OGH 8ObS146/98y

OGH8ObS146/98y24.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Petrag als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Langer und Dr.Rohrer und die fachkundigen Laienrichter MR Mag.Norbert Riedl (als Arbeitgeber) und Walter Darmstädter (als Arbeitnehmer) als weitere Richter in den zur gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Parteien 1.) Walter G*****, 2.) Gerlinde E*****, 3.) Heinz R*****, 4.) Christian M*****, 5.) Michael H*****, 6.) Christoph K*****, 7.) Karl S*****, 8.) Dieter K*****, 9.) Klaus H*****, 10.) Alexandra L*****, 11.) Marcus E*****, 12.) Thomas E*****, 13.) Manfred W*****, 14.) Horst P*****, 15.) Stephan Denis B*****, 16.) Kurt P*****, 17.) Gerhard R*****, 18.) Eva T*****, alle vertreten Dr.Gerald Jahn und Dr.Arnold Gangl, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen S*****, wegen Insolvenz-Ausfallgeld von (entsprechend der Aufzählung der Kläger): S 65.629,77 sA, S 20.443,72 sA, S 19.709,67 sA, S 78.072,66 sA, S 44.592,11 sA, S 47.100,- sA, S 44.735,90 sA, S 117.187,42 sA, S 63.735,30 sA, S 15.418,65 sA, S 16.138,11 sA, S 15.737,37 sA, S 84.323,21 sA, S 83.954,91 sA, S 49.369,49 sA, S 66.361,76 sA, S 46.202,40 sA und S 49.084,85 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 10.März 1998, GZ 11 Rs 282/97p-16, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Parteien wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Auf die ausführlich begründete Entscheidung des erkennenden Senates vom 12.9.1996, 8 ObS 2107/96b (SZ 69/208 = GesRZ 1997, 40 = RdW 1997, 130 = ecolex 1997, 506 = DRdA 1997/31 [Geist] = ZIK 1998, 31), die einen Parallelfall (einem anderen Arbeitnehmer derselben in Ausgleich gegangenen Gesellschaft) betraf, wird verwiesen.

Den in den vorliegenden Verfahren betreffend Arbeitskollegen des dortigen Klägers neu vorgebrachten Argumenten ist zu erwidern:

1.) Unrichtig ist die Behauptung, die bisherigen Entscheidungen zu eigenkapitalersetzenden Darlehen beträfen ausschließlich Fälle, in denen die Zahlung vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geleistet wurde. Gerade der zitierte Parallelakt betrifft einen Fall, in dem wie in den hier zu beurteilenden Fällen, die Zahlung knapp nach Eröffnung des Ausgleichsverfahrens, aber im unmittelbaren Zusammenhang mit der durch die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens evidenten Kreditunwürdigkeit der Gesellschaft geleistet wurde, sodaß sich aus diesem Grund kein Anlaß zu einer neuerlichen Auseinandersetzung mit den im Parallelakt bereits ausführlich behandelten Problemen ergibt.

2.) Es ist unstrittig, daß - wie im zitierten Parallelfall - Zweck

der vom atypischen stillen Gesellschafter nach Ausgleichseröffnung

geleisteten Zahlungen war, im Wege eines Treuhänders die offenen

Lohnforderungen der Arbeitnehmer der Gesellschaft gegen Zession der

Ansprüche, die diese gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds hatten, zu

begleichen. Objektiv betrachtet, kann dies wie im Parallelakt nur

dahingehend beurteilt werden, daß es sich in Wahrheit um einen

konkursabwendenden Sanierungskredit, somit geradezu um einen

Musterfall des kapitalersetzenden Darlehens gehandelt hat (in diesem

Sinn Karollus, kapitalersetzende Leistungen, jüngste Entwicklungen

und Zukunftsperspektiven, Bank Archiv 1997, 105[113]), weil ohne

Zahlungen oder Zuführung von Eigenkapital die Gesellschaft auf kurz

oder lange hätte liquidiert werden müssen, weil der angestrebte

Ausgleich nicht hätte finanziert werden können. Da diese Finanzierung

zu Lasten eines Dritten, nämlich des Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds

hätte gehen sollen, ist - wie der Oberste Gerichtshof bereits

mehrfach dargelegt hat (E vom 27.1.1993, 9 ObS 15/92, SZ 66/8 = DRdA

1993/57 [Geist]; 27.10.1994, 8 ObS 20/94, WBl 1995, 75; 19.8.1996, 8

ObS 2011/96k, ZAS 1997/7 [Grießer] = ZIK 1998, 32; 12.9.1996, 8 ObS

2107/96b, SZ 69/208 = DRdA 1997/31 [Geist]) - eine solche

Vereinbarung nichtig, soweit Arbeitnehmer daraus Ansprüche gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds ableiten.

Darauf, ob der kreditgewährende Gesellschafter allenfalls ein anderes Motiv für die zur Verfügungstellung der Mittel zur Begleichung der offenen Lohnforderungen der Arbeitnehmer hatte (behauptet werden soziale Aspekte, damit die Arbeitnehmer schneller ihre Lohnforderungen bezahlt erhalten, als bei Begleichung durch den Fonds), kommt es nicht an und kann es nicht ankommen, weil der kreditgewährende oder gegen Zession der Ansprüche gegen den Fonds die Lohnforderungen begleichende Gesellschafter bei der vorgelegenen finanziellen Lage der Gesellschaft verpflichtet gewesen wäre, anstatt dessen Eigenkapital zuzuschießen, um damit die Lohnforderungen der Arbeitnehmer zu begleichen.

Begleicht er auf andere Weise diese Lohnforderungen - wozu er selbstverständlich nicht verpflichtet ist - muß er sich gefallen lassen, daß diese wie Zahlungen des Arbeitgebers behandelt werden. Davon abgesehen ist das nun behauptete Motiv, welches bereits im Parallelakt eine Rolle spielte (§ 1 lit c der Zessionsvereinbarung: "Zur rascheren Auszahlung ...."), dem aber dort mit Recht keine Bedeutung beigemessen wurde, unschlüssig, weil der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds bei entsprechender Glaubhaftmachung der Ansprüche zur Vorschußgewährung verpflichtet ist (vgl Erlaß des BMAGS vom 7.5.1998 abgedruckt im ARD 4943 vom 30.6.1998). Die Arbeitnehmer sind durch die von einem Gesellschafter ihres Arbeitgebers in der Krise vorgenommenen Begleichung ihrer Lohnforderungen als lohnbefriedigt anzusehen und können daher wie im Parallelakt diese Entgeltansprüche nicht nochmals gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds geltend machen.

Nur der Vollständigkeit halber ist zur - von den Revisionswerbern allerdings nicht herangezogenen - in der Anmerkung zur genannten Entscheidung im Parallelakt 8 ObS 2107/96b enthaltenen Kritik von Geist in DRdA 1997/292 ff zu bemerken, daß Geist - ebenso wie Grießer seiner Anmerkung zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 19.8.1996, 8 ObA 2011/96, ZAS 1997, 79 ff, die einen Fall betrifft, in dem ebenfalls die Überwälzung des Insolvenzrisikos auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds, allerdings durch eine etwas andere Konstruktion, zu bewerkstelligen versucht wurde - das Ergebnis des Obersten Gerichtshofes voll begrüßt, daß der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds vor mißbräuchlicher Inanspruchnahme im Zusammenhang mit lohnersetzenden Zahlungen von Personen, die nicht formell Arbeitgeber sind, in Form von Darlehensgewährungen oder Zahlungen gegen Abtretung insolvenzentgeltgesicherter Ansprüche zu schützen ist. Sie meinen, daß dieses Ergebnis auch rechtlich begründbar sei, wenden sich lediglich gegen die Begründungslinie des Obersten Gerichtshofes und wollen das gleiche Ergebnis auf einem etwas anderen Weg erreichen, wobei allerdings auch sie die Gedanken des Obersten Gerichtshofes in der einen oder anderen Weise aufgreifen.

Geist (aaO) ist durchaus zuzustimmen, daß der Schutzzweck des IESG Kernpunkt der Überlegungen sein muß und Zahlungen des Arbeitgebers - unabhängig von ihrer Widmung - zwingend zuerst als schuldtilgende Zahlungen auf insolvenzentgeltgesicherte Ansprüche anzurechnen seien, weshalb für diese als bereits getilgte Forderungen nicht nochmals Insolvenz-Ausfallgeld zustehe. Da die Gewährung eines Überbrückungsdarlehens bzw Zahlungen gegen Abtretung gesicherter Ansprüche gegen den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds durch ein Familienmitglied des Arbeitnehmers oder einen Freund sowie die Kreditaufnahme durch den Arbeitnehmer bei einer Bank oder einem sonstigen Dritten den Anspruch auf Insolvenz-Ausfallgeld jedenfalls nicht ohne weiteres (vgl Grießer aaO - Entfall bei Einbindung des Arbeitgebers in die Kreditgewährung) entfallen lassen, benötigt auch Geist zu seiner Begründung eigenkapitalersetzende Gesichtspunkte: Der atypische stille Gesellschafter sei kein beliebiger Dritter, seine Zahlungen an die Arbeitnehmer seien als Zahlungen des Arbeitgebers zu werten, weil er verpflichtet gewesen wäre, entweder auf die Liquidierung der Gesellschaft hinzuwirken oder ihr formell Eigenkapital zuzuführen. Hätte er letzteres getan und wäre dann das zugeführte Kapital für Zahlungen an die Arbeitnehmer verwendet worden, so wären diese Zahlungen im Sinne obiger Ausführungen auf den insolvenzentgeltgesicherten Entgeltanspruch anzurechnen gewesen. Der Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds wäre dadurch von seiner Zahlungspflicht entlastet worden. Auch Geist kommt zum Ergebnis, daß die in Folge der grundsächlichen Trennung der GmbH von ihrem atypischen stillen Gesellschafter mögliche Abwälzung des Finanzierungsrisikos auf den Insolvenz-Ausfallgeld-Fonds durch "Privatzahlungen" nicht hingenommen werden könne. Sie widerspräche dem Zweck der in der Anrechnungsbestimmung zum Ausdruck kommenden Subsidiarität des Insolvenz-Ausfallgeldes (so schon Geist DRdA 1993, 493). Der Normzweck verlange daher zur Vermeidung von Gesetzesumgehungen, daß Zahlungen des atypischen stillen Gesellschafters - jedenfalls in der Krise - gleich wie Zahlungen der arbeitgeberischen GmbH zu behandeln seien. Aufgrund dieser gesetzlichen Widmung gelte die Zahlung als Arbeitsentgelt mit Tilgungswirkung.

Genau zu diesem Ergebnis kam aber der erkennende Senat auch im Parallelakt (S 14 f), sodaß aus dieser - im wesentlichen nur die Reihenfolge der Begründung und ein angeblich fehlendes Begründungsglied betreffenden - Kritik kein für die hier das Bundesamt klagenden Arbeitnehmer günstigeres Ergebnis abgeleitet werden kann.

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