OGH 5Ob87/99a

OGH5Ob87/99a13.4.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Manfred T*****, vertreten durch Dr. Franz Leopold, öffentlicher Notar in 8010 Graz, betreffend Eintragungen in der EZ *****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers und des Dr. Peter M*****, dieser ebenfalls vertreten durch Dr. Franz Leopold, öffentlicher Notar in 8010 Graz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 19. Februar 1997, AZ 4 R 641/96f, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Feldbach vom 17. Juli 1996, TZ 3884/96, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 27. 5. 1997, 5 Ob 160/97h, angeordnete Unterbrechung des Revisionsrekursverfahrens wird aufgehoben.

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden so abgeändert, daß der Eintragungsbewilligung vom 17. 6. 1996 folgender Ausspruch angefügt wird:

"Auf Grund des Kaufvertrages vom 14. 11. 1995 wird in der Einlage EZ ***** auf dem unter B-LNR 3 eingetragenen 1/6 Anteil des Manfred T*****, die Einverleibung des Pfandrechtes zugunsten des Dr. Peter M*****, für den Betrag vom DM 13.000,-- bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1.) Dr. Franz Leopold, öffentlicher Notar, Pestalozzistraße 3, 8010 Graz, unter Anschluß der Originalurkunden;

2.) Manfred T*****;

3.) Finanzamt 8330 Feldbach."

Der Vollzug der bewilligten Eintragung sowie die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung

Dr. Peter M*****, geboren am 9. 10. 1942, der in der Bundesrepublik Deutschland, einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, wohnt, ist im Erbweg zu einem Sechstel außerbücherlicher Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** geworden. Er hat diesen am 14. 11. 1995 um DM 13.000,- (dreizehntausend Deutsche Mark) an Manfred T*****, verkauft und letzterem bis längstens 31. 12. 2000 den Kaufpreis gestundet, sich jedoch die pfandrechtliche Sicherstellung der Kaufpreisforderung ausbedungen. Die diesbezügliche Vereinbarung lautet:

"Hinsichtlich des Kaufpreises des Dr. Peter M***** wird auf Verzinsung und Wertsicherung verzichtet, jedoch grundbücherliche Sicherstellung vereinbart und verpfändet der Käufer Manfred T***** den von Dr. Peter M***** erworbenen 1/6 Anteil der .... Liegenschaft für dessen Kaufpreisforderung von DM 13.000,-- und bewilligt auf dem 1/6 Anteil die Einverleibung des Pfandrechtes von DM 13.000,-- zugunsten Dr. Peter M*****, der dieses Recht annimmt."

Das daraufhin vom Manfred T***** am 1. 7. 1996 beim Erstgericht eingebrachte Grundbuchsgesuch, auf dem vertragsgegenständlichen Liegenschaftsanteil das (Mit-)Eigentumsrecht des Käufers und das Pfandrecht des Verkäufers für dessen Forderung von DM 13.000,-- einzuverleiben, hat das Erstgericht zwar hinsichtlich der Einverleibung des Miteigentumsrechts des Käufers bewilligt, hinsichtlich des Pfandrechts jedoch abgewiesen. Das nur hinsichtlich der Abweisung der Pfandrechtseintragung angerufene Rekursgericht bestätigte diesen Teil der Entscheidung, sprach allerdings aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Beide Vorinstanzen vertraten den Standpunkt, daß der Einverleibung einer Hypothek für eine effektive Fremdwährungsforderung die Bestimmung des § 3 Abs 1 der Verordnung über wertbeständige Rechte vom 16. November 1940, dRGBl I 1521, in der Fassung des § 4 SchillingG, StGBl 1945/231, entgegenstehe. An dieser Rechtslage habe sich durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union nichts geändert.

Schon beim Rekursgericht wurde von den jetzigen Rechtsmittelwerbern der Antrag gestellt, beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften eine Vorabentscheidung einzuholen, ob das Verbot der Begründung von Grundpfandrechten für effektive Fremdwährungsforderungen mit dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union kollidiert. Das Rekursgericht wies jedoch diesen Antrag als unzulässig zurück und sah sich durch die Argumente der Rechtsmittelwerber auch nicht veranlaßt, aus eigenem Gutdünken eine solche Vorabentscheidung einzuholen. Die Gründe hiefür wurden bereits in der zu 5 Ob 160/97h ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 27. 5. 1997 (ua veröffentlicht in WBl 1997, 439, ÖBA 1998, 142/691 und NZ 1998, 154/410) dargestellt, sodaß sich hier eine Wiederholung erübrigt.

Rechtliche Beurteilung

Den Revisionsrekurs des Pfandbestellers und Pfandgläubigers gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes nahm der Oberste Gerichtshof zum Anlaß, von sich aus dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob es eine mit Art 73b EGV vereinbare Beschränkung des Kapital- und Zahlungsverkehrs darstellt, die Begründung einer Hypothek für eine effektive Fremdwährungsschuld (hier: DM = Deutsche Mark) nicht zuzulassen. Auch hier kann zur Darstellung der Gründe für dieses Vorgehen auf die Entscheidung 5 Ob 160/97h verwiesen werden. Sie führten zum Schluß, daß dem Begehren der Revisionsrekurswerber, das in Rede stehende Pfandrecht für die in DM bezifferte Forderung des Gläubigers im Grundbuch einzutragen, wegen der nach wie vor in Geltung stehenden Bestimmung des § 3 Abs 1 der Verordnung über wertbeständige Rechte vom 16. 11. 1940, dRGBl I 1521, idF des § 4 SchillingG, StGBl I 1945/231, nur auf der Grundlage des grundsätzlichen Verbots jeder Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne von Art 73b des Vertrages stattgegeben werden könnte. Das Verfahren über den Revisionsrekurs wurde iSd § 90a Abs 1 GOG bis zum Einlangen der Vorabentscheidung ausgesetzt.

Mit Urteil vom 16. 3. 1999, C-222/97 , beim Obersten Gerichtshof eingelangt am 19. 3. 1999, erkannte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, daß Art 73b des EG-Vertrages einer nationalen Regelung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art entgegensteht, nach der eine Hypothek zur Sicherung einer in der Währung eines anderen Mitgliedstaats zahlbaren Forderung in inländischer Währung eingetragen werden muß. Die Gründe für diese Entscheidung, lassen sich für die Erledigung des Revisionsrekurses so zusammenfassen, daß die Bestellung einer Hypothek unter Art 73b des EG-Vertrages fällt, weil sie einerseits untrennbar mit einem Vorgang des Kapitalverkehrs, im vorliegenden Fall der Liquidation einer Immobilieninvestition, verbunden ist und andererseits von der Rubrik IX der Nomenklatur für den Kapitalverkehr im Anhang der Richtlinie 88/361 erfaßt wird. Eine nationale Regelung, die die Begründung einer Hypothek für eine Schuld in einer anderen als der inländischen Währung verbietet, bewirke, daß der Zusammenhang zwischen der zu sichernden Forderung, die in der Währung eines anderen Mitgliedstaats zahlbar ist, und der Hypothek, deren Wert infolge späterer Währungsschwankungen geringer sein kann als der Wert der zu sichernden Forderung, gelockert wird, was die Wirksamkeit und somit die Attraktivität einer solchen Sicherheit zwangsläufig verringere. Zudem bestehe die Gefahr, daß den Vertragsparteien zusätzliche Kosten dadurch verursacht werden, daß sie gezwungen sind, allein zum Zweck der Eintragung der Hypothek die Forderung in inländischer Währung zu beziffern und diese Umrechnung allenfalls feststellen zu lassen. Eine solche Regelung sei daher geeignet, die Betroffenen davon abzuhalten, eine Forderung in der Währung eines anderen Mitgliedstaats zu bezeichnen, und ihnen somit ein Recht zu nehmen, das ein Bestandteil des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs ist. Ein Mitgliedstaat der Europäischen Union sei zwar berechtigt, sein Grundpfandrecht so zu gestalten, daß es die Rechte der Hypothekargläubiger untereinander sowie die Rechte sämtlicher Hypothekargläubiger einerseits und die Rechte sämtlicher anderer Gläubiger andererseits in sicherer und transparenter Weise festlegt. Die fragliche Regelung verfehle jedoch dieses Ziel, weil sie nachrangigen Gläubigern Gewißheit über den Betrag der vorrangigen Forderungen und damit über den Wert der ihnen gebotenen Sicherheit nur um den Preis der Unsicherheit der Inhaber von Forderungen in ausländischer Währung gibt.

Aus diesem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften ergeben sich für die Erledigung des vorliegenden Revisionsrekurses, mit dem die Rechtsmittelwerber wie erwähnt die Eintragung des Pfandrechts für die in DM bezifferte Forderung des Gläubigers anstreben, folgende Schlußfolgerungen:

Zunächst war in sinngemäßer Anwendung des § 90a Abs 2 GOG das Verfahren über den Revisionsrekurs fortzusetzen.

In der Sache selbst ist davon auszugehen, daß eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft sowohl das vorlegende Gericht als auch alle anderen Gerichte, die in derselben Sache zu entscheiden haben, bindet (Wohlfahrt in Grabnitz/Hilf, Kommentar zur Europäischen Union, RN 70 zu Art 177 EGV mwN). Die Entscheidung in der anhängigen Rechtssache ist so zu treffen, daß die vom EuGH vorgegebene Auslegung der fraglichen gemeinschaftsrechtlichen Norm übernommen wird (vgl Thun-Hohenstein/Cede, Europarecht, 207). Für den erkennenden Senat steht daher fest, daß der in Art 73b EGV verankerte Grundsatz des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs verlangt, die grundbücherliche Hypothek auch zur Sicherung einer in der Währung eines anderen Mitgliedstaats der EU zuzulassen.

Daraus ist für den konkreten Fall die Konsequenz zu ziehen, daß das Eintragungsbegehren der Revisionsrekurswerber berechtigt ist. Die der Eintragung einer Hypothek für eine effektive Fremdwährungsschuld entgegenstehende Norm des § 3 Abs 1 der Verordnung über wertbeständige Rechte vom 16. 11. 1940 idF des § 4 SchillingG wurde durch die in Österreich am 1. 1. 1995 in Kraft getretene Regelung des Art 73b EGV zwar nicht beseitigt (vgl EvBl 1998, 135), doch genießt unmittelbar wirkendes Gemeinschaftsrecht, zu dem die genannte Vertragsbestimmung gehört, vorrangige Geltung gegenüber einer den gleichen Gegenstand regelnden innerstaatlichen Norm (JBl 1998, 598; Thun-Hohenstein/Cede aaO, 87 ff; vgl SZ 69/56; SZ 69/102; SZ 69/238). Demnach war die Zulässigkeit der begehrten Pfandrechtseintragung, soweit sie die einzige noch offene Bewilligungsvoraussetzung der Währungsangabe betrifft, nach Art 73b EGV zu beurteilen, der zur Wahrung der Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs die Eintragung von Hypotheken für die in der Währung eines Mitgliedstaats der EU ausgedrückte Forderung gebietet.

Zu bemerken bleibt, daß sich mit 1. 1. 1999 die innerösterreichische Rechtslage hinsichtlich der Eintragung von Hypotheken für Forderungen, die nicht in Schilling ausgedrückt sind, durch das 1. Euro-JuBeG, BGBl 1998 I/125, geändert hat. Die Verordnung vom 16. 11. 1940, dRGBl I S 1521, über wertbeständige Rechte wurde mit Ablauf des 31. 12. 1998 aufgehoben (Art XII § 1 Z 13 leg cit) und in Art I § 5 Abs 3 leg cit das Eintragungsverbot auf Währungen von Staaten beschränkt, die nicht der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum angehören. Seither sind grundbücherliche Eintragungen in Euro (einer nunmehr inländischen Währung neben dem Schilling) und der Währung all jener Staaten zulässig, die einer der genannten Gemeinschaften angehören, zB also auch die Eintragung eines Pfandrechts für eine in DM bezifferte Forderung (Hoyer, Grundbuchseintragungen in Euro möglich, NZ 1999, 65 f). Der gegenständliche Fall war jedoch noch nach der Rechtslage vor der Aufhebung der Verordnung vom 16. 11. 1940 über wertbeständige Rechte, dRGBl I S 1521, zu beurteilen, weil gemäß § 93 GBG zur Wahrung des Rangprinzips auf die Entscheidungsgrundlagen im Zeitpunkt der Überreichung des Grundbuchsgesuches abzustellen war.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden. Einer weiteren Begründung der Eintragungsbewilligung bedarf es nicht (§§ 95 Abs 3, 126 Abs 3 GBG).

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