OGH 2Ob323/98h

OGH2Ob323/98h17.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Karl H*****, vertreten durch Dr. Othmar Slunsky, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1. Kurt D*****, und 2. Daniela D*****, beide *****, vertreten durch Dr. Peter Windhopp, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 12.690,96 sA, infolge Rekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 29. September 1998, GZ 37 R 749/98s-23, womit die Berufung der beklagten Parteien gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 11. August 1998, GZ 23 C 1849/97b-19, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagten Parteien haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung von S 12.690,96 sA mit der Begründung, der Erstbeklagte habe als Lenker des von der Zweitbeklagten gehaltenen PKW einen Unfall verschuldet, wodurch ihm (dem Kläger) Reparaturkosten in der Höhe von S 38.072,88 entstanden seien. Aus prozessualer Vorsicht werde derzeit ein Drittel dieses Betrages geltend gemacht.

Die Beklagten wendeten ein, das Alleinverschulden an dem Unfall treffe den Kläger.

Das Erstgericht verurteilte die Beklagten zur Zahlung von S 9.518,22, wobei es von einer Verschuldensteilung von 1 : 3 zu ihren Gunsten ausging. Dem Kläger stehe demnach ein Anspruch auf Ersatz von einem Viertel der Reparaturkosten von insgesamt S 38.072,88, sohin von S 9.518,22 zu.

Gegen den den Betrag von S 3.172,74 sA übersteigenden klagsstattgebenden Teil des Urteiles des Erstgerichtes erhoben die Beklagten Berufung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie machten geltend, das Erstgericht habe übersehen, daß der Kläger nur einen Teil des Schadens eingeklagt habe, ohne aber sein eigenes Mitverschulden zuzugestehen. Die Mitverschuldensquote sei daher vom eingeklagten Schadensbetrag und nicht vom gesamten Schadensbetrag zu berechnen. Dem Kläger hätte daher nur ein Viertel des Klagsbetrages, das seien S 3.172,74, zugesprochen werden dürfen.

Das Berufungsgericht wies dieses Rechtsmittel mit der Begründung zurück, die Beklagten machten mit ihren Ausführungen eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend, die keinen Nichtigkeitsgrund im Sinne der ZPO darstelle. Nach § 501 Abs 1 ZPO idF vor dem Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1997 sei die Berufung bei einem 15.000 S nicht überschreitenden Streitgegenstand auf die Geltendmachung von Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung beschränkt. Die "einfache" Mangelhaftigkeit des Verfahrens könne nicht releviert werden.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung aufzuheben und entweder gleich in der Sache zu entscheiden oder aber dem Berufungsgericht aufzutragen, über die Berufung eine Sachentscheidung zu treffen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der Beklagten ist gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO unabhängig von der Höhe des Entscheidungsgegenstandes (SZ 65/157 mwN) und vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Die Beklagten machen in ihrem Rechtsmittel geltend, das Ersturteil nicht wegen Mangelhaftigkeit oder Nichtigkeit angefochten zu haben, es sei ausschließlich unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht worden. Die im Rechtsmittel (überflüssigerweise) zitierte Bestimmung des § 405 ZPO sei der Entscheidung ZVR 1983/133 entnommen worden. Überdies vertrete die neuere Lehre und Rechtsprechung auch den Standpunkt, ein Verstoß gegen § 405 ZPO stelle einen im Gesetz nicht genannten Nichtigkeitsgrund dar.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden:

Gemäß § 501 ZPO in der hier noch anzuwendenden (Art XXXII Z 8 WGN 1997) Fassung vor der WGN 1997 BGBl I 140 kann ein Urteil des Erstgerichtes über einen Streitgegenstand, der an Geld oder Geldeswert 15.000 S nicht übersteigt, nur wegen Nichtigkeit und wegen einer ihm zugrundeliegenden unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache angefochten werden. Es kommt dabei nicht darauf an, wie die geltend gemachten Berufungsgründe bezeichnet werden (vgl § 84 Abs 2 ZPO), sondern darauf, welchem Berufungsgrund die Ausführungen im Rechtsmittel zuzuzählen sind.

Es entspricht aber der ständigen Rechtsprechung, daß der von den Beklagten in der Berufung geltend gemachte Fehler des Ersturteils einen Verstoß gegen § 405 ZPO bedeutet (ZVR 1983/30; ZVR 1983/42; ZVR 1983/183; ZVR 1985/24; JUS Z 2024 ua). Hiezu ist es aber wieder herrschende Rechtsprechung, daß Verstöße gegen § 405 ZPO keine Nichtigkeit bewirken (RIS-Justiz RS0041240), sondern einen wesentlichen Verfahrensmangel bilden (9 ObA 229/97k; RIS-Justiz RS0040906).

Das Berufungsgericht ist daher zutreffend davon ausgegangen, daß die Beklagten in ihrem Rechtsmittel eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz, nicht aber eine Nichtigkeit oder unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache geltend gemacht haben. Die Berufung wurde daher zu Recht zurückgewiesen (SZ 65/157).

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 40, 50 ZPO.

Stichworte