Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß der Antrag der betreibenden Partei, das Urteil des Landeszivilgerichtes Kemer (Türkei) vom 27. 10. 1994, GZ 1993/36, 1994/52, für vollstreckbar zu erklären, abgewiesen wird.
Die betreibende Partei hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens selbst zu tragen.
Die betreibende Partei ist schuldig, der verpflichteten Partei binnen 14 Tagen die mit S 44.878,42 (darin enthalten S 7.479,74 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Erstgericht erklärte antragsgemäß das im Spruch bezeichnete Urteil gegen die beklagte Partei G***** "R*****" GmbH (nunmehr G***** T***** GmbH), dessen Spruch es zitierte, für vollstreckbar.
Dem dagegen erhobenen Rekurs der Verpflichteten gab das Rekursgericht mit dem angefochtenen Beschluß nicht Folge.
Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Seine Entscheidung begründete es wie folgt:
Zwar sei es richtig, daß das Rekursgericht mit Beschluß vom 9. 8.1996, AZ 46 R 706/96f - 46 R 708/96z, unter anderem den Antrag der betreibenden Partei vom 28. 2. 1996, das genannte Urteil für vollstreckbar zu erklären, abgewiesen habe. Diese Entscheidung sei damit begründet worden, daß dem Urteil kein Befehl auf Leistung eines bestimmten Betrages samt Zinsen zu entnehmen sei; die vorgelegte Übersetzung aus der türkischen Sprache sei kaum verständlich. In der nunmehr vorgelegten Übersetzung durch einen gerichtlich beeideten Dolmetscher, die sehr wohl verständlich sei, laute der Urteilsspruch in seinem Leistungsbefehl unter anderem wie folgt: "Der Kläger ist berechtigt, den Betrag von DM 235.852, [um]gerechnet nach dem Wechselkurs der Nationalbank am Vollstreckungsdatum 1,806.833,869 TL, zu fordern. Der von der Beklagten gegen die Betreibung der Vollstreckung für diesen Betrag erhobene Einspruch wird aufgehoben und die Betreibung über diesen Betrag wird fortgesetzt.
.....ist beschlossen worden, für die Beklagte G***** GmbH die Betreibung über diesen Betrag fortzusetzen und die angenommene Bestreitungsentschädigung von 40 % von der Beklagten zu nehmen und an den Kläger zu geben." Die Formulierungen seien durchaus verständliche und auch anschauliche Leistungsbefehle. Es könne von einem ausländischen Gericht nicht gefordert werden, Formulierungen zu verwenden, wie sie der österreichischen Zivilprozeßordnung entsprechen. Wenn die Rekurswerberin vorbringe, das Vollstreckbarerklärungsverfahren wäre durch die Vorentscheidung des Rekursgerichtes rechtskräftig entschieden, so sei sie darauf zu verweisen, daß sich die betreibende Partei bei der neuerlichen Antragstellung, wie ausgeführt, nicht auf den identischen rechtserzeugenden Sachverhalt gestützt habe, die Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft der Vorentscheidung hier somit nicht zum Tragen komme.
Gemäß § 86 EO gingen Staatsverträge hinsichtlich der Vollstreckbarerklärung von ausländischen Exekutionstiteln den Bestimmungen der EO vor. Anzuwenden sei im gegenständlichen Fall das Abkommen vom 23. Mai 1989 zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über die Anerkennung und die Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen in Zivil- und Handelssachen, BGBl 1992/571 (in der Folge: Vollstreckungsabkommen).
Gemäß Art 10 des Übereinkommens dürfe, wenn eine im Vertragsstaat ergangene Entscheidung im anderen Vertragsstaat geltend gemacht werde, nur geprüft werden, ob die Voraussetzungen des Art 3 vorlägen und ob nicht einer der in den Art 4 und 5 Abs 2 genannten Versagungsgründe gegeben sei. Darüber hinaus dürfe die Entscheidung nicht geprüft werden. Das Gericht des ersuchten Staates sei bei der Beurteilung der Zuständigkeit des Gerichtes des Entscheidungsstaates an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, aufgrund derer das Gericht seine Zuständigkeit angenommen habe.
Das Titelgericht habe sich mit der Frage seiner Zuständigkeit beschäftigt und diese bejaht. Es habe dem Widerspruch der Beklagten nicht Folge gegeben, der darauf gerichtet gewesen sei, ein Schiedsgericht sei zuständig.
Wenn eine bindende Entscheidung des Titelgerichtes vorliege, könne anläßlich der Vollstreckbarerklärung nicht neuerlich die Frage der Zuständigkeit des Titelgerichtes geprüft werden. Es sei sohin entbehrlich, auf die Argumentation des Erstgerichtes einzugehen, die Zuständigkeit ergebe sich schon aus Art 6 Z 6 des Abkommens, da die entstandende Verpflichtung im Entscheidungsstaat zu erfüllen gewesen sei.
Die Voraussetzung der Rechtskraft nach Art 3 Z 1 des Vollstreckungsabkommens sei gegeben, weil das Urteil die Bestätigung des Titelgerichtes trage, daß es am 26. 1. 1996 rechtskräftig geworden sei.
Richtig sei, daß dem Urteil eine Leistungsfrist nicht zu entnehmen sei. Da der Antrag auf Vollstreckbarerklärung am 18. 11. 1996 beim damals zuständigen Exekutionsgericht Wien eingelangt sei, sei die [österreichische] Leistungsfrist sohin jedenfalls abgelaufen. Dazu komme, daß laut einer vom türkischen Gericht ausgefertigten Bestätigung das genannte Urteil in der Türkei vollstreckbar sei, indem das Gericht ausgesprochen habe, daß die Zwangsvollstreckung fortgesetzt werde. Das Urteil widerspreche auch nicht der öffentlichen Ordnung Österreichs. Der Rechtsgrund der Forderung sei angeführt. Es liege auch kein anderer Versagungsgrund gemäß Art 4 oder Art 5 Abs 2 des Abkommens vor. Bei ihrem Vorbringen, die anstragstellende Partei habe keine Urkunde vorgelegt, aus der sich ergäbe, daß das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück der Antragsgegnerin ordnungsgemäß zugestellt worden wäre, übersehe die Rekurswerberin, daß sie sich in das Verfahren eingelassen habe und daß sohin eine Bestätigung über die Zustellung des das Verfahren einleitenden Urkunde gemäß Art 14 Abs 1 Z 3 des Vollstreckungsübereinkommens nicht vorgelegt werden müsse. Die Verpflichtete sei im Titelverfahren anwaltlich vertreten gewesen. Die Entscheidung sei vom Obersten Gerichtshof der Türkei bestätigt worden. Die Verpflichtete habe sich sohin in das Verfahren eingelassen. Das ersuchte Gericht sei an die Feststellung im Urteil, die Verpflichtete habe sich im Titelverfahren durch "Ten Tour" vertreten lassen, gebunden. Es gehe aus der Bescheinigung des Vollstreckungsamtes Antalya vom 6. 2. 1996, Zahl 1993/4148, hervor, daß die Exekution gegen G***** R***** GmbH geführt werde. Es werde darin auch ausgeführt, daß der Schuldner, sohin G***** R***** GmbH [in der Rekursentscheidung öfters unrichtig "R***** GmbH"], Einspruch erhoben habe. An der Legitimation der Verpflichteten könne somit kein Zweifel bestehen.
Aus dem Auszug aus dem Firmenbuch geht hervor, daß G***** T***** GmbH die Rechtsnachfolgerin der G***** R***** GmbH sei.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei aufgrund der eindeutigen Sach- und Rechtslage nicht zuzulassen gewesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei, mit dem sie in erster Linie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin begehrt, daß der Antrag der Betreibenden, das Urteil des Gerichtes Kemer vom 27. 10. 1994 in Österreich für vollstreckbar zu erklären, zurückgewiesen, in eventu abgewiesen werde.
Darin wird ausgeführt, daß sich die Zulässigkeit des Revisionsrekurses daraus ergebe, daß das Rekursgericht mehrere Rechtsfragen falsch gelöst habe.
Zunächst sei der Beschluß des Rekursgerichtes nichtig, weil er die Rechtskraft der Vorentscheidung zu 11 E 1165/96k des Bezirksgerichtes Josefstadt nicht beachtet habe, mit der endgültig über die Vollstreckbarerklärung des vorliegenden Urteils abgesprochen worden sei. Darüber hinaus sei die Frage, ob die Vorlage einer neuen Übersetzung zu ein- und demselben ausländischen Titel einen neuen rechtserzeugenden Sachverhalt schaffe, soweit überblickbar, von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bisher nicht behandelt worden. Die verpflichtete Partei vertrete den Standpunkt, daß die Vorlage einer neuen Übersetzung nichts an der Identität der beiden Anträge ändere. Gegenstand eines Verfahrens nach den §§ 79 ff EO sei nämlich der ausländische Titel als solcher.
Zu Unrecht meinte das Rekursgericht, daß in der nun vorgelegten Übersetzung dem Urteil des Landesgerichtes Kemer ein "verständlich und anschaulicher" Leistungsbefehl zu entnehmen sei. Der Urteilstext vom Nehmen und Geben beziehe sich aber ausschließlich auf die Bestreitungsentschädigung von 40 %, nicht auf die Hauptforderung. Für diese werde die Berechtigung der Forderung festgestellt, der Einspruch aufgehoben und die Fortsetzung der Betreibung angeordnet. Das Fehlen eines Leistungsbefehls sei aber nicht eine Frage der Formulierung, sondern entspreche dem Wesen und dem Inhalt des vorangegangenen Schuldbetreibungsverfahrens nach Art 42 ff des türkischen Schuldbetreibungs- und Konkursgesetzes. Gegenstand des von der Betreibenden nach dem Einspruch gegen den Zahlungsbefehl des Vollstreckungsamtes Antalya vom 12. 10. 1993 eingeleiteten Verfahrens sei die Zulässigkeit der Schuldbetreibung bzw die Berechtigung des Einspruchs. Ein neuer Titel für die mit dem Zahlungsbefehl betriebene Forderung werde hingegen dabei nicht geschaffen. Der Antrag sei auch auf den Betrag von DM 235.852 samt 40 % Bestreitungsschadenersatz von DM 93.340,80 beschränkt gewesen. Die Vollstreckbarerklärung sei daher jedenfalls verfehlt, soweit sie sonstige Ansprüche der betreibenden Partei, die aus dem Urteil abgeleitet werden könnten, mitumfasse.
Die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, es liege zur Frage der Zuständigkeit eine bindende Entscheidung des Titelgerichtes vor, sei verfehlt, weil die Bindung nur an hier nicht vorliegende tatsächlichen Feststellungen bestehe. Die verpflichtete Partei habe niemals in der Türkei Sitz, Niederlassung oder Vermögen gehabt. Daß einer der sonstigen Tatbestände erfüllt gewesen wäre, der nach Art 6 bis 9 des Abkommens die Zuständigkeit türkischer Gerichte zur Folge hätte, sei der Aktenlage nicht zu entnehmen. Das Urteil, das als Verhandlungsgegenstand die "Aufhebung des Einspruchs" bezeichne, enthalte keine Angaben, worauf sich die Forderung des Antragstellers gründe. Seine Anerkennung sei daher mit der öffentlichen Ordnung Österreichs offensichtlich unvereinbar. Die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, es sei ausreichend, daß der Rechtsgrund der Forderung aus dem Zahlungsbefehl hervorgehe, sei nicht nachvollziehbar.
Zudem sei der verpflichteten Partei im Verfahren vor den türkischen Gerichten das rechtliche Gehör sowohl im formellen als auch im materiellen Sinn verwehrt worden. Weder der Zahlungsbefehl noch sonstige Schriftstücke seien der verpflichteten Partei je zugestellt worden. Sie habe vom Verfahren auch nicht rechtzeitig Kenntnis erlangt. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso T***** als Vertreter der Verpflichteten behandelt worden sei. Für die Annahme gesetzlicher Vertretungsmacht fehle jede Grundlage. Auch die Versagung des rechtlichen Gehörs bilde einen Versagungsgrund nach Art 4 Abs 2 des Vollstreckungsübereinkommens. Die Bescheinigung des Vollstreckungsamtes Antalya vom 6. 2. 1996, 1993/4148, könne nicht als Vollstreckbarkeitsbestätigung zum Urteil des Landesgerichtes Kemer qualifiziert werden. Eine Urkunde, aus der sich ergebe, daß das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück der verpflichteten Partei ordnungsgemäß zugestellt worden sei, sei nicht vorgelegt worden, obwohl die Einlassung der verpflichteten Partei auf das Verfahren vor dem Titelgericht nicht bescheinigt sei.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist zulässig und auch berechtigt.
Nicht gefolgt werden kann allerdings der Ansicht der Revisionsrekurswerberin, das Rekursgericht habe die Rechtskraft einer früheren Entscheidung mißachtet, mit welcher der Antrag, dasselbe Urteil - allerdings auf der Grundlage einer anderen Übersetzung - für vollstreckbar zu erklären, rechtskräftig abgewiesen wurde. Wenn es auch richtig ist, daß auch im vorliegenden Fall über die Vollstreckbarerklärung desselben ausländischen Exekutionstitels zu entscheiden war, so darf doch nicht übersehen werden, daß bei fremdsprachigen Entscheidungen die Beurteilung der Vollstreckbarkeit nur aufgrund der schon gemäß Art 8 B-VG und § 53 Abs 1 Geo erforderlichen Übersetzung in die deutsche Sprache erfolgen kann. Daß die Vorlage einer (von einem beeideten Übersetzer stammenden) Übersetzung der vorgelegten Urkunden erforderlich ist, ergibt sich überdies aus Art 14 des österreichisch-türkischen Vollstreckungsabkommens BGBl 1992/571, welches gemäß dem Notenwechsel zwischen den Außenministerien der beteiligten Staaten BGBl 1994/949 bei der vorliegenden Entscheidung bereits anzuwenden ist, weil das von der betreibenden Partei geltend gemachte Urteil des Landeszivilgerichtes Kemer nach dem 31. 10. 1992 gefällt wurde. Vollstreckbarerklärungen fremdsprachiger Exekutionstitel setzen daher stets das Vorliegen einer Übersetzung desselben in die deutsche Sprache voraus, so daß dann, wenn eine abweisende Entscheidung darauf beruht, daß eine unzureichende oder fehlerhafte Übersetzung vorliegt, einem neuerlichen Antrag unter Beifügung einer korrekten Übertragung in die deutsche Sprache die materielle Rechtskraft der ersten Entscheidung nicht entgegensteht, wie das Rekursgericht völlig zutreffend erkannt hat. Dem Einwand der Rekurswerberin, es könne doch nicht eine betreibende Partei immer wieder neue Übersetzungen vorlegen, ist zu erwidern, daß allfälligen Bedenken gegen die Richtigkeit einer Übersetzung nur durch Überprüfung derselben durch einen vom Gericht zu bestellenden Dolmetsch begegnet werden kann. Unerträglich wäre im Gegensatz dazu eine Auffassung, wonach ein - von der Partei oftmals in keiner Weise erkennbarer - Übersetzungsfehler unbehebbar wäre und damit zum Rechtsverlust führen würde (vgl dazu gerade zur Problematik der Übersetzung aus der türkischen Rechtssprache und in diese Kilic, IPRax 1994, 477 ff [479 f]). Das Rekursgericht hat daher zu Recht eine Verletzung der Einmaligkeitswirkung der materiellen Rechtskraft der Vorentscheidung durch das Erstgericht verneint.
Nicht gefolgt werden kann auch der Ansicht der Verpflichteten, der vorliegende türkische Exekutionstitel sei zu unbestimmt. Wie Schlosser (EuGVÜ Rz 3 zu Art 31) zu dem dem bilateralen Vollstreckungsrecht zwischen Österreich und der Türkei ähnlichen Art 31 EuGVÜ mit Recht ausführt, dürfen an die Bestimmtheit ausländischer Exekutionstitel nicht dieselben Anforderungen wie an inländische Titel gestellt werden, allerdings muß die Entscheidung einen vollstreckungsfähigen Inhalt haben (Rz 2). Mag auch dem türkischen Recht, wie der vorliegende Zahlungsbefehl des Vollstreckungsamtes klarstellt, ein der österreichischen Rechtspraxis entsprechender Leistungsbefehl nicht fremd sein, kann doch die Beurteilung des Rekursgerichtes, der Spruch des vorliegenden Titels reiche für eine Vollstreckbarerklärung aus, nicht beanstandet werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß auch nach den §§ 226, 405 und 417 ZPO kein bestimmter Wortlaut für den Leistungsbefehl vorgeschrieben ist. Zutreffend hat insbesondere das Rekursgericht ausgeführt, daß die Ausdrucksweise (nach einer der vorliegenden Übersetzungen) "... ist beschlossen worden, für die Beklagte die Betreibung über diesen Betrag fortzusetzen und die angenommene Bestreitungsentschädigung von 40 % von der Beklagten zu nehmen und an den Kläger zu geben" als Leistungsbefehl durchaus anschaulich ist.
Es ist weiters zu prüfen, ob in der Hauptsache tatsächlich ein Leistungsurteil vorliegt.
Dem Urteil vom 27. 10. 1994 des Landeszivilgerichtes Kemer ging ein Zahlungsbefehl vom 12. 10.1993 voraus, der sich sowohl gegen die verpflichtete Partei im vorliegenden Verfahren als auch gegen eine türkische Gesellschaft (T***** A.S.) richtete. Dieser Zahlungsbefehl erging nach dem türkischen Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (IIK 1929), welches einst von der Schweiz übernommen, mittlerweile allerdings mehrfach geändert wurde (Kuru, Zivilgerichtsbarkeit, Zwangsvollstreckung und Konkurs in der Türkei in:
Zivilgerichtsbarkeit, Zwangsvollstreckung und Konkurs in europäischen Ländern II, 359 ff). Nach diesem Gesetz kann für Geldforderungen ein vereinfachtes Vollstreckungsverfahren ohne Gerichtsurteil geführt werden (aaO 405). In dem Antrag ist unter anderem Name und Wohnort des Schuldners anzugeben. Nach Erhalt des vollständigen Betreibungsbegehrens erläßt das Betreibungsamt [nach den vorgelegten Übersetzungen: Vollstreckungsamt] ohne jede materielle Prüfung einen Zahlungsbefehl gegen den Schuldner (aaO 406). (Wenn Kuru, aaO 405 davon spricht, das Schuldbetreibungsverfahren der Türkei sei dem deutschen und österreichischen Mahnverfahren ähnlich, bezieht es sich offenbar auf die Rechtslage nach dem aufgehobenen MahnG.) Binnen der im Zahlungsbefehl angegebenen Frist kann der Schuldner Rechtsvorschlag erheben (wegen der Herkunft des Gesetzes aus der Schweiz ist dieser Begriff der Schweizer Rechtssprache den in den vorliegenden Übersetzungen gewählten Begriffen "Einspruch" und "Widerspruch" vorzuziehen). Ein rechtzeitig eingeleiteter Rechtsvorschlag bewirkt die Einstellung der Schuldbetreibung (Art 66 IIK). Um die Fortsetzung der Schuldbetreibung zu erwirken, stehen dem Gläubiger grundsätzlich drei Wege offen. Entweder kann er vor dem zuständigen ordentlichen Gericht im Rahmen eines normalen Erkenntnisverfahrens ein Urteil erwirken oder er begehrt beim Vollstreckungsgericht die definitive oder provisorische Rechtsöffnung. Die beiden letzeren Wege setzen das Vorhandensein entsprechender Urkunden voraus. In der ersten Variante verurteilt das Prozeßgericht, findet es den Rechtsvorschlag des Schuldners vollständig oder teilweise unbegründet, den Schuldner zur Zahlung der vom Gläubiger mit dem Betreibungsbegehren geforderten Forderung oder des entsprechenden Teils derselben. Außerdem kann der Schuldner [wie im vorliegenden Fall] zugunsten des Gläubigers zu einem Schadenersatz verurteilt werden, der mindestens 15 % der bestrittenen Forderung ausmachen soll (aaO 408 f).
Zum Rechtsvorschlag nach dem Schweizer Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. 4. 1889 (SchKG) führt Ammon (Grundriß des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts5 § 18 Rz 1) aus, daß dieser angesichts des Umstandes, daß der Zahlungsbefehl ausschließlich auf den Behauptungen des Gläubigers im Betreibungsbegehren beruhe, absolut notwendig sei und der Schuldner damit dem Gläubiger vorerst auf den Rechtsweg verweise. Die Rechtsöffnung stelle die gerichtliche Beseitigung der Wirkungen des gültig erhobenen oder gerichtlich bewilligten - und nicht zurückgezogenen - Rechtsvorschlages dar, wobei fälschlich meist kurz von "Beseitigung" oder "Aufhebung" des Rechtsvorschlages [so offenbar auch das vorliegende türkische Urteil] gesprochen werde (aaO § 19 Rz 3 und 4). Wenn dem Gläubiger keine für die Rechtsöffnung geeigneten Urkunden (Urteil oder Schuldanerkennung) zur Verfügung stehen, so bleibt ihm nichts anderes übrig, als seine Forderung auf dem ordentlichen Prozeßweg geltend zu machen. Verlangt der Gläubiger in diesem Prozeß ausdrücklich oder doch wenigstens sinngemäß die Beseitigung der Wirkungen des Rechtsvorschlages, so erübrigt das Zivilurteil in der Sache - sofern es eine unbedingte Schuldpflicht bekräftigt, mit Bestimmtheit auf die hängige Betreibung Bezug nimmt und die Wirkungen des Rechtsvorschlages ganz oder teilweise aufhebt - das besondere (summarische) Rechtsöffnungsverfahren. Das im Zivilprozeß ergangene Urteil ermächtigt ihn, indem es mit dem Sachentscheid zugleich die Rechtsöffnung ausspricht, ohne weiteres die Fortsetzung der Betreibung zu verlangen (Ammon aaO § 19 Rz 7 und 9; Frank/Sträuli/Messner, Komm zur zürcherischen ZPO3 (1997) Rz 14 zu § 213 Z 2). Durch diese Rechtslage erklärt sich die Textierung des Urteilsspruchs in der Hauptsache, so daß daraus nicht etwa darauf geschlossen werden kann, es liege gar kein Leistungs-, sondern allenfalls ein Feststellungsurteil vor. Demnach kann nicht gesagt werden, das Fehlen eines Leistungsbefehls stehe der Vollstreckbarkeit des Urteils entgegen.
Zutreffend macht aber die Revisionsrekurswerberin geltend, daß die formellen Voraussetzungen die Vollstreckbarerklärung nicht vorliegen.
Nach Art 12 des österreichisch-türkischen Vollstreckungsabkommens werden die Entscheidungen der Gerichte des einen Vertragsstaates im anderen Vertragsstaat vollstreckt, wenn sie 1. die für die Anerkennung im ersuchten Staat erforderlichen Voraussetzungen erfüllen und 2. im Entscheidungsstaat vollstreckbar sind. Anzuerkennen sind solche Entscheidungen, wenn sie im Entscheidungsstaat rechtskräftig sind und das Titelgericht nach den Art 6 bis 9 des Abkommens zuständig war (Art 3). Daraus ergibt sich, daß die Entscheidung in der Türkei rechtskräftig und vollstreckbar sein muß, was nach Art 14 Abs 1 Z 2 des Abkommens durch eine entsprechende Bestätigung nachzuweisen ist, die im vorliegenden Fall (auf dem Urteil selbst) vorliegt.
Nach Art 14 Abs 1 Z 3 hat aber die betreibende Partei eine Urkunde vorzulegen, aus der sich ergibt, daß das der Einleitung des Verfahrens dienende Schriftstück dem Beklagten ordnungsgemäß zugestellt worden ist, wenn sich der Beklagte in das Verfahren, in dem die Entscheidung ergangen ist, nicht eingelassen hat. Entgegen der Auffassung der betreibenden Partei kann nun nach dem vorliegenden Urteil des Landgerichtes Kemer keineswegs gesagt werden, daß daraus hervorginge, die verpflichtete Partei habe sich tatsächlich in das Verfahren vor dem türkischen Gericht eingelassen. Wie bereits dargelegt wurde, gab es nach dem vorangehenden Zahlungsbefehl noch zwei verpflichtete Parteien. Dagegen ist die Parteibezeichnung im vorgelegten Urteil, welche in nicht nachvollziehbarer Weise die beiden Schuldner nach dem Zahlungsbefehl vermengt ("T***** A.S. im Namen von G***** GmbH [als Agentur T*****] mit Adresse in Istanbul), unklar. Außerdem ist auch nur von einer Beklagten die Rede, gegen die Vollstreckung betrieben worden sei und die Einspruch (Widerspruch) erhoben habe. Es ist zwar richtig, wie das Rekursgericht ausführt, daß in der Urteilsbegründung davon die Rede ist, daß die Beklagte nach der erhobenen Klage durch Ten Tour vertreten sei, woraus es ebenso wie die betreibende Partei darauf schließt, daß sich die Verpflichtete in das Verfahren eingelassen habe. Die (aufgrund der Formulierung "im Namen von"?) angenommene Vertretung steht allerdings im Widerspruch dazu, daß nach Kuru (aaO 376) zwar vor türkischen Gerichten kein Anwaltszwang besteht, daß aber als Prozeßbevollmächtigte nur türkische Rechtsanwälte in Frage kommen. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß die im Zahlungsbefehl noch als Schuldner aufscheinende Agentur T***** ein solcher türkischer Rechtsanwalt wäre. Vielmehr nennt das Urteil ausdrücklich einen solchen als Prozeßbevollmächtigten der Beklagten. Auch sonst bringt die Urteilsbegründung wenig Licht in diese Frage. So wird (offenbar dem Einwand der fehlenden Passivlegitimation, der bei der vorliegenden Sachlage, wo neben dem Vertragspartner des Betreibenden auch eine türkische Agentur in irgendeiner Form belangt wurde, sich nur auf letztere beziehen kann) erwidert, der Kläger habe schon den richtigen Gegner angegeben, ohne daß dieser genannt würde. Dies legt eher den Schluß nahe, daß nach Auffassung des türkischen Gerichtes die Agentur der richtige Gegner wäre, nicht aber die verpflichtete GmbH mit Sitz in Österreich. Für die Auffassung der Vorinstanzen spricht allerdings tatsächlich der Umstand, daß im Urteilsspruch ausdrücklich die Fortsetzung der Betreibung gegen die Verpflichtete beschlossen wurde und in diesem Zusammenhang von der Bestreitungsentschädigung die Rede ist. Dagegen deutet aber die Formulierung, wonach die Klage "im Namen" der österreichichen GenbH" "gegen T*****" [die türkische Agentur] anhängig gemacht worden sei, eher auf die Parteistellung letzterer hin. Im Hinblick auf diese Unklarheiten kann jedoch nach Auffassung des erkennenden Senates nicht davon ausgegangen werden, daß sich die hier verpflichtete Partei tatsächlich auf das türkische Titelverfahren eingelassen hätte, weshalb die Betreibende das nach Art 14 Abs 1 Z 3 des Vollstreckungsabkommens erforderliche Zustellzeugnis vorzulegen gehabt hätte. Ohne dieses Zeugnis kann auch nicht beurteilt werden, ob der Versagungsgrund des Art 4 Abs 2 vorliegt. Dagegen kann die Verpflichtete keine stichhaltigen Gründe vorbringen, aus denen sich ein Verstoß gegen den ordre public gemäß Art 4 Abs 1 lit a ergäbe.
Was die Zuständigkeit des Titelgerichtes nach Art 3 Z 2 iVm Art 6 bis 9 des Abkommens angeht, so gehen die diesbezüglichen Ausführungen des Rekursgerichts am Kern der Sache vorbei. Nach Art 10 Abs 2 des Vollstreckungsabkommens ist das Gericht des ersuchten Staates bei der Beurteilung der Zuständigkeit des Gerichtes des Entscheidungsstaates (nur) an die tatsächlichen Feststellungen gebunden, aufgrund derer das Gericht seine Zuständigkeit angenommen hat. Während ein Fall des Art 7 des Abkommens jedenfalls ausscheidet und auch von keiner Seite behauptet wurde, es ginge um unbewegliche Sachen, dingliche Rechte oder Nachlaßangelegenheiten betreffend unbewegliche Sachen (Art 8), wäre zu prüfen, ob einer der in Art 6 aufgezählten Zuständigkeitstatbestände vorliegt. Nun gibt es aber keinerlei Feststellungen des Titelgerichtes, die einer derartigen Überprüfung zugänglich wären. An die rechtliche Beurteilung der Zuständigkeitsfrage durch das Titelgericht ist der österreichische Richter keinesfalls gebunden (vgl zur praktisch gleichlautenden Bestimmung des Art 6 des österreichisch-italienischen Vollstreckungsabkommens BGBl 1974/521 3 Ob 76/98t mit Nachweisen aus der Lehre). Von den in Art 6 aufgezählten Fällen kämen im vorliegenden Fall - wenn man wie das Rekursgericht auf den Zahlungsbefehl zurückgreift, der als Rechtsgrund Übernachtungskosten laut Vertrag mit Vollbelegungsgarantie nennt - jene nach Z 3, 4 oder 6 in Betracht. Die Fällle des Z 3 und 6 setzen schriftliche oder schriftlich bestätigte mündliche Vereinbarungen voraus, von denen im Ersturteil überhaupt keine Rede ist. Insbesondere kann aber auch nicht, wie bereits dargelegt wurde, gesagt werden, die Verpflichtete hätte sich überhaupt in die Sache selbst eingelassen, ohne die Zuständigkeit zu bestreiten. Vielmehr hat sich das Titelgericht ausdrücklich mit Zuständigkeitsbestreitung der damals Beklagten (von der allerdings nicht feststeht, daß es sich dabei gerade um die nach dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung verpflichtete Partei handelt) beschäftigt.
Damit ergibt sich aber, daß aus dem Titelurteil nicht hervorgeht, daß einer der Zuständigkeitsgründe des Abkommens vorläge. Auf bloße Feststellungsvermutungen darf aber, wie schon zu 3 Ob 76/98t hervorgehoben wurde, der Zweitrichter seine Entscheidung niemals gründen. Anders als in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Fall gibt es im vorliegenden aber keinen Hinweis darauf, daß es eine Zwischenentscheidung des ausländischen Gerichtes über die Zuständigkeit gebe, der allenfalls entsprechende Feststellungen entnommen werden könnten. Es scheidet daher eine Verbesserung nach § 54 Abs 3 EO idF der EO-Novelle 1995 aus.
Es war daher dem Revisionsrekurs der verpflichteten Partei Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 78 EO, 50 ZPO und 41 sowie 40 ZPO. Der Ansatz für den Rekurs nach TP 3 B des RAT beträgt aber nur S 11.331, Inlandsporto ist gemäß § 23 Abs 1 RATG im Einheitssatz enthalten.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)