eingelangten Amtshaftungsklage den Zuspruch von 3,6 Mio S sA und brachte vor, die Warenhandels-AG habe zunächst die Ansicht vertreten, mit ihm keinen rechtswirksamen Liegenschaftskaufvertrag geschlossen zu haben. Er sei dem beigetreten, weil eine Klage auf Vertragszuhaltung ein zu hohes "Prozeßrisiko" mit sich gebracht hätte. Doch habe er mit der Warenhandels-AG vereinbart, daß sie seine Liegenschaft um 8 Mio S kaufen werde, falls er eine Änderung deren Flächenwidmung erreichen sollte. § 28 Tir ROG 1984, auf dessen Grundlage die beantragte Änderung des Flächenwidmungsplans zu beurteilen gewesen sei, habe die Anpassung solcher Pläne vorgesehen, soweit sie durch die Änderung der für die Planung bedeutsamen Umstände erforderlich geworden sei. Der Gemeinderat der beklagten Partei habe diesem Gesetzesbefehl durch die Ablehnung des Änderungsantrags geradezu mutwillig zuwidergehandelt, was für seinen finanziellen Ruin letztlich ausschlaggebend gewesen sei. Die Liegenschaft sei im November 1995 exekutiv versteigert und der Warenhandels-AG um ein Meistbot von 4,4 Mio S zugeschlagen worden. Letztere habe dann eine Änderung des Flächenwidmungsplans beantragt. Deren Umwidmungsbegehren sei mit Beschluß des Gemeinderats der beklagten Partei vom 2. Oktober 1997 stattgegeben und die für die Liegenschaft maßgebliche Flächenwidmung auf "eingeschränktes Mischgebiet" geändert worden. Die beklagte Partei hätte ihn seinerzeit darüber belehren müssen, daß er zwar keine Umwidmung auf "Mischgebiet", wohl aber eine solche auf "eingeschränktes Mischgebiet" erreichen könnte. Wäre das geschehen, hätte er "sofort zugegriffen". Der Ersatzanspruch ergebe sich aus der Differenz zwischen dem verbindlichen Kaufpreisanbot der Warenhandels-AG und dem Meistbot, um das letzterer die Liegenschaft im Zwangsversteigerungsverfahren zugeschlagen worden sei. Damit habe die Warenhandels-AG die Liegenschaft "billig" und unter für ihn ruinösen Folgen erworben. Der Klageanspruch sei nicht verjährt, weil der geltend gemachte Schaden erst mit dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren eingetreten sei. Bis zum November 1995 sei "keineswegs sicher " gewesen, daß er die Liegenschaft nicht doch noch um einen Preis, wie ihn die Warenhandels-AG geboten habe, werde verkaufen können. Überdies sei die "mutwillige" Ablehnung seines Umwidmungsantrags erst durch die der Warenhandels-AG gewährte Umwidmung "offenkundig" geworden. Damit seien ihm jene Umstände bekannt geworden, die seine "Ansprüche gegen die beklagte Partei untermauern". Diese sei mit Schreiben vom 5. März 1998 erfolglos zur Anerkennung des Ersatzanspruchs gemäß § 8 AHG aufgefordert worden.

Die beklagte Partei wendete ein, die seinerzeit aufgrund des Flächenwidmungsplans vom 16. September 1977 (auch) für die Liegenschaft des Klägers geltende Widmung "Wohngebiet" habe den Bestimmungen des Tiroler Raumordnungsgesetzes entsprochen. Wenn der Gemeinderat dem Umwidmungsantrag des Klägers auf "uneingeschränktes Mischgebiet" stattgegeben hätte, so hätte das dem "Schutz der angrenzenden Wohnobjekte" als das im Flächenwidmungsplan verkörperte Ziel der Raumplanung im Gemeindegebiet widersprochen. Daher könne von einer mutwilligen Ablehnung dieses Umwidmungsbegehrens keine Rede sein. Überdies habe niemand Anspruch auf Änderung des Flächenwidmungsplans. Der Klageanspruch müsse schon daran scheitern. Auch die Warenhandels-AG habe keine Umwidmung auf "Mischgebiet", sondern nur eine solche auf "eingeschränktes Mischgebiet" - demnach mit eingeschränkten Möglichkeiten zur Liegenschaftsnutzung - erlangt. Dadurch habe sich die "Wohnqualität" im Umwidmungsbereich nicht verschlechtert. Der Kläger habe bereits nach Annahme des Kaufanbots der Warenhandels-AG vom 13. Mai 1991 einen klagbaren Anspruch auf Vertragserfüllung gehabt und könne das Unterbleiben dessen Durchsetzung nicht ihr anlasten. Der Klageanspruch sei ferner verjährt. Die Ablehnung des Umwidmungsantrags sei dem Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 1992 bekanntgegeben worden. Seither habe der Kläger vom behaupteten Schaden Kenntnis. Selbst wenn er den Schaden in diesem Zeitpunkt noch nicht hätte beziffern können, wäre er verpflichtet gewesen, der drohenden Verjährung mittels Feststellungsklage vorzubeugen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach seiner Ansicht verjährt ein Amtshaftungsanspruch gemäß § 6 Abs 1 AHG in drei Jahren nach Ablauf des Tags, an dem der Schaden dem Geschädigten bekannt geworden ist. Die Verjährung beginne nicht erst, wenn "die gesamten Schadensfolgen bekannt oder bereits eingetreten" seien. Zur Vermeidung der Verjährung späterer Ersatzansprüche müsse Feststellungsklage erhoben werden. Liege die Schadensverursachung durch das Organ eines Rechtsträgers nicht auf der Hand, laufe die Verjährung ab dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Umstände ohne nennenswerte Mühe auf das Verschulden irgendeines Organs schließen könne. Der Geschädigte müsse für seine Entscheidung, zu klagen oder nicht zu klagen, auch zeitgerecht rechtlichen Rat einholen. Dem Kläger sei - ausgehend von seinem Prozeßstandpunkt eines Umwidmungsanspruchs - bereits 1992 bekannt gewesen, daß die Ablehnung seines Begehrens "nicht der Rechtslage" entsprochen habe. Seither habe er überdies gewußt, daß ihm durch die Entscheidung des Gemeinderats der beklagten Partei "die rechtlich gesicherte Möglichkeit genommen" worden sei, seine Liegenschaft um 8 Mio S an die Warenhandels-AG zu verkaufen, habe ihm doch diese den Liegenschaftserwerb um einen solchen Preis zugesichert, wenn ihm die Erlangung einer für das Kaufobjekt bedeutsamen Änderung des Flächenwidmungsplans gelingen sollte. Der geltend gemachte Ersatzanspruch sei daher im Zeitpunkt der Klageeinbringung bereits verjährt gewesen.

Das Gericht zweiter Instanz hob dieses Urteil auf, verwies die Rechtssache zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es billigte die Rechtsansicht des Erstgerichts zur kurzen Verjährungsfrist nach § 6 Abs 1 AHG. Die Verjährung beginne mit "der positiven Kenntnis des Schadens" unabhängig vom Zeitpunkt des Eintretens und des Bekanntwerdens aller Schadensfolgen; deren Beginn werde nicht "bis zur völligen Gewißheit eines Prozeßerfolgs" aufgeschoben. Wenn der Geschädigte seinen Kenntnisstand über ein rechtswidriges und schuldhaftes Organverhalten "ohne eigene Aktivitäten" nicht mehr erhöhen könne, müsse er tätig werden. Bei für Laien schwer durchschaubaren Zusammenhängen müsse er zeitgerecht sachkundigen rechtlichen Rat in Anspruch nehmen. Die Unterlassung der Einholung eines solchen Rats schiebe die Verjährung nicht mehr weiter hinaus. Dem Kläger sei das nach seiner Ansicht schadenskausale, gesetzwidrige und schuldhafte Verhalten des Gemeinderats der beklagten Partei durch die Mitteilung über die Ablehnung seines Umwidmungsantrags am 27. Oktober 1992 bekannt geworden, habe er doch als Klagegrund behauptet, die beklagte Partei hätte seinem Umwidmungsgesuch nach § 28 Tir ROG 1984 stattgeben müssen. Seither wisse er auch über einen Vermögensschaden Bescheid, habe er doch das Klagebegehren auf die Differenz zwischen dem von der Warenhandels-AG unter der Bedingung der Umwidmung gebotenen Kaufpreis und deren dem Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren zugrundeliegenden Meistbot gestützt. Nach den Klagebehauptungen habe er - im Falle einer Änderung des Flächenwidmungsplans - auch schon eine rechtlich gesicherte Position zur Erzielung eines Kaufpreises von 8 Mio S gehabt. Er habe "keinen Sachverhalt konkretisiert", der den Beginn der Verjährung noch hätte hinausschieben können. Der Einwand, er habe aufgrund seiner weiteren Verkaufsbemühungen damals noch nicht wissen können, daß ihm die Veräußerung seiner Liegenschaft um 8 Mio S nicht mehr gelingen werde, ändere am "positiven Erstschaden" nichts. Allfällige weitere Verkaufsbemühungen seien vielmehr nur als Versuche zur Schadensbeseitigung bzw -minderung anzusehen.

Selbst wenn die Ablehnung der Umwidmung auf einen angenommenen Verkehrswert der Liegenschaft von 8 Mio S ohne Einfluß geblieben wäre, weil der Kläger zunächst weiterhin deren Eigentümer gewesen sei, habe diese Entscheidung doch die Erfüllung der Bedingung für einen Verkauf an die Warenhandels-AG um 8 Mio S zur "Bereinigung seiner behaupteten schwierigen finanziellen Lage" und die Verhinderung einer Zwangsversteigerung vereitelt. Auch dann wäre der Schaden des Klägers dem Grunde nach wegen seiner "rechtsgeschäftlich abgesicherten Verkaufsmöglichkeit" schon mit deren Vereitelung und nicht erst mit dem Zuschlag um ein niedrigeres Meistbot im Zwangsversteigerungsverfahren entstanden. So gesehen hätte der Kläger zur Vermeidung der Verjährung eines bloß der Höhe nach noch nicht abschätzbaren Schadens gleichfalls Feststellungsklage erheben müssen. Die kurze Verjährungsfrist gemäß § 6 Abs 1 AHG sei daher jedenfalls abgelaufen. Der Kläger habe im Verfahren erster Instanz allerdings auch behauptet, der Gemeinderat der beklagten Partei habe die von ihm beantragte Umwidmung entgegen § 28 Tir ROG "geradezu mutwillig" abgelehnt. Dieses Vorbringen, das den Vorwurf eines Amtsmißbrauchs gemäß § 302 StGB durch Mitglieder des Gemeinderats indiziere, sei im fortgesetzten Verfahren zu erörtern. Sollte dieser "angedeutete" Vorwurf durch ein Vorbringen des insofern behauptungs- und beweispflichtigen Klägers konkretisiert werden, seien ergänzende Feststellungen zur abschließenden rechtlichen Beurteilung der Streitsache erforderlich, weil dann der eingeklagte Ersatzanspruch gemäß § 6 Abs 1 AHG erst zehn Jahre nach Entstehung des Schadens verjähren könnte und diese Frist im Zeitpunkt der Klageeinbringung noch nicht abgelaufen gewesen sei. Bei Beurteilung der Verjährungsfrage allein habe noch außer Betracht zu bleiben, ob die Unterlassung der Änderung eines Flächenwidmungsplans überhaupt einen Amtshaftungsanspruch begründen könne. Die Klärung der Frage, wann der Schaden im Vermögen des Klägers tatsächlich eingetreten sei, habe eine über den entschiedenen Anlaßfall hinausgehende Bedeutung, weshalb der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist, wie sich aus den nachstehenden Ausführungen ergeben wird, zulässig; er ist auch - wenngleich nicht im Sinne des Rekursantrags - berechtigt.

1. Das Gericht zweiter Instanz meint, der Kläger habe mit dem Vorbringen, daß sein Umwidmungsgesuch vom Gemeinderat der beklagten Partei "geradezu mutwillig" abgelehnt worden sei, den Vorwurf des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt gemäß § 302 StGB "angedeutet", sodaß ihm die Möglichkeit einzuräumen sei, diese Behauptung im fortgesetzten Verfahren zu konkretisieren. Dem vermag der erkennende Senat nicht beizutreten.

Der Erstrichter erörterte mit den Streitteilen in der Verhandlungstagsatzung vom 9. November 1998 auch "die Frage der Verjährung sowie die Klagsbehauptungen im Zusammenhang mit den vom Kläger seinerzeit geführten Vertragsverhandlungen" mit der Warenhandels-AG, worauf die "Parteienvertreter" erklärten, daß "dazu kein weiteres Vorbringen zu erstatten ist und ein weiteres Beweisanbot nicht gestellt wird" (ON 4 S. 1). Nach dieser Reaktion (auch) des Klägers ist es belanglos, ob Gegenstand der Befragung durch den Erstrichter ausdrücklich ein allfälliger Mißbrauch der Amtsgewalt durch Mitglieder des Gemeinderats der beklagten Partei war, weil der anwaltliche Vertreter des Klägers nach dem Erörterungsgegenstand (Verjährung) und dem - noch zu begründenden - objektiven Verständnis seines bisherigen Prozeßvorbringens sogleich die für die Verwirklichung des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt erforderlichen Tatbildmerkmale zu behaupten, also insbesondere konkretisiert vorzubringen gehabt hätte, daß die "geradezu mutwillige" Ablehnung des Umwidmungsgesuchs vom Vorsatz der dafür stimmenden Mitglieder des Gemeinderats der beklagten Partei getragen gewesen sei, den Kläger an seinen Rechten - nämlich durch Vereitelung einer im Umwidmungsfalle rechtlich gesicherten Position zur Erzielung eines Liegenschaftskaufpreises von 8 Mio S - zu schädigen, und die so handelnden Organe damit ihre Amtsbefugnisse überdies wissentlich mißbrauchten.

Bei einem anwaltlichen Vertreter ist nicht zu vermuten, er wisse nicht zwischen einer - wenngleich "mutwillig" - unrichtigen Gesetzesauslegung und dem Verbrechen des Mißbrauchs der Amtsgewalt zu unterscheiden, bedeutet doch eine "mutwillig" unrichtige und daher unvertretbare Gesetzesauslegung nicht notwendigerweise auch schon die Verwirklichung aller objektiven und subjektiven Tatbildmerkmale eines Amtsmißbrauchs.

Der Kläger behauptete gerade in Verbindung mit seinem Mutwillensvorwurf, in seinem Vermögen sei wegen der rechtswidrigen und schuldhaften Vollziehung des § 28 Tir ROG 1984 durch Mitglieder des Gemeinderats der beklagten Partei im Jahre 1992 erst im November 1995 ein Schaden eingetreten (ON 1 S. 4 Abs. 2). Den Mitgliedern des Gemeinderates der beklagten Partei müßte also in Fortführung solcher Klagebehauptungen der Vorsatz unterstellt werden, sie hätten den Kläger durch die Ablehnung seines Umwidmungsgesuchs aufgrund einer wissentlich unrichtigen Gesetzesauslegung - wenn schon nicht gleich, so doch jedenfalls irgendwann später - schädigen wollen. Dabei wurde aber gar nicht behauptet, die für eine solche Ablehnung stimmenden Mitglieder des Gemeinderates hätten schon im Zeitpunkt ihrer Beschlußfassung über eine rechtlich gesicherte Position des Klägers, seine Liegenschaft im Falle der angestrebten Änderung des Flächenwidmungsplans um 8 Mio S verkaufen zu können und zur Vermeidung seines wirtschaftlichen Ruins auch verkaufen zu müssen, Bescheid gewußt. Schon deshalb hätte der Erstrichter den Willkürvorwurf - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - gar nicht als "angedeutete" Behauptung des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt durch Organe der beklagten Partei verstehen können. Wäre dementgegen der Kläger - ungeachtet des bei objektiver Auslegung seines Prozeßvorbringens (siehe zu diesem für Prozeßhandlungen allgemein geltenden Auslegungsgrundsatz SZ 70/266; SZ 69/57; Fasching, LB2 Rz 757; Fucik in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 4 zu § 177) nicht erhobenen Vorwurfs des Amtsmißbrauchs - der Ansicht gewesen, die Ablehnung seines Umwidmungsgesuchs beruhe letztlich auf einer solchen gerichtlich strafbaren Handlung von Organen der beklagten Partei, so hätte er im Zuge der ausdrücklichen Erörterung der Verjährungsfrage durch den Erstrichter sofort konkrete Behauptungen nachtragen müssen und nicht ausdrücklich vorbringen dürfen, es sei (auch) dazu "kein weiteres Vorbringen zu erstatten".

Der Kläger führt aber selbst in seinem Rechtsmittel gegen den Aufhebungsbeschluß keine Tatsachen an, mit denen er im Falle eines zweiten Rechtsgangs einen Vorwurf des Mißbrauchs der Amtsgewalt durch bestimmte Mitglieder des Gemeinderates der beklagten Partei schlüssig begründen und damit erst substantiieren könnte, sondern beschränkt sich ausschließlich auf Rechtsfragen zum Ablauf der kurzen Verjährungsfrist nach § 6 Abs 1 AHG.

Daraus folgt zusammenfassend, daß die Aufhebung des Ersturteils wegen des vom Berufungsgericht herangezogenen Grunds nicht gerechtfertigt ist, weil die Klage nicht auf einen rechtsbegründenden Sachverhalt gestützt wurde, der auf die Maßgeblichkeit der langen Verjährungsfrist von zehn Jahren hätte schließen lassen. Streitentscheidend ist daher nur, ob die Vorinstanzen die Anspruchsverjährung wegen Ablaufs der kurzen Frist bereits im Zeitpunkt der Aufforderung gemäß § 8 AHG und daher auch in jenem der späteren Klageeinbringung zu Recht annahmen.

2. Die Vorinstanzen legten ihren Entscheidungen zutreffend die durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs geprägten Grundsätze der Verjährung im allgemeinen und der kurzen Verjährungsfrist nach § 6 Abs 1 AHG im besonderen zugrunde. Danach beginnt der Lauf dieser Verjährungsfrist ab dem Zeitpunkt, in dem der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Umstände - neben der Kenntnis des Eintritts (der Wirksamkeit) eines Schadens (JBl 1998, 454 mwN) - ohne nennenswerte Mühe zumutbarerweise auch auf das Verschulden irgendeines Organs des später beklagten Rechtsträgers schließen konnte (1 Ob 1004/96; SZ 64/23; SZ 57/171; SZ 52/186). Weiß aber der Geschädigte, daß er, ohne selbst tätig zu werden, seinen Wissensstand über ein allfälliges Organverschulden nicht mehr erhöhen kann, ist er auch verpflichtet, sachverständigen Rat einzuholen (1 Ob 1004/96; SZ 56/36). Sobald dessen Kenntnisstand über den anspruchsbegründenden Sachverhalt eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erlaubt, beginnt der Lauf der Verjährungsfrist. Der Geschädigte darf also mit der Klageführung nicht so lange zuwarten, bis er im Rechtsstreit zu gewinnen glaubt (1 Ob 1004/96; SZ 68/238 [verstärkter Senat]; SZ 64/23). Jeder Kläger muß nämlich damit rechnen, daß sich seine scheinbare Kenntnis des Schadens und des Ersatzpflichtigen als irrig herausstellt, weil etwa Zeugen oder Sachverständige anderes bekunden könnten (1 Ob 1004/96; AnwBl 1989, 694). Mit der positiven Kenntnis des Schadenseintritts beginnt die Verjährungsfrist von drei Jahren auch schon dann zu laufen, wenn der Geschädigte die Schadenshöhe noch nicht beziffern kann, weil der Verjährungseintritt durch Einbringung einer Feststellungsklage vermeidbar ist. Wenn auch die kurze Verjährung von Ersatzansprüchen nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginnen kann, so gilt das nur für den "Erstschaden", nicht aber auch für noch nicht eingetretene, aber schon voraussehbare Folgeschäden. Bei Verfolgung eines aktuellen Schadenersatzanspruchs ist nämlich auch die Erhebung einer Feststellungsklage betreffend die bei Entstehung des Erstschadens vorhersehbaren Folgeschäden zur Vermeidung deren Verjährung zumutbar (JBl 1998, 454; 1 Ob 1004/96; SZ 68/238 [verstärkter Senat]).

2. 1. Der Kläger ist der Ansicht, ihm sei der durch die Ablehnung des Antrags auf Änderung des Flächenwidmungsplans entstandene Schaden nicht schon mit deren Mitteilung bekanntgeworden; durch diese Benachrichtigung sei vielmehr "nur die Möglichkeit, daß u. U. in Zukunft ein Schaden eintreten werde, evident" geworden. Er hätte nach der verfehlten Ansicht des Berufungsgerichts die Feststellungsklage bereits zu einem Zeitpunkt erheben müssen, in "dem nur einzelne Haftungsvoraussetzungen hätten geprüft werden können".

Das widerspricht den Prozeßbehauptungen des Klägers, brachte er doch im Verfahren erster Instanz vor, die beklagte Partei habe durch die rechtswidrige und schuldhafte Ablehnung der von ihm angestrebten Änderung des Flächenwidmungsplans den - unter der Bedingung einer solchen Änderung rechtlich bereits gesicherten - Verkauf der maßgeblichen Liegenschaft an die Warenhandels-AG um 8 Mio S vereitelt. Deshalb wird auch die Differenz zwischen dem unter einer derartigen Bedingung verbindlich gebotenen konkreten Kaufpreis und dem Versteigerungserlös geltend gemacht. Im Zeitpunkt der Mitteilung über die Ablehnung des Umwidmungsgesuchs wußte der Kläger aber, daß die mit der Warenhandels-AG als Verkaufsbedingung vereinbarte Umwidmung nicht mehr eintreten wird und damit die als Klagegrund konkret geltend gemachte Vereitelung eines bedingt vereinbarten Liegenschaftsverkaufs um 8 Mio S endgültig ist. Auf dem Boden seiner rechtlichen Überzeugung wußte er seit diesem Zeitpunkt überdies auch, daß Mitglieder des Gemeinderats - also Organe der beklagten Partei - sein Umwidmungsgesuch gesetzwidrig, ja sogar "willkürlich" abgelehnt hatten. Er verfügte also seit dem 27. Oktober 1992 über alle Kenntnisse, die für eine erfolgversprechende Amtshaftungsklage nach den unter 2. erörterten Grundsätzen erforderlich waren, und durfte daher mit der Klageeinbringung nicht bis zum 3. September 1998 zuwarten, sondern hätte, wenn eine Schadensbezifferung noch nicht möglich gewesen sein sollte, innerhalb der kurzen Verjährungsfrist nach § 6 Abs 1 AHG auf Feststellung der Ersatzpflicht der beklagten Partei klagen müssen. Das Aufforderungsschreiben vom 5. März 1998 konnte eine die Verjährung gemäß § 6 Abs 1 AHG hemmende Wirkung nicht mehr entfalten, weil es der beklagten Partei nicht vor Ablauf der Verjährungsfrist zugegangen sein kann.

Soweit der Kläger argumentiert, er hätte - bei einer künftigen Änderung der politischen Verhältnisse in der Gemeinde - die zunächst abgelehnte Umwidmung später allenfalls doch noch erreichen oder einen Dritten finden können, der entweder 8 Mio S oder sogar mehr für seine Liegenschaft bezahlt hätte, sodaß in seinem Vermögen vor dem Feststehen des Versteigerungserlöses kein Schaden eingetreten sei, übergeht er die zutreffende Ansicht des Berufungsgerichts, daß solche Ereignisse den Vermögensschaden infolge der als Klagegrund geltend gemachten entgangenen konkreten Verkaufsgelegenheit nur noch nachträglich hätten beseitigen bzw mindern können.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß die Vorinstanzen den Ablauf der kurzen Verjährungsfrist nach § 6 Abs 1 AHG zutreffend bejahten. Hätte daher ein Amtshaftungsanspruch, wie ihn der Kläger behauptete, nach allgemeinen schadenersatzrechtlichen Voraussetzungen bestanden, so wäre er jedenfalls verjährt. Demzufolge kann unerörtert bleiben, ob - und bejahendenfalls unter welchen näheren Voraussetzungen - aus der unterbliebenen Änderung eines Flächenwidmungsplans überhaupt ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet werden könnte.

3. Im Rekursverfahren gegen einen Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichts gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO darf der Oberste Gerichtshof die angefochtene Entscheidung auch zu Lasten des Rekurswerbers abändern, weil insofern kein Verschlechterungsverbot gilt. Es ist dem Obersten Gerichtshof daher, wenn sich der Rekurswerber - wie hier - nur gegen die dem Erstgericht überbundene Rechtsansicht, nicht aber gegen die Aufhebung wendet, bei Spruchreife nicht verwehrt, gemäß § 519 Abs 2 ZPO in der Sache selbst zu erkennen (Kodek in Rechberger aaO Rz 5 zu § 519). Das erfordert hier die Wiederherstellung des Ersturteils.

4. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens stützt sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Der beklagten Partei stehen für die Berufungsbeantwortung mangels einer Berufungsverhandlung nicht - wie verzeichnet - 200 %, sondern gemäß § 23 Abs 9 RATG in der Fassung der WGN 1997 BGBl I 140 nur 150 % Einheitssatz zu. Die Berechnung auf dieser Tarifgrundlage ergibt insgesamt den im Spruch ausgeworfenen Kostenbetrag.

Stichworte