OGH 2Ob217/98w

OGH2Ob217/98w10.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Ing. Helmut H*****, vertreten durch Dr. Josef Ebner, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei K*****, vertreten durch Dr. Wolfram Themmer und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 161.168,75 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 1. April 1998, GZ 17 R 25/98s-89, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 14. April 1997, GZ 13 Cg 454/93t-68, zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S

8.112 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.352, keine Barauslagen) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei S 161.168,75 sA als restliches Architektenhonorar.

Die beklagte Partei wendete ein, die Rechnung sei überhöht, weiters seien die vom Kläger erbrachten Leistungen teilweise mangelhaft gewesen, weshalb aus dem Titel der Preisminderung ein Abzug von S 80.000 vom Honorar gerechtfertigt sei. Darüber hinaus sei auch ein Planungsfehler im Zusammenhang mit der Be- und Entlüftung unterlaufen, wofür ein Abzug von S 10.000 vorgenommen werde. Eine Forderung von S 53.600 für Sanierungskosten und eine solche in der Höhe von S 106.324,09 wegen eines dem Kläger unterlaufenen Rechenfehlers wurden compensando eingewendet. Der Kläger habe nämlich vermeint, mit der bauausführenden GmbH eine Reduktion der Position 1505 um S 34.348,20 auf S 12.295,16 zu vereinbaren; tatsächlich sei aber für diese Position ein Preis von S 122.956,10 vereinbart worden, woraus sich eine Forderung der bauausführenden GmbH in der Höhe von S 88.607,90 netto, sohin in der Höhe von S 106.324,09 brutto, und auch ein Schaden der beklagten Partei in dieser Höhe ergebe.

Das Erstgericht stellte fest, die Forderung der klagenden Partei bestehe mit S 107.568,75 zu Recht, desgleichen die Gegenforderung mit mindestens diesem Betrag; das auf Zahlung von S 161.168,75 sA gerichtete Begehren wurde daher abgewiesen.

Es ging dabei davon aus, daß dem Kläger eine angemessene Honorarforderung von insgsamt S 800.938,14 zustehe. Davon seien eine Honorarminderung von S 53.600 wegen eines Planungsfehlers und die geleisteten Zahlungen von S 450.000 und S 189.769,39 abzuziehen, woraus sich eine offene Restforderung von S 107.568,75 ergebe. Der beklagten Partei stünden Gegenforderungen in der Höhe von S 88.453,60 aus dem Rechenfehler des Klägers und S 53.600 an Verbesserungskosten zu.

Das von der klagenden Partei angerufene Berufungsgericht änderte die angefochtene Entscheidung dahin ab, daß mit Teilurteil die beklagte Partei für schuldig erkannt wurde, der klagenden Partei den Betrag von S 107.568,75 sA zu bezahlen; das Mehrbegehren auf Zahlung von S

53.600 sA wurde abgewiesen. Es sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

Im übrigen, soweit die Gegenforderung mit S 107.568,75 als zu Recht bestehend festgestellt und das Klagebegehren abgewiesen wurde, sowie im Kostenpunkt wurde das Urteil aufgehoben und die Rechtssache in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Das Berufungsgericht verwies darauf, daß vom Erstgericht der Betrag von S 53.600 zweimal, nämlich einmal unter dem Titel der Minderung und einmal unter dem Titel der Verbesserungskosten, berücksichtigt worden sei. Das Erstgericht habe auch in keiner Weise untersucht, wie sich der Rechenfehler des Klägers ausgewirkt habe, weshalb die Berücksichtigung dieses Betrages zur Kompensation jedenfalls im Augenblick verfehlt sei. Die Feststellungen ließen derzeit noch keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür erkennen, daß der beklagten Partei aus diesem Rechenfehler tatsächlich ein Schaden in der Höhe von S 88.603,42 netto = S 106.324,09 brutto erwachsen sei.

Gegen den abändernden Teil der Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich die Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde; hilfsweise wird beantragt, die Gegenforderung mit S 107.568,75 als zu Recht bestehend festzustellen; in eventu werden weiters Aufhebungsanträge gestellt.

Die klagende Partei hat Revisionsbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der beklagten Partei zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Über Antrag der beklagten Partei änderte das Berufungsgericht den Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision dahin, daß diese für zulässig erklärt wurde. Es führte dazu aus, daß die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zulässigkeit eines Teilurteiles nicht einhellig sei.

Die beklagte Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, das Berufungsgericht hätte kein Teilurteil über den Betrag von S 107.568,75 fällen dürfen, weil die Verhandlung über den Klagsanspruch noch nicht zur Entscheidung reif sei. Dahingestellt werde, "daß" eine Forderung im rechtlichen Zusammenhang mit der Klagsforderung erhoben wurde. Infolge der vollen Konkurrenz zwischen Schadenersatz und Gewährleistung seien sämtliche Einwendungen der beklagten Partei sowohl auf den Rechtsgrund der Gewährleistung als auch jenen des Schadenersatzes gestützt worden. Es sei der Honoraranspruch des klagenden Architekten infolge des insbesondere auf den ihm unterlaufenen Rechenfehler zurückzuführenden Unbrauchbarkeit seiner Leistung zumindest teilweise verwirkt, weshalb die von ihm geltend gemachte Forderung nicht feststehe und die Fällung eines Teilurteiles unzulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die beklagte Partei in ihrem Rechtsmittel ausdrücklich die Frage, ob wegen konnexer Gegenforderung kein Teilurteil ergehen hätte dürfen, nicht releviert. Sie verneint die Zulässigkeit eines Teilurteiles nur mit der Begründung, hinsichtlich der Klagsforderung sei keine Spruchreife gegeben. Die Rechtsfrage, die vom Berufungsgericht als für die Zulässigkeit der Revision maßgebend angesehen wurde, ist somit hier nicht zu lösen.

Richtig ist, daß zwischen Gewährleistung und Schadenersatz eine alternative Anspruchskonkurrenz besteht (s Koziol/Welser I10 269 mwN; SZ 63/37; JBl 1990, 792; WoBl 1995, 8). Die Voraussetzungen und Folgen von Gewährleistung und Schadenersatz richten sich jeweils nach den besonderen Rechtsgrundlagen, also den §§ 922 ff bzw 1295 ff ABGB. Der Erwerber/Besteller kann daher wegen Mängeln, die auf ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Veräußerers/Werkunternehmers zurückzuführen sind, Schadenersatz in der Höhe des positiven Vertragsinteresses fordern, die Gewährleistungsansprüche bleiben davon unberührt, wenn und so weit der Gläubiger damit nicht bereichert wird (Binder in Schwimann**2 Rz 71 und 72 zu § 932 mwN).

Im vorliegenden Fall hat nun die beklagte Partei hinsichtlich des dem Kläger unterlaufenen Rechenfehlers mehrfach und ausdrücklich vorgebracht, daß sie diesbezüglich eine Gegenforderung aus dem Titel des Schadenersatzes in der Höhe von S 106.324,09 erhebe (AS 153 f, AS 255 und AS 297 f jeweils Bd I). Wenn sie sich diesbezüglich auf eine bestimmte Anspruchsgrundlage (Schadenersatz) gestützt und kein Vorbringen hinsichtlich einer anderen möglichen Anspruchsgrundlage (Minderung) erhoben hat, dann wurde jene zum Streitgegenstand und war über den anderen Anspruch nicht zu entscheiden. Streitgegenstand ist nämlich das Klagebegehren und das Tatsachenvorbringen, aus dem das Klagebegehren abgeleitet wird (RIS-Justiz RS0037522), was hier bedeutet, daß Streitgegenstand lediglich eine aus dem Titel des Schadenersatzes eingewendete Gegenforderung wurde und nicht auch ein Anspruch auf Minderung des Werklohnes. Im übrigen hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 1 Ob 605/84 (= SZ 57/140 = JBl 1985, 625), auf die sich die beklagte Partei zur Begründung der Zulässigkeit und Berechtigung der Revision beruft, die Möglichkeit, einen sinnlos bezahlten (frustrierten) Werklohn zurückzufordern, ohnedies aus dem Titel des Schadenersatzes abgeleitet, weshalb sie höchstens im Rahmen der eingewendeten Gegenforderung berücksichtigt werden kann.

Die Entscheidung des Berufungsgerichtes entspricht sohin der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, weshalb das Rechtsmittel der beklagten Partei wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig ist. Dies führt zur Zurückweisung des Rechtsmittels, weil der Oberste Gerichtshof auch an den vom Berufungsgericht gemäß § 508 Abs 3 ZPO vorgenommenen Ausspruch, daß die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig ist, nicht gebunden ist. Hiedurch wird nämlich der gemäß § 500 Abs 2 Z 3 ZPO vorgenommene Ausspruch geändert und der neue Ausspruch tritt an die Stelle des früheren, weshalb § 508a Abs 1 ZPO auch für den neuen Ausspruch gilt.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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