OGH 9Ob128/98h

OGH9Ob128/98h20.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer, Dr. Spenling, Dr. Hradil und Dr. Hopf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Rita L*****, Hauptschullehrerin, *****, 2. Dietlind R***** Pensionistin, *****, 3. Gerhild F***** Hausfrau, *****, und 4. Hiltrud H*****, Apothekenhelferin, *****, alle vertreten durch Ramsauer & Perner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagten Parteien 1. Kurapotheke B*****R***** OHG, 2. Mag. Heidrun H*****, Apothekerin, und 3. Mag. Dr. Hugo H*****, Apotheker, alle *****, alle vertreten durch Dr. Rudolf Zitta und Dr. Harald Schwendinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 605.795,33 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 24. Februar 1998, GZ 3 R 16/98p-16, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Einwand der Revisionswerber, das Berufungsgericht habe sich mit einzelnen Urkunden überhaupt nicht auseinandergesetzt, ist unbegründet. Das Berufungsgericht nahm vielmehr eine solche Prüfung vor und gelangte zum Ergebnis, daß ein Verstoß des Erstgerichtes gegen § 914 ABGB nicht erkennbar sei, weil ein vom eindeutigen Wortlaut der schriftlichen Vertragstexte abweichender oder diese ergänzender übereinstimmender Parteiwille nach dem festgestellten Sachverhalt nicht erwiesen sei. Weiters wies es ausdrücklich darauf hin, daß die schriftlichen Vereinbarungen eindeutig gewesen seien (Aktenseite 121).

Entspricht die Auslegung eines Vertrages durch das Berufungsgericht den Grundsätzen des § 914 ABGB und ist sie weder unlogisch noch mit den Sprachregeln unvereinbar, so liegt insoweit keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO vor. Ein Problem der Vertragsauslegung kann dann eine erhebliche Rechtsfrage darstellen, wenn dem Berufungsgericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen wäre (RIS-Justiz RS0044298). Eine solche vermögen die Revisionswerber aber nicht aufzuzeigen. Das Berufungsgericht folgte dem Grundsatz, daß bei der Auslegung von Verträgen nach § 914 ABGB nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdruckes zu haften, sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen ist, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (RS0017797). Die Ansicht des Berufungsgerichtes steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung, wonach nur die Auslegung einer Urkunde rechtliche Beurteilung, die Erforschung der wahren Absicht der Parteien dagegen eine Tatfrage ist (RIS-Justiz RS0017849). Da die Vorinstanzen keine über den Vertragstext hinausgehende Parteiabsicht feststellen konnten, wie es die Revisionswerber - unter teilweisem Abweichen der für den OGH bindenden Feststellungen - dazulegen versuchen, entspricht die vom Berufungsgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung vorgenommene Urkundenauslegung den Grundsätzen des § 914 ABGB.

Der Umstand allein, daß auch eine andere als die von den Vorinstanzen gewonnene Interpretation denkbar ist, zwingt keineswegs den Schluß auf, daß diese das Ergebnis einer krassen Fehlbeurteilung ist. Die Vorinstanzen verkennen in diesem Zusammenhang keineswegs, daß als Einlage der Gesellschafter einer OHG auch Arbeitsleistungen in Frage kommen (Art 7 Nr 2 Abs 3 EVHGB). Davon zu unterscheiden ist jedoch, ob und inwieweit diese Einlagen bewertet wurden und daher auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters zu verbuchen wären. Auch die Revisionswerber gehen offensichtlich davon aus, daß die Bewertung der Einlagen grundsätzlich dem Gesellschaftsvertrag vorbehalten ist (vgl Kastner/Doralt/Novotny, Gesellschaftsrecht5 106 Torggler/Kucsco in Straube, HGB I2 Rz 10 zu § 120; Wünsch in GesRz 1978, 1, 6; Fischer in HGB - Großkommentar Anm 24 zu § 120; Hueck OHG4 237f). Soweit die Vorinstanzen zu einer Vertragsauslegung gelangten, daß die zunächst in Arbeitsleistungen bestehenden Einlagen der zweit- und drittbeklagten Partei nicht bewertet und daher auch auf dem Kapitalkonto nicht verbucht werden sollten, liegt darin keine denkunmögliche oder krasse Fehlbeurteilung, zumal diese Auffassung in den erwähnten Literaturstellen eine gewichtige Unterstützung findet (Wünsch aaO, Torggler-Kusco aaO, Fischer aaO, Hueck aaO 238). Auch die Revisionswerber erkennen, daß Art 7 Nr 2 Abs 1 EVHGB, wonach die Gesellschafter in Ermangelung einer anderen Vereinbarung gleiche Einlagen zu leisten haben, nur eine Dispositivbestimmung ist. Daraus ist aber keineswegs der zwingende Schluß abzuleiten, daß die Vertragsteile, weil sie eine Bewertung der Arbeitsleistungen nicht vorgenommen hatten, diese gleichhoch bewertet wissen wollten wie die vom seinerzeitigen Vertragspartner und nunmehrigen Erblasser im großen Umfang - neben seiner Arbeitsleistung - eingebrachten Sacheinlagen. Dieses Argument vermag daher eine angeblich grobe Fehlbeurteilung durch das Berufungsgericht genausowenig zu untermauern wie der Hinweis auf eine nicht vorgenommene, aber gebotene ergänzende Vertragsauslegung im Sinne der Rechtsprechung des BGH.

Zur angeblich erheblichen Frage des Vorliegens eines gemeinsamen Irrtums der Vertragsteile, der darin bestanden haben soll, daß nicht zwei Kapitalkonten errichtet worden seien, kann auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden, wonach die Feststellungen hiefür keinerlei Anhaltspunkt bieten (Aktenseite 121). Die Revisionswerber vermögen aber auch keinen erheblichen Verstoß des Berufungsgerichtes gegen Verfahrensbestimmungen aufzuzeigen. Ob und in welchem Umfang ein Geständnis im Sinne des § 266 ZPO vorliegt, ist durch Auslegung des Prozeßvorbringens zu beurteilen. In einer solchen Auslegung liegt aber im allgemeinen keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (RIS-Justiz RS0044273).

Der Oberste Gerichtshof hat schon mehrmals ausgesprochen, daß keine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes gegeben ist, wenn das Berufungsgericht entweder auf weitere Beweisergebnisse verweist oder vom Erstgericht nicht gebrauchte Argumente heranzieht, die für die Richtigkeit der erstrichterlichen Beweiswürdigung sprechen (RIS-Justiz RS0043021). Auch dagegen vermögen die Revisonswerber keine überzeugenden Argumente vorzubringen.

Hinweise auf eine angebliche Verfassungswidrigkeit des § 281 a ZPO idF der WGN 1997 können schon deshalb auf sich beruhen, weil das Berufungsgericht weder eine Beweiswiederholung noch eine Beweisergänzung durchgeführt und daher weder Beweismittel verwendet noch von einer neuerlichen Beweisaufnahme Abstand genommen hat, sodaß diese Bestimmung gar nicht zur Anwendung gelangte.

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