OGH 3Ob12/99g

OGH3Ob12/99g28.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Angelika H*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebner und Dr. Joachim Tschütscher, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1.) Stadtgemeinde H*****, und

2.) Elisabeth H*****, beide vertreten durch Dr. Johannes Margreiter, Rechtsanwalt in Hall i. T., wegen Unzulässigkeit einer Exekution (§ 37 EO), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 13. November 1998, GZ 3 R 245/98w-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Hall i. T. vom 22. Juli 1998, GZ 4 C 1600/97z-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß sie lauten:

"Die Vornahme der Räumungsexekution, die von den beklagten Parteien gegen Gertrude F***** zu 4 E 15/97t des Erstgerichtes geführt wird, ist unzulässig."

Die beklagten Parteien sind je zur Hälfte schuldig, der klagenden Partei für das Verfahren erster Instanz S 35.704,02 (darin enthalten S 1.379,-- Barauslagen und S 5.720,84 USt), für das Berufungsverfahren S 9.599,76 (darin enthalten S 726,-- Barauslagen und S 1.478,96 USt) und für das Revisionsverfahren S 8.264,40 (darin enthalten S 2.178,-- Barauslagen und S 1.014,40 USt) an Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Urteil des Erstgerichtes vom 2. 12. 1996, wurde Gertrude F***** schuldig erkannt, eine näher bezeichnete Wohnung samt Zubehör von allen nicht in Bestand gegebenen Fahrnissen zu räumen und den nunmehrigen Beklagten geräumt zu übergeben. Der Berufung der damaligen Beklagten wurde nicht Folge gegeben, ihre außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof zurückgewiesen.

Am 28. 8. 1997 beantragten die Beklagten zu 4 E 15/97t des Erstgerichtes die Räumungsexekution gegen Gertrude F*****. Diese wurde mit Beschluß vom 29. 8. 1997 bewilligt.

Die Großeltern der Klägerin hatten die Liegenschaft, auf der sich die zu räumende Wohnung befindet, mit Kaufvertrag vom 13. 2. 1940 verkauft und gleichzeitig einen Mietvertrag mit den Käufern abgeschlossen, wonach sie die von ihnen damals benützte Wohnung gegen Zahlung eines Mietzinses von 100 RM weiter behielten. Die Klägerin wohnt praktisch seit ihrer Geburt am 29. 8. 1942 in dieser Wohnung. Ihre Großmutter verstarb bereits 1963, ihr Großvater am 27. 1. 1965. Zum Zeitpunkt seines Todes lebten mit ihm in der Wohnung im gemeinsamen Haushalt die Verpflichtete, ihre Tochter (die nunmehrige Klägerin), deren Ehegatte und deren eheliche, am 28. 3. 1963 geborene Tochter.

Diese Umstände waren damals den Eigentümern bzw Vermietern ebenso bekannt wie den Mietern. In der Kündigung K 6/70 des Erstgerichtes vom 17. 2. 1970 wurden demnach auch neben der Verpflichteten die nunmehrige Klägerin und deren Tochter gekündigt und darin angegeben, daß diese Personen nach dem Tode des Mieters in das Mietverhältnis eingetreten seien.

Zu C 158/71 des Erstgerichtes klagten alle drei Mieter neben einer weiteren Mieterin im Haus die nunmehrige Zweitbeklagte und deren damaligen Bräutigam. In der Tagsatzung vom 20. 8. 1971 stellten die damaligen Beklagten die Mietereigenschaft auch der nunmehrigen Klägerin und ihrer mj. Tochter ausdrücklich außer Streit.

Auch im Verfahren C 506/71 des Erstgerichtes traten die genannten Mietparteien, darunter auch die Klägerin, als Kläger gegenüber der nunmehrigen Zweitbeklagten auf.

Im Verfahren C 16/74 des Erstgerichtes wurde im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens (betreffend eine Schlüssellochsperre) von der Zweitbeklagten nur noch die nunmehrige Verpflichtete, in Anspruch genommen. Das Klagebegehren wurde mit Urteil des Erstgerichtes vom 8. 4. 1975 (unbekämpft) abgewiesen. Darin stellte das Erstgericht fest, daß die Verpflichtete und ihre Angehörigen, die Familie der Klägerin, Mieter seien.

In den verbundenen Verfahren C 85/74 und C 86/74 hat wiederum die Verpflichtete allein die nunmehrige Zweitbeklagte auf Unterlassung geklagt. Die Klägerin wurde in diesem Verfahren als Zeugin vernommen.

Im Jahr 1977 baute die Familie der Klägerin in die Wohnung auf ihre Kosten ein Bad ein und ließ ein Telefon installieren. Seitens der Vermieter wurde der Familie die Zustimmung hiezu erteilt.

Bereits seit dem Tod des Großvaters der Klägerin wurde die Miete über Erlagscheine einbezahlt, auf denen (bis zur zuletzt geleisteten Zahlung) bloß die Verpflichtete als Einzahlerin aufschien. Der Grund hiefür lag darin, daß zum Zeitpunkt des Todes des Großvaters der Klägerin deren Ehegatte sein Studium noch nicht beendet und die Familie wegen der Haushaltstätigkeit der Klägerin auch keine Einkommen hatte. Die Vorgangsweise wurde in weiterer Folge einfach beibehalten.

Nach dem Erwerb der Liegenschaftshälfte durch die Erstbeklagte führte diese auch mit einer kurzen Unterbrechung die Hausverwaltung durch. In ihrem Wohnungsamt wurde ausschließlich die Verpflichtete als Mieterin geführt. Dort war bis zum Räumungsexekutionsverfahren 4 E 15/97t auch nicht bekannt, daß auch die Klägerin Mitmietrechte am Bestandobjekt behauptet. Bis zu diesem Verfahren hat die Klägerin der Vermieterseite in den 80-er und 90-er Jahren auch nicht mitgeteilt, daß sie Mitmietrechte geltend mache. In der Zeit vom 1. 1. 1995 bis zum 1. 1. 1996 wurde die Verwaltung von den Stadtwerken H***** und in der Folge wiederum von der Erstbeklagten durchgeführt.

Nach den dargestellten prozessualen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien bzw deren Rechtsvorgängern kam es in den 80-er Jahren zu keinen weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen. Im Zusammenhang mit Zwistigkeiten zwischen türkischen Mietern im Haus und der Verpflichteten bzw zwischen dem Wohnungsamt und der Verpflichteten legte der Ehegatte der Klägerin im Jahr 1986 eine Vollmacht beim Stadtamt H***** T. vor, wonach die Verpflichtete ihn ab 31. 10. 1986 bevollmächtigte, sie in sämtliche Mietangelegenheiten des Hauses zu vertreten. Diese Vollmacht wurde mit Schreiben vom 2. 11. 1986 vom Ehemann der Klägerin an den Bürgermeister persönlich übermittelt. Darin führte er auch aus, daß seine Schwiegermutter den von der Gebäudeverwaltung bzw von Herrn S***** (Stadtamt H*****) persönlich geleiteten Attacken nicht mehr gewachsen sei.

In den 90-er Jahren kam es zu weiteren, zahlreichen prozessualen Auseinandersetzungen. In einer der Klagen behauptete die nunmehrige Verpflichtete, Mieterin im Objekt zu sein. Dies wurde auch im Endbeschluß des Erstgerichtes unwidersprochen festgestellt. Die Klägerin wurde als Zeugin erwähnt, als Mieterin schien sie nicht auf. Nach Abweisung dieser Klage aus formellen Gründen brachte die Verpflichtete eine petitorische Klage ein, die zum Erfolg führte. Im Urteil des Erstgerichtes vom 7. 4. 1993 wurde wiederum die Verpflichtete als Mieterin "festgestellt". Die Klägerin findet keine Erwähnung.

Am 19. 6. 1991 beantragte die Verpflichtete die Durchführung von Erhaltungsarbeiten im Haus. Im Antrag bezeichnete sie sich als Hauptmieterin, die Klägerin findet keine Erwähnung. Sie wurde in diesem Verfahren als Zeugin vernommen. Im Sachbeschluß vom 4. 9. 1992 wird ausdrücklich angeführt, daß die Antragstellerin als Tochter des ursprünglichen Mieters Mieterin der Wohnung im Obergeschoß und Dachgeschoß sei. Die Klägerin findet darin keine Erwähnung, ebensowenig in den im Instanzenzug ergangenen Entscheidungen.

Da die Beklagten rechtskräftig verhalten wurden, diverse Erhaltungsarbeiten im Objekt durchzuführen, entstand ein weiterer Rechtsstreit, worin die Erstbeklagte beantragte, die Verpflichtete dazu zu verhalten, die angelieferten Fenster auch tatsächlich einbauen zu lassen. Im Antrag wird sie als Hauptmieterin bezeichnet. Die Klägerin wurde auch in diesem Verfahren als Zeugin vernommen. Im Sachbeschluß des Erstgerichtes wird wiederum die Verpflichtete als Mieterin der Wohnung im Obergeschoß des Hauses bezeichnet. Die Klägerin scheint nicht auf.

Mit Schreiben vom 29. 7. 1995 verwies der Ehemann der Klägerin gegenüber der Finanzbuchhaltung der beklagten Stadtgemeinde darauf, daß die Betriebskostenabrechnung unrichtig sei und sich ein Guthaben ergebe. Weiters führte er aus, daß sämtliche Schreiben, welche an seine Schwiegermutter zu richten seien, in Wohnungs- und Kostenabrechnungsangelegenheiten an ihn zu senden wären. Eine diesbezügliche mündliche Vollmacht sei erteilt worden. Ein Hinweis auf die Klägerin ist in diesem Schreiben nicht enthalten.

Im Zuge der Durchführung der Erhaltungsarbeiten beantragten die nunmehrigen Beklagten eine Mietzinserhöhung gemäß § 18 Abs 1 MRG. Neben anderen Mietern scheint im Antrag die Verpflichtete auf, nicht aber die Klägerin. Die Verpflichtete erhob Einwendungen. Im Sachbeschluß vom 9. 12. 1996 wird wiederum ausschließlich sie als Mieterin genannt, die Klägerin scheint nicht auf. Auf die Einvernahme der ebenfalls als Zeugin angebotenen Klägerin wurde verzichtet.

Am 10. 10. 1995 brachten die Beklagten die Räumungs- und Zahlungsklage gegen die Verpflichtete ein. Auch in diesem Verfahren scheint lediglich die Verpflichtete als Mieterin der Wohnung auf. In diesem Verfahren verzichteten die Parteien einvernehmlich auf die Vernehmung der nunmehrigen Klägerin als Zeugin.

In dem in diesem Verfahren ergangenen Urteil des Erstgerichtes vom 2. 12. 1996 wird unter anderem festgestellt:

"Die Beklagte [nunmehr: Verpflichtete] ist Mieterin der im ersten und zweiten Obergeschoß des Hauses .... gelegenen Wohnung mit einer Nutzfläche von 153,14 m2. Die Beklagte ist eine Tochter des Theodor Max B***** und als dessen Rechtsnachfolgerin nunmehr Mieterin der genannten Wohnung. ....."

Mit Schreiben vom 21. 9. 1995 forderten die [damaligen] Kläger gegenüber der Beklagten [= Verpflichtete] einen Gesamtmietzinsrückstand in Höhe von S 3.811,38 ein. Sie forderten von ihr, daß diese den Rückstand so rechtzeitig an den Klagsvertreter bezahle, daß er bis längstens 29. 9. 1995 darüber verfügen könne. Weiters heißt es in diesem Schreiben, daß, sollte dieser Betrag samt Kosten des Klagsvertreters nicht bis zum genannten Termin auf dem Konto des Klagsvertreters gutgeschrieben sein, die Mandatschaft bereits jetzt gemäß § 1118 ABGB die fristlose Auflösung des bestehenden Mietvertrages erkläre und außerdem die Bestandzins- und Räumungsklage gegen die Beklagte eingebracht werden werde.

Die nunmehrige Verpflichtete bezahlte den gesamten geschuldeten Mietzinsrückstand vor Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz.

In dem Urteil, das über eine Oppositionsklage erging, die von der Erstbeklagten gegen die Verpflichtete eingebracht wurde, wird wiederum auf deren Mietrecht verwiesen, die Klägerin scheint darin nicht auf. Sie wurde ebenfalls als Zeugin vernommen.

Der Klägerin waren sämtliche Verfahren inhaltlich bekannt. Auch ihr Ehegatte wurde regelmäßig als Zeuge vernommen. Trotz Kenntnis all dieser Verfahren sah sie in den 80-er und 90-er Jahren keine Notwendigkeit, gegenüber der Vermieterseite eine Erwähnung davon zu machen, daß auch sie Mitmietrechte an der Wohnung beanspruche. Es war dies auch eine Entscheidung des damaligen Rechtsvertreters [der Verpflichteten], welchen die Klägerin ausdrücklich als "unseren" Rechtsanwalt bezeichnet. Gegenüber diesem Rechtsvertreter hat die Klägerin auch darauf hingewiesen, daß sie und ihre Tochter Mitmieter seien. Dieser Umstand war ihm aber auch deshalb bekannt, weil er bereits in den 70-er Jahren die Mieterseiter vertreten hatte. Im Räumungsverfahren war die Klägerin der Ansicht, daß wegen eines derart "lächerlichen" Betrages (der Mietzinsrückstand inklusive Zinsen betrug knapp vor Schluß der mündlichen Streitverhandlung S 19.120,42) eine Räumung nicht erfolgen könne.

Ihre Mitmietrechte behauptete die Klägerin letztlich erst mit der gegenständlichen Exzsindierungsklage, die dem Beklagtenvertreter am 4. 12. 1997 zugestellt wurde.

Mit Schreiben vom 4. 3. 1998 machte der Beklagtenvertreter weitere aushaftende Mietzinszahlungen gegenüber der Verpflichteten geltend. Dieser Aufforderung folgte eine Klage, die am 28. 5. 1998 bei Gericht eingebracht wurde. Der Mietzinsrückstand, der sich aufgrund der Mietzinserhöhung nach dem Mietzinserhöhungsverfahren ergeben hatte, betrug vom 1. 1. 1995 bis zum 31. 3. 1998 S 163.986,87. Die erste Tagsatzung wurde auf den 18. 6. 1998 anberaumt. Es erging ein Versäumungsurteil. Am selben Tag bezahlten die Klägerin und ihre Mutter einen Betrag von S 165.626,74 (Mietzinsrückstand zuzüglich Zinsen) an den Beklagtenvertreter. Mit 29. 6. 1998 wurden auch die im Versäumungsurteil der Beklagtenseite zugesprochenen Kosten von S 16.732,-- überwiesen.

Vergleichsgespräche im vorliegenden Verfahren scheiterten am Morgen des 18. 6. 1998. Im Schreiben vom 18. 6. 1998 erklärten die Beklagten bereits für den Fall der Feststellung von Mietrechten der Klägerin die fristlose Auflösung eines allenfalls bestehenden Mietverhältnisses gemäß § 1118 ABGB bzw § 33 Abs 3 MRG gegenüber dem Klagevertreter.

Die Klägerin und ihre Familie haben gegenüber der Vermieterseite keine ausdrückliche Erklärung abgegeben, aus der Wohnung auszuziehen bzw auf Mietrechte zu verzichten.

In ihrer Exzsindierungsklage behauptete die Klägerin, sie sei aufgrund ihres Eintritts in das Mietverhältnis beim Tod ihres Großvaters gemeinsam mit ihrer Mutter Mieterin der Wohnung. Dieses Mietverhältnis habe sie bisher nicht aufgegeben. Sie wohne seit ihrer Geburt in dieser Wohnung, sei seit dem Jahre 1965 als Mieterin anzusehen und habe weder durch eine Übersiedlung noch sonst durch eine Handlung in irgendeiner Weise auf das ihr zustehende Mietrecht verzichtet. Daß sie in den letzten Gerichtsverfahren nicht als Partei aufgetreten sei, lasse keinen Schluß auf einen Verzicht auf das Mietrecht zu, zumal die Verfahren nicht nur von ihrer Mutter, sondern auch von den Beklagten eingeleitet worden seien. Aus dem Umstand, daß sie in diesen Verfahren keine Parteistellung für sich beantsprucht habe, lasse sich kein Verzicht ableiten. Es hätte auch keiner ständigen Erklärung bedurft, daß sie auf ihrem Mietrecht bestehe, sie habe keinesfalls gegen Treu und Glauben verstoßen. Die Beklagten bzw deren Rechtsvorgänger hätten ihrerseits durch die eingebrachten Kündigungen klar zum Ausdruck gebracht, daß sie auch die Klägerin als Mieterin ansehen würden. Auch die Aktivprozesse der Mutter der Klägerin hätten nicht zum Gegenstand gehabt, wer tatsächlich Mieter sei. Der Mietzins sei bereits seit dem Tode ihres Großvaters im Namen ihrer Mutter eingezahlt worden, somit auch zu Zeiten, als die Beklagten bzw deren Rechtsvorgänger Aufkündigungen und Klagen gegen sie (Klägerin) eingebracht hätten. Daraus, daß sie auf den Mietzinsüberweisungsbelegen nicht angeführt wurde, sei daher ebenfalls kein Verzicht abzuleiten.

Den Mietzinsrückstand von S 163.986,76 habe sie die Klägerin bereits am 18. 6. 1998 bezahlt. Eine frühere Bezahlung sei wegen Vergleichsgesprächen der Parteien nicht erforderlich gewesen. Erst nach Scheitern dieser Vergleichsgespräche in der Früh des 18. 6. 1998 sei sie verpflichtet gewesen, den Mietzinsrückstand zu bezahlen, was sie auch umgehend getan habe.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin sei mangels gemeinsamen Haushaltes mit ihrem Großvater nicht in dessen Bestandrechte eingetreten. Sie sei auch niemals als Mieterin gegenüber den beiden Beklagten aufgetreten. Abgesehen davon, daß Mietzins- und Betriebskostenzahlungen ausschließlich durch ihre Mutter geleistet worden seien, sei es im Laufe der Jahre zu zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen gekommen, welche von Mieterseite her ausschließlich durch die Mutter der Klägerin geführt worden seien. Die Klägerin habe sich in all diesen Verfahren jeweils als Zeugin vernehmen lassen, was nicht möglich gewesen wäre, wenn sie tatsächlich Mitmieterin der Wohnung gewesen wäre. Die Verpflichtete (Mutter der Klägerin) habe sich in allen Mietangelegenheiten durch ihren Schwiegersohn vertreten lassen, der aber in diesem Zusammenhang immer nur als bevollmächtigter Vertreter der Mutter, nicht aber der Klägerin aufgetreten sei.

Die Klägerin sei über die Zahlungsrückstände und über die Zahlungs- und Räumungsprozesse im Detail informiert gewesen. Trotz ihrer Behauptung, Mieterin zu sein, habe auch sie die Rückstände nicht bezahlt. Das vom Erstgericht in den Verfahren festgestellte grobe Verschulden treffe daher auch die Klägerin. Ausschließlich für den Fall, daß die Klägerin selbständige Mietrechte an der Wohnung haben sollte, erklärten die Beklagten unter Hinweis auf das grob fahrlässige Verhalten der Klägerin im Zusammenhang mit den Zahlungsrückständen die fristlose Auflösung eines allenfalls bestehenden Mietverhältnisses. Daher benutze sie nunmehr jedenfalls die gegenständlichen Räumlichkeiten titellos, weshalb das Exszindierungsbegehren unberechtigt sei. Insgesamt verstoße das Verhalten der Klägerin gegen Treu und Glauben, weil sie klare und eindeutige Zahlungspflichten mißachte und auch andere mietrechtliche Verpflichtungen erst dann erfülle, wenn diesbezüglich Gerichtsbeschlüsse vorlägen bzw Exekutionsmaßnahmen eingeleitet würden. Es sei ihnen daher eine Aufrechterhaltung eines allenfalls bestehenden Mietverhältnisses unzumutbar.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß zweifelsohne allgemein die Klägerin, ihre Mutter und ihre Tochter bis in die späteren 70-er Jahre als Mieter der Wohnung angesehen worden seien. Sie habe auch immer in der Wohnung gewohnt und auch ausdrücklich nie einen Verzicht auf Mietrechte gegenüber den Vermietern geäußert. Seit den späten 70-er Jahren bzw seit Beginn der 80-iger Jahre scheine sie jedoch gegenüber den Vermietern nicht mehr als Mieterin auf. Auf die Tochter der Klägerin brauche nicht näher eingegangen zu werden, weil diese mittlerweile aus der Wohnung ausgezogen sei und auch tatsächlich keine Mitmietrechte mehr geltend mache. Es könne kein Zweifel bestehen, daß die Klägerin zunächst gemäß § 19 Abs 2 Z 11 MG in den Mietvertrag als Eintrittsberechtigte eingetreten sei. Wenn die Geltendmachung eines längerer Zeit nicht in Anspruch genommenen Rechtes gegen die Grundsätze von Treu und Glauben oder gegen die Verkehrssitte verstoße, könne aus der Untätigkeit auf einen Verzicht geschlossen werden (§ 863 Abs 2 ABGB). Dieser Sachverhalt liege hier vor. Nach allgemeiner Anschauung könne es nur wider Treu und Glauben sein, wenn die Klägerin angesichts der ihr bekannten zahlreichen Rechtsstreitigkeiten ihrer Mutter mit den Beklagten und insbesondere des Zahlungs- und Räumungsverfahrens aus einer (sicheren) Position abwarte, welchen Ausgang die Verfahren nähmen, und sodann beim Fehlschlagen der Prozesse erst im Exekutionsverfahren einen Exszindierungsanspruch stelle. Die Vermieter hätten nach all diesen Verfahren, zweifelsohne aber nach rechtskräftiger Beendigung des Räumungsverfahrens, aufgrund der Untätigkeit der Klägerin durch jedenfalls mehr als 15 Jahre trotz Kenntnis der erwähnten zahlreichen Verfahren davon ausgehen dürfen, daß die Klägerin auf ihre Mitmietrechte verzichtet habe. Zudem sei auch die Argumentation der Beklagten plausibel, die Klägerin müsse sich, wenn sie schon Mitmietrechte gehabt hätte, ein grobes Verschulden an der Nichtzahlung des geschuldeten Mietzinses im seinerzeitigen Räumungsverfahren anrechnen lassen. Demnach wäre auch die hilfsweise erklärte Auflösung des Bestandverhältnisses gemäß § 1118 ABGB vor Schluß der Verhandlung dieses Verfahrens wirksam. Auch dies würde einen Verlust der Mietrechte der Klägerin bedeuten, weshalb aus diesem Grund der Exzsindierungsanspruch zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Streitverhandlung nicht mehr berechtigt wäre.

Mit dem angefochtenen Urteil gab das Berufungsgericht der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es pflichtete dem Erstgericht darin bei, daß unter den vorliegenden besonderen Umständen die Klägerin nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und rücksichtlich der im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche zumindest in den seit den 90-er Jahren zwischen ihrer Mutter und den Beklagten als Eigentümerinnen und Vermieterinnen abgeführten Verfahren, jedenfalls zuletzt in dem Rechtsstreit, in dem die Verpflichtete als alleinige Mieterin auf Zahlung rückständigen Bestandzinses und Räumung des Mietobjektes in Anspruch genommen wurde, auf den Umstand, daß sie ebenfalls Mietrechte an der Wohnung geltend mache, hinweisen hätte müssen. Nach allgemeinen Ausführungen zum § 863 ABGB räumte das Berufungsgericht ein, daß für die Schlüssigkeit eines Verhaltens ein strenger Maßstab anzuwenden sei (ecolex 1990, 153). Es sei keineswegs jedes Stillschweigen als Vertragshandlung anzusehen. Bloßes Schweigen habe im allgemeinen keinen Erklärungswert, insbesondere gelte Stillschweigen nicht schlechthin als Zustimmung (SZ 64/185 ua). Bei der Annahme eines stillschweigenden Verzichts sei stets besondere Vorsicht geboten. Ein stillschweigender Verzicht dürfe nur angenommen werden, wenn der Schuldner unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche aus dem Verhalten des Gläubigers den zweifelsfreien Schluß ziehen habe dürfen und auch gezogen habe, der Gläubiger habe auf seinen Anspruch ernstlich verzichtet (RZ 1985/57; JBl 1989, 649). Stillschweigen gelte jedoch als Zustimmung bzw als Verzicht, wenn der Stillschweigende nach Treu und Glauben hätte reden müssen (SZ 57/142; SZ 55/168; WBl 1992, 23).

Es sei zwar der Klägerin zuzugeben, daß bei ihr nicht von einer Untätigkeit (Stillschweigen bezüglich ihrer Mietrechte) geradezu durch den Zeitraum von 15 Jahren gesprochen werden könne. In den Verfahren Anfang der 70-er Jahre scheine sie noch ausdrücklich als Mitmieterin auf. Abgesehen von zwei Verfahren des Jahres 1974, in denen sie bereits als Zeugin vernommen wurde, sei es in der Folge erst in den 90-er Jahren zu weiteren zahlreichen prozessualen Auseinandersetzungen zwischen den Vermieterinnen und der Mutter der Klägerin als Mieterin gekommen. Eine für sie im gegenständlichen Zusammenhang nachteilige Untätigkeit bzw ein Stillschweigen bezüglich eines auch ihr zustehenden Mitmietrechtes könne daher wohl erst ab den 90-er Jahren angenommen werden. Dies ändere aber im Ergebnis nichts an dem vom Erstgericht angenommenen konkludenten Verzicht der Klägerin auf ihren Mietrechte, weil es insoweit gar nicht primär auf die Dauer der Untätigkeit oder des Stillschweigens ankomme. Entscheidend sei, daß von der Klägerin jedenfalls in den 90-er Jahren aufgrund der zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen in bezug auf das gegenständliche Mietobjekt, zumindest aber im zuletzt geführten Zahlungs- und Räumungsprozeß, zu erwarten gewesen wäre, daß sie sich den Vermieterinnen gegenüber bezüglich eines von ihr weiter in Anspruch genommenen Mitmietrechtes an der Wohnung geäußert hätte. Da sie dies jedoch nicht getan habe, obwohl sie in diversen Verfahren großteils als Zeugin ausgesagt habe und davon jedenfalls Kenntnis gehabt habe, sei aus der insoweit maßgeblichen Sicht der Vermieterinnen als "Erklärungsempfänger" durchaus der zweifelsfreie Schluß zu ziehen, daß ein allfälliges Mitmietrecht von der Klägerin nicht mehr geltend gemacht werde, zumal - abgesehen von der Nachzahlung vom 18. 6. 1998 - als Einzahlerin der jeweiligen Mietzinszahlungen durchwegs nur ihre Mutter aufgeschienen sei. Zudem sei auch in dem Schreiben des Ehemanns der Klägerin vom 29. 7. 1995 davon die Rede, daß sämtliche Schreiben, welche an seine Schwiegermutter zu richten seien, in Wohnungs- und Kostenabrechnungsangelegenheiten an ihn zu senden seien. Ein Hinweis auf die Klägerin sei in diesem Schreiben nicht enthalten. Insgesamt sei das Verhalten der Klägerin als gegen die Grundsätze von Treu und Glauben verstoßend anzusehen. Selbst wenn es im Sinne der Ausführungen der Klägerin in der in der Berufung enthaltenen Beweisrüge allenfalls die Entscheidung des damaligen Rechtsvertreters gewesen sei, daß auch Aktivprozesse nur von der Mutter allein geführt würden, sei diesem Einwand entgegenzuhalten, daß für die Beurteilung schlüssigen Verhaltens bei Verkehrsgeschäften die Vertrauenstheorie gelte, also nicht die innere Absicht oder die Beweggründe der Partei, sondern nur ihr objektives Verhalten aus der insoweit maßgeblichen Sicht des Erklärungsempfängers ausschlaggebend sei (SZ 54/163; EvBl 1969/198; RdW 1987, 236 ua). Daran könne der Hinweis auf das Recht zur Gartenbenützung, den die Klägerin als Zeugin in einem Verfahren machte, nichts ändern.

Zwar sei der Verzicht auf ein Mietrecht, worauf in der Berufung zutreffend hingewiesen werde, ein entgeltlicher Vertrag, dies könne aber aufgrund des gesamten Verhaltens der Klägerin und ihrer Mutter an dem konkludenten Verzicht auf das Mietrecht nichts ändern, weil hier insofern besondere Umstände vorgelegen seien, als der Mietzins aus Sicht der Vermieterinnen jedenfalls nur von der Mutter bezahlt worden sei. Auch von einer konkludenten Annahme des Verzichtes durch die Vermieterinnen könne ausgegangen werden. Daran sei schon zufolge des von den Vermieterinnen nunmehr eingenommenen Prozeßstandpunktes nicht zu zweifeln. Es könne auch nicht eingewendet werden, daß Feststellungen fehlten, wonach die weitere Mieterin (die Verpflichtete) einem allfälligen Verzicht der Klägerin auf das Mietrecht zugestimmt habe. Die in bezug auf die Klägerin dargelegten Grundsätze bezüglich eines konkludenten Verhaltens gälten auch und gerade bezüglich ihrer Mutter.

Demnach sei aus diesem Grund das Klagebegehren jedenfalls abzuweisen, sodaß auf den hilfweise als weiteren Grund herangezogenen Umstand, wonach die Klägerin ebenfalls ein grobes Verschulden an dem den Räumungsanspruch gegen ihre Mutter begründenden Zahlungsrückstand getroffen habe und ihr aufgrund der Auflösungserklärung gemäß § 1118 ABGB nunmehr kein Mietrecht mehr zukomme, nicht mehr eingegangen werden müsse.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, und begründete dies damit, daß auf die Grundsätze der zitierten Judikatur verwiesen werden habe können, andererseits aber für die Beurteilung der Konkludenz eines Verhaltens stets die Umstände des Einzelfalles maßgeblich seien (WoBl 1992, 188 ua).

Mit ihrer außerordentlichen Revision strebt die Klägerin die Abänderung der Urteile der Vorinstanzen dahin an, daß ihrer Klage stattgegeben werde. Hilfsweise stellt sie auch einen Aufhebungsantrag.

Die Revision sei aus mehreren Gründen zulässig. Zum einen sei keine Rechtsprechung zu der Frage vorhanden, ob von einer Zeugin erwartet werden könne, privatrechtliche Erklärungen im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme zur Verhinderung des Verlustes eines ihr bis dahin zustehendes Mietrechtes abzugeben. Dadurch, daß das Berufungsgericht das Schweigen der Klägerin als Zeugin als Verzicht auf ihre bis dahin gegebenen Rechte gewertet habe, weiche es von der Rechtsprechung ab, wonach die Sanktion für eine Untätigkeit im Prozeß abschließend von den Verfahrensregeln festgelegt sei (EvBl 1968/113; Rummel in Rummel2 Rz 10 zu § 863). Das Berufungsgericht nehme in Wahrheit eine dem österreichischen Recht fremde Verwirkung (MietSlg 47.049 mwN) an. Es weiche auch von der Judikatur (Nachweise bei Rummel in Rummel2 Rz 10 zu § 1444) ab, wonach der Verzicht auf Mietrechte ein entgeltlicher Vertrag sei. Ferner liege eine Abweichung von dem Grundsatz vor, daß ein einzelner Mitmieter kein selbständiges Verfügungsrecht über seinen Anteil am Bestandrecht habe (WoBl 1999, 28/17). Zu einer Zustimmung der Mutter der Klägerin zu deren Ausscheiden als Mitmieterin fehle es an Feststellungen.

In der Sache selbst führte die Klägerin aus, daß die Vorinstanzen unter Berücksichtigung der im einzelnen dargestellten Grundsätze der ständigen Rechtsprechung zur konkludenten Erklärung das Verhalten der Klägerin nicht als Verzicht auf ihre Stellung als Mitmieterin werten hätte dürfen. Aus der bloßen Untätigkeit eines Mitmieters könne nur in Ausnahmefällen auf dessen Absicht geschlossen werden, sein Recht aufzugeben. Insbesondere müsse ein Mitmieter nicht dem Vermieter gegenüber durch positive Handlungen zu erkennen geben, an den Mietrechten festhalten zu wollen (MietSlg 37.290). Auch aus diesem Grund könne der Klägerin nicht angelastet werden, in den gegen ihre Mutter geführten Verfahren nicht auf ihr Mitmietrecht hingewiesen zu haben. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes sei es unter den gegebenen Umständen nicht von Bedeutung, wer den Mietzins gezahlt habe. Als Zeugin hätte sie im Mietzins- und Räumungsverfahren lediglich eines Wissenserklärung, nicht jedoch eine Willenserklärung abgeben können. Das Unterlassen einer Wissenserklärung könne nicht als Verzicht auf eine Rechtsposition gewertet werden.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht zwar die Rechtslage, was den stillschweigenden Verzicht bzw die stillschweigende Auflösung eines Mietvertrages mit einem Mitmieter im wesentlichen richtig dargestellt, jedoch eine unrichtige Subsumierung des festgestellten Sachverhaltes vorgenommen hat, was aus Gründen der Rechtssicherheit gemäß § 502 Abs 1 ZPO vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmen ist.

Die Revision ist auch berechtigt.

Im Revisionsverfahren nicht mehr strittig ist, daß die Klägerin gemeinsam mit ihrer Tochter und ihrer Mutter, der nunmehrigen Verpflichteten, beim Tode ihres Großvaters in dessen Mietrechte an der gegenständlichen Wohnung eingetreten ist. Demnach tragen die Beklagten die Beweislast dafür, daß sie ihr Mietrecht wiederum verloren hat. In erster Instanz haben die Beklagten ihre ursprünglich aufgestellte Behauptung, die Klägerin hätte durch einen Auszug im Jahre 1970 ihre Bestandrechte aufgegeben, ausdrücklich zurückgezogen. Abgesehen von der noch zu behandelnden Auflösung eines allfälligen Mietverhältnisses nach § 1118 ABGB haben die Beklagten der Klägerin gegenüber deren Berufung auf ihr Mitmietrecht lediglich als angesichts ihres Gesamtverhaltens gegen Treu und Glauben verstoßend qualifiziert. Dazu wurde behauptet, daß nicht nur der Mietzins samt Betriebskosten stets von ihrer Mutter bezahlt worden sei, sondern vielmehr die Klägerin sich auch in zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen, welche von der Mieterseite her ausschließlich durch ihre Mutter geführt worden seien, jeweils als Zeugin vernehmen habe lassen, was nicht möglich gewesen wäre, wenn sie tatsächlich die Stellung einer Mitmieterin hätte. Auch ihr Ehemann sei den Vermietern gegenüber lediglich als Vertreter der Mutter, nicht aber als ihr Vertreter aufgetreten. Sie selbst sei niemals gegenüber den Beklagten als Mieterin in Erscheinung getreten.

Wie sich aus den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung ergibt, bezweifeln die Beklagten nicht mehr, daß, wie das Berufungsgericht entgegen dem Erstgericht zu Recht klargestellt hat, jedenfalls bis in die 90-iger Jahre von einem Verzicht der Klägerin auf ihr Mitmietrecht keine Rede sein kann. Schließlich war sie noch Anfang der 70-er Jahren in den Verfahren als Mitmieterin aufgetreten, wovon auch noch das Erstgericht im Urteil vom 8. 4. 1975 ausgegangen war; für die folgende Zeit gab es mit Ausnahme zweier 1974 eingeleiteter Verfahren bis in die 90er Jahre nach den Feststellungen keine Verfahren.

An sich völlig zutreffend hat das Berufungsgericht erkannt, daß der Verzicht auf ein Mietrecht in Wahrheit lediglich in Form eines entgeltlichen Vertrages erfolgen kann (Nachweise bei Harrer/Heidinger in Schwimann, ABGB2 Rz 15 zu § 1444). Zutreffend ist es auch, auf schlüssige Vereinbarungen dieser Art die strengen Regeln über den schlüssigen Verzicht anzuwenden, weil eine derartige einverständliche Auflösung auch den Verlust der Bestandrechte bedeutet. Ein solcher Verzicht ist aber nur anzunehmen, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine andere Deutung des Verhaltens des Mieters vernünftigerweise ausschließen (WoBl 1992/109 mwN; MietSlg 35.144). Nach Würth (in Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 48 zu § 29 MRG) darf ein solcher "Verzicht" (Anbot zur einverständlichen Auflösung) nur angenommen werden, wenn nach Treu und Glauben eine andere Deutung des Verhaltens des Mieters nicht in Betracht kommt.

Die Entgeltlichkeit besteht beim Aufhebungsvertrag darin, daß beide Parteien hiedurch von ihren im Bestandvertrag festgelegten Leistungspflichten entbunden werden (Harrer/Heidinger aaO). Dies kommt beim Alleinmieter sinnfällig dadurch zum Ausdruck, daß dieser den Mietgegenstand nicht weiter benützt und dafür auch von seiner Verpflichtung, den Mietzins zu zahlen, entbunden wird. Demnach wird, wie Würth (aaO) hervorhebt, eine konkludente Auflösung häufig darin bestehen, daß der Vermieter die vom Mieter zurückgestellten Schlüssel zum Mietgegenstand ohne Vorbehalt übernimmt und das Objekt neu vermietet oder selbst in Benützung nimmt. Zu MietSlg 38.117 nahm der Oberste Gerichtshof aber eine konkludente Auflösung eines auf bestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrages nicht einmal dann an, als der Eigentümer den vom bisherigen Mieter vorzeitig geräumten Bestandgegenstand neuerlich weiter vermietet hatte, aber nicht einen gleich hohen Mietzins erzielen konnte.

Es ist nun ein Element der in Österreich von Lehre und Rechtsprechung geteilten Vertrauenstheorie (Nachweise ua bei Apathy in Schwimann2 Rz 1 zu § 863), daß es sowohl darauf ankommt, wie eine Willenserklärung nach dem objektiven Sinn zu verstehen ist, als auch darauf, daß der Erklärungsempfänger auf die objektive Erklärungsbedeutung berechtigterweise vertraute. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen kann aber nicht gesagt werden daß das Verhalten der Klägerin (Unterlassen der Geltendmachung ihrer Mitmietrechte gegenüber den Beklagten, obwohl ihr zahlreiche Verfahren zwischen ihrer Mutter und diesen bekannt waren und sie auch in diesen als Zeugin vernommen wurde) objektiv die Bedeutung hat, daß sie damit zum Ausdruck brachte, sie wolle zwar weiterhin in dem Mietobjekt wohnen bleiben, aber von ihrer Verpflichtung zur Zahlung des Mietzinses entbunden werden und die ihr aufgrund des Mietverhältnisses zustehenden Benützungsrechte aufgeben. Eine Pflicht aufgrund der Gerichtsverfahren, auf ihre Mietrechte hinzuweisen, kann nicht angenommen werden, insbesondere nicht im Räumungsprozeß gegen ihre Mutter. Unter diesen Umständen muß hier nicht darauf eingegangen werden, inwieweit die Aufgabe der Mietrechte der Zustimmung der Verpflichteten als Mitmieterin bedurft hätte (vgl SZ 44/106 = MietSlg 23.109) und ob bejahendenfalls diese Zustimmung und auch die Zustimmung der Beklagten als Vermieter erteilt wurde.

Zu prüfen bleibt aber noch, ob die Urteile der Vorinstanzen deshalb

aufrechtzuerhalten sind, weil die Beklagten der Klägerin gegenüber

deren Mietverhältnis gemäß § 1118 ABGB wirksam aufgelöst haben. Eine

solche Auflösung setzt einen qualifizierten Mietzinsrückstand voraus,

also die nicht vollständige Bezahlung des rückständigen Zinses bis zu

dem darauffolgenden Termin trotz gehöriger Mahnung (Würth in

Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20 Rz 40 zu § 29 MRG; Binder in

Schwimann2 Rz 83 zu § 1118 ABGB je mN). Nach einhelliger

Rechtsprechung (SZ 57/120 = JBl 1985, 170 = MietSlg 36.194; ecolex

1995, 94 = HS 25.452 = HS 25.563 = HS 25.567 = JBl 1995, 467 (LS) =

ÖBA 1994/488, 392 = RdW 1995, 261 (LS) in Zusammenhang mit einem

Leasingvertrag unter ausdrücklicher Ablehnung der gegenteiligen Ansicht von Würth in Rummel2 Rz 17 zu § 1118 [ebenso derselbe in Würth/Zingher aaO Rz 43 zu § 29 MRG]; wie die Rechtsprechung auch Binder in Schwimann2 Rz 87 zu § 1118 ABGB) muß bei einer Mehrzahl von Mietern jeder dieser Solidarschuldner persönlich gemahnt werden. Im vorliegenden Fall haben nun die Beklagten eine derartige Mahnung gegenüber der Klägerin gar nicht behauptet, sondern sich lediglich darauf berufen, diese sei über die Zahlungsrückstände und über den Zahlungs- und Räumungsprozeß im Detail informiert gewesen. Daraus ergibt sich, daß schon mangels einer derartigen Mahnung kein qualifizierter Mietzinsrückstand der Klägerin vorlag, weshalb es darauf, ob sich die Beklagten im Prozeß wirksam auf ihre außergerichtliche Auflösungserklärung vom 18. 6. 1998 berufen oder erst in der Streitverhandlung vom 30. 6. 1998 die Auflösung erklärt haben, ebensowenig ankommt, wie darauf, ob zur Zeit des Zuganges der außergerichtlichen Auflösungserklärung der Mietzinsrückstand überhaupt noch bestand, obwohl er am selben Tag "bezahlt" worden war. Desgleichen ist es unerheblich, ob die Klägerin ebenso wie die Verpflichtete ein grobes Verschulden an den aufgelaufenen Mietzinsrückständen trifft.

Da somit das Mietverhältnis zur Klägerin auch nicht nach § 1118 ABGB aufgelöst wurde, war der Revision Folge zu geben und die Urteile der Vorinstanzen waren im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern.

Die Kostenentscheidungen gründen sich auf § 41 ZPO, in den Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO.

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