OGH 3Ob108/98y

OGH3Ob108/98y19.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Huber und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef H*****, wider die beklagte Partei V*****bank ***** eingetragene Genossenschaft mbH, ***** wegen Wiederaufnahme und Nichtigkeit des Exekutionsverfahrens AZ 5 E 2321/95b des Bezirksgerichtes Frankenmarkt, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

 

Spruch:

1. Der Antrag des Klägers, ihm für seine Wiederaufnahmsklage im vollen Umfang gemäß § 63 Abs 1 und § 64 Abs 1 Z 1 a, b, c, d, f Z 2 und 3 ZPO Verfahrenshilfe zu bewilligen, wird abgewiesen.

2. Die Klage auf Wiederaufnahme des Revisionsrekursverfahrens vor dem Obersten Gerichtshof zu AZ 3 Ob 2387/96t wird zurückgewiesen.

3. Der Oberste Gerichtshof ist für die Nichtigkeitsklage gegen die von den Richtern Dr.Lam -Bär des Bezirksgerichtes Frankenmarkt zu AZ 5 E 2321/95b und Dr.Sackmaier, Dr.Anzinger, Dr.Pramendorfer, Dr.Kastner, Dr.Lengauer und Dr.Hohensinner des Landesgerichtes Wels zu AZ 22 R 180/97w, 181/97t, 297/97a, 435/97w, 436/97t, 437/97i, 438/97m und 439/97k gefällten Entscheidungen und deren Verfahrenshandlungen sowie für den sich darauf beziehenden Verfahrenshilfeantrag nicht zuständig.

Die Nichtigkeitsklage und der Antrag des Klägers, ihm auch für diese die Verfahrenshilfe zu bewilligen, werden an das Landesgericht Wels überwiesen.

4. Der Oberste Gerichtshof ist für die Entscheidung über den Antrag auf Unterbrechung und Aufschiebung des Verfahrens 5 E 2321/95b des Bezirksgerichtes Frankenmarkt nicht zuständig.

Der Antrag wird gemäß § 44 Abs 1 JN an das zuständige Bezirksgericht Frankenmarkt überwiesen.

5. Die Strafanzeige des Klägers wird samt den angeschlossenen Beilagen gemäß § 84 StPO der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.

Text

Begründung

Auf vier Liegenschaften des Klägers sind Simultanhypotheken zugunsten der beklagten Bank eingetragen. Aufgrund eines vollstreckbaren Notariatsaktes beantragte sie am 20.12.1995 die parzellenweise Versteigerung aller dieser Liegenschaften. Diesen Antrag bewilligte das Bezirksgericht Frankenmarkt zu AZ 5 E 2321/95b (jeweils im laufenden Rang). Auf Rekurs des Klägers änderte das Landesgericht Wels diese Entscheidung in eine Antragsabweisung ab.

Rechtliche Beurteilung

Dem dagegen erhobenen Revisionsrekurs der Beklagten gab der Oberste Gerichtshof mit Beschluß vom 20.November 1996 Folge und stellte den Beschluß des Erstgerichtes wieder her.

Nunmehr erhebt der Kläger und Verpflichtete im Exekutionsverfahren beim Obersten Gerichtshof als dem gemäß § 532 ZPO zuständigen Gericht die Klage auf Wiederaufnahme dieses Revisionsrekursverfahrens aus dem Grund des § 530 Abs 1 Z 4 ZPO und verbindet damit die Nichtigkeitsklage gegen Entscheidungen der Vorinstanzen im Exekutionsverfahren.

Zugleich begehrt er die Bewilligung der Verfahrenshilfe, erstattet Strafanzeige gegen zahlreiche Richter aller drei Instanzen und gegen die Beklagte (= betreibende Partei im Zwangsversteigerungsverfahren) und beantragt die Aufschiebung des Exekutionsverfahrens.

Mit seiner Wiederaufnahmsklage bekämpft der Kläger einen die Bewilligung der Zwangsversteigerung durch das Exekutionsgericht wieder herstellenden Beschluß des Obersten Gerichtshofs. Gegen Entscheidungen im Exekutionsverfahren ist jedoch eine Wiederaufnahmsklage nicht zulässig.

§ 78 EO zählt die Bestimmungen über die Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage nicht zu jenen der ZPO, die auch im Exekutionsverfahren anzuwenden sind (Heller/Berger/Stix 1371 f und 2891 f; Rechberger/Simotta Exekutionsverfahren2 Rz 2; Holzhammer Ö. Zwangsvollstreckungsrecht4 27; Kodek in Rechberger Rz 7 vor § 529 ZPO; aus der Jud zul JBl 1996, 327 = ÖBl 1996, 87). Nach der früher fast einhelligen Auffassung von Rechtsprechung und Lehre gibt es daher im Exekutionsverfahren weder Nichtigkeits- noch Wiederaufnahmeklagen (Fasching IV 481, der nur die Urteile nach § 83 Abs 2 EO idF vor der EO-Nov 1995 ausnimmt; Heller/Berger/Stix 1372 und die dort bei FN 7 zit E; König Einstweilige Verfügungen im Zivilverfahren 332; aM nunmehr Fasching LB2 Rz 2042 ausnahmsweise, wenn ein besonderes Schutzbedürfnis bestehe, einen sacherledigenden Beschluß zu beseitigen; Rechberger, Die fehlerhafte Exekution 177 f, 185 und 188, der eine analoge Anwendung des § 529 ZPO für denkbar hält; Konecny in JBl 1983, 20 [FN 20], soweit die EO keine Verfahrensmöglichkeiten vorsieht, die die Wiederaufnahme ersetzen könnten; in der Rsp nur GlUNF 3833).

Die ältere Rsp wurde aber in der E 8 Ob 585/93 insoweit fortgesetzt, als generell die Unanwendbarkeit der §§ 529 ff ZPO im Exekutionsverfahren bekräftigt wurde und nur für die Sache analog einem Zivilprozeß (im konkreten Fall Erlassung einer einstweiligen Verfügung über den vorläufigen Unterhalt) erledigende Entscheidungen eine Lücke angenommen wurde. Diese Voraussetzung wurde bejaht, weil damit ein Exekutionstitel geschaffen wird und es sich um keine EV im technischen Sinn handelt. Für einstweilige Verfügungen nach UWG hat der Oberste Gerichtshof eine Regelungslücke wiederum verneint (JBl 1996, 327 = ÖBl 1996, 87), weil § 399 EO eine Aufhebung des EV in Fällen des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ermöglicht.

Selbst wenn man nun eine analoge Anwendung des § 530 ZPO im Exekutionsverfahren befürworten würde, läge gerade im Fall der Exekutionsbewilligung weder ein die Sache erledigender Beschluß vergleichbar den in dieser Bestimmung genannten, noch könnte man im Hinblick auf das ausgebaute Rechtsbehelfssystem der EO (§§ 35, 36, 39 EO) von einer Regelungslücke sprechen, steht doch sogar im besonders krassen Fall einer Exekutionsbewilligung trotz Fehlens eines Titels der Einstellungsantrag offen (Holzhammer aaO 126; Heller/Berger/Stix 516).

Richtet sich somit die Wiederaufnahmsklage gegen eine damit nicht bekämpfbare Entscheidung, dann ist sie gemäß § 538 Abs 1 ZPO zurückzuweisen (Kodek in Rechberger Rz 1 zu § 538 ZPO; Fasching LB2 Rz 2084).

Für die gegen Entscheidungen der Unterinstanzen gerichtete Nichtigkeitsklage ist gemäß § 532 Abs 1 ZPO der Oberste Gerichtshof nicht zuständig, weil sich diese Klage eben nicht gegen seine Entscheidung richtet. Mangels dieser individuellen Zuständigkeit kann auch § 227 ZPO nicht angewendet werden. Für die Nichtigkeitsklage ist somit gemäß § 532 Abs 1 ZPO das Landesgericht Wels als die höchste Instanz unter den beiden Gerichten, deren Entscheidungen mit ihr bekämpft werden. Aufgrund der neuesten Rechtsprechung ist die Klage daher an dieses Gericht zu überweisen (SZ 66/10 = ÖA 1994, 32; 6 Ob 263/97p; 3 Ob 2414/96p; Fasching LB2 Rz 2076; anders noch Kodek in Rechberger Rz 1 zu § 532 mN ). Dasselbe muß für den Verfahrenshilfeantrag gelten, soweit er sich auf diese Klage bezieht.

Aus der Unzulässigkeit der Wiederaufnahmsklage ergibt sich aber auch, daß dem Verfahrenshilfeantrag, soweit er diese betrifft, wegen offenbarer Aussichtslosigkeit gemäß § 63 Abs 2 ZPO nicht stattgegeben werden kann.

Für die Erledigung des Aufschiebungsantrages ist gemäß § 45 Abs 2 EO das Exekutionsgericht zuständig, weil eine Sonderregelung für Rechtsmittelklagen nicht besteht. Daher ist insofern nach § 44 JN vorzugehen.

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