OGH 5Ob274/98z

OGH5Ob274/98z10.11.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache des Antragstellers Dogan K*****, Mieter der Wohnung top Nr 32 im Hause *****, vertreten durch Dr. Romana Aron, MIG Österreichs, Antonsplatz 22, 1100 Wien, wider die Antragsgegner

1.) Dr. Sieglinde S*****, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des Mag. Hans Helmut G*****, 2.) Josefa M*****, 3.) Juliane R*****, 4.) Anita T*****, 5.) Bernhard S*****, 6.) Alwin A*****, 7.) Gerhard L*****, 8.) Ruppert K*****, 9.) Johann G*****, 10.) Anna H*****, 11.) Anna S*****, 12.) Martina A*****, 13.) Isidor K*****, und 14.) W***** GesmbH, alle Miteigentümer der Liegenschaft *****, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, infolge Revisionsrekurses der Erstantragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Juli 1998, GZ 39 R 73/98v-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Favoriten vom 23. Jänner 1998, GZ 3 Msch 48/97h-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rechtsmittelwerberin hat die Kosten des Revisionsrekurses selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist seinen Behauptungen zufolge seit 1. 1. 1997 Hauptmieter einer Wohnung im Haus *****, das dem Mag. Hans Helmut G***** sowie den unter 2.) bis 14.) angeführten Antragsgegnern gehört. Über das Vermögen des Mag. Hans-Helmut G***** wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien am 21. 4. 1997 der Konkurs eröffnet. Masseverwalterin ist die Rechtsanwältin Dr. Sieglinde S*****.

Am 4. 8. 1997 beantragte der Antragsteller bei der zuständigen Schlichtungsstelle der Stadt Wien, die teilweise Unzulässigkeit der ihm von Jänner bis August 1997 vorgeschriebenen Hauptmietzinses festzustellen und einen Rückzahlungstitel über die unzulässig eingehobenen Beträge zu schaffen. Als Antragsgegner war damals allein die Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen des Hans Helmut G***** angegeben. Diese beantragte, den Sachantrag wegen der durch die Konkurseröffnung eingetretenen Prozeßsperre zurückzuweisen.

Das Erstgericht, zu dem das Verfahren gemäß § 40 Abs 2 MRG gelangte, stellte gemäß § 7 Abs 1 KO dessen Unterbrechung fest. Dieser Beschluß ist insoweit in Rechtskraft erwachsen, als die Überprüfung der vor dem 21. 4. 1997 eingehobenen Mietzinse beantragt wurde. Das Rekursgericht hob jedoch in teilweiser Stattgebung eines Rechtsmittelbegehrens des Antragstellers den erstgerichtlichen Beschluß hinsichtlich der ab 21. 4. 1997 eingehobenen Mietzinse auf.

Es ließ sich dabei von folgenden rechtlichen Erwägungen leiten:

Schon das Erstgericht habe richtig auf die neuere Judikatur des Obersten Gerichtshofes hingewiesen, wonach Rückzahlungsbegehren, soweit sie sich auf vor der Konkurseröffnung geleistete Überzahlungen beziehen, gemäß § 102 f KO im Konkurs geltend zu machen sind. Die Vorschrift des § 37 Abs 4 MRG erlaube in dieser Beziehung keine Ausnahme, weil mit dieser Bestimmung nur eine mit dem streitigen Rechtsweg echt konkurrierende Möglichkeit außerstreitiger Rechtsdurchsetzung geschaffen wurde, ohne den Anspruch selbst zu ändern. Ein Ausspruch auf Rückforderung oder Ersatz, der im streitigen Verfahren als Konkursforderung zu qualifizieren wäre, behalte diese Eigenschaft auch im besonderen Außerstreitverfahren nach § 37 MRG (vgl MietSlg 46.741/5).

Die Bestimmung des § 7 Abs 1 KO gelte demnach auch für die Konkursmasse betreffende Streitigkeiten, die im Verfahren Außerstreitsachen durchzuführen sind. So habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 12. 11. 1996 zu 5 Ob 2228/96z (vgl auch SZ 63/56) im Zusammenhang mit der Rückforderung einer verbotenen Ablöse ausgesprochen, daß die Bestimmung des § 7 Abs 1 KO zur Anwendung komme und die Unterbrechung des besonderen außerstreitigen Verfahrens nach § 37 Abs 3 MRG zur Folge habe, da - obzwar in § 37 Abs 3 MRG nicht genannt - § 163 Abs 2 ZPO sinngemäß zur Anwendung komme. Dieser Ansicht schließe sich auch der erkennende Senat an.

Dabei sei freilich zwischen Forderungen, die vor Konkurseröffnung, und Forderungen, die nach Konkurseröffnung entstanden sind, zu unterscheiden. Bei Rechtsstreitigkeiten über vor der Konkurseröffnung entstandene Rückforderungsansprüche, die der Anmeldung im Konkurs unterliegen, sei das Verfahren gemäß § 7 Abs 1 KO unterbrochen und könne das Verfahren vor Abschluß der Prüfungstagsatzung nicht aufgenommen werden (§ 7 Abs 3 KO). Im Zusammenhang mit nach der Konkurseröffnung erfolgten Überzahlungen sei jedoch zu berücksichtigen, daß der Masseverwalter gemäß § 24 KO in den Bestandvertrag eintritt und den Gemeinschuldner auch in der Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Bestandvertrag vertritt. Der Masseverwalter dürfe den Bestandzins einfordern, wohingegen der Bestandnehmer die Erfüllung des Vertrages bzw Ersatz aus Vertragsverletzungen des Masseverwalters als Masseforderung verlangen könne. Es sei daher nicht einzusehen, wieso ein Bestandnehmer nach Konkurseröffnung nicht gegen den Masseverwalter in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG die Überprüfung des geforderten Mietzinses erreichen können sollte.

Der Antragsteller habe in seinem Antrag eine Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes, also einen Anspruch aus einer grundlosen Bereicherung der Masse behauptet und damit eine Masseforderung gestellt, deren Geltendmachung durch das Konkursverfahren nicht eingeschränkt sei (vgl MGA KO8, E 2 f zu § 46 KO). Für nach der Konkurseröffnung entstandene Rückzahlungsansprüche komme daher eine Unterbrechung des Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG nicht in Betracht. Es sei daher auch die Feststellung einer Überschreitung des gesetzlichen Mietzinses gegen den Masseverwalter ohne Rücksicht auf das Konkursverfahren zulässig.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 52.000,--, nicht jedoch S 260.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß zur Rechtsfrage, ob Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG über nach Konkurseröffnung entstandene Ansprüche aus Zinsüberschreitungen von der Unterbrechungswirkung des § 7 KO erfaßt werden oder nicht, - soweit überblickbar - keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Die Erstantragsgegnerin hat die teilweise Aufhebung des erstgerichtlichen Unterbrechungsbeschlusses durch das Rekursgericht fristgerecht mit Revisionsrekurs angefochten. Sie vertritt den Standpunkt, daß ein auf § 46 Abs 1 Z 6 KO gestützter Bereicherungsanspruch gegen die Konkursmasse nur in einem streitigen Verfahren geltend gemacht werden könne. Masseforderungen unterlägen zwar nicht der Anmeldepflicht im Konkursverfahren, seien aber nur nach Zulangen der Masse zu erfüllen. Das erfordere ein streitiges Verfahren, weshalb die Anrufung des Außerstreitrichters unzulässig sei.

Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den rekursgerichtlichen Beschluß im angefochtenen Umfang aufzuheben und das Begehren des Antragstellers abzuweisen.

Vom Antragsteller liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den angefochtenen Beschluß zu bestätigen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Auch die Rechtsmittelwerberin gesteht zu, daß Masseforderungen grundsätzlich anders als Konkursforderungen zu behandeln sind und für sie das Prozeßhindernis der Anmeldepflicht im Konkurs nicht gilt (vgl SZ 36/63; SZ 43/34; SZ 44/165; JBl 1987, 332; EvBl 1992/118 ua). Das Rekursgericht befindet sich daher im Einklang mit der einschlägigen Judikatur (insbesondere WoBl 1998, 187/125 und immolex 1998, 107/63), wenn es aus der jederzeit möglichen Einklagbarkeit einer Masseforderung den Schluß gezogen hat, für derartige Rechtsstreitigkeiten gelte die Unterbrechungsanordnung des § 7 Abs 1 KO nicht. Dieser Gedanke findet sich bereits in der Judikatur des Obersten Gerichtshofes, der ausgesprochen hat, daß mietrechtliche Außerstreitverfahren, die die Überschreitung des gesetzlichen Mietzinses zum Gegenstand haben, nur insoweit unterbrochen werden, als sie sich auf vor dem Zeitpunkt der Konkurseröffnung geleistete Überzahlungen des Mieters (also auf Konkursforderungen) beziehen (MietSlg 46/5). Ob mit dieser einschränkenden Auslegung des § 7 Abs 1 KO nicht der Zweck des Gesetzes verkannt wird, dem Masseverwalter ganz generell ein Moratorium zur Orientierung zu verschaffen (vgl Oberhammer in der Anmerkung zu WoBl 1998, 187/185), kann für den gegenständlichen Fall dahingestellt bleiben, weil das Mietzinsüberprüfungsverfahren ohnehin gegen den Masseverwalter eingeleitet wurde.

Es wurde auch schon ausgesprochen, daß die Verweisung vermögensrechtlicher Ansprüche des Mieters gegen den Vermieter vom streitigen ins außerstreitige Verfahren nach § 37 MRG deren rechtliche Qualifikation nicht veränderte (MietSlg 46/5; vgl WoBl 1997, 276/115 mit zust Anm von Riel). Ein Anspruch, der im streitigen Verfahren als Masseforderung zu behandeln wäre, behält daher auch im Außerstreitverfahren diese Eigenschaft. Hier geht es, wie das Rekursgericht zutreffend erkannte, um eine Bereicherung der Konkursmasse, die daraus resultiert, daß der Masseverwalter gemäß § 24 Abs 1 KO in den vom Gemeinschuldner abgeschlossenen Mietvertrag eingetreten ist und gesetzlich unzulässige Mietzinse kassiert haben soll. Da das Verfahren gemäß § 37 Abs 4 MRG zur Schaffung eines Rückzahlungstitels führen kann, wird letztlich ein dem § 46 Abs 1 Z 6 KO zu unterstellender Anspruch aus einer grundlosen Bereicherung der Masse geltend gemacht. Während ein solcher vor Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner entstandener Bereicherungsanspruch eine Konkursforderung wäre, liegt bei einer nach Konkurseröffnung eingetretenen Bereicherung der Masse eine Masseforderung vor (vgl Holzhammer, Österreichisches Insolvenzrecht5, 72).

Warum ein solcher Anspruch nur im streitigen Rechtsweg verfolgt werden könne, wie die Rechtsmittelwerberin meint, ist nicht einzusehen. Der Einwand der betragsbeschränkten Haftung, daß also die Konkursmasse nicht ausreicht, die geltend gemachte Forderung zu erfüllen, ist nach neuerer Judikatur nicht im Erkenntnisverfahren, sondern als Vollstreckungshindernis im Exekutionsverfahren geltend zu machen (AnwBl 1992, 760; Holzhammer aaO, 75, vgl auch SZ 60/201). Das außerstreitige Mietrechtsverfahren nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG wäre davon nur insoweit betroffen, als - ganz im Sinn außerstreitiger Verfahrensökonomie - die Schaffung eines Rückzahlungstitels nach § 37 Abs 4 MRG zu unterbleiben hätte, wenn glaubhaft gemacht wird, daß sich mangels Konkursmasse kein Rückzahlungsanspruch ergibt. Eine Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtswegs folgt daraus nicht.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

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