OGH 6Ob295/98w

OGH6Ob295/98w25.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Iwo R*****, vertreten durch Schatz & Tröthandl, Rechtsanwälte in Mödling, wider die beklagte Partei Ewald K*****, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 950.000,-- S, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 2. September 1998, GZ 13 R 110/98m-26, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. April 1998, GZ 16 Cg 22/97s-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 22.590,-- S (darin 3.765,-- S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger verkaufte im Sommer 1996 dem Beklagten eine Segelyacht, die er zuvor zur Durchführung von Segeltörns auf dem Mittelmeer verwendet hatte. Er begehrt mit seiner am 27. 1. 1997 beim Erstgericht eingelangten Klage den restlichen Kaufpreis von 950.000 S. Es sei ein Kaufpreis von 2,350.000 S vereinbart worden.

Der Beklagte behauptete einen vereinbarten Kaufpreis von 1,4 Mio S, den er bereits zur Gänze gezahlt habe.

In der Tagsatzung vom 22. 1. 1998 erhob der Kläger für den Fall, daß das Gericht einen vereinbarten Kaufpreis von 1, 4 Mio S feststellen sollte, den Einwand der laesio enormis (§ 934 ABGB). Der wahre Wert des Schiffes habe zumindest 3 Mio S betragen. Der Kläger stellte ein auf Herausgabe der Segelyacht gerichtetes Eventualbegehren (S 19 zu ON 18).

Der Beklagte bestritt das ergänzende Vorbringen des Klägers, behauptete dessen Kaufmannseigenschaft nach § 1 Abs 2 Z 5 HGB (S 1 f zu ON 20) und verwies zum Eventualbegehren auf § 351a HGB.

Das Erstgericht wies das Haupt- und das Eventualbegehren ab. Von dem auf den S 5 bis 8 in ON 22 festgestellten Sachverhalt sind nur die Feststellung über die Einigung der Parteien über den Kaufpreis von 1,4 Mio S sowie die Feststellungen über die Verwendung des Schiffes durch den Kläger vor dem Verkauf hervorzuheben. Danach habe der Kläger das Schiff ua auch dafür verwendet, um zahlende Gäste auf dem Mittelmeer zu deren Erholungszwecken zu befördern. Er habe einen Prospekt mit dem Titel "Exklusiv Crewed Yacht" aufgelegt und darin formuliert: "Der Eigner und erfahrene Skipper Iwo und seine Crew freuen sich darauf, die Gäste auf der 14 m langen Grand Soleil 45 mit ihren luxuriösen Kabinen und modernster Sicherheitsausrüstung verwöhnen und zu den Zielen ihrer Wünsche navigieren zu dürfen".

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der Kläger gemäß § 1 Abs 2 Z 5 HGB Kaufmann sei. Die Beförderung von Reisenden zur See sei stets ein Grundhandelsgewerbe. Der Verkauf von Betriebsmitteln sei für den Kläger als Kaufmann ein Handelsgeschäft, sodaß er sich gemäß § 351a HGB nicht auf die Verkürzung über die Hälfte berufen könne.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte zu der im Revisionsverfahren allein strittigen Frage der Kaufmannseigenschaft des Klägers aus, es ergebe sich schon aus dessen Angaben, daß er die Yacht nicht nur vermietet, sondern das Schiff stets selbst geführt habe (S 5 in ON 26). Aufgrund der vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 1995 stehe fest, daß der Kläger keineswegs "einmalig und ausnahmsweise" die Beförderung von Gästen gegen Entgelt durchgeführt habe. Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß die Beförderung von Reisenden zur See ein Grundhandelsgewerbe sei und die Kaufmannseigenschaft begründe. Auch ein sogenannter Segeltörn falle unter die Bestimmung des § 1 Abs 2 Z 5 HGB. Maßgeblich sei, daß sich der Unternehmer verpflichte, vom Einschiffungshafen über See Reisende gegen Entgelt zu befördern, wobei der Einschiffungshafen auch zugleich der Endpunkt der Reise sein könne. Auch die Küstenschiffahrt falle unter die zitierte Gesetzesbestimmung. Damit stehe die Kaufmannseigenschaft des Klägers fest. Er könne sich gemäß § 351a HGB nicht auf § 934 ABGB berufen.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Mit seiner außerordentlichen Revision beantragt der Kläger die Abänderung dahin, daß dem Eventualbegehren stattgegeben werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

In der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt der Beklagte, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zur Rechtsfrage, ob die sogenannte Vercharterung von Seeschiffen (Segelyachten) als Beförderung von Personen zur See im Sinne des § 1 Abs 2 Z 5 HGB zu qualifizieren ist, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Der Kläger steht auf dem Standpunkt, daß die Personenbeförderung zur See die Beförderung von einem bestimmten Ort zu einem bestimmten anderen Ort voraussetze. Bei der Überlassung einer Yacht zur Durchführung eines "Segeltörns" liege das Schwergewicht der Tätigkeit des Unternehmers in der Vermietung der Yacht.

Der Ansicht des Revisionswerbers, seine Unternehmenstätigkeit habe im wesentlichen nur aus der Vermietung des Bootes bestanden, ist der von den Vorinstanzen festgestellte Sachverhalt entgegenzuhalten, daß der Kläger selbst und seine "Crew" für die Beförderung sorgte und das Transportmittel navigierten. Es ist also diese Form der Charter in rechtlicher Hinsicht zu prüfen.

Die vom Kläger angestrebte Begriffsdefinition der Beförderung von Personen zur See im Sinne einer vorbestimmten Reiseroute ist aus dem Gesetzeswortlaut nicht abzuleiten. Auch wenn den zu befördernden Personen die Wahl der Route eingeräumt wird und diese das Recht haben, die Route jederzeit nach ihren Wünschen abzuändern, ändert dies grundsätzlich nichts daran, daß auch in diesem Fall Personen zur See befördert werden. Zu prüfen ist allerdings, ob dieses nach der grammatikalischen Auslegung des § 1 Abs 2 Z 5 HGB gefundene Ergebnis mit der historischen Interpretation im Einklang steht.

Das deutsche HGB (RGBl 1897, 93) wurde in Österreich mit Wirksamkeit vom 1. 3. 1939 eingeführt. Zur Entwicklung des Handelsrechts in Deutschland und in Österreich kann auf die Zusammenstellung bei Straube, HGB2 Rz 23 bis 43 Einf verwiesen werden. Die im deutschen Handelsgesetzbuch (dort im 4. Buch) enthaltenen Bestimmungen über den Seehandel (§§ 474 - 905 idF des deutschen Gesetzes) gelten auch in Österreich (Straube aaO Rz 47 zu § 1). Nach § 1 Abs 2 Z 5 HGB ist die Übernahme der Beförderung von Reisenden zur See ein Grundhandelsgewerbe. Der Unternehmer ist Kaufmann ohne Rücksicht auf die Größe seines Betriebes (Straube aaO; Schmidt in Münchener Kommentar HGB Rz 86 zu § 1), wenn er im Sinne des § 1 Abs 1 HGB ein Handelsgewerbe betreibt und nicht nur eine einmalige, gelegentliche Tätigkeit ausübt. Unter einem handelsrechtlichen Gewerbe versteht man nach herrschender Meinung eine selbständige, planmäßige, dauernde, berufsmäßige, organisierte und auf Gewinnerzielung gerichtete Tätigkeit (Straube aaO Rz 4 ff zu § 1 mwN). Diese Voraussetzungen liegen bei der festgestellten Tätigkeit des Klägers vor. Wer zumindest teilweise ein Grundhandelsgewerbe betreibt, ist auch hinsichtlich seiner sonstigen Erwerbstätigkeit Kaufmann. Die Kaufmannseigenschaft beginnt mit der tatsächlichen Aufnahme des Betriebes und endet mit der endgültigen Einstellung des Betriebes. Liquidationsgeschäfte lassen die Kaufmannseigenschaft unberührt (SZ 43/120).

Das deutsche HGB regelte in seinen §§ 474 ff (4. Buch) den Seehandel. Es wurde wiederholt novelliert. Die deutschen Novellen wurden in Österreich allerdings nicht mitvollzogen. Zu den Rechtsquellen und zur Geschichte des Seerechtes in Deutschland kann auf die einschlägigen Kommentare, etwa die Einleitung bei Prüßmann/Rabe, Seehandelsrecht3 verwiesen werden. Der in Österreich übernommene und hier gültige Gesetzestext der Seehandelsrechtsbestimmungen des HGB (in österreichischen Kommentaren nicht abgedruckt) muß aus älteren deutschen Kommentaren entnommen werden, weil die deutschen Gesetzesänderungen - wie schon ausgeführt - nicht übernommen wurden (beispielsweise auch nicht das am 31. 7. 1986 in Deutschland in Kraft getretene 2. SRÄG). Die für die Personenbeförderungen zur See maßgeblichen Gesetzesbestimmungen des HGB, wie sie zB in der 4. Auflage des Kommentars von Schaps/Abraham dargestellt sind, sind - von hier nicht interessierenden Ausnahmen abgesehen - das anzuwendende österreichische Seehandelsrecht. Schon die Überschrift des Abschnittes (§§ 664 ff HGB) "Frachtgeschäft zur Beförderung von Reisenden" weist auf den historischen Ursprung der Personenschiffahrt hin, die mit den Auswanderungswellen von Europa nach Übersee im vorigen Jahrhundert eingesetzt hat (Prüßmann/Rabe aaO 749). Jahrhundertelang spielte nur der Gütertransport zur See eine Rolle (Herber, Seehandelsrecht (1999) 367). Das HGB verwendete (und verwendet heute noch in seiner in Österreich anzuwendenden Fassung) für den Personentransport die veraltet anmutenden Begriffe wie Überfahrt und Überfahrtsvertrag (§ 664) oder Überfahrtsgeld (§ 666 HGB). Am historischen Ausgangspunkt war die Personenbeförderung zur See sicher eine solche, wie sie der Revisionswerber bei seiner den Wortlaut des § 1 Abs 2 Z 5 HGB einschränkenden Interpretation anstrebt, nämlich eine Beförderung von einem Ausgangspunkt zu einem Zielpunkt (Zielhafen), ganz wie dies dem Frachtgeschäft von Gütern entspricht. Dieser so definierte Beförderungszweck macht den Inhalt des Transportvertrages aus, der seit jeher als Werkvertrag aufgefaßt wurde und wird (Prüßmann/Rabe aaO 756; Schaps/Abraham aaO Rz 10 vor § 664). Der Beförderungsvertrag (Überfahrtsvertrag) hatte aber von Anfang an nicht nur die reine Beförderung der Personen (der Reisenden) von der Einschiffung bis zur Ausschiffung zum Inhalt, mit ihm waren - geradezu selbstverständlich - Nebenleistungen verbunden, wie etwa bei mehrtägigen Schiffsreisen die Verpflegung an Bord, die Mitnahme von Gepäck und die Zurverfügungstellung von Kabinen ua, ohne daß sich dadurch am grundsätzlichen Charakter des Überfahrtsvertrages als Werkvertrag zur Erzielung eines Beförderungserfolges etwas geändert hätte (Schaps/Abraham Rz 10 vor § 664). Die Personenbeförderung auf Schiffen zur See hat sich nicht nur in technischer Hinsicht mannigfaltig weiterentwickelt. Aus den Auswandererschiffen von einst sind ua die Linienschiffe oder die Urlauberschiffe (Kreuzfahrten) von heute geworden, mit denen die Personenbeförderung betrieben wird und gleichzeitig auch mannigfaltige andere Leistungen erbracht werden. Fraglich ist, ob sich dadurch an der Qualifikation des "Frachtgeschäfts zur Beförderung von Reisenden" etwas änderte, weil zum Transportzweck andere, vom historischen Gesetzgeber nicht vorhergesehene und auch nicht vorhersehbare Zwecke (Freizeitgestaltung) hinzutraten.

In Deutschland wird die Auffassung vertreten, daß eine gewerbsmäßige Beförderung auch dann gegeben ist, wenn keine Fahrplanmäßigkeit vorliegt, sodaß auch das Betreiben von Rundflügen, Stadtrundfahrten uä § 1 Abs 2 Z 5 HGB unterliegt (Münchener Kommentar HGB Rz 85 zu § 1 mwN), was auch für Rundreisen zur See vertreten wird (Schaps/Abraham aaO Rz 1 vor § 664). Demgemäß wäre auch eine Kreuzfahrt als Beförderung von Personen zur See zu qualifizieren. Die Definition der Beförderung als Transport von einem Ort zu einem anderen spricht nicht dagegen. Ausgangspunkt und Zielort der Beförderung sind in diesem Fall bloß identisch. Der Revisionswerber führt dagegen ins Treffen, daß es für die Beurteilung einer Personenbeförderung zur See Voraussetzung sei, daß der Transport über das Meer "einzig der Überwindung einer räumlichen Distanz diene" und führt dazu eine Belegstelle in Staub, HGBGroßkomm4 Rz 95 zu § 1 ins Treffen. An der zitierten Stelle wird die Kaufmannseigenschaft des Unternehmers von Pauschal- und Gesellschaftsreisen untersucht und ein natürliches Handelsgewerbe mit der Begründung verneint, daß der Unternehmer eine Gesamtheit von Reiseleistungen (§ 651a BGB) erbringe, selbst keine Beförderung ausführe "und im übrigen die Beförderung als solche im Sinne der bloßen Überwindung einer räumlichen Distanz auch gar nicht Inhalt des Reisevertrages ist". Diese Ansicht ist vor allem dann überprüfenswert, wenn - wie im vorliegenden Fall - der allenfalls als Reiseveranstalter zu qualifizierende Kläger die Beförderungsleistung selbst erbrachte. Zu lösen ist die in der Revision angeschnittene Frage, ob die über die erbrachte Beförderungsleistung hinausgehenden weiteren Dienstleistungen, die insgesamt einen Reiseveranstaltungsvertrag nach § 31b KSchG (oder einen Reisevertrag nach § 651a BGB) begründen könnten, den Beförderungszweck an Bedeutung aber überwiegen, dazu führen, daß der Unternehmer nicht mehr als Personenbeförderer qualifiziert werden dürfte:

Die zitierte Bestimmung des KSchG dient dem Verbraucherschutz (sie geht auf die Pauschalreiserichtlinie 90/314/EWG zurück). Mit dem Reiseveranstaltungsvertrag verpflichtet sich der im Gesetz definierte Veranstalter zur Erbringung von Reiseleistungen. Diese Dienstleistungen bestehen a) in der Beförderung, b) in der Unterbringung und c) in anderen touristischen Dienstleistungen, die nicht bloß Nebenleistungen der Beförderung sind und die einen beträchtlichen Teil der Gesamtleistung ausmachen. Ein Reiseveranstaltungsvertrag liegt nur dann vor, wenn die im voraus festgelegte Kombination von mindestens zwei der genannten Dienstleistungen zu einem Gesamtpreis angeboten und vom Reisenden akzeptiert werden. Dieser im Gesetz geregelte Vertrag sui generis ähnelt wegen seiner Rechtsbehelfe auch einem Werkvertrag (das Werk ist die organisierte Reise), wie dies schon zur alten Rechtslage in Österreich vertreten wurde (SZ 58/174) und auch in Deutschland zur vergleichbaren Rechtslage nach § 651a BGB vertreten wird (Tonner in Münchener Kommentar BGB3 Rz 116 vor § 651a). In der deutschen Lehre und Rechtsprechung wurde schon die Ansicht vertreten, daß auf eine Bootscharter das Reiserecht analog anwendbar sei, wenn die Charter veranstaltermäßig angeboten werde (Tonner aaO Rz 120). Der BGH vertrat im Fall der Charter einer Hochseeyacht die Auffassung, daß im Einzelfall festgestellt werden müsse, ob die Veranstaltung einer Reise im Sinne des Reisevertragsrechts vereinbart oder ob lediglich ein Mietvertrag abgeschlossen worden ist, der dem Charterer erst die Möglichkeit eröffnet, seine von ihm selber organisierte Reise zu unternehmen (NJW 1995, 2629 = BGHZ 130, 128). Der BGH hatte einen Vertrag zu beurteilen, bei dem ein bestimmter Boottyp gegen festgesetztes Entgelt für eine vorhergesehene Zeitspanne bei Übernahme und Rückgabe am festgesetzten Ort dem Charterer zu überlassen war. Für die hier zu lösende Frage der Kaufmannseigenschaft des Vercharterers läßt sich aus der Entscheidung des BGH nur dessen Meinung ableiten, daß es Charterverträge mit reinem Mietcharakter gibt, was von einem Teil der deutschen Lehre durchaus bezweifelt wird. Der im Wirtschaftsleben vor allem im Gütertransport häufig vorkommende, im Wege der Vertragsautonomie geschaffene Vertragstyp der Charter zeigt vielfältige Formen, die in der rechtlichen Beurteilung bei der dogmatischen Einordnung in die gängigen Vertragstypen Schwierigkeiten bereitet. In Puttfarken, Seehandelsrecht wird die Auffassung vertreten, daß Vertragsgegenstand des Beförderungsvertrages immer die Ladung, bei der Charter aber das Schiff sei (Puttfarken aaO Rz 331). Der Autor unterscheidet drei Grundformen, von denen die Reisecharter, bei dem ein Schiff mit der Ausrüstung und Besatzung für eine Reise zur Verfügung gestellt wird (was mit der Aufnahme eines Taxis verglichen wird) und die Bareboat-Charter hervorzuheben sind, bei der der Charterer nur das Boot erhält und die Besatzung selber stellt. Zur Charter von Segelyachten und anderen Sportbooten nimmt der zitierte Autor nur dahin Stellung, daß diese Charter zum Freizeitrecht gehöre und einer "seerechtlichen Aufarbeitung" bedürfe (aaO Rz 336). An anderer Stelle weist Puttfarken auf die in Deutschland strittigen Abgrenzungsfragen hin, ob die Charter Beförderungsvertrag, also Werkvertrag, oder aber Miete sei (aaO Rz 398). Die Charter sei ein eigener Vertragstyp mit verschiedenen Elementen und Mischformen. Eine begriffliche Abschottung sei nicht nötig und "wirklichkeitsfremd" (Puttfarken aaO Rz 399). Auch in der österreichischen Lehre wird auf die vielfältigen Erscheinungsformen der Charterverträge verwiesen. Csoklich verweist (in seiner Einführung in das Transportrecht 24 f mwN) auf zwei Grundtypen, den Trockencharter, bei dem der Vercharterer dem Charterer das Transportmittel ohne Besatzung zum Gebrauch überläßt (ein solcher Vertrag sei eine reine Gebrauchsüberlassung und damit Miete) und dem Naßcharter, bei dem das Transportmittel samt Besatzung dem Charterer entweder für eine bestimmte Reise oder für eine bestimmte Zeit überlassen werde (diese Verträge seien als Frachtverträge zu qualifizieren, sofern der Vercharterer die Herrschaft über die Besatzung behalte und die Beförderungspflicht übernehme.

Aus den zitierten Lehrmeinungen läßt sich für die nach § 1 HGB zu lösende Frage nach Ansicht des erkennenden Senates nur ableiten, daß schon wegen der dogmatischen Einordnungsschwierigkeiten der in der wirtschaftlichen Praxis im Wege der Privatautonomie entwickelten Vertragstypen kein ausreichend fundiertes Argument dafür zu gewinnen ist, daß die Vercharterung auch dann nicht als natürliches Handelsgewerbe zu qualifizieren wäre, wenn der Vercharterer die Beförderung selbst (und mit seiner ihm unterstellten Mannschaft) durchführt, also die Navigation übernimmt und die Stelle des gegenüber dem Reisenden weisungsbefugten Kapitäns ausübt (§ 665 HGB). Auch die allfälligen zusätzlichen Leistungen des Unternehmers, die ihn zu einem Reiseveranstalter machen, sowie der Freizeitcharakter des Rechtsgeschäfts stehen der Bejahung eines natürlichen Handelsgewerbes nicht entgegen. Auf die Motive des Reisenden zur Durchführung der Reise und ihre Gestaltung kann es nicht ankommen. Es kann auch nicht ernsthaft in Frage gestellt werden, daß eine Stadtrundfahrt per Bus oder Taxi eine Personenbeförderung zu Lande darstellt. Warum eine vergleichbare Rundreise per Schiff anders beurteilt werden sollte, ist nicht ersichtlich. Die Vielzahl angebotener Reisedienste ändert nichts daran, daß eben auch die Beförderung Teil des Gesamtvertrages (Reisevertrag oder Chartervertrag) ist, wodurch die (natürliche) Kaufmannseigenschaft herbeigeführt wird. Schon aus den gesetzlichen Begriffsbestimmungen des § 31b KSchG geht klar hervor, daß die Beförderung des Reisenden eine wesentliche (im Gesetz an erster Stelle genannte) Leistung des Reiseveranstalters ist. Dies kann auch bei der Charter einer Segelyacht zur Veranstaltung eines Segeltörns auf dem Meer nicht geleugnet werden. Dagegen spricht auch nicht der vom Revisionswerber in den Vordergrund gerückte Erholungszweck der Reisenden. Es kommt nicht entscheidend auf die Beförderung zur Überwindung der räumlichen Distanz an - dies mag ein Unterscheidungskriterium zwischen dem reinen Transportvertrag und dem Reisevertrag nach deutschem Recht im Sinne der schon zitierten Lehrmeinung sein - sondern nur auf den vom Beförderer geschuldeten und durchgeführten Transport zur See. Jede andere sich vom Wortlaut des § 1 Abs 2 Z 5 HGB entfernende Auslegung führte zu uferlosen Abgrenzungsschwierigkeiten, weil nicht geklärt werden kann, ab wann eine "ziellose" Fahrt mit einer Segelyacht, bei der immer wieder verschiedene Ziele zu Urlaubszwecken angesteuert werden, als Transport zur Überwindung bestimmter Ziele qualifiziert werden kann oder nicht. Die neben der Beförderung der Gäste vom Unternehmer weiters angebotenen Leistungen führen nicht zum Wegfall der schon durch die Beförderung bewirkten Kaufmannseigenschaft. Dazu kann auf die Judikatur zum einigermaßen vergleichbaren gemischten Betrieb eines Unternehmers verwiesen werden. Der Oberste Gerichtshof vertritt die Auffassung, daß beispielsweise Bauunternehmer, die grundsätzlich kein Grundhandelsgewerbe betreiben, jedenfalls dann Kaufmannseigenschaft haben, wenn sie auch den Baustoffhandel betreiben. Bei einem solcherart gemischten Betrieb macht der kaufmännische Teil den Bauunternehmer insgesamt zum Kaufmann. Dabei muß der Baumaterialienhandel jedenfalls nicht umfänglich bedeutender als das Baugewerbe sein. Es genügt, wenn der Baumaterialienhandel für sich allein betrachtet die Kaufmannseigenschaft begründen würde (8 Ob 640/93 = HS 24002). Ähnliches wird bei der Beurteilung der Kaufmannseigenschaft von Gastwirten vertreten. Reine Herbergswirte sind nicht Kaufleute nach § 1 Abs 2 Z 1 HGB, sie sind es aber dann, wenn sie daneben auch Verpflegung gewähren (SZ 50/112). Wer teilweise ein Grundhandelsgewerbe betreibt, ist daher auch bei seiner sonstigen Erwerbstätigkeit ein Kaufmann. Selbst wenn man mit der Lehre bei gemischten Tätigkeiten das Erfordernis verlangte, daß der auf § 1 Abs 2 HGB entfallende Teil quantitativ zumindest nennenswert sein müsse (Straube aaO Rz 30 zu § 1), so ist dieses Erfordernis hier nach den dargelegten Erwägungen jedenfalls dann gegeben, wenn der Reiseveranstalter die für ihn charakteristische primäre Beförderungsleistung selbst erbringt (damit also sein eigener Leistungsträger wird: SZ 55/71; Zechner, Reisevertragsrecht Rz 62 ff). Bei gegenteiliger Auffassung könnte die Judikatur zur Kaufmannseigenschaft von Bauunternehmern, die auch den Baumaterialienhandel betreiben, sowie von Gastwirten, die auch Frühstück anbieten, nicht aufrecht erhalten werden. Gründe für eine solche Änderung der ständigen Rechtsprechung werden in der Revision nicht aufgezeigt.

Die Vorinstanzen haben zu Recht die Kaufmannseigenschaft des Klägers nach § 1 Abs 2 Z 5 HGB bejaht. Seine Revision ist daher nicht berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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