OGH 5Ob224/98x

OGH5Ob224/98x15.12.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und Dr. Hradil sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers D***** S*****, vertreten durch Günther Schneider, Mieter-Interessens-Gemeinschaft Österreichs, Taborstraße 44/21, 1020 Wien, wider die Antragsgegner 1. Alois B*****, vertreten durch Dr. Friedrich Fuchs, Rechtsanwalt in Wien, 2. Dr. Christiana P***** als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der I***** R***** Immobilienmakler- und Verwaltungsgesellschaft mbH, ***** 3. Ing. Theodor S*****, dieser vertreten durch Dr. Theodor Strohal, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 14 MRG, infolge des außerordentlichen Revisionsrekurses der Zweitantragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 22. April 1998, GZ 39 R 536/97f-27, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 9. Juli 1997, GZ 22 Msch 27/97s-14, hinsichtlich der Zweitantragsgegnerin abgeändert, im übrigen bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß des außerordentlichen Revisionsrekurses der Zweitantragsgegnerin werden die Entscheidungen der Vorinstanzen sowie das diesen vorausgehende Verfahren einschließlich der Zustellung des Sachantrags hinsichtlich der Zweitantragsgegnerin als nichtig aufgehoben und der verfahrenseinleitende Antrag hinsichtlich der Zweitantragsgegnerin zurückgewiesen.

Die Barauslagen des Verfahrens einschließlich des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Am 22. 11. 1993 wurde zu 4 S 228/93 des Handelsgerichtes Wien das Konkursverfahren über das Vermögen der I***** R***** Immobilienmakler- und Verwaltungsgesellschaft mbH eröffnet. Unter der Geschäftszahl 4 S 207/95h ist das Konkursverfahren bis heute anhängig. Die verfahrensgegenständliche Forderung des Antragstellers S***** D***** über S 170.000 wurde im Konkursverfahren bisher nicht angemeldet.

Am 30. Mai 1995, somit zwei Jahre nach Eröffnung des Konkursverfahrens über die Zweitantragsgegnerin erhob der Antragsteller bei der Schlichtungsstelle für den 15. Bezirk einen auf § 37 Abs 1 Z 14 MRG gestützten Antrag und brachte vor: Er sei seit 1. 7. 1992 Mieter der Wohnung top Nr 15 im Haus B*****gasse ***** in ***** W*****. Bei Mietvertragsabschluß habe er einen Ablösebetrag von S 170.000 an einen freien Mitarbeiter der Zweitantragsgegnerin, nämlich den Erstantragsgegner bezahlt. Der Drittantragsgegner sei Eigentümer des Hauses.

Die Antragsgegner beantragten Abweisung des auf Rückzahlung des unzulässigen Ablösebetrags gerichteten Antrags. Auch die Zweitantragsgegnerin bestritt unter Hinweis auf die Konkurseröffnung und Vorlage des Konkursedikts das Begehren des Antragstellers.

Die Schlichtungsstelle wies am 11. 11. 1996 den gesamten Antrag ab. Dagegen begehrte der Antragsteller gemäß § 40 Abs 1 MRG die Entscheidung des Gerichts.

Auch das Erstgericht wies den Antrag hinsichtlich sämtlicher Antragsgegner ab.

Dem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien nach Beweiswiederholung teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluß dahin ab, daß es die Zweitantragsgegnerin für schuldig erkannte, dem Antragsteller den Betrag von S 170.000 sA zu bezahlen. Das Begehren hinsichtlich des Erst- und des Drittantragsgegners wurde abgewiesen. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 130.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Die Abweisung des Antrags hinsichtlich Erst- und Drittantragsgegner ist mangels Bekämpfung des rekursgerichtlichen Sachbeschlusses in Rechtskraft erwachsen.

Gegen den bezeichneten Sachbeschluß richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Zweitantragsgegnerin - der Antragsteller hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt -, aus dessen Anlaß die vorliegende Nichtigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen sowie des gesamten Verfahrens von Amts wegen wahrzunehmen ist (vgl EFSlg 57.813; ÖJZ-LSK 1998/188).

Rechtliche Beurteilung

Während in Lehre und Rechtsprechung zunächst die Ansicht vertreten wurde, die Wirkungen der §§ 6, 7 KO träten überhaupt nur im streitigen Zivilprozeß ein (vgl MietSlg 29.263, 32.865; Bartsch-Pollak KO3 I, 78; Mohr, KO8 E 41 zu § 6 KO, E 34c zu § 7 KO) und das Auslangen mit einer Beiziehung des Masseverwalters statt des Gemeinschuldners in außerstreitigen Verfahren nach den Wohngesetzen für ausreichend erachtet wurde (MietSlg 42.372 = JBl 1991, 530 = WoBl 1991, 37 [Call]), wurde diese Ansicht in der Folge aufgegeben. Unter Berufung auf Jelinek in FS Wagner [1988] hat der Oberste Gerichtshof in den Entscheidungen SZ 63/56 und RdW 1994, 313 = JBl 1994, 764 = ecolex 1994, 463 erkannt, daß der Konkurszweck es grundsätzlich in bestimmten Fällen gebiete, Unterbrechungswirkungen auch im außerstreitigen Verfahren anzuerkennen.

Der erkennende Senat hat bereits ausgesprochen, daß die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen einer Partei gemäß § 7 Abs 1 KO zur Unterbrechung eines außerstreitigen Mietrechtsverfahrens nach § 37 MRG führen kann, davon jedoch nur vermögensrechtliche Streitigkeiten betroffen sind (5 Ob 2228/96z = immolex 1997, 77/40 = EWr I/37/99; zuletzt 5 Ob 286/97p).

Es unterliegt keinem Zweifel, daß der im Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 14 MRG geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung einer verbotenen Ablöse eine vermögensrechtliche Streitigkeit darstellt und es sich bei der geltend gemachten Forderung um eine Konkursforderung handelt. Aus den Bestimmungen des § 7 Abs 3 KO iVm §§ 102 ff KO ergibt sich, daß die strittige Forderung vorerst dem außerstreitigen Prüfungsverfahren im Konkurs zu unterziehen ist, sodaß vor der Anmeldung der Forderung im Konkurs und Abschluß des Prüfungsverfahrens der streitige Rechtsweg unzulässig ist (RZ 1992/21; 7 Ob 402/97m ua). Ohne Durchführung eines Prüfungsverfahrens im Konkurs wird zudem auch in bezug auf die anderen Konkursgläubiger der Gemeinschuldnerin der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt (§§ 105 Abs 5, 109 Abs 1, 110 Abs 1, 112 Abs 1 KO).

Wie eingangs dargestellt hat der Antragsteller zwei Jahre nach Konkurseröffnung gegen die Gemeinschuldnerin selbst ein Verfahren auf Rückzahlung der unzulässigen Ablöse eingeleitet. Diese Vorgangsweise scheitert an § 6 Abs 1 KO, wonach Rechtsstreitigkeiten, welche die Geltendmachung von Ansprüchen auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezwecken, nach Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner weder anhängig gemacht noch fortgesetzt werden können. Diese Regelung hat nicht nur den Zweck, die gesetzmäßige Vertretung der Masse durch den Masseverwalter zu sichern, sondern dient darüber hinaus, wie sich aus § 7 Abs 3 KO ergibt, dazu, die strittige Forderung vorerst einem Prüfungsverfahren im Konkurs zu unterziehen, sodaß vor Anmeldung der Forderung im Konkurs und Abschluß des Prüfungsverfahrens der (streitige aber auch außerstreitige) Rechtsweg unzulässig ist.

Aus dem Vorgesagten ergibt sich, daß die Entscheidungen der Vorinstanzen und das mit der Zweitantragsgegnerin geführte Verfahren gemäß § 240 ZPO als nichtig aufzuheben und der Antrag zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 51 Abs 2 ZPO iVm § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

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