OGH 1Ob29/98s

OGH1Ob29/98s19.5.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Friedrich K*****, vertreten durch Dr.Erwin Markl, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei C***** Gesellschaft mbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr.Georg Santer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 1,125.409,50 S sA und Feststellung (Streitwert 200.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 19.November 1997, GZ 4 R 553/97w-22, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger mietete von der beklagten Errichterin und Betreiberin einer mehrgeschoßigen Einkaufsstadt in der mittleren Verkaufsebene beim Haupteingang in das Hauptgebäude einen Standplatz zum Betrieb eines von ihm zu errichtenden Grillbuffets. Weitere Zugangsmöglichkeiten zum Hauptgebäude bestanden auf dieser Ebene über je zwei west- und ostseitige, im Norden und Süden gelegene Seitenzugänge zum Haupteingang. Das Grillbuffet lag, angebaut an das Parkhaus, am Übergang vom Parkhaus zum Haupteingang auf dem nördlicheren der beiden ostseitigen Seitenzugänge. Die hier wesentlichen Bestimmungen des Mietvertrags vom 30.Juli 1993 lauten:

§ 5 Ausstattung, Instandhaltung und Änderung des MIetgegenstands

"....

7. Die Vermieterin ist berechtigt, Ausbesserungen und bauliche Veränderungen, die zur Erhaltung oder zum ordnungsgemäßen und wirtschaftlichen Betrieb der Einkaufsstadt erforderlich oder nützlich sind, ohne Zustimmung der Mieterin vorzunehmen, sofern mit diesen baulichen Änderungen keine wesentlichen Geschäftsbeein- trächtigungen für die Mieterin verbunden sind.

....

§ 9 Vorzeitige Vertragsauflösung

1. Der ... Mietvertrag kann von einem der Vertragspartner ... sofort aufgelöst werden, wenn a) der andere Vertragspartner den Vertrag grob und beharrlich verletzt. ..."

Bei Vertragsabschluß war nicht davon die Rede, daß die beklagte Partei beabsichtigen könnte, in Zukunft die beiden nördlichen Seitenzugänge (nach Westen und Osten) zur mittleren Verkaufsebene baulich zu schließen, wie sie es dann im Februar 1995 bei Umbauarbeiten zur Erweiterung der Lebensmittelmärkte (Errichtung einer Markthalle und zweier Lagerräume) ohne Zustimmung des Klägers tat. Jene Besucher der Einkaufsstadt, die zuvor beide westlichen Seitenzugänge frequentierten, benützen nunmehr (nur mehr) den im Süden gelegenen westlichen Zugang. Aufgrund der weiteren Geschäftsansiedlungen im westlichen Bereich der Liegenschaft, insbesondere der Errichtung des "H*****"-Markts, benutzten die Kunden der Einkaufsstadt fast ausschließlich die Zugangsmöglichkeiten über das Parkhaus bzw die westlichen Seitenzugänge. Wie sich zuvor der Kundenstrom auf diese beiden Seitenzugänge aufteilte, ist nicht feststellbar.

Die Vorinstanzen wiesen das Schadenersatzbegehren des Klägers, der den Mietvertrag am 6.Juni 1995 fristlos vorzeitig aufgelöst hatte, mangels Vorliegens einer schuldhaften Vertragsverletzung durch die beklagte Partei ab. Nach ihren Feststellungen hatten die Vertragsparteien vor Abschluß des Mietvertrags zwar gemeinsame Vorstellungen etwa über steigende Gewinne oder die Errichtung einzelner "Standl" im Bereich der beiden im Norden gelegenen Seitenzugänge, es ist aber nicht feststellbar, ob der seinerzeitige Geschäftsführer der beklagten Partei dem Kläger dort auch die Errichtung einer "Ladenstraße" zusicherte bzw ob deren Installierung dem Vertrag einvernehmlich zugrunde gelegt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Klägers bringt keine erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO zur Darstellung.

Das dem Mieter eingeräumte Auflösungsrecht nach § 1117 ABGB ist in gewissen, hier jedenfalls nicht überschrittenen Grenzen abdingbar (Binder in Schwimann2, § 1117 ABGB Rz 2 mwN). Im vorliegenden Rechtsfall geht es inhaltlich um eine Vertragsauslegung der ein solches Abbedingen regelnden §§ 5.7. und 9.1.a. des Mietvertrags - woran auch der behauptete Wegfall der Geschäftsgrundlage zu messen ist - durch die Vorinstanzen, ob die beklagte Partei durch die Sperre zweier Nebeneingänge die Geschäftstätigkeit des Klägers wesentlich beeinträchtigte. Die Vorinstanzen trafen dazu die den Kläger belastende Negativfeststellung, es sei nicht feststellbar, daß infolge der von der beklagten Partei im Bereich des Grillbuffets des Klägers tatsächlich vorgenommenen baulichen - insgesamt für die Einkaufsstadt nützlichen - Veränderungen, insbesondere infolge Schließung der beiden im Norden gelegenen Seitenzugänge, eine wesentliche Beeinträchtigung des Grillbuffets nach Beendigung der Arbeiten auf Dauer vorhanden gewesen wäre. Steht dei Vertragsauslegung durch die Vorinstanzen mit den Grundsätzen von Lehre und Rechtsprechung (§§ 914 f ABGB, Text, Übung des redlichen Verkehrs) im Einklang, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, kommt doch der Beurteilung, ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, keine darüber hinausgehende Bedeutung zu (4 Ob 528/94; 4 Ob 56/94 ua). Nach ständiger Rechtsprechung ist die Auslegung nicht allgemein gebrauchter Vertragsbestim- mungen in aller Regel nicht für eine größere Anzahl von Rechtstreitigkeiten bedeutsam und kann daher nur dann Gegenstand einer außerordentlichen Revision sein, wenn mit überzeugenden Argumenten dargetan wird, daß die Auslegung nicht gesetzeskonform ist (MietSlg 38/32 uva), wenn also eine wesentliche Verkennung der Rechtslage mit einem unvertretbaren Auslegungsergebnis vorliegt. Davon kann hier nicht gesprochen werden. Auch den vom Kläger in Zweifel gezogenen Rechtsstandpunkt der zweiten Instanz, mehr Raum für die Lebensmittelmärkte hätten deren steigende Attraktivität zur Folge gehabt, welche letztlich nicht nur der Einkaufsstadt in ihrer Gesamtheit, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch dem Kläger in Form eines erhöhten Kundenzustroms zugute gekommen wäre, stellt ein vertretbares Auslegungsergebnis dar. Ein Eingehen auf Neuerungen ist, wie der Rechtsmittelwerber selbst erkennt, dem Revisionsgericht untersagt. Der vom Kläger ins Treffen geführte Verstoß der beklagten Partei gegen Treu und Glauben unterfällt gleichfalls der von den Vorinstanzen vorgenommenen Vertragsauslegung. Daß die beiden (dann geschlossenen) Seitengänge als Ladenstraßen geschäftlich belebt werden sollten, ist feststellungswidrig.

Auf einen allfälligen Anspruch nach § 1097 ABGB für "Investitionsablöse" kommt der Kläger nicht mehr zurück, ein Anspruch nach § 1096 ABGB wurde nicht erhoben.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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