OGH 2Ob60/99h

OGH2Ob60/99h11.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Margaretha S*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Sluka, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Anny L*****, vertreten durch Dr. Gerhard Folk und Dr. Gert Folk, Rechtsanwälte in Kapfenberg, wegen S 726.804,10 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 4. November 1998, GZ 4 R 212/98y-14, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom 2. Juli 1998, GZ 5 Cg 36/98b-10, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

21.996 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 3.666, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 17. 1. 1996 verstarb Ing. Otto Ludwig F*****. Mit Testament vom 8. 9. 1995 setzte er die Beklagte als Universalerbin ein. Seine Witwe beschränkte er auf die Pflichtteilsansprüche. Aufgrund der gesetzlichen Erbfolge stehen der Witwe zwei Drittel des Nachlasses und einem Neffen ein Drittel zu. Das reine Nachlaßvermögen beträgt S 6,286.397,90, der der Witwe des Erblassers zustehende Pflichtteil beläuft sich somit auf S 2,095.465,97. Der Erblasser hinterließ ua eine Eigentumswohnung, die der Witwe als Ehewohnung diente und ihr als gesetzliches Vorausvermächtnis zugekommen ist. Ausgehend von einer fiktiven Lebenserwartung von acht Jahren für die Witwe und einer fiktiven monatlichen Miete von S 15.000 netto wurde der Wert dieses Wohnrechtes mit einem Betrag von S 1,211.000 kapitalisiert. Von der Witwe wurden die Begräbniskosten in der Höhe von S 18.484,90 bezahlt. Im Verlassenschaftsverfahren konnte keine Einigung über den Pflichtteil erzielt werden, weshalb die Witwe mit ihrer Pflichtteilsforderung auf den Rechtsweg verwiesen wurde. Am 2. 3. 1998 verstarb die Witwe, die bis dahin in der Wohnung des Erblassers gelebt hatte. Mit Beschluß vom 16. 10. 1998 wurde ihr Nachlaß der Klägerin eingeantwortet. Am 2. 4. 1998 bezahlte die Beklagte an den Vertreter der Klägerin S 1,012.145,80, worin ua die ursprüngliche Klagsforderung von S 902.949,90 samt 4 % Zinsen bis 4. 7. 1998 enthalten war.

Mit der vorliegenden Klage begehrte die Witwe nach Ing. Otto Ludwig F***** von der Verlassenschaft nach diesem zunächst die Zahlung von S 902.949,90 samt Zinsen. Sie brachte vor, es stehe ihr vom reinen Nachlaßvermögen in der Höhe von S 6,286.397,90 ein Pflichtteil von S 2,095.456 (richtig: S 2,095.465,97) zu, wovon ihr Wohnrecht an der Ehewohnung als gesetzliches Vorausvermächtnis mit dem kapitalisierten Wert von S 1,211.000 abzuziehen sei, weshalb ihr Pflichtteilsanspruch S 884.465 betrage. Sie habe die Begräbniskosten von S 18.484,90 bezahlt, deren Rückerstattung aus der Verlassenschaft vereinbart worden sei. In der Folge wurde die Bezeichnung der klagenden Partei infolge Ablebens der Witwe nach Ing. Otto Ludwig F***** in deren Verlassenschaft richtiggestellt und das Klagebegehren um S 836.000 auf S 1,738,949,90 mit der Begründung ausgedehnt, daß vom Pflichtteilsanspruch in der Höhe von S 2,095.456 (richtig: S 2,095.465,97) nicht mehr der unter Zugrundelegung einer Lebenserwartung der Witwe des Erblassers von acht Jahren kapitalisierte Wert, sondern nunmehr der Wert des Wohnrechtes bis zu ihrem Ableben am 2. 3. 1998 in der Höhe von S 375.000 abzuziehen sei.

Die beklagte Verlassenschaft wendete ein, an der Bewertung des Wohnrechtes der Witwe ändere sich infolge ihres Ablebens nichts, weil die Einräumung dieses Rechtes tatsächlich erfolgt und die verfügte Zuwendung der Noterbin zugekommen sei.

Infolge Zahlung von S 1,012.445,80 wurde das Klagebegehren auf S 726.804,10 sA eingeschränkt und schließlich die Parteibezeichnung der beklagten Partei nach Einantwortung an die Beklagte richtiggestellt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, wobei es im wesentlichen folgende Rechtsauffassung vertrat:

Gemäß § 787 ABGB sei alles, was die Noterben vom Erblasser aus der Verlassenschaft erhielten, von ihren Pflichtteilen in Abzug zu bringen, also auch das Vorausvermächtnis im Sinne des § 758 ABGB. Dies bedeute, daß das der Klägerin eingeräumte Wohnrecht zu kapitalisieren und dieser Betrag, der unter Berücksichtigung einer fiktiven Lebenserwartung und einer fiktiven Miete zu berechnen sei, vom Pflichtteilsanspruch in Abzug zu bringen sei. Bei der Schätzung des Nachlaßvermögens sei auf den Todestag des Erblassers abzustellen, ebenso habe die Bewertung des Wohnrechtes mit Rücksicht auf das Alter des Legatars am Todestag des Erblassers nach einer Wahrscheinlichkeitsberechnung zu erfolgen. Dies gelte auch dann, wenn der Legatar noch vor Legung des Pflichtteilsausweises verstorben sei. Der Umstand, daß die erblasserische Witwe am 2. 3. 1998 verstorben sei, ändere somit nichts an der Höhe ihres Pflichtteilsanspruches bzw an der Anrechnung des kapitalisierten Wohnrechtes, weil nicht die tatsächliche Zuteilung der maßgebliche Zeitpunkt für die Berechnung des Pflichtteiles sei.

Das dagegen von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß die Beklagte zur Zahlung eines Betrages von S 726.804,10 sA verurteilt wurde. Es sprach aus, die ordentliche Revision sei zulässig. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht folgendes aus:

"Gemäß § 758 ABGB gebühren dem überlebenden Ehegatten, sofern er nicht rechtmäßig enterbt worden ist, als gesetzliches Vorausvermächtnis (Voraus) ua das Recht, in der Wohnung weiter zu wohnen. Dieses Recht ist ein gesetzliches Vorausvermächtnis mit Pflichtteilscharakter und unterliegt grundsätzlich den Regeln des Vermächtnisrechtes (SZ 70/47).

Nach § 774 ABGB kann der Pflichtteil in Gestalt eines Erbteiles oder Vermächtnisses, auch ohne ausdrückliche Benennung des Pflichtteils hinterlassen werden; er muß aber dem Noterben ganz frei bleiben. Gemäß § 786 ABGB wird der Pflichtteil ohne Rücksicht auf Vermächtnisse und andere aus dem letzten Willen entspringende Lasten berechnet. Bis zur wirklichen Zuteilung ist die Verlassenschaft, in Ansehung des Gewinnes und der Nachteile, als ein zwischen den Haupt- und Noterben verhältnismäßig gemeinschaftliches Gut zu betrachten. § 787 Abs 1 ABGB bestimmt, daß alles, was die Noterben durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers wirklich aus der Verlassenschaft erhalten, bei der Bestimmung ihres Pflichtteiles in Rechnung gebracht wird. § 789 ABGB sieht ausdrücklich vor, daß in den Pflichtteil des Ehegatten alles einzurechnen ist, was dieser als gesetzliches Vorausvermächtnis gemäß § 758 ABGB erhält.

Es entspricht der Lehre und Rechtsprechung, daß der Pflichtteil nach dem Wert des Verlassenschaftsvermögens am Todestag des Erblassers zu berechnen ist (Eccher in Schwimann**2 ABGB Rz 3 zu § 784; Welser in Rummel**2, ABGB Rz 2 zu § 784; RIS-Justiz RS0012933 und RS0012902; SZ 49/92; NZ 1990, 153). Der Noterbe nimmt aber im Sinne des § 786 Satz 2 ABGB darüber hinaus bis zum Tag der wirklichen Zuteilung des Pflichtteils an Wertveränderungen des Nachlasses (Gewinn oder Verlust) teil (Welser, aaO Rz 4 zu § 786; Eccher, aaO Rz 2 und 3 zu § 786; RIS-Justiz RS0012933 und RS0012902; SZ 49/92; SZ 57/90; NZ 1990, 153). Unter wirklicher Zuteilung ist jener Zeitpunkt zu verstehen, in dem der Anspruch ziffernmäßig festgestellt wird. Dies kann durch Vereinbarung oder - wie hier - durch gerichtliche Entscheidung geschehen (Eccher aaO Rz 4 zu § 786; Welser, aaO Rz 11 zu § 786; NZ 1994, 234 ua), wobei im letzteren Fall auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung in erster Instanz abzustellen ist (Eccher, aaO Rz 4 zu § 786; Welser, aaO Rz 11 zu § 786; RIS-Justiz RS0012902; SZ 49/92; NZ 1990, 153 ua).

Die Bewertung des Vermächtnisses eines Fruchtgenusses (Wohnrechtes) zum Zwecke der Pflichtteilsanrechnung erfolgt nach Rechtsprechung und Lehre nicht nach § 58 JN. Sie hängt vielmehr von der Lebensdauer des Berechtigten ab. Diese kann nur nach versicherungsmathematischen Grundsätzen durch Sachverständige ermittelt werden (RIS-Justiz RS0011827; Eccher, aaO Rz 3 zu § 787; Zankl, Das gesetzliche Vorausvermächtnis der Ehegatten, 130 f mwN). Der auf diese Weise kapitalisierte Wert des zum gesetzlichen Vorausvermächtnis gehörigen Wohnrechtes ist vom Pflichtteil des überlebenden Ehegatten abzuziehen. Insoweit findet dadurch eine teilweise oder gänzliche Pflichtteilsdeckung statt (SZ 70/47 mwN; Eccher, aaO Rz 2 zu § 758).

Die ältere Judikatur hat hiezu die Auffassung vertreten, daß mit dem Todestag des Erblassers die Lebenserwartung des Legatars festzustellen und danach der Wert der wiederkehrenden Leistungen zu ermitteln sei (GlU 11.295; GlUNF 7.364); auf den Zeitpunkt der wirklichen Zuteilung komme es nicht an (SZ 37/32), dies auch dann nicht, wenn der Legatar vor Vorlegung eines Pflichtteilsausweises gestorben sei (GlU 11.295). Diese Judikatur hat Welser (Hinterlassung des Pflichtteils als Vermächtnis und Abrechnungsgemeinschaft nach § 786 Satz 2 ABGB, NZ 1994, 269 ff, insb 271 ff) mit Recht kritisiert. Ist im Zeitpunkt der wirklichen Zuteilung, also der ziffernmäßigen Feststellung des Pflichteilsanspruches, die Höhe der dem Legatar aus dem Titel des Vermächtnisses zugekommenen Leistungen bereits bekannt, so bedarf es einer nach versicherungsmathematischen Grundsätzen vorzunehmenden Schätzung des Rechtes nicht mehr. Es kann nicht Absicht des Gesetzes sein, daß Schätzungen zugrunde gelegt werden, deren Unrichtigkeit im Abrechnungszeitpunkt bereits erwiesen ist, weil die inzwischen eingetretene Entwicklung bekannt ist. Dies gilt zB für den - auch hier vorliegenden - Fall, daß der begünstigte Legatar bei der Berechnung des Pflichtteils bereits verstorben ist (Welser, NZ 1994, 271). Die Berücksichtigung der im Abrechnungszeitpunkt bereits wirklich zugekommenen Leistungen steht auch nicht mit dem Grundsatz im Widerspruch, daß der Wert des Legates für den Zeitpunkt des Todes des Erblassers zu bestimmen ist. Die 'Sumierung' der einzelnen bisher tatsächlich zugekommenen Leistungen im Abrechnungszeitpunkt ist nicht als 'Bewertung' in diesem Zeitpunkt zu sehen. Es wird nicht eine Sache zu zwei verschiedenen Zeitpunkten verschieden bewertet, sondern bloß der Berechnung die später bekannt gewordene Gesamtsumme zugrundegelegt. Es geht also nicht um eine Verlegung des Bewertungszeitraumes, sondern bloß darum, daß die Ermittlung des Wertes (für den ursprünglichen Zeitpunkt) nur zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist. Wenn die wirklichen Werte im Zeitpunkt der wirklichen Zuteilung zur Verfügung stehen, darf nicht fiktiv abgerechnet werden (Welser, NZ 1994, 272).

Auch der Oberste Gerichtshof hat in jüngster Zeit unter ausdrücklicher Ablehnung der älteren Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß es im Hinblick auf § 786 Satz 2 ABGB aus Erwägungen der Gleichbehandlung von Erben und Noterben angebracht erscheine, daß Wertänderungen des Legats bis zum Schluß der Verhandlung erster Instanz von dem jeweils dadurch Begünstigten geltend gemacht werden können, was jedoch nichts daran ändere, daß grundsätzlich für die Berechnung des Pflichtteilsanspruches selbst der Todestag des Erblassers maßgeblich sei (3 Ob 47/97a = ecolex 1998, 209 = NZ 1998, 57).

Lediglich eine nachträgliche Änderung der Bewertung infolge Todes des Legatars nach diesem Zeitpunkt der wirklichen Zuteilung wäre nicht mehr möglich. Der Eintritt eines solchen Ereignisses nach diesem Zeitpunkt könnte an der Höhe des kapitalisierten Rechtes nichts mehr ändern, sodaß insoweit mit der Feststellung des Schätzwertes jedenfalls eine endgültige und gleich risikobehaftete Rechtslage herbeigeführt wird (Zankl, aaO 133; vgl auch Welser, NZ 1994, 271).

Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, daß für die Pflichtteilsdeckung nicht der im Sinne versicherungsmathematischer Grundsätze ermittelte fiktive Wert des Vorausvermächtnisses des Wohnrechtes von S 1,211.000, sondern vielmehr nur jener Wert maßgebend ist, welcher der tatsächlichen Inanspruchnahme des Wohnrechtes durch die verstorbene Klägerin im Zeitpunkt der wirklichen Zuteilung entspricht. Dieser Wert beträgt im Sinne der Feststellungen lediglich S 375.000. Nach Abzug dieses Betrages vom Pflichtteilsanspruch der Klägerin in der Höhe von S 2,095.465,97 zuzüglich der unstrittigen Begräbniskosten von S 18.484,90 verbleibt unter Berücksichtigung der geleisteten Teilzahlung von S 1,012.145,80 ein restlicher Anspruch der Klägerin in der Höhe von S 726.804,10.

Der auf § 531 ABGB gestützte Einwand der Beklagten ist unberechtigt. Der Pflichteilsanspruch ist als vermögenswertes Recht vererblich (Eccher, aaO Rz 9 zu § 531 mwN) und daher - in dem zum Todestag des verstorbenen Noterben maßgeblichen Umfang - Teil der Verlassenschaft. Es ist wohl richtig, daß sich die Noterbin zu Lebzeiten die Einrechnung des Vorausvermächtnisses in Höhe des nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelten fiktiven Wertes gefallen lassen hätte müssen. Mit dem Eintritt ihres Todes, zu welchem Zeitpunkt alle ihre Vermögenswerte Rechte des Nachlasses darstellten, war jedoch eine konkrete Berechnung bereits möglich, weshalb sie auch den lediglich um den konkreten Wert des ihr bis zum Ableben zugekommenen Legates zur vermindernden Pflichtteilsanspruch vererben konnte."

Die ordentliche Revision erachtete das Berufungsgericht für zulässig, weil zur Frage, ob der vor wirklicher Zuteilung eingetretene Tod des Legatars für die Wertermittlung des Vermächtnisses bei der Pflichtteilsberechnung in dem Sinne zu berücksichtigen sei, daß der Pflichtteilsdeckung nicht mehr der fiktive, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ermittelte, sondern der tatsächliche Wert des bis zum Ableben zugekommenen Legats heranzuziehen sei, mit Ausnahme der Entscheidung GlU 11.295 eine ausdrückliche Judikatur des Obersten Gerichtshofes fehle.

Dagegen richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Berufung keine Folge gegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt und in eventu weiters beantragt, die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils abzuändern.

Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, dem Rechtsmittel der beklagten Partei nicht Folge zu geben.

Die Beklagte macht in ihrem Rechtsmittel geltend, durch die vom Berufungsgericht, auf Welser in NZ 1994, 269 ff gestützte Ansicht werde nicht eine angebliche Ungerechtigkeit behoben, sondern ein neuer Abrechnungszeitpunkt eingeführt. Dies bringe mit sich, daß Erben und Noterben je nach Dauer des Verlassenschaftsverfahrens unterschiedlich und zwar abhängig von Umständen, welche nach dem Erbfall eingetreten sind, behandelt würden. Letztlich würde dies sogar dazu führen, daß im weiteren Erbgang der Noterbe etwas vererben könne, was er selbst nie hätte beanspruchen können und worauf seitens seiner Erben niemals ein Anspruch bestanden hätte. Unstrittig hätte nämlich die erblasserische Witwe selbst keinen Anspruch auf die nunmehr gegenständliche Klagsforderung gehabt. Voraussetzung, daß diese geltend gemacht werden könne, sei ihr Ableben. Es könne nicht sein, daß die Verlassenschaft als Rechtsnachfolger etwas geltend machen könne, was dem Erblasser nicht zugestanden sei. Dieses Ergebnis lasse sich nur vermeiden, wenn in der Berechnung tatsächlich auf den Todestag abgestellt werde. Insbesondere sei zu berücksichtigen, daß der Klägerin der Vorausempfang unmittelbar mit dem Tod des Erblassers zugekommen sei, weshalb dieses Recht auch mit dem Zeitpunkt des Zukommens zu beurteilen sei, was nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu erfolgen habe.

Zu berücksichtigen sei auch, daß die Klägerin selbst mit ihrer Klage Abrechnung und Bewertung vorgenommen habe, wobei sie insbesondere die Fälligkeit auf den 24. 2. 1996 bezogen habe. Sie habe auch ab 25. 2. 1996 Zinsen geltend gemacht und bezahlt erhalten.

Schließlich spreche gegen die von der klagenden Partei vertretene Ansicht, wonach der Noterbe als fiktiver Gemeinschafter nach § 786 Satz 2 ABGB aufgrund der eingetretenen Änderung einen Anspruch auf den Klagsbetrag habe, auch, daß diese Beteiligung nur den Anspruch auf Zinsen aus der fälligen Pflichtteilsforderung ersetzen solle.

Letztlich sei auch die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes unrichtig.

Rechtliche Beurteilung

Hiezu wurde erwogen:

Gemäß § 510 Abs 3 ZPO kann auf die ausführliche und zutreffende Begründung des Berufungsgerichtes verwiesen werden.

Wie dieses schon dargelegt hat, wird durch die von ihm gewählte Berechnungsmethode kein neuer Abrechnungszeitpunkt einbezogen, sondern wird der Ermittlung des Wertes des Vorausvermächtnisses die später bekannt gewordene Geldsumme zugrundegelegt. Richtig ist, daß im Falle des Todes des Pflichtteilsberechtigten der Zeitpunkt der wirklichen Zuteilung dafür entscheidend ist, ob die bisher gezahlten Beträge einzubeziehen sind, oder ob man sich mit einer Schätzung der Lebenserwartung begnügen muß. Da das Gesetz keine zweite Abrechnung kennt, bleibt keine andere Möglichkeit, als im Falle des Todes nach der wirklichen Zuteilung die Lebenserwartung nach versicherungsmethematischen Gesichtspunkten zu schätzen; daß diese Schätzung sich als unrichtig herausgestellen kann, liegt in der Natur einer solchen. Dies spricht aber nicht dafür, zu einem Zeitpunkt, wo die Unrichtigkeit der Schätzung bereits bekannt ist, diese der Entscheidung zugrundezulegen. Daß eine Berücksichtigung der wirklichen Verhältnisse zu einem späteren Zeitpunkt nicht möglich ist, spricht nicht dagegen, diese so lange als möglich zu berücksichtigen. Die in der Revision vertretene Ansicht, im weiteren Erbgang könne der Noterbe etwas vererben, was er selbst nie beanspruchen hätte können, ist nicht richtig. Der Pflichtteilsanspruch der Witwe des Erblassers betrug S 2,095.465,97, diesen konnte sie auch vererben und hat dies auch getan. Durch ihren Tod hat sich nur der Wert des anzurechnenden Vermächtnisses verändert. Auch die Frage der Fälligkeit eines Anspruches hat mit seiner Berechnung nichts zu tun.

Die Ansicht, daß die Noterbin als fiktive Gemeinschafterin nach § 786 Satz 2 ABGB Anspruch auf den Klagsbetrag wegen eingetretener Änderung hätte, wurde nicht vertreten. Der Zuspruch an die Klägerin erfolgte nicht wegen einer Wertsteigerung des Nachlasses im Sinne des § 786 Satz 2 ABGB, sondern durch Ermittlung des Pflichtteils unter Abzug des tatsächlich angefallenen Nutzens.

Auf die Ausführungen in der Revision zur Kostenentscheidung ist nicht einzugehen, weil nach ständiger Rechtsprechung die Kostenentscheidung des Berufungsgerichtes nicht anfechtbar ist (s Kodek in Rechberger, Rz 5 zu § 528 mwN).

Es war daher der Revision der Beklagten keine Folge zu geben.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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