OGH 7Ob402/97m

OGH7Ob402/97m26.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** OEG, ***** vertreten durch Dr.Stefan Eigl, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei I***** GesmbH, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwalt in Wels, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 3.Juli 1997, GZ 4 R 20/97g-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Wels vom 31.Oktober 1996, GZ 6 Cg 184/96g-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß der außerordentlichen Revision werden das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz und die Berufungsverhandlung vom 3.Juli 1997 einschließlich des darin gefaßten Beschlusses auf Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens als nichtig aufgehoben und der Aufnahmeantrag des Masseverwalters zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufungsverhandlung und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Text

Begründung

Die klagende Partei erteilte der R*****gesellschaft mbH, der nunmehrigen Gemeinschuldnerin, den Auftrag zur Lieferung und Montage einer Diskothekeneinrichtung und leistete hierauf Teilzahlungen von insgesamt S 500.000. Am 20.6.1996 verschafften sich Mitarbeiter der R*****gesellschaft mbH durch Aufbohren eines Zylinderschlosses Zutritt zur Diskothek und nahmen alle von ihr gelieferten, demontierbaren Geräte und Einrichtungsgegenstände mit.

Die klagende Partei begehrte von der R*****gesellschaft mbH den von ihr bezahlten Teilbetrag, weil die R*****gesellschaft mbH insoweit bereichert sei. Der Werklohn sei infolge der Mängel nicht fällig gewesen. Die R*****gesellschaft mbH habe daher keinen Grund gehabt, vom Werkvertrag zurückzutreten. Das Begehren werde auch auf Schadenersatz nach § 920 ABGB gestützt.

Die R*****gesellschaft mbH beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der trotz Mahnungen und Nachfristsetzungen nach Abzug des vereinbarten Preisnachlasses noch offene und durch Unterfertigung eines Wechsels anerkannte Betrag von S 717.077,40 nicht bezahlt worden sei. Trotz der Rückholung der Waren ergebe sich letztlich ein Saldo von S 359.683,80 zugunsten der R*****gesellschaft mbH.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Vertragsverhältnis sei noch aufrecht, weshalb ein Bereicherungsanspruch nicht gegeben sei. Für die Begründung eines Schadenersatzanspruches fehle es an konkreten Behauptungen.

Nach Einlangen der Berufung der klagenden Partei gegen dieses Urteil sowie der Berufungsbeantwortung der R*****gesellschaft mbH wurde über das Vermögen der R*****gesellschaft mbH mit Beschluß des Landesgerichtes Wels vom 17.3.1997, GZ S 205/97s-3, der Konkurs eröffnet. Die Prüfungstagsatzung fand am 22.5.1997 statt. Das Konkursverfahren ist nach wie vor anhängig. Die klagende Partei hat bisher die Klagsforderung im Konkurs nicht angemeldet.

Am 3.7.1997 fand im vorliegenden Rechtsstreit die mündliche Berufungsverhandlung statt. In dieser wies der Rechtsvertreter der Firma R*****gesellschaft mbH auf das inzwischen eröffnete Konkursverfahren hin und erklärte, nunmehr im Vollmachtsnamen der I***** GesmbH als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der R*****gesellschaft mbH einzuschreiten. Er brachte vor, daß die Klageforderung im Konkurs nicht angemeldet worden sei und beantragte die Fortsetzung dieses durch die Konkurseröffnung unterbrochenen Rechtsstreites. Die klagende Partei bestätigte, daß sie die Forderung nicht angemeldet habe. Daraufhin verkündete das Berufungsgericht den Beschluß auf Aufnahme des unterbrochenen Verfahrens und schloß die Berufungsverhandlung. Das Urteil behielt es der schriftlichen Ausfertigung vor.

Mit Urteil vom 31.Oktober 1996 bestätigte das Berufungsgericht das Ersturteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Da die klagende Partei auch noch in ihrer Berufung von einem aufrechten Vertragsverhältnis ausgehe, sei ein Bereicherungsanspruch ausgeschlossen. Ein Schadenersatzanspruch wegen Nichterfüllung nach § 920 ABGB komme nicht in Betracht, weil der Vertrag ohnehin erfüllt worden sei.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei, aus deren Anlaß die vorliegende Nichtigkeit des Berufungsurteiles und der Berufungsverhandlung von Amts wegen wahrzunehmen war (vgl EFSlg 57.813 ua).

Rechtliche Beurteilung

Bei der eingeklagten Forderung handelt es sich um eine Konkursforderung. Der vorliegende Rechtsstreit wurde daher gemäß §§ 6 Abs 1, 7 Abs 1 KO durch die Konkurseröffnung über das Vermögen der R*****gesellschaft mbH unterbrochen. Bei Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die der Anmeldung im Konkurs unterliegen, kann das Verfahren vor Abschluß der Prüfungstagsatzung nicht aufgenommen werden (§ 7 Abs 3 KO). Diese Bestimmung hat zur Voraussetzung, daß der Anspruch im Konkurs wirklich angemeldet und der Prüfung unterzogen wurde. Eine Wiederaufnahme ist ausgeschlossen, solange eine Anmeldung der Forderung im Konkurs nicht erfolgte (Rspr 1929/166 mit insoweit zustimmender Anmerkung von Wahle; RZ 1958/139). Eine Wiederaufnahme des unterbrochenen Verfahrens durch den Masseverwalter oder die klagende Partei war daher im Zeitpunkt der Abhaltung der Berufungsverhandlung gar nicht möglich (RZ 1958/139).

Die Fortsetzung des Verfahrens gegen die Gemeinschuldnerin käme nur dann in Betracht, wenn die klagende Partei als Konkursgläubigerin die Erklärung abgegeben hätte, auf die Befriedigung aus der Konkursmasse (auf die Teilnahme am Konkurs) zu verzichten (GesRZ 1989, 45). Eine solche Erklärung hat die klagende Partei aber nicht abgegeben.

Die Verfahrensunterbrechung hat nicht nur den Zweck, die gesetzmäßige Vertretung der Masse durch den Masseverwalter zu sichern. Sie dient darüber hinaus - wie sich aus § 7 Abs 3 KO iVm den §§ 102 ff KO ergibt - dazu, die strittige Forderung vorerst dem außerstreitigen Prüfungsverfahren im Konkurs zu unterziehen, sodaß vor der Anmeldung der Forderung im Konkurs und Abschluß des Prüfungsverfahrens der streitige Rechtsweg unzulässig ist (RZ 1992/21). Ohne Durchführung des Prüfungsverfahrens im Konkurs wird zudem auch in bezug auf die anderen Konkursgläubiger der Gemeinschuldnerin der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzt (§§ 105 Abs 5, 109 Abs 1, 110 Abs 1, 112 Abs 1 KO).

Durch den Aufnahmebeschluß des Berufungsgerichtes wurde die Nichtigkeit des Verfahrens ab dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung nicht beseitigt. Der Umstand, daß die Forderung im Konkurs nicht angemeldet wurde, ist auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigen. Das über einen Aufnahmeantrag des Masseverwalters dennoch durchgeführte Verfahren ist nach wie vor mit dem Prozeßhindernis der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges behaftet und daher gemäß § 240 Abs 3 ZPO für nichtig zu erklären (SZ 26/233; Feil, KO, 57). Über eine noch vor Konkurseröffnung eingebrachte Berufung ist - abgesehen vom Ausnahmefall des § 163 Abs 3 ZPO - während der ex lege eingetretenen Unterbrechung des Verfahrens nicht zu entscheiden; der Akt ist vielmehr vorerst unerledigt dem Erstgericht zurückzustellen (7 Ob 615/95 ua).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 51 Abs 2 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte