OGH 5Ob111/99f

OGH5Ob111/99f27.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Pimmer, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1.) Dr. Gertrude G*****, vertreten durch Dr. Hans Wagner, Rechtsanwalt in Wien, 2.) Dr. Christian G*****, vertreten durch Dr. Helene Klaar, Rechtsanwältin in Wien, wider die Antragsgegner 1.) Dr. Ewald M*****, 2.) Dr. Liselotte M*****, vertreten durch Dkfm. Dr. Heinrich Jandl, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 12 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Sachbeschluß des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 9. Februar 1999, GZ 41 R 104/98t‑35, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichts Döbling vom 11. Dezember 1997, GZ 4 Msch 161/96‑30, abgeändert wurde, den

Sachbeschluß

gefaßt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1999:0050OB00111.99F.0427.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

 

Begründung:

 

Das Erstgericht stellte fest, daß die Antragsgegner gegenüber den Antragstellern im Zeitraum April 1983 bis einschließlich November 1990 durch Vorschreibung von Betriebskosten für die von den Antragstellern gemietete Wohnung das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten hätten, und wies unbekämpft das den Zeitraum Mai 1982 bis einschließlich März 1983 betreffende Mehrbegehren ab. Es erachtete rechtlich, die Fälligkeit der Betriebskosten sei nicht eingetreten, weil die Antragsgegner entgegen § 21 Abs 4 MRG bei ihrer Einzelvorschreibung ab April 1983 keine Rechnungsbelege vorgelegt hätten. Daher hätten die Antragsteller irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt. Für die Rückforderung betrage die Verjährungsfrist 30 Jahre. Daher bestehe ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Unzulässigkeit der vorgeschriebenen Betriebskosten. Die ziffernmäßige Berechnung der unzulässigerweise vorgeschriebenen Beträge könne dem bereits anhängigen und unterbrochenen Streitverfahren vorbehalten bleiben.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegner Folge, änderte den angefochtenen Sachbeschluß dahin ab, daß der Sachantrag zur Gänze abgewiesen wurde, sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000,‑- übersteigt, und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig. Es führte zur Rechtsrüge der Antragsgegner folgendes aus:

Den Antragstellern fehle ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß durch die Vorschreibung von Betriebskosten zwischen April 1983 bis einschließlich November 1990 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden sei, weil ihr Anspruch auf Rückforderung der für diesen Zeitraum bezahlten Betriebskosten verjährt sei:

Gemäß § 27 Abs 3 MRG könne das, was unter anderem entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG geleistet worden sei, samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden. Dieser Rückforderungsanspruch sei seinem Wesen nach ein Kondiktionsanspruch, der an keine weiteren Voraussetzungen gebunden sei als an die Verletzung der jeweiligen mit (Teil‑)Nichtigkeit bedrohten Vorschrift des MRG. Dieser spezielle Bereicherungsanspruch schließe andere Bereicherungsansprüche nach dem ABGB aus. Die Verjährungsfrist beginne mit der Zahlung zu laufen.

Die Antragsteller hätten im Juli 1996 bei der zuständigen Schlichtungsstelle den Antrag auf Feststellung eingebracht, daß durch die Vorschreibung der Betriebskosten zwischen Mai 1982 und November 1990 das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden sei; die Antragsgegner hätten die Betriebskosten nicht wirksam vorgeschrieben, weil sie entgegen § 21 Abs 4 MRG deren Höhe nicht durch rechtzeitige Vorlage der Rechnungsbelege nachgewiesen hätten. Gemäß § 37 Abs 1 Z 12 MRG sei über diesen Antrag auf Feststellung im Außerstreitverfahren gemäß § 37 leg cit zu entscheiden. Allerdings fehle den Antragstellern ein Feststellungsinteresse. Die Antragsteller brächten in ihrem Antrag vor, daß ihnen eine Aufrechnung ihres Rückforderungsanspruches wegen des Kompensationsverbotes verwehrt sei. Es sei gerichtsbekannt, daß die Klage auf Rückforderung der Betriebskosten (für den Zeitraum Mai 1982 bis einschließlich November 1990) beim Erstgericht am 10. 7. 1996 eingebracht worden sei, somit zu einem Zeitpunkt, als der behauptete Rückforderungsanspruch bereits verjährt gewesen sei. Auch der vorliegende Antrag sei bereits nach Ablauf der Verjährungsfrist eingebracht worden. Wegen der Verjährung des Rückforderungsanspruches fehle daher den Antragstellern ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß durch die Vorschreibung von Betriebskosten das gesetzlich zulässige Zinsausmaß überschritten worden sei.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei im Hinblick auf die eindeutige oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Verjährungsbestimmung des § 27 Abs 3 MRG nicht zulässig.

Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den erstgerichtlichen Sachbeschluß wiederherzustellen.

Die Antragsgegner beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, hilfsweise abzuweisen.

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil - soweit ersichtlich - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehlt, ob bei vor Inkrafttreten des MRG geschlossenen Mietverträgen die Rückforderung von Betriebskosten der Verjährungsbestimmung des § 27 Abs 3 MRG unterliegt; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber machen im wesentlichen geltend, mangels Verjährung der Rückforderung ihrer unter Vorbehalt geleisteten Akontozahlungen, die nicht in Hauptmietzins und Betriebskosten gegliedert gewesen seien, sei ihr Feststellungsinteresse nicht zu verneinen. Nach ständiger Rechtsprechung sei § 27 Abs 3 MRG nur auf Leistungen aus Vereinbarungen anzuwenden, die im zeitlichen Geltungsbereich des MRG abgeschlossen worden seien. Für den vorliegenden Mietvertrag vom 16. 5. 1977 gelte die Rechtsprechung zu § 17 MG. Der Rückforderungsanspruch gemäß § 27 Abs 3 MRG schließe zwar Kondiktionsansprüche nach § 1431 ABGB aus; dem könne aber die Rückforderung von unter Vorbehalt geleisteten Akontozahlungen nicht gleichgestellt werden.

Hiezu wurde erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Die von den Rechtsmittelwerbern zitierte Judikatur (MietSlg 37.392, 40.619, 41.312/15; vgl RIS‑Justiz RS0067517; Würth/Zingher, Miet‑ und Wohnrecht20 § 27 MRG Rz 15, § 43 MRG Rz 4 mwN) betrifft vor Inkrafttreten des MRG geschlossene Vereinbarungen über die Höhe des Mietzinses. Mit § 43 Abs 2 MRG wird für die Rechtsfolgen nichtiger Vereinbarungen die Weitergeltung des alten Rechts fingiert, sodaß auch die Neuregelung der Verjährung in § 27 Abs 3 MRG nicht anzuwenden ist. Im vorliegenden Fall handelt es sich aber nicht um die Mietzinsbildung für Altverträge, sondern um Betriebskosten (dh kraft Gesetzes auf die Mieter anteilig überwälzbare Bewirtschaftungskosten) aus Perioden zwischen 1983 und 1990. Für solche nach Inkrafttreten des MRG verwirklichte Sachverhalte sind die Bestimmungen des MRG nach der Grundregel seines § 43 Abs 1 anzuwenden (vgl Würth/Zingher aaO § 43 MRG Rz 1; idS auch WoBl 1998, 310/204 zu Liegenschaftsaufwendungen nach § 19 Abs 1 WEG), damit aber auch die Verjährungsbestimmung des § 27 Abs 3 MRG.

Der Rückforderungsanspruch gemäß § 27 Abs 3 MRG schließt alle anderen Kondiktionsansprüche nach bürgerlichem Recht aus (Würth/Zingher aaO § 27 MRG Rz 14 mwN; vgl RIS‑Justiz RS0033661). Für die Rückforderung von unter Vorbehalt geleisteten Zahlungen (vgl hiezu etwa Reischauer in Rummel 2 § 1412 ABGB Rz 3) besteht keine Ausnahme.

Das Rekursgericht ist somit zutreffend von einer dreijährigen Verjährungsfrist für die Rückforderung von Betriebskosten ausgegangen; der von den Antragsgegnern geltend gemachte Ablauf dieser Frist rechtfertigt die Verneinung des Feststellungsinteresses der Antragsteller.

Dem Revisionsrekurs war somit ein Erfolg zu versagen.

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