OGH 5Ob149/98t

OGH5Ob149/98t9.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Baumann und Dr.Hradil als weitere Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin Gemeinnützige H***** reg. Gen. m.b.H., *****, wider die Antragsgegner 1.) Rudolf M*****, 2.) Erika M*****, 3.) Kurt Z*****, 4.) Luise Z*****, 5.) Erich L*****, 6.) Adelheid L*****, 7.) Heinrich L*****, 8.) Lydia L*****, 9.) Dietmar W*****, alle *****, alle vertreten durch Dr.Christian Girardi und Dr.Markus Seyrling, Rechtanwälte in 6020 Innsbruck, wegen Festsetzung des Preises für die nachträgliche Übertragung von Wohnungen in das Wohnungseigentum gemäß § 15c WGG iVm § 22 Abs 1 Z 2a WGG, infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin sowie der unter 1.) bis 9.) angeführten Antragsgegner gegen den Beschluß (und Sachbeschluß) des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 20.Februar 1998, GZ 4 R 71/98i, womit in Stattgebung eines Rekurses der Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Singerstraße 17-19, 1011 Wien, der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 5.August 1997, GZ 30 Msch 179/96g-9, samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig aufgehoben und der Sachantrag der Antragstellerin abgewiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Revisionsrekursen wird, soweit sie sich gegen die wegen Nichtigkeit verfügte Aufhebung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses sowie des Verfahrens ab Zustellung des Sachantrages richten, nicht Folge gegeben.

Aus Anlaß der Anfechtung der rekursgerichtlichen Sachentscheidung, mit der der Sachantrag der Antragstellerin abgewiesen wurde, wird dieser Teil des angefochtenen Beschlusses (der Sachbeschluß) als nichtig aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die Einleitung des gesetzmäßigen Verfahrens über den Sachantrag der Antragstellerin aufgetragen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist aufgrund des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages vom 14.3.1975 zu 4700/7220 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ *****, wobei mit diesen Miteigentumsanteilen das ausschließliche Nutzungsrecht an vier größeren Wohnungen (Top 2, Top 3, Top 4 und Top 5) sowie zwei Kleinwohnungen (darunter Top 7) und an der Tiefgarage verbunden ist. Mit Bestandvertrag vom 29.3.1976 hat die Antragstellerin die Wohnungen Top 2 bis Top 7 an die Republik Österreich vermietet. Diese hat die Wohnungen 2, Top 3, Top 4, Top 5 und Top 7 mit Bescheid den Antragsgegnern zugewiesen.

Am 14.10.1996 beantragte die Antragstellerin beim Erstgericht die Festsetzung des Verkehrswertes der Wohnungen Top 2, 3, 4, 5 und 7. Diese Wohnungen würden von den Antragsgegnern benutzt. Sie hätten die Antragstellerin ersucht, den Verkehrswert der Wohnungen gerichtlich festsetzen zu lassen, um so das Verfahren nach § 15c WGG einzuleiten. Die Antragsgegner hätten erklärt, bei Genehmigung der nachträglichen Übertragung der Wohnungen in ihr Eigentum sämtliche Verpflichtungen aus dem (mit der Republik Österreich bestehenden) Bestandvertrag vom 29.3.1976 zu übernehmen, und sich verpflichtet, die Antragstellerin hinsichtlich sämtlicher Ansprüche aus diesem Vertrag schad- und klaglos zu halten.

Die Antragsgegner schlossen sich bei Gericht diesem Antrag an.

Das Erstgericht gab dem Sachantrag statt und setzte die Preise für die nachträgliche Übertragung der verfahrensgegenständlichen Wohnungen in das Wohnungseigentum der Inhaber - einem Sachverständigengutachten folgend - mit jeweils zwei Beträgen (mit und ohne Berücksichtigung des aufrechten Mietverhältnisses) fest (Näheres auf Seite 2 ff des erstgerichtlichen Sachbeschlusses). In rechtlicher Hinsicht stützte es sich dabei auf die Bestimmungen des § 15c WGG. Der Sachbeschluß wurde der Antragstellerin und dem Vertreter der Antragsgegner am 7.8.1997 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 3.12.1997 stellte die Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, den Antrag, sie dem Verfahren beizuziehen oder ihr eine allenfalls schon ergangene Sachentscheidung zuzustellen. Den daraufhin übermittelten Sachbeschluß hat die Republik Österreich mit Rekurs wegen Nichtigkeit und unrichtiger rechtlichen Beurteilung angefochten.

Das Rekursgericht gab diesem Rechtsmittel Folge. Es hob den erstinstanzlichen Sachbeschluß samt dem ab Antragstellung durchgeführten Verfahren als nichtig auf und wies den Sachantrag ab. Dies aus folgenden Erwägungen.

Zunächst einmal sei die Rekurslegitimation der Rechtsmittelwerberin zu bejahen. Gemäß § 22 Abs 4 Z 2 WGG habe das Gericht von Verfahren, die von einem oder mehreren Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten einer Baulichkeit gegen die Bauvereinigung eingeleitet werden, auch die anderen Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten der Baulichkeit, deren Interessen durch die Stattgebung des Antrages unmittelbar berührt werden könnten, zu verständigen; auch diesen Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten sei Gelegenheit zur Teilnahme am Verfahren zu geben, wobei es genüge, wenn sie zu einem Zeitpunkt, zu dem dies noch zulässig ist, Gelegenheit zu Sachvorbringen haben. In der Bestimmung des § 22 Abs 4 Z 3 WGG sei die Parteistellung der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten für Verfahren, die von der Bauvereinigung gegen Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte eingeleitet werden, im wesentlichen gleichlautend geregelt. Die Parteistellung der vom Antrag nicht unmittelbar umfaßten anderen Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten einer Baulichkeit hänge davon ab, ob ihre Interessen durch das Ergebnis des Verfahrens unmittelbar berührt werden könnten. Dies dürfe allerdings nicht im wirtschaftlichen, sondern nur im rechtlichen Sinn verstanden werden, sodaß die Parteistellung der anderen Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten der Baulichkeit nur dann gegeben sei, wenn die Entscheidung ihnen gegenüber eine unmittelbare rechtliche Bindungswirkung entfalten könnte (vgl MietSlg 46.453; Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht20, Rz 56 zu § 37 MRG; OGH vom 9.12.1997, 5 Ob 268/97s). Die richtigen Parteien seien vom Gericht von Amts wegen beizuziehen (Würth/Zingher aaO, Rz 56 zu § 37 MRG).

Bei einem Verfahren nach § 15c WGG handle es sich zwar nicht um ein Verfahren, welches - im engeren Sinn des Wortes - gegen die Bauvereinigung oder gegen die Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten iSd Bestimmungen des § 22 Abs 4 Z 2 und Z 3 WGG eingeleitet wird, das ändere jedoch nichts an der Parteistellung der Republik Österreich als Mieterin. Schon im Antrag sei behauptet worden, daß hinsichtlich jener Wohnungen, in Ansehung derer eine Preisfestsetzung begehrt wird, ein aufrechtes Bestandverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Republik Österreich besteht. Da das Verfahren nach § 15c (Abs 2) WGG letztlich in die Anwartschaft zum Wohnungseigentum des bisherigen Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten münde, bedeute dessen Einleitung für den Mieter nichts anderes, als daß ein anderer Bestandgeber in den aufrecht bleibenden Mietvertrag eintreten wird. Daraus sei abzuleiten, daß nicht nur wirtschaftliche, sondern auch rechtliche Interessen des Mieters unmittelbar berührt werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs sei aber nicht nur als zulässig, sondern auch berechtigt:

Die Beiziehung weiterer Parteien habe jedenfalls so zu erfolgen, daß diese noch Gelegenheit zu Sachvorbringen und Beweisanträgen haben, in der Regel also spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung (§ 22 Abs 4 Z 2 WGG). In Angelegenheiten des § 22 WGG bestehe nämlich im Rechtsmittelverfahren Neuerungsverbot (Würth/Zingher aaO, Rz 42 zu § 37 WGG). Werde die genannte Vorschrift verletzt, sei das Verfahren nichtig.

Damit sei der erstinstanzliche Sachbeschluß einschließlich des erstinstanzlichen Verfahrens ab der Zustellung des Antrages als nichtig aufzuheben gewesen. Es lägen aber auch die Voraussetzungen für die Durchführung eines Verfahrens nach § 15c WGG an sich nicht vor.

Nach § 15c Abs 1 WGG könne eine Bauvereinigung nach insgesamt zehnjähriger Überlassung in Mieter oder sonstige Nutzung ohne das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 15b Abs 1 WGG die Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten unter Setzung einer Frist von sechs Monaten zur Antragstellung einladen, wenn sie die nachträgliche Übertragung von Wohnungen oder Geschäftsräumen in das Eigentum (Miteigentum) oder die Einräumung des Wohnungseingentums beabsichtigt. Nach Abs 2 leg. cit. habe die Bauvereinigung aufgrund eines Antrages gemäß Abs 1 binnen drei Monaten die gerichtliche Festsetzung des Preises für die nachträgliche Übertragung in das Wohnungseigentum zu beantragen. Sage die Bauvereinigung dem Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten binnen drei Monaten nach Rechtskraft der Entscheidung schriftlich die Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes an seiner Wohnung (Geschäftsraum) zu und nehme der Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte diese Zusage binnen weiterer drei Monate schriftlich an, so werde er zu diesem Zeitpunkt Wohnungseigentumsbewerber im Sinne des § 23 WEG 1975. Diese an die Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten gerichtete "Einladung zur Antragstellung" sei in Wahrheit im Sinne einer Bekundung des unverbindlichen Interesses daran von Seiten der Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten auszulegen (Würth/Zingher aaO, Rz 3 zu § 15 WGG); es stelle sich als ein Anmelden des Interesses dar (Würth, Zur vorgesehenen Novelierung des WGG, WoBl 1993, 148). Die Bestimmung des § 15c WGG setze somit die Bekundung des Interesses durch die Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten voraus.

Daß es sich bei den Antragsgegnern nicht um Mieter der Wohnungen handle, sei schon aufgrund des Antragsvorbringens unstrittig. Fraglich sei nur, ob sie "sonstige Nutzungsberechtigte" an den Wohnungen sind.

Gemäß § 80 Abs 2 BDG 1979, BGBl Nr. 333, könne einem Beamten im Rahmen des Dienstverhältnisses eine Dienst- oder Naturalwohnung zugewiesen werden. Dienstwohnung sei eine Wohnung, die der Beamte zur Erfüllung seiner dienstlichen Aufgabe beziehen muß, Naturalwohnung jede andere Wohnung. Die Zuweisung oder der Entzug einer Dienst- oder Naturalwohnung habe durch Bescheid zu erfolgen. Durch die Zuweisung einer Dienst- oder Naturalwohnung an den Beamten werde kein Bestandverhältnis begründet. Nach § 80 Abs 5 BDG könne die Dienstbehörde die Dienst- oder Naturalwohnung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen entziehen (MietSlg 47.558). Auch durch die Auflösung des Dienstverhältnisses erlösche gemäß § 20 Abs 3 BDG grundsätzlich das Recht der Inanspruchnahme einer Dienst- oder Naturalwohnung (MietSlg 47.559).

Der Nutzung der streitgegenständlichen Wohnungen durch die Antragsgegner liege also weder ein Vertragsverhältnis zwischen ihnen und der Antragstellerin noch ein solches zwischen ihnen und der Mieterin zugrunde. Die Zuweisung sei mittels eines Hoheitsaktes erfolgt. Wenn die Antragsgegner dennoch an ihrer Parteistellung im Verfahren nach § 15c WGG festhalten, weil es auf die tatsächliche Innehabung einer Wohnung ankomme, sei ihnen nicht zu folgen. Sie stützten sich dabei auf den Ausschußbericht zum 3. WÄG (1268 der BlgNR 18. GP). Dort sei festgehalten, daß der "Wohnungsinhaber" als Voraussetzung für den Eigentumserwerb jedenfalls die Darlehensverpflichtung des Bauträgers zu übernehmen hat. Aus dieser Formulierung ließen sich jedoch keine Aussagen über den Adressatenkreis der Bestimmung des § 15c WGG ableiten, enthalte doch derselbe Ausschußbericht zwei Absätze früher die Formulierung, daß "dem Mieter" einer künftig zu errichtenden geförderten Wohnung nach zehn Jahren ein Rechtsanspruch auf Einräumung des Wohnungseigentumsrechtes unter bestimmten Voraussetzungen zustehen soll.

Anzuknüpfen sei an den Begriff des "sonstigen Nutzungsberechtigten" des WGG. Das WGG 1940 habe dabei zwischen Miet- und Nutzungsverträgen unterschieden. Nutzungsverträge seien jene Verträge, mit denen Genossenschaften Wohnungen entgeltlich an ihre Mitglieder zur Nutzung überlassen; diese stellten Verträge eigener Art dar, wobei das Recht, eine Wohnung zu nutzen, als Ausfluß des Mitgliedschaftsrechtes des Genossenschafters gesehen worden sei (Korinek/Krejci, Handbuch zum Mietrechtsgesetz, 547). Angelehnt an die nunmehrige Bestimmung des § 13 Abs 1 WGG seien vier Formen des Überlassens des Gebrauches einer Wohnung oder eines Geschäftsraumes zu unterscheiden, und zwar das Überlassen aufgrund eines Mietvertrages oder eines sonstigen Nutzungsvertrages, die Übereigung im weiteren Sinn, nämlich die Übertragung des Eigentums (Miteigentums), oder die Einräumung des Wohnungseigentumes. Der sonstige Nutzungsvertrag knüpfe dabei wiederum als eigenes Rechtsinstitut an die Mitgliedschaft bei einer Wohnungsgenossenschaft an (Keinert, Grundfragen des sozialen Wohnungsgemeinnützigkeitsrechtes, 37). Dem folgend spreche § 20 Abs 1 WGG von der Überlassung des Gebrauches einer Wohnung oder eines sonstigen Geschäftsraumes aus dem Titel eines Miet- oder sonstigen Nutzungsvertrages. Dieser definiere sich damit, daß eine (in der Regel gemeinnützige) Genossenschaft einem ihrer Mitglieder auf die Dauer der Mitgliedschaft (also nicht auf andere Weise befristet) die entgeltliche Nutzung an einer Wohnung einräumt (Würth/Zingher aaO, Rz 18 zu § 1 MRG). Danach solle das WGG nur auf die Rechtsverhältnisse zwischen GBV und ihren Mietern (Nutzungsberechtigten) anwendbar sein (Würth/Zingher, Rz 10 zu § 20 WGG). Auf die Rechtsbeziehungen zwischen Angehörigen der Wohnungsgesellschaft und Dritten seien die Bestimmungen des WGG nur dann anwendbar, wenn sie von den Beteiligten zur lex contractus gemacht werden (OGH vom 16.2.1971, 8 Ob 10/71 in MietSlg 22.562).

Da hier die Antragsgegner in Ansehung der Wohnungen in keiner Rechtsbeziehung zur Antragstellerin stünden, fehle es an deren Passivlegitimation (ÖJZ-LSK 1997/34). Der Mangel sei aufgrund des aktenkundigen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des § 15c Abs 1 WGG (Anmeldung des Interesses des Mieters = Republik Österreich) auch nicht verbesserbar, was zur Abweisung des Antrages führen müsse. Daß damit in allenfalls bereits erworbene Rechte der Antragsgegner eingegriffen wird, ändere daran nichts.

Nur der Vollständigkeit halber sei hinzuzufügen, daß die erstinstanzliche Entscheidung jedenfalls auch an einem sekundären Feststellungsmangel leiden würde, da sich in ihr keine Feststellungen zur Dauer der Überlassung in Miete oder sonstige Nutzung (insgesamt zehn Jahre gemäß § 15c Abs 1 WGG) fänden.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Weder zur Parteistellung in einem nach § 15c WGG geführten Verfahren noch zur Auslegung des Begriffes der "sonstigen Nutzungsberechtigten" nach § 15c WGG liege nämlich eine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vor.

Sowohl die Antragstellerin als auch die Antragsgegner haben gegen die zweitinstanzliche Entscheidung fristgerecht Revisionsrekurse mit dem Antrag erhoben, sie in eine Zurückweisung, hilfsweise in eine Abweisung des Rekurses der Republik Österreich gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluß abzuändern. Hilfsweise soll der Beschluß des Rekursgerichtes aufgehoben und die Sache an das Erstgericht (zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung) zurückverwiesen werden. In praktisch identen Rechtsmittelausführungen haben die Rechtsmittelwerber dieses Begehren im wesentlichen damit begründet, daß das Rekursgericht der Republik Österreich zu Unrecht Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zuerkannt habe. Die Festsetzung der Preise für die verfahrensgegenständlichen Wohnungen habe in die Rechtsposition der Republik Österreich nicht eingegriffen, weil das zwischen der Antragstellerin und die Republik Österreich bestehende Mietverhältnis unangetastet geblieben sei. Das Verfahren habe auch weder zu einer Anwartschaft der Antragsgegner auf Begründung von Wohnungseigentum noch zu einem Eigentümerwechsel geführt. Es sei im Gesetz keinerlei Sanktion für den Fall vorgesehen, daß die Antragstellerin den Antragsgegnern die Wohnungen nicht zum Erwerb anbiete. Tatsächlich habe jedoch die Antragstellerin den Antragsgegnern die Wohnungen am 5.12.1997 zum Kauf angeboten, was diese am 11.12.1997, also noch vor der Anfechtung des erstinstanzlichen Beschlusses durch die Republik Österreich, angenommen hätten. Es gehe nicht an, daß nunmehr den Antragsgegnern die Rechtsposition von Wohnungseigentumsbewerbern wieder genommen werde; ihre Rechte könnten nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens sein. Außerdem sei die Republik Österreich schon lange vor der Zustellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses von der Angelegenheit informiert gewesen, weil das Landesgendarmeriekommando Tirol immer am laufenden gehalten worden sei. In der Sache selbst habe das Rekursgericht den Antragsgegnern zu Unrecht die Parteistellung aberkannt, weil die Begünstigung eines nachträglichen Wohnungseigentumserwerbs den Wohnungsinhabern (die auch überwiegend die Annuitätenrückzahlungen und Betriebskosten tragen) zukommen sollte.

Vor der Republik Österreich liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, die gegnerischen Rechtsmittel zurückzuweisen oder ihnen nicht Folge zu geben.

Die Revisionsrekurse sind, soweit sie sich gegen die verfahrensrechtliche Entscheidung des Rekursgerichtes richten, nicht berechtigt, bieten jedoch im Zusammenhang mit der Anfechtung des Sachbeschlusses Anlaß für die Wahrnehmung einer dem Rekursgericht unterlaufenen Nichtigkeit, die darin liegt, ohne jegliches Verfahren vor dem Erstgericht sachlich über das Begehren der Antragstellerin entschieden zu haben.

Der erkennende Senat teilt die Rechtsansicht des Rekursgerichtes, daß die in § 15b und § 15c WGG geschaffene gesetzliche Möglichkeit einer pivilegierten nachträglichen Wohnungseigentumsbegründung nur den Mietern oder sonstigen Nutzungsberechtigten eingeräumt werden sollte. Der in den Gesetzesmaterialien abweichend vom Gesetzeswortlaut zu findende Begriff "Wohnungsinhaber" (siehe dazu den AB zu Art I Z 39 des 3. WÄG, abgedruckt bei Würth/Zingher, Wohnrecht 94, 197 f) wurde offensichtlich nur zur vereinfachenden Umschreibung eben dieses Personenkreises verwendet. An anderen Stellen der Gesetzesmaterialien ist ebenso vereinfachend und synonym vom "Mieter" die Rede. Dementsprechend hat die in § 22 Abs 1 Z 2a WGG vorgesehene Festsetzung des Übergabepreises einer Wohnung durch den Außerstreitrichter in einem zwischen der gemeinnützigen Bauvereinigung und dem betreffenden "Mieter oder sonstigen Nutzungsberechtigten" abzuwickelnden Verfahren zu erfolgen. Diese Personen sind an der Kenntnis des Übergabepreises interessiert und für den Fall der Begründung von Wohnungseigentum - dem eigentlichen Ziel der Regelung - auch an ihn gebunden.

Schon daraus ergibt sich die Parteistellung der Republik Österreich im gegenständlichen Verfahren, da sie ja unstrittig Mieterin der für eine Wohnungseigentumsbegründung in Aussicht genommenen Wohnungen ist. Selbst wenn den Antragsgegnern auf Grund der vielleicht noch nicht abschließend beurteilbaren rechtlichen Konstruktion der Wohnungszuweisungen ebenfalls Parteistellung zu gewähren wäre, bliebe die Notwendigkeit einer Beteiligung der Republik Österreich am Verfahren erhalten, weil mit der Festsetzung des Übergabepreises eine Voraussetzung für die Ausübung der Option auf den Erwerb von Wohnungseigentum geschaffen wird und dies nicht unter Ausschaltung einer Person geschehen darf, der jedenfalls auch die Rechtsposition eines Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten am betreffenden Objekt zukommt. Die Parteistellung des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten in einem Verfahren zur Festsetzung des Übergabepreises nach § 22 Abs 1 Z 2a WGG leitet sich schon allein aus der Möglichkeit des Erwerbs von Wohnungseigentum unter den besonderen Bedingungen des § 15b Abs 3 bis 7 WGG ab und eben diese Möglichkeit könnte einem "Mitmieter" oder "Mit-Nutzungsberechtigten" durch die Nichtbeteiligung am Verfahren verloren gehen. In diesem Sinn wäre die Republik Österreich, falls man ihr nicht ohnehin die alleinige Parteistellung im gegenständlichen Verfahren zuerkennt, durch eine ohne ihre Beteiligung erfolgte Festsetzung des Übergabepreises der von ihr gemieteten Wohnungen unmittelbar berührt. Die nach den Rechtsmittelausführungen mittlerweile erfolgte Zusage des Wohnungseigentums an die Antragsgegner macht dies besonders deutlich.

Daß die Verletzung des rechtlichen Gehörs einer gemäß § 22 Abs 4 Z 3 WGG in Verbindung mit dem Neuerungsverbot schon am erstinstanzlichen Verfahren zu beteiligenden Person die Nichtigkeit aller Verfahrensschritte einschließlich der ergangenen Sachentscheidung bewirkt, wurde schon vom Rekursgericht dargelegt und von den Rechtsmittelwerbern auch gar nicht in Frage gestellt. Sie haben - wie sich gezeigt hat, mit nicht überzeugenden Argumenten - nur die Zulässigkeit des Rekurses der Republik Österreich gegen den erstinstanzlichen Sachbeschluß in Frage gestellt und bestreiten jetzt offenbar auch noch die Rechtzeitigkeit dieses Rechtsmittels. Letzteres zu Unrecht, weil der Lauf einer Rechtsmittelfrist erst mit der wirksamen Zustellung einer Ausfertigung der anzufechtenden Entscheidung an die Partei beginnt (§ 464 Abs 2, § 521 Abs 2 ZPO) und die Zustellung bei sonstiger Wirkungslosigkeit an die Finanzprokuratur zu erfolgen hat, wenn die Republik Österreich Partei eines Verfahrens ist (vgl RPflSlgG 219; RPflSlgG 231; RPflSlgG 2087). Demnach war der Rekurs der Republik Österreich sowohl zulässig als auch rechtzeitig.

In der Sache selbst ist eine Entscheidung noch gar nicht möglich. Daß sie vom Rekursgericht dennoch gefällt wurde (in der an sich richtigen Entscheidungsform, weil der in § 15c Abs 1 WGG iVm § 15b Abs 1 WGG geforderte "Antrag" des Mieters oder sonstigen Nutzungsberechtigten zu den materiellen Voraussetzungen des im außerstreitigen Verfahren geltend zu machenden Anspruchs auf Festsetzung des Preises einer nachträglich ins Wohnungseigentum zu übertragenden Wohnung gehört), stellt den auch im außerstreitigen Verfahren wahrzunehmenden Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 3 ZPO her. Das Rekursgericht kann nämlich nicht in Wahrnehmung einer Nichtigkeit des Verfahrens die Entscheidung in der Sache selbst an sich ziehen (vgl RIS-Justiz RS0005849). Hat es die angefochtene Entscheidung als nichtig aufgehoben, ist es ihm verwehrt, zur materiellrechtlichen Beurteilung der Sache in irgend einer Weise Stellung zu beziehen, weil mit der Beseitigung der nichtigen Entscheidung die funktionelle Zuständigkeit des Rechtsmittelgerichtes erschöpft ist und das Gericht unterer Instanz seine - nun neuerdings erstmalige - Sachentscheidung frei von Rechtsweisungen zu treffen hat (vgl RS0041916). Zur Erledigung einer Sache, die sich noch im Stadium des Verfahrens vor der ersten Instanz befindet - hier im Stadium des Beginns, nämlich der Zustellung des Sachantrages - ist das Rekursgericht funktionell und damit absolut unzuständig (vgl SZ 57/13 ua).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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