OGH 2Ob102/98h

OGH2Ob102/98h23.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter, Dr. Schinko, Dr. Tittel und Dr. Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ingeborg B*****, vertreten durch Dr. Reinhard Kohlhofer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Peter B*****, vertreten durch Dr. Peter Kolb, Rechtsanwalt in Tulln, wegen S 149.837,50 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 31. Oktober 1997, GZ 15 R 75/97b-18, womit das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 6. Februar 1997, GZ 2 Cg 126/96g-10, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte vom Beklagten als Mitbürgen S 149.837,50 sA und brachte vor, sie sei von der Gläubigerbank gegen Zahlung eines Betrages von S 493.675 aus ihrer Bürgenhaftung für einen Kredit entlassen worden. Der Beklagte habe aufgrund einer Vereinbarung mit der Bank eine Rückzahlung von S 194.000 geleistet und sei damit aus seiner Bürgenhaftung entlassen worden. Der Klägerin stehe ein Rückersatzanspruch gegen den Beklagten in Höhe von 50 % ihrer Leistung zu. Unter Berücksichtigung der Regreßforderung des Beklagten in Höhe von S 97.000 ergebe sich der Klagsbetrag.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin in der Hauptsache nicht Folge und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Berufungsentscheidung zwar auf der in ihr zitierten höchstgerichtlichen Judikatur beruhe, die Frage des Regresses von Mitbürgen, von denen einer auch noch Pfandschuldner ist, bei beiderseitigem teilweisen Schulderlaß durch den Hauptgläubiger noch offen sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Berufungsentscheidung richtet sich die Revision der Klägerin; das Rechtsmittel ist unzulässig.

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revison wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO).

Daß die (hier teilweise) Entlassung eines Mitbürgen aus der Haftung nur relativ, nämlich gegen den Gläubiger wirkt, den Regreß der übrigen Mitbürgen (§ 896 ABGB) aber nicht hindert, ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut des § 1363 dritter Satz ABGB (vgl auch SZ 56/21). Es entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß der Mitbürge regreßberechtigt ist, wenn er mehr als den im Innenverhältnis auf ihn entfallenden Teil bezahlt hat (vgl SZ 42/172; SZ 60/91; SZ 62/51 ua; RIS-Justiz RS0032265, RS0017482, RS0017564; Gamerith in Rummel2 § 896 ABGB Rz 3, § 1359 ABGB Rz 3 mwN; Apathy in Schwimann2 § 896 ABGB Rz 1 mwN). Unstrittig ist im vorliegenden Fall, daß auf die Klägerin ein Anteil von 50 % entfällt. Die Kreditforderung, für die sie sich mit dem Beklagten verbürgt hat, betrug ca S 1,4 Mio, die in der Klage geltend gemachte Zahlung der Klägerin für diesen Kredit von S 493.675 übersteigt die Hälfte dieses Betrages nicht, weshalb ihr keine Regreßforderung gegen den Beklagten zusteht, wie schon das Erstgericht richtig erkannt hat. Daß die Klägerin zugleich auch Pfandschuldnerin war, kann auf dieses Ergebnis keinen Einfluß haben.

Der vom Berufungsgericht als erheblich bezeichneten Rechtsfrage kommt daher diese Bedeutung nicht zu.

Auch in der Revision wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt:

Festgestellt wurde, daß die Klägerin an die Bank S 775.000 bezahlte, dies aber gegen Entlassung aus der Bürgschaftsverpflichtung für zwei Kredite des Hauptschuldners, nämlich den gegenständlichen und einen weiteren, für den sie sich allein verbürgt hatte (der Beklagte hatte S 700.000 gegen Entlassung aus drei Bürgschaftsverpflichtungen bezahlt). Die von der Klägerin herangezogene Tilgungsfolge des § 1416 ABGB könnte dann von Bedeutung sein, wenn zweifelhaft wäre, welche der beiden Bürgschaftsschulden als getilgt anzusehen ist. Im vorliegenden Fall wurde aber ohnehin vereinbart, daß die Klägerin aus beiden Bürgschaftsverpflichtungen gegen Zahlung von S 775.000 entlassen wird, das heißt, daß beide Schulden als abgetragen gelten. Auf die Tilgungsfolge des § 1416 ABGB kommt es daher nicht an; diese greift erst ein, wenn keine Vereinbarung getroffen wurde, welcher von mehreren Schuldposten getilgt werden soll (Reischauer aaO § 1415 ABGB Rz 21, § 1416 ABGB Rz 4; Harrer/Heidinger in Schwimann2 § 1416 ABGB Rz 1, 6 mwN), nicht aber, wenn alle Schuldposten zur Gänze getilgt wurden. § 1416 ABGB kann daher nicht unmittelbar, aber auch nicht analog für die Lösung der Frage herangezogen werden, in welchem Ausmaß eine Zahlung für den Regreß gegen einen Mitbürgen zu berücksichtigen ist, zumal in diesem Zusammenhang die Beschwerlichkeit der Schuld keine Bedeutung haben kann. Dazu kommt noch, daß die Klägerin im Verfahren erster Instanz ihr Begehren selbst nicht darauf gestützt hat, daß die gesamte von ihr geleistete Zahlung auf die von beiden Streitteilen gesicherte Forderung anzurechnen sei, sondern daß sie diese Zahlung bloß teilweise, und zwar offenbar nach dem Verhältnis der Gesamtbeträge der gegen sie bestehenden Forderungen, berücksichtigt hat. Für eine Berücksichtigung in größerem Umfang fehlt die Grundlage. Eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist dabei nicht zu lösen.

Die Klägerin meint ferner, im Verhalten beider Parteien während des Vorprozesses sei eine Vereinbarung gelegen, wonach jede Partei von der jeweils geleisteten Zahlung an die Bank beim Mitbürgen Regreß im Verhältnis von 1:1 nehmen könne. Wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, zutreffende wie unzutreffende Vorstellungen der Parteien und ihrer Rechtsfreunde, wie die gesetzliche Aufteilung im Bürgenregreß richtigerweise vorzunehmen sei, begründeten noch keineswegs eine Vereinbarung, die unabhängig von der gesetzlichen Vorschrift gelten soll, so liegt hierin keine Fehlbeurteilung, die der Oberste Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit wahrzunehmen hätte.

Die im von der Klägerin zitierten Beitrag Reidingers, JBl 1990, 73, behandelte Problematik des internen Ausgleichs zwischen den Bestellern von Teilsicherheiten ist hier nicht zu erörtern, weil sich die Streitteile nach den Feststellungen nicht bloß jeweils für einen Teil des gegenständlichen Kredits verbürgt haben.

Da somit eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht zu lösen ist, war die Revision - ungeachtet des den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruches des Berufungsgerichts - mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen.

Stichworte