OGH 2Ob2079/96s

OGH2Ob2079/96s24.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stefan H*****, vertreten durch Dr. Rudolf Tobler ua, Rechtsanwälte in Neusiedl am See, wider die beklagte Partei Peter C*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 931.545,12 sA und Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien vom 22. Jänner 1996, GZ 16 R 162/95-71, womit das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 6. Juni 1995, GZ 3 Cg 290/93a-60, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt.

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben und die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 68.118,80 (darin enthalten USt S 6.934,80 und S 26.510,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Alleineigentümer einer Liegenschaft, auf der er in den Jahren 1975 und 1976 mit Hilfe seines Vaters auf der Basis der Einreichpläne vom 2. 4. 1975 ein Einfamilienhaus errichtete. Der Beklagte ist Alleineigentümer einer Nachbarliegenschaft. Beide Liegenschaften werden nur durch einen 4 m breiten Zufahrtsweg getrennt. Der Kläger bewohnt sein Einfamilienhaus gemeinsam mit seiner Frau seit dem Jahr 1976.

Im Herbst 1983 unterließ es der Beklagte, aus den frostgefährdeten Leitungen der Wasserleitungsanlage seines Hauses, das er als Zweitwohnsitz benützt, das Wasser abzulassen, weshalb im Laufe des Winters durch Frosteinwirkungen und Einfrieren der Leitung im Bereich der Wasseruhr ein Wasserrohrbruch entstand; dadurch versickerten im Februar oder März 1984 393 m3 Wasser in den Boden.

Der Kläger begehrt mit seiner am 11. 9. 1992 beim Erstgericht eingelangten Klage S 931.545,12 sA an Sanierungskosten und brachte vor, das auf der Liegenschaft des Beklagten ausgetretene Wasser sei unter sein Haus gelangt, habe dessen Fundamente ausgewaschen und das Mauerwerk durchnäßt, wodurch es zunächst zu Haarrißbildungen in begrenztem Ausmaß gekommen sei. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten habe die damals erkennbaren Schäden mit S 11.000,-

abgefunden. Ab August 1990 seien weitere Risse entstanden; es sei zu befürchten, daß durch weitere Setzungen auch in Zukunft Schäden entstehen würden. Der Kläger begehrte daher die Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche zukünftigen kausalen Schäden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, der Kläger habe sein Haus ohne Zuhilfenahme von Professionisten errichtet, das Fundament sei zu schwach dimensioniert, dadurch und aufgrund des in Parndorf immer wieder auftretenden Ansteigens des Grundwasserspiegels bis ca 1 - 1,4 m unter der Erdoberfläche seien die Risse am Haus des Klägers entstanden. Der Wasseraustritt im Jahre 1984 sei daher nicht kausal für die erst 1990 aufgetretenen Schäden. Der Kläger habe zugleich mit der Annahme der von der Haftpflichtversicherung des Beklagten im Jahr 1984 geleisteten Zahlung von S 11.000,- erklärt, keine weiteren Ansprüche aus diesem Schadensfall gegen die Haftpflichtversicherung und den Beklagten selbst zu erheben. Sollten Schadenersatzansprüche zu Recht bestanden haben, seien diese verjährt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging von nachstehenden wesentlichen Feststellungen aus:

Der Kläger, von Beruf Maurer, errichtete sein Einfamilienhaus gemeinsam mit seinem Vater in den Jahren 1975 und 1976 nach Plänen eines Bauunternehmens und unter der Bauaufsicht eines Baumeisters. Da dem Kläger keine Beeinträchtigungen durch das Ansteigen von Grundwasser bekannt waren, traf er dabei keine besonderen Vorkehrungen gegen Wassereintritt von unten, sondern bildete ein Streifenfundament aus. In Parndorf war 1969 eine Ortskanalisation errichtet worden, was zu einem Absinken des Grundwasserspiegels geführt hatte. Im Jahr 1980 ereignete sich dort eine Überschwemmung, wodurch auch Wasser in den Keller des Kläger gelangte, das jedoch nach Durchlüften innerhalb einer Woche wieder auftrocknete.

Anfang des Jahres 1984 kam es im Keller des Klägers zu einem Wassereintritt, dessen Ursache zunächst nicht ermittelt werden konnte. Die vom Kläger veranlaßten Aufgrabungen durch den Wasserleitungsverband ergaben lediglich, daß die Zuleitungen zum Haus des Klägers in Ordnung waren. Durch den Wassereintritt senkte sich die Terrasse, es wurden Boden und Wände im Keller durchfeuchtet und es entstanden mehrere Risse an den Außen- und Innenmauern im Erdgeschoß. Die Terrasse hatte ebenso wie der Kamin und das Mauerwerk im Wohnzimmer auch schon vor diesem Zeitpunkt Risse und Setzungsschäden aufgewiesen.

Im Frühjahr 1984 hörte der Kläger im Haus des Beklagten Wasser rauschen und setzte diesen davon in Kenntnis. Der Beklagte bemerkte bei einer Nachschau, daß es im Keller seines Hauses durch Auffrieren der Wasseruhr zu einem Wasserrohrbruch gekommen war, weil er es verabsäumt hatte, vor Beginn des Winters das Wasser aus den frostgefährdeten Leitungen abzulassen. Das ausgeflossene Wasser war in das Grundstück des Klägers gesickert und in dessen Keller eingetreten. Es hatte zunächst die oben angeführten Schäden verursacht. Der Beklagte erstattete am 20. 3. 1984 Schadensmeldung an seine Haushaltsversicherung, die er nach Angaben des Klägers und dessen Frau formulierte. Die Haushaltsversicherung beauftragte einen Sachverständigen mit der Begutachtung des Schadens. Der Sachverständige teilte dem Kläger anläßlich der Befundaufnahme mit, es sei nicht auszuschließen, daß aufgrund des Wasseraustrittes aus dem Haus des Beklagten noch weitere Schäden am Haus des Klägers auftreten könnten. Er ermittelte die Höhe des eingetretenen Schadens in seinem Gutachten von 27. 3. 1984 mit S 11.500,- für die Sanierung des durchfeuchteten Wandverputzes, des abgerissenen Lichtschachtes zwischen Keller und Terrasse, der Mauerrisse an den Außen- und Innenmauern im Erdgeschoß sowie für die notwendigen Reinigungsarbeiten. Der Sachverständige konnte die Kosten der Schadensbehebung an den Mauerwerken und Putzrissen nicht ermitteln. Der Kläger unternahm trotz des Hinweises des Sachverständigen auf mögliche weitere Schäden vorerst nichts, sondern gab sich mit der Erklärung eines Mitarbeiters der Haushaltsversicherung des Beklagten zufrieden, daß er (der Beklagte) so gut versichert sei, daß er (der Kläger) sich bei Auftreten weiterer Schäden "ein neues Haus bauen" könnte. Aus diesem Grund akzeptierte der Kläger die Zahlung von S 11.500,- durch die Haushaltsversicherung des Beklagten.

Der Kläger reparierte die im Jahr 1984 aufgetretenen Schäden selbst. Bis 1986 traten keine weiteren Schäden auf. Im Jahr 1986 wurden in fast jedem Zimmer des Hauses Risse sichtbar. Der Kläger hielt diese Schäden für die vom Sachverständigen im Jahr 1984 angekündigten Spätfolgen des Wasseraustrittes im Haus des Beklagten. Diese Rißbildungen wiederholten sich in den folgenden Jahren regelmäßig, ab 1989 traten sie vermehrt auf, in fast allen Zimmern entstanden größere Risse. Nachdem der Kläger die in den Jahren 1986 bis 1989 auftretenden Schäden selbst repariert und sich - auch auf Anraten seiner Frau - nicht mit dem Beklagten bzw dessen Haftpflichtversicherung in Verbindung gesetzt hatte, erreichten die Schäden ab August 1990 ein Ausmaß, das Reparaturmaßnahmen des Klägers allein als nicht mehr ausreichend erscheinen ließ. Erst jetzt sprach der Kläger den Beklagten auf dessen Haftung an; dieser lehnte aber jede Ersatzleistung ab. Die Haushaltsversicherung des Beklagten, an die sich der Kläger ebenfalls wandte, beauftragte einen weiteren Sachverständigen mit der Feststellung des Schadensausmaßes und der Schadenshöhe. Dieser Sachverständige führte die am Gebäude eingetretenen Schäden auf den beim Beklagten im Jahr 1984 aufgetretenen Wasserrohrbruch zurück, durch welchen - begünstigt durch die örtlichen Bodenverhältnisse - eine Veränderung der Tragfähigkeit des Bodens stattgefunden habe. Er bewertete die Sanierungskosten vorläufig mit S 277.512,-, wobei er ausführte, daß eine genaue Schadensfeststellung erst im Zuge der Schadensbehebung nach Freilegung der Fundamente und Begutachtung des Bodens möglich sein würde. Der Kläger erhielt durch dieses Gutachten Gewißheit darüber, daß die an seinem Haus eingetretenen Setzungsschäden tatsächlich Folgen des Wasseraustritts auf der Liegenschaft des Beklagten im Jahr 1984 waren. Sowohl der Beklagte als auch dessen Haushaltsversicherung lehnten in der Folge jede Haftung gegenüber dem Kläger ab.

Der Grundwasserspiegel auf der Liegenschaft des Klägers liegt unter der Fundamentunterkante seines Hauses. Ein Ansteigen dieses Grundwasserspiegels bis über die Fundamentunterkante ist nicht feststellbar. Das Haus des Klägers weist ein für die Bodenverhältnisse in Parndorf ausreichend standsicheres Fundament auf. Die Sanierungskosten für die am Haus des Klägers verursachten Schäden betragen zumindest S 931.545,12, weitere Schäden aufgrund des Wasserrohrbruches sind nicht auszuschließen, zumal es bei der zeitlichen Abfolge des Auftretens von Spannungsrissen in Gebäuden kein Gesetzmäßigkeiten gibt.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, daß der Beklagte gemäß § 1318 ABGB für die Schäden zu haften habe, die durch das Ausfließen des Wassers aus der Wasserleitungsanlage seines Hauses am Haus des Klägers entstanden sind. Der Schadenersatzanspruch des Klägers sei nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist beginne mit dem Zeitpunkt zu laufen, mit dem der Ersatzberechtigte sowohl den Schaden als auch den Ersatzpflichtigen soweit kenne, daß eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erhoben werden könne. Die Verjährungsfrist beginne nach herrschender Ansicht nicht erst mit dem tatsächlichen Schadenseintritt, sondern grundsätzlich schon mit der Kenntnis des Geschädigten von der schädigenden Handlung, sofern nur der Schaden in diesem Zeitpunkt schon vorhersehbar sei. Für nicht vorhersehbare schädigende Wirkungen beginne die Verjährungsfrist erst mit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme oder, sobald mit künftigen Schäden mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen sei, was namentlich dann gelte, wenn sich der neue Schaden vom früheren Schaden durch seine Beschaffenheit unterscheide. Im vorliegenden Fall sei für den Kläger das sich letztlich ergebende Schadensausmaß bzw die Schadensausweitung und ihre Ursache erst nach der Erstattung des Sachverständigengutachtens im September 1990 erkennbar gewesen. Da die Verjährung nicht vor Einlangen des Sachverständigengutachtens beginnen könne, wenn dem Geschädigten die Ursache des Schadens ohne Beiziehung eines Sachverständigen nicht erkennbar sei, sei Verjährung nicht eingetreten. Die vom Kläger bei Entgegennahme der Zahlung von S 11.500,- im Jahr 1984 abgegebene Abfindungserklärung sei einschränkend dahin auszulegen, daß sie sich nicht auf die nach 1984 eingetretenen Senkungsschäden beziehen könne.

Das vom Beklagten angerufene Berufungsgericht änderte diese Entscheidung im Sinn der Abweisung des Klagebegehrens ab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und erörterte rechtlich, daß der vorliegende Sachverhalt grundsätzlich unter die Bestimmung des § 1318 ABGB, die eine Gefährdungshaftung des Wohnungsinhabers normiere, zu subsumieren sei. Zur Frage der Verjährung habe ein verstärkter Senat des Obersten Gerichtshofs in der Entscheidung 1 Ob 621/95 ausgesprochen, daß die kurze Verjährungszeit des § 1489 erster Satz nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginne. Darin sei ausdrücklich betont worden, daß davon nicht der Fall der zeitlich gedehnten Entstehung mehrerer Teilschäden aufgrund eines in der Vergangenheit liegenden "Erstschadens" erfaßt sein könne. § 1489 ABGB beziehe sich seinem Wortlaut nach nur auf einen einheitlichen Schaden. Durch diese Entscheidung habe die herrschende Rechtsprechung, wonach es die Berücksichtigung leitender, insbesondere der Prozeßökonomie dienender Zwecke des Verjährungsrechtes verbiete, die Verjährung jedes folgenden Teilschadens erst mit dessen Entstehung beginnen zu lassen, bei Verfolgung eines aktuellen Schadenersatzanspruches vielmehr auch die Erhebung einer Feststellungsklage betreffend die bei Entstehung des Erstschadens vorhersehbaren Folgeschäden zumutbar sei, dies auch unter Berücksichtigung der in der Zukunftsprognose liegenden Unsicherheitsfaktoren, habe keine Änderung erfahren. Diese Rechtsprechung werde auch von der Lehre zustimmend kommentiert (Koziol, Haftpflichtrecht I2, 317; Bydlinski in FS Steffen [1995]). Bydlinski führe zur Wahrscheinlichkeit (des Schadenseintrittes) aus, es müsse eine solche Verläßlichkeit der Kenntnis bzw des Voraussehens genügen, daß vom Geschädigten vernünftigerweise eine - dennoch naturgemäß nicht risikolose - Rechtsverfolgung durch Klage erwartet werden könne. Im vorliegenden Fall seien die ersten Setzungserscheinungen und Rißbildungen und damit der relevante Erstschaden am Haus des Klägers Anfang 1984 aufgetreten; dies sei für ihn auch erkennbar gewesen. Dem Kläger sei im Frühjahr 1984 durch eigene Nachforschungen und den von der Haftpflichtversicherung des Beklagten bestellten Gutachter bekannt geworden, daß die Ursache für die an seinem Haus aufgetretenen Schäden der durch die Fahrlässigkeit des Beklagten verursachte Wasserrohrbruch in dessen Haus gewesen sei. Ihm sei weiters bekannt gewesen, daß rund 300 bis 400 m3 Wasser aus dem Keller des Beklagten ausgetreten waren. Er sei auch von kompetenter Seite über mögliche weitere Folgen des Wassereintrittes informiert worden, was sich letztlich ab 1986 regelmäßig und ab dem Jahr 1989/90 schließlich in dramatischer Form auch bewahrheitet habe, wobei der Kläger selbst die jeweils auftretenden Risse für die vom Sachverständigen angekündigten Spätfolgen des Wasserrohrbruchs im Jahre 1984 gehalten habe. Der Kläger sei allein, um einen Streit mit dem Beklagten zu vermeiden, und nicht deshalb, weil er nicht mit weiteren Schäden gerechnet habe, untätig geblieben. Die ab dem Jahr 1986 auftretenden weiteren Risse und Setzungserscheinungen am Haus des Klägers seien als Folgeerscheinungen ein und desselben Ereignisses - eben des Wasserrohrbruches im Jahr 1984 im Haus des Beklagten - zu werten. Vom Kläger wäre bei seinem Wissensstand, nicht zuletzt unter Berücksichtigung seines Berufes, bereits im Jahr 1984, spätestens aber, als zwei Jahre später in regelmäßigen Abständen weitere Folgeschäden auftraten, vernünftigerweise eine Rechtsverfolgung durch Feststellungsklage zu erwarten gewesen. Der Anspruch des Klägers sei daher bereits im Jahr 1987 verjährt gewesen. Auf die Frage der Reichweite und Wirksamkeit der von ihm anläßlich der ersten Schadenszahlung durch die Haftpflichtversicherung des Beklagten im Jahr 1984 abgegebenen Abfindungserklärung sei bei dieser rechtlichen Beurteilung nicht mehr einzugehen.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil zum Problem der Verjährung zeitlich gedehnter Teilschäden ausgehend von einem in der Vergangenheit liegenden Erstschaden eine einheitliche Rechtsprechung bestehe.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die außerordentliche Revision der Klägers wegen Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Der Beklagte beantragt, der außerordentlichen Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden - Anspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil die angefochtene Entscheidung der zur Verjährung nicht vorhersehbarer Schäden vorhandener Rechtsprechung nicht ausreichend Rechnung trägt; sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber rügt die im angefochtenen Urteil in der rechtlichen Beurteilung enthaltene Annahme, ihm sei bekannt gewesen, daß rund 300 bis 400 m3 Wasser ausgetreten seien, er sei über mögliche weitere Folgen des Wassereintrittes von kompetenter Seite informiert worden und er habe die in den Jahren 1989/1990 aufgetretenen Schäden für die angekündigten Spätfolgen des Wasserrohrbruchs im Jahr 1984 gehalten, als aktenwidrig. Tatsächlich findet sich im Ersturteil keine Feststellung, daß dem Kläger (vor dem Verfahren) bekannt wurde, welche Wassermenge tatsächlich ausgetreten ist. Diese in der rechtliche Beurteilung enthaltene Annahme hat daher zu entfallen (Kodek in Rechberger, ZPO § 503 Rz 4 mwN). Die weitere Annahme, der Kläger sei über weitere mögliche Folgen des Wasserrohrbruches informiert worden, ist dahingehend zu relativieren, daß ihm vom ersten Sachverständigen mitgeteilt wurde, es sei nicht auszuschließen, daß aufgrund des Wassereintrittes noch weitere Schäden am Haus auftreten können. Aus den Feststellungen läßt sich schließlich auch die Annahme nicht ableiten, der Kläger habe die in den Jahren 1989/90 auftretenden Schäden für die angekündigten Spätfolgen des Wasserrohrbruches im Jahr 1984 gehalten. Festgestellt wurde nur, daß der Kläger die (kleineren) Risse, die im Jahr 1986 auftraten, für diese Spätfolgen hielt. Auch das angeführte Argument hat daher bei der rechtlichen Beurteilung des Sachverhaltes zu entfallen.

Zum Beginn des Laufes der Verjährungsfrist nach § 1489 ABGB hat der Oberste Gerichtshof mit der Entscheidung des verstärkten Senates 1 Ob

621/95 (SZ 68/238 = ecolex 1996, 91 [Wilhelm] = EvBl 1996/11 = JBl

1996,331 [Apathy] = ZVR 1996/77) ausgesprochen, daß die kurze

Verjährung von Ersatzansprüchen nicht vor dem tatsächlichen Eintritt des Schadens zu laufen beginne. Im Fall der zeitlich gedehnten Entstehung mehrerer Teilschäden habe dies nur für den relevanten "Erst- oder Primärschaden" uneingeschränkt Gültigkeit. Auch die Frage der Risikoüberwälzung sei im Falle der Beurteilung von Folgeschäden differenziert zu sehen, sei doch die Erhebung einer Feststellungsklage bei vorhersehbaren Folgeschäden dann kaum beschwerlich und risikoreich, wenn aufgrund des Eintritts des "Erstschadens" die Leistungsklage ohnedies bereits indiziert sei. In der Entscheidung JBl 1996, 315 (Riedler) = RdW 1996, 261 wurde unter Berufung auf F. Bydlinski (Schadensentstehung und Verjährungsbeginn im österreichischen Recht, Steffen - FS [1995], 72 f und 80 ff) ausgesprochen, daß die kurze Verjährungszeit des § 1489 erster Satz ABGB zwar nicht vor dem tatsächlichen Eintritt der Rechtsgutverletzung, also des "Erstschadens", zu laufen beginne; die Berücksichtigung leitender, insbesondere der Prozeßökonomie dienender Zwecke des Verjährungsrechts verbiete es aber, die Verjährung jedes folgenden Teilschadens erst mit dessen Entstehung beginnen zu lassen. Bei Verfolgung eines aktuellen Schadenersatzanspruchs sei auch die Erhebung einer Feststellungsklage betreffend die bei Entstehung des Erstschadens vorhersehbaren Folgeschäden zumutbar, dies auch unter Berücksichtigung der in der Zukunftsprognose liegenden Unsicherheitsfaktoren. Bei Eintritt eines wenngleich der Höhe nach noch nicht bezifferbaren Schadens seien alle Voraussetzungen für den Ersatzanspruch gegeben und sei dieser dem Grunde nach entstanden. Die Meinung Riedlers (Judikaturwandel in der Frage der Verjährung von Entschädigungsforderungen nach § 1489 ABGB = ZVR 1993, 44 [51]; ders auch in JBl 1994, 756), der Schadenersatzanspruch werde wie jeder einzelne Folgeschaden erst mit dem Schadenseintritt existent und mittels Leistungsklage durchsetzbar, sodaß bei einem "zeitlich gedehnten Schaden" für jeden Teilschaden mit dessen Kenntnis durch den Geschädigten eine neue Frist in Gang gesetzt werde, wurde ausdrücklich abgelehnt und ausgeführt, die Ingangsetzung der Verjährungsfrist mit dem "Erstschaden" stehe auch mit dem Wortlaut des § 1489 ABGB in Einklang. Der drohenden Verjährung seines Anspruchs auf Ersatz der künftigen, aber schon vorhersehbaren Folge- oder Teilschäden habe der Geschädigte dann, wenn ihm schon ein "Erstschaden" entstanden sei, mit einer Feststellungsklage innerhalb der Verjährungsfrist zu begegnen. Dieser Rechtsansicht hat sich der erkennende Senat in der Entscheidung SZ 69/55 angeschlossen.

In der Folge wurde in der Rechtsprechung bekräftigt, daß der Geschädigte dann, wenn er wegen des Eintritts eines Erstschadens zu einer Leistungsklage genötigt ist, gleichzeitig alle vorhersehbaren künftigen Schäden mit Feststellungsklage geltend machen muß, um die Verjährung des Ersatzanspruches wegen derartiger Schäden zu vermeiden (JBl 1997, 43 = ZVR 1997/129).

Für nicht vorhersehbare neue schädigende Wirkungen eines Schadensfalls beginnt die Verjährungsfrist jedoch erst vom Zeitpunkt der Kenntnisnahme an zu laufen (SZ 48/27 = ZVR 1976/50; JBl 1996, 321 [Riedler]; 1 Ob 155/97v; RIS-Justiz RS0034527; Mader in Schwimann2 § 1489 Rz 13 mwN). Unvorhersehbare Schäden liegen dann vor, wenn sie sich von den früheren schon durch ihre Beschaffenheit und namentlich dadurch unterscheiden, daß sie auf bis dahin nicht wahrgenommene Zwischenursachen zurückzuführen sind (ZVR 1960/166; ZVR 1988/83; Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 15/13 mwN in FN 54). Unter Umständen besteht keine Säumigkeit des Geschädigten mit indizierten Maßnahmen der Rechtsverfolgung, weil es nicht sinnvoll wäre, dem Geschädigten zur Wahrung seiner Interessen die Klageerhebung aufzuerlegen, obwohl weitere Schadensfolgen nicht vorhersehbar sind und daher die Überzeugung gerechtfertigt erscheint, daß die Geltendmachung weiterer Ansprüche nicht in Betracht kommt (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I3 Rz 15/13).

Die Beurteilung der Verjährungsfrage hängt daher davon ab, wann die später eingetretenen - vom Berufungsgericht als dramatisch bezeichneten - Setzungsschäden am Hause des Klägers vorhersehbar waren und zu welchem Zeitpunkt eine Rechtsverfolgung angezeigt gewesen wäre.

Zunächst traten im Hause des Klägers nach dem Wasserrohrbruch im Jahre 1984 Schäden (Haarrisse) auf, aus deren Anlaß dem Kläger S 11.500,- bezahlt wurden, wenngleich die Kosten für die Schadensbehebung am Mauerwerk und an den Putzrissen nicht ermittelt werden konnten. Dem Kläger wurde auch mitgeteilt, daß nicht ausgeschlossen werden könne, daß an seinem Haus weitere Schäden auftreten könnten. Der Kläger gab sich mit der von der Haftpflichtversicherung des Beklagten geleisteten Zahlung zufrieden und behob die Schäden mit Eigenmitteln. Bis 1986 traten keine weiteren Schäden auf. Ab dem Jahre 1986 bis 1989 wurden in fast jedem Zimmer des Hauses Risse sichtbar, die vom Kläger selbst repariert wurden. Erst ab August 1990 erreichten die Schäden ein Ausmaß, das Reparaturmaßnahmen des Klägers allein als nicht mehr ausreichend erschienen ließ. Es kam zu einer dramatischen Verschlechterung. Das sich nunmehr ergebende Schadensausmaß bzw die Schadensausweitung war für den Kläger erst durch das Gutachten des im September 1990 beigezogenen Sachverständigen erkennbar. Das Erstgericht hat nicht festgestellt, daß dem Kläger bekannt war, welche Wassermenge aus dem Haus des Beklagten ausgetreten war.

Damit wurde zunächst ein aufgetretener Bagatellschaden außergerichtlich bereinigt. Der Kläger war daher bei Auftreten der ersten Schäden noch nicht verhalten, eine Leistungsklage, mit der eine Feststellungsklage zu verbinden gewesen wäre, einzubringen. Aus der Äußerung des Sachverständigen, es könne nicht ausgeschlossen werden, daß weitere Schäden auftreten könnten, kann ein verständiger Beteiligter wohl nur schließen, daß noch weitere Schäden in der bereits bekannten Art möglich sind, nicht aber, daß es zu einer dramatischen Verschlechterung der Situation kommt, die einen Sanierungsaufwand in nahezu Millionenhöhe erfordert. Bei dieser Sachlage kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, nicht schon im Jahr 1984 bzw nach Auftreten der weiteren (kleineren) Schäden ab 1986 eine Feststellungsklage eingebracht zu haben (vgl auch Wilhelm, Entscheidungsbesprechung, ecolex 1996, 91 [93]).

Zur Frage der Rechtswirksamkeit einer Abfindungserklärung hat der erkennende Senat in jüngster Zeit ausgesprochen, daß dann, wenn der Eintritt nicht vorhergesehener Schäden zu einem ganz krassen und dem Geschädigten völlig unzumutbaren Mißverhältnis zwischen Schaden und der bloß auf Basis der bekannten Schäden errechneten Abfindungssumme führt, sich der Schädiger bzw dessen Versicherer auf eine solche Erklärung wegen Sittenwidrigkeit im Sinne des § 879 Abs 1 ABGB nicht

mit Erfolg berufen könne (JBl 1998, 38 [zust Kletecka] = RdW 1997, 60

= RZ 1998/27 = ZVR 1998/8). Dies ist hier anzunehmen, weshalb eine Berufung auf eine Abfindungserklärung erfolglos bleiben muß.

Danach war die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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