OGH 7Ob256/98t

OGH7Ob256/98t30.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schalich, Dr. Tittel und Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Elfriede M*****, 2.) Heidemarie K*****, 3.) Hanspeter V*****, vertreten durch Dr. Ralph Mitsche, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Benedikt H*****, vertreten durch Dr. Georg Röhsner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 101.516,16 sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 15. April 1998, GZ 17 R 49/98w-11, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 17. Jänner 1998, GZ 15 Cg 98/97k-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Beklagten die mit S 9.328,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.554,80 USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Nach dem Tod der Mieterin am 3. 3. 1995 zog der Beklagte, der Enkel der Mieterin, in das Bestandobjekt ein, weil er der Meinung war, eintrittsberechtigt zu sein. Die Kläger kündigten der Verlassenschaft (der Erbin, der Mutter des Beklagten) das Bestandverhältnis zum 30. 6. 1995 auf. Die Aufkündigung wurde mit Urteil vom 31. 7. 1996 für wirksam erklärt; dieses Urteil wurde am 28. 11. 1996 bestätigt. Die Übergabe der aufgekündigten Wohnung an die Kläger erfolgte am 11. 7. 1997. Der Beklagte bzw die Erbin haben bis zur rechtskräftigen Beendigung des Kündigungsprozesses den von der verstorbenen Mieterin zu entrichtenden Mietzins und danach das von den Klägern geforderte Benützungsentgelt in voller Höhe gezahlt.

Die Kläger begehren vom Beklagten die Zahlung eines - der nunmehr möglichen Verwertung entsprechenden - Benützungsentgelts. Der Beklagte schulde diesen Betrag auch aus dem Titel des Schadenersatzes, weil er ungerechtfertigterweise behauptet habe, ein Eintrittsrecht in die Mietrechte zu haben.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen. Ein Verwendungsanspruch gegen den Beklagten bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren über die Aufkündigung sei ausgeschlossen, weil bis dahin nur ein Anspruch gegen die Verlassenschaft bzw gegen die Erbin auf Bezahlung eines - dem mit der Mieterin vereinbarten Mietzins entsprechenden - Benützungsentgelts bestanden habe. Der für die Zeit danach bis zur Räumung zustehende Verwendungsanspruch sei aber voll befriedigt worden.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens über die Aufkündigung habe nur ein - bereits befriedigter - Anspruch auf Fortzahlung des Mietzinses gegen die Verlassenschaft bzw gegen die Erben bestanden. Der für die Zeit danach geltend gemachte Verwendungsanspruch sei aber voll befriedigt worden. Aus dem Titel des Schadenersatzes könne die Klägerin gegen den Beklagten ein Benützungsentgelt nicht fordern, weil der Beklagte mangels Parteistellung im Kündigungsprozeß keinen Einfluß auf die Führung desselben gehabt habe.

Über Antrag der Kläger gemäß § 508 Abs 1 ZPO änderte das Berufungsgericht seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision dahin ab, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Begründung des Berufungsgerichts für die Änderung seines Zulässigkeitsausspruchs ist nicht stichhaltig:

§ 34 Abs 2 MRG (fingiertes Fortbestehen des Mietvertrages während der Dauer der gemäß § 34 Abs 1 MRG verlängerten Räumungsfrist) wird von der Rechtsprechung ganz allgemein auf Fälle angewandt, in denen der Mieter nach Auflösung des Bestandverhältnisses die Bestandsache (ohne Titel) weiter benützt (4 Ob 513/92; 7 Ob 614/97 = MietSlg 47.074; Würth in Rummel, ABGB2 Rz 3 zu § 34 MRG).

Soweit eine im Sinne des § 34 Abs 2 MRG gesetzlich angeordnete Fortgeltung mietvertraglicher Regelungen reicht, ist ein Verwendungsanspruch im Sinne des § 1041 ABGB ausgeschlossen (6 Ob 641/94 = WoBl 1996/17).

Im Anwendungsbereich des § 34 Abs 2 MRG ist demnach ein - den vertraglichen Mietzins übersteigendes - Benützungsentgelt gegen den Mieter ausgeschlossen; in einer solchen Höhe kann - bei Verschulden des mit der Rückstellung säumigen Mieters - nur ein Schadenersatzanspruch geltend gemacht werden. Außerhalb des Anwendungsbereiches des § 34 Abs 2 MRG richtet sich der Anspruch auf Leistung eines Benützungsentgelts gegen den - trotz Ablaufs der verlängerten Räumungsfrist nicht räumenden - Mieter nach dem erzielbaren Mietzins im Rahmen einer Folgeverwertung (WoBl 1996/17).

Der Anspruch auf Benützungsentgelt richtet sich - wie der Anspruch auf Zahlung des Mietzinses während der fiktiven Fortgeltung des Mietvertrages gemäß § 34 Abs 2 MRG (7 Ob 581/83 = MietSlg 35.206; 3 Ob 40/98y) - gegen den mit der Rückstellungspflicht säumigen Mieter, nicht aber gegen einen solchen Dritten, dem die Benützung der Bestandsache vom Bestandnehmer überlassen wurde; der gegen den mit der Rückstellung säumigen Mieter aus dem seinerzeitigen Bestandvertrag abzuleitende Anspruch auf Zahlung eines Benützungsentgelts (Mietzinses) schließt einen Verwendungsanspruch gegen den Dritten, der seine Rechte vom (ehemaligen) Bestandnehmer ableitet, aus (JBl 1962, 37; EvBl 1974/208 = MietSlg 25.142; MietSlg 35.206; 3 Ob 40/98y; Würth in Rummel aaO Rz 9 zu §§ 1109, 1110 ABGB).

Der Beklagte hat ohne Zweifel das Bestandobjekt nur mit Wissen und Willen der Erbin benützt. Er leitet daher sein Recht zur Benützung der Wohnung vom Mieter ab, sodaß ein - den bisherigen Mietzins übersteigender - Verwendungsanspruch gegen ihn für die Zeit vom Tod der Mieterin bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Entscheidung im Kündigungsprozeß rechtskräftig wurde, nicht gegeben ist. Das für die Zeit danach bis zur endgültigen Räumung begehrte Benützungsentgelt aber wurde nach den Feststellungen der Vorinstanzen in voller Höhe gezahlt. Ob der Beklagte aus dem Titel des Schadenersatzes verpflichtet war, wegen seiner unvertretbaren Rechtsauffassung, eintrittsberechtigt zu sein, in diesem Zeitraum den Schaden in der Höhe eines angemessenen Mietzinses zu ersetzen, muß daher nicht beurteilt werden. Es liegen demnach auch nicht die geltend gemachten Verfahrens- und Feststellungsmängel vor.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war daher die Revision der Kläger ungeachtet des nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Ausspruches, daß die ordentliche Revision zulässig sei, zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Auf die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision aus dem Grunde des § 502 Abs 1 ZPO hat der Beklagte hingewiesen.

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