OGH 6Ob216/98b

OGH6Ob216/98b10.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kellner, Dr. Schiemer, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** & R*****, vertreten durch Dr. Klaus und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in Kitzbühel, wider die beklagte Partei Deutsche B***** AG, D-, vertreten durch Dr. Karl Aschaber und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 497.540 S, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 12. Mai 1998, GZ 5 R 10/98d-17, womit der Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. März 1998, GZ 7 Cg 23/97v-13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 21.375 S (darin 3.562,50 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt von der Beklagten 497.540 S an Schadenersatz wegen unberechtigten Rücktrittes von einem abgeschlossenen Cateringvertrag. Als Erfüllungsort sei Kitzbühel vereinbart worden, jedenfalls sei dies nach der Natur und dem Zweck des geschlossenen Vertrages als Erfüllungsort anzusehen.

Die Beklagte bestritt unter anderem die inländische Gerichtsbarkeit und beantragte die Zurückweisung der Klage. Ein Erfüllungsort sei nicht vereinbart worden, Erfüllungsort sei der Wohnsitz des Schuldners in Deutschland.

Das Erstgericht wies die Klage wegen mangelnder inländischer Gerichtsbarkeit zurück. Es stellte fest, daß die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 2. 10. 1996 den Auftrag für ein Catering für 500 bis 550 Personen im Rahmen der "29. Interbourse" in Kitzbühel (Apres-Ski-Party am 4. 2. 1997, Gästerennen am 5. 2. 1997 und offizielles Rennen am 7. 2. 1997) erteilte. Das Auftragsvolumen betrug ca 1,000.000 S. Nach dem Cateringauftrag hätte die Klägerin der Beklagten für 500 bis 550 Personen Essen und Getränke liefern sollen. Dabei hätte der Wertanteil der von der Klägerin zu erbringenden Dienstleistungen den Wertanteil der an die Gäste auszugebenden Getränke und Lebensmittel wesentlich überstiegen. Im Auftragsschreiben wurde weder ein Erfüllungsort noch das anzuwendende Recht erwähnt. Auch hinsichtlich der Zahlung war kein Erfüllungsort vereinbart. Über die Zahlungsbedingungen wurde nicht gesprochen. Wenn die Klägerin Großveranstaltungen betreut, erfolgt zumeist eine Anzahlung der Kunden mit Scheck. Nach Durchführung wird zumeist unmittelbar nach Rechnungserstellung eine Prüfung durch beide Seiten durchgeführt, die Kunden zahlen zumeist binnen einer Woche direkt noch vor Ort entweder bar oder mittels Schecks.

Nach Auftragserteilung übermittelte die Klägerin der Beklagten eine Rechnung mit der Bitte um Überweisung einer Anzahlung von 110.000 S. Mit Schreiben vom 11. 11. 1996 widerrief die Beklagte den erteilten Auftrag.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, bildeten ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens, könne nach Art 5 Z 1 LGVÜ eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates habe, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden sei oder zu erfüllen wäre, verklagt werden. Der Erfüllungsort bestimme sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichtes für diese streitige Verpflichtung maßgeblich sei. Nach dem somit anzuwendenden österreichischen Recht sei der Erfüllungsort nach § 905 ABGB zu bestimmen. Mangels Parteienabrede seien zunächst die Geschäftsnatur und der Geschäftszweck maßgeblich. Bei einem Catering für eine Großveranstaltung mit einer Auftragssumme von rund 1,000.000 S mit mehreren 100 Gästen, deren Zahl noch gar nicht genau feststehe, könne nicht von einer Barzahlung unmittelbar am Ort der Leistungserbringung ausgegangen werden. Dem Auftraggeber müsse die Möglichkeit einer Überprüfung der geltend gemachten Forderung an seinem Wohnort eingeräumt werden. Damit sei der Erfüllungsort der Wohnort des Schuldners. Der Erfüllungsgerichtsstand nach Art 5 Z 1 LGVÜ stehe nicht zur Verfügung.

Das Rekursgericht billigte die (von ihm im ersten Rechtsgang überbundene) Rechtsansicht des Erstgerichtes. Nach der Natur des Schuldverhältnisses und der Verkehrssitte könne bei einem Cateringvertrag wie dem vorliegenden schon nach dem Umfang des Geschäftes, dem nicht genau festgelegten Personenkreis und der naturgemäß umfassenden Abrechnung und Abstimmung nicht davon ausgegangen werden, daß die Zahlung sofort an Ort und Stelle erfolge. Schon für die Anzahlung sei eine Überweisung aus Deutschland vorgesehen gewesen. Als Erfüllungsort sei daher der Ort der Niederlassung der Beklagten anzusehen.

Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses seien gegeben, weil es sich beim LGVÜ um eine relativ junge Rechtsmaterie handle.

Der Revisionsrekurs der Klägerin ist mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH (EuGH 16. 10. 1976, 14/76; 22. 3. 1983, 34/82; 20. 7. 1993, 1/93 ua) und der Lehre (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht5 Rz 12 zu Art 5) bereits mehrfach ausgeführt, daß Art 5 Z 1 LGVÜ unter der erfüllten oder zu erfüllenden Verpflichtung grundsätzlich diejenige versteht, die konkret den Gegenstand der Klage bildet. Der Erfüllungsort bestimmt sich nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichtes für die strittige Verpflichtung maßgeblich ist (4 Ob 233/97m; 4 Ob 299/97t; 9 Ob 246/97k; 7 Ob 336/97f; 7 Ob 375/97s). Zutreffend haben die Vorinstanzen ausgeführt, daß die eingeklagte Verpflichtung, deren Erfüllung begehrt wird, eine Geldschuld ist, die nach dem anzuwendenden österreichischen Recht als qualifizierte Schickschuld am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen ist. Ob nach den besonderen Umständen des Einzelfalles, nach der Natur und dem Zweck des gegenständlichen Vertrages die eingeklagte Forderung im Sprengel des Erstgerichtes zu erfüllen sei, oder wie bestimmte Erklärungen und Handlungen der Parteien aufzufassen sind, stellt keine erhebliche Rechtsfrage dar, die im übrigen von den Vorinstanzen ausführlich begründet und zutreffend gelöst wurde.

Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung, in der auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels ausdrücklich hingewiesen wurde, beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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