OGH 6Ob228/98t

OGH6Ob228/98t10.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kellner, Dr. Schiemer, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Stefan Vargha und Dr. Herbert Waltl, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Rudolf P*****D-*****, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer ua Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 675.198,20 S, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 26. Mai 1998, GZ 3 R 93/98m-13, womit der Beschluß des Landesgerichtes Salzburg vom 27. Jänner 1998, GZ 13 Cg 97/97p-8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 21.848,04 S (darin 3.641,34 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt vom Beklagten 675.198,20 S an restlichem Werklohn für den Einbau eines Schutz- und Sicherungssystems in dessen Ferienhaus in M*****. Nach dem äußeren Anschein und dem bisherigen Verhalten des Beklagten sei davon auszugehen, daß er in M***** einen Wohnsitz habe. Dieser Ort sei nach der Natur und dem Zweck des geschlossenen Vertrages auch Erfüllungsort, auch Teilzahlungen seien von einem Konto des Beklagten bei einer Salzburger Bank erfolgt.

Der Beklagte bestritt eine noch offene Forderung und erhob die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit. Der Wohnsitz des Beklagten befinde sich in Deutschland, wo er auch seinen Beruf ausübe. Das Haus in M***** sei nur ein Feriendomizil, das der Beklagte nur selten und unregelmäßig jeweils für kurze Dauer aufsuche. Erfüllungsort für die Werklohnforderung sei der Wohnsitz des Beklagten.

Das Erstgericht wies die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit nach abgesonderter Durchführung eines Beweisverfahrens zurück. Ein bloß fallweise und unregelmäßig benütztes Feriendomizil sei zwar kein Wohnsitz im Sinne des Art 2 LGVÜ - der Haupt- und die beruflich bedingten Nebenwohnsitze des Beklagten befänden sich in Deutschland - es sei aber ein schlüssig vereinbarter Erfüllungsort in M***** anzunehmen. Die aushaftende Werklohnzahlung sei eine Geldschuld, die nach österreichischem Binnenrecht eine qualifizierte Schickschuld sei. Durch die Übersendung und Annahme der auf österreichische Schilling lautenden Rechnung unter Anführung der Kontonummer und unter Anschluß von Erlagscheinen hätten die Parteien schlüssig vereinbart, daß Zahlungen von Österreich aus mittels Erlagscheins zu leisten seien. Der Beklagte habe auch tatsächlich Teilzahlungen von einem für Belange des Ferienhauses in M***** eingerichteten Konto in Salzburg geleistet. Damit sei ein Erfüllungsort im Sinne des Art 5 Z 1 LGVÜ im Sprengel des angerufenen Gerichtes anzunehmen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten Folge, sprach aus, daß das Landesgericht Salzburg örtlich unzuständig sei, wies die Klage zurück und verurteilte die Klägerin zum Ersatz der Kosten des Verfahrens über die Unzuständigkeitsreinrede.

Nach Art 5 Z 1 LGVÜ könne eine in einem Vertragsstaat wohnhafte Person, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem die Verpflichtung erfüllt worden sei oder zu erfüllen wäre. Die Klage sei an dem Ort anzubringen, an dem die konkret eingeklagte Leistung zu erfüllen war oder zu erfüllen gewesen wäre. Unter der erfüllten oder zu erfüllenden Verpflichtung verstehe Art 5 Z 1 LGVÜ grundsätzlich diejenige, die den Gegenstand der Klage bilde. Der Erfüllungsort bestimme sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichtes für die streitige Verpflichtung maßgebend sei. Die hier zu beurteilende Zahlungsverpflichtung sei eine Geldschuld, die sowohl nach österreichischem als auch nach deutschem Recht eine Schickschuld sei. Mangels besonderer Vereinbarung seien Schickschulden am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen (7 Ob 375/97s). Eine besondere Vereinbarung über den Erfüllungsort liege ebensowenig vor wie eine schlüssige Vereinbarung. Allein aus der Übersendung und Annahme der auf österreichische Schilling lautenden Rechnung unter Anführung der Kontonummer und Anschluß von Erlagscheinen könne keine konkludente Vereinbarung des Erfüllungsortes abgeleitet werden. Auch der Umstand, daß der Beklagte tatsächlich Teilzahlungen von einem Salzburger Konto geleistet habe, reiche für die Annahme der Vereinbarung eines Erfüllungsortes nicht aus. Das Landesgericht Salzburg sei daher für die Klage nicht zuständig.

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses seien gegeben, weil der zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ein etwas anderer Sachverhalt zugrundegelegen sei.

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH (EuGH 16.10.1976, 14/76; 22.3.1983, 34/82; 20.7.1993, 1/93

ua) und der Lehre (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht5 Rz 12 zu Art 5) bereits mehrfach ausgeführt, daß Art 5 Z 1 LGVÜ unter der erfüllten oder zu erfüllenden Verpflichtung grundsätzlich diejenige versteht, die konkret den Gegenstand der Klage bildet. Der Erfüllungsort bestimmt sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichtes für die streitige Verpflichtung maßgebend ist (4 Ob 233/97m; 4 Ob 299/97t; 9 Ob 246/97k; 7 Ob 336/97f; 7 Ob 375/97s). Auf die Art früher geleisteter Teilzahlungen kommt es daher nicht an. Zutreffend hat das Rekursgericht ausgeführt, daß die eingeklagte Verpflichtung, deren Erfüllung begehrt wird, eine Geldschuld ist, die nach dem anzuwendenden österreichischen Recht als qualifizierte Schickschuld am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen ist. Ob nach den besonderen Umständen des Einzelfalles, nach der Natur und dem Zweck des gegenständlichen Vertrages die eingeklagte Forderung im Sprengel des Erstgerichtes zu erfüllen sei oder wie bestimmte Erklärungen und Handlungen der Parteien aufzufassen sind, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar. Im übrigen weist der Beklagte in seiner Revisionsrekursbeantwortung zutreffend darauf hin, daß aus der Übersendung einer auf österreichische Schilling lautenden Rechnung unter Anführung der Kontonummer und unter Anschluß von Erlagscheinen keine Vereinbarung eines Erfüllungsortes entnommen werden kann, weil der Bekanntgabe der Kontonummer an den Schuldner nur die Bedeutung zukommt, daß der Gläubiger damit eine Zahlung auf dieses Konto als unmittelbar an ihn geleistet gelten lassen muß. Der Tatsache, daß der Beklagte bei einer Salzburger Bank ein Konto zur Abwicklung von sein Ferienhaus betreffenden Zahlungen eingerichtet hat, kommt im Verhältnis zur Klägerin keinerlei Erklärungswert oder Vertragswille zu. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung, in der auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen wurde, beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte