OGH 2Ob65/98t

OGH2Ob65/98t19.3.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Erich Kafka und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Verband der Versicherungsunternehmen Österreichs, Wien 3, Schwarzenbergplatz 7, vertreten durch die Partnerschaft der Rechtsanwälte Dr.Hans Kreinhöfner - Dr.Thomas Mader in Wien, wegen S 82.751 sA, infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 24.November 1997, GZ 35 R 890/97k-42, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 23.Mai 1997, GZ 31 C 705/95y-37, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind wie weitere Kosten des Verfahrens erster Instanz zu behandeln.

Text

Begründung

Am 30.4.1993 ereignete sich um 11,15 Uhr in Wien 2, Praterstern im Bereich der Einmündung der Franzensbrückenstraße ein Verkehrsunfall, an dem der der Klägerin gehörende, in der Bundesrepublik Deutschland zum Verkehr zugelassene Autobus und ein in der Türkei zum Verkehr zugelassener Sattelschlepper beteiligt waren.

Die klagende Partei begehrt mit ihrer am 10.11.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage vom beklagten Verband zuletzt die Zahlung von S

82.751 sA. Der Verkehrsunfall habe am 30.4.1994 stattgefunden. Den Lenker des am Unfall beteiligten türkischen Sattelschleppers treffe das Alleinverschulden an dem Unfall. Er habe - auf der rechten Fahrspur neben ihrem Fahrzeug vor einer Ampel stehend - im Zuge des Anfahrens ihres Fahrzeuges bei Grünlicht die linke Fahrertür des Sattelschleppers geöffnet; diese Tür habe an der rechten Seite des Autobusses der Klägerin Kratzspuren verursacht. Der beklagte Verband hafte für die Schäden an ihrem Fahrzeug, weil der Versicherer des türkischen LKW nicht habe ausfindig gemacht werden können.

Die beklagte Partei beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Lenker des türkischen LKW habe die Fahrertür nicht geöffnet. Der Beweis der Schadenshöhe obliege der Klägerin.

In der Tagsatzung vom 23.5.1997 berichtigte die Klägerin das Datum des Verkehrsunfalls auf 30.4.1993. Auf Frage des Erstgerichtes, wer an dem Unfall vom 30.4.1993 beteiligt gewesen sei, erklärte der Klagevertreter, dies nicht zu wissen.

Die beklagte Partei wendete sodann Verjährung ein. Es liege keine Berichtigung, sondern eine Änderung der Klage vor. Im übrigen werde nunmehr die Passivlegitimation bestritten, weil die klagende Partei die Daten des Fahrzeuges des Unfallsgegners nicht habe nennen können.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Geltendmachung eines anderen Unfalldatums sei als Klageänderung anzusehen. Der Einwand der Verjährung sei somit berechtigt.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und verwies die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluß zulässig sei. Die Änderung des Sachvorbringens, daß der Unfall nicht am 30.4.1994, sondern am 30.4.1993 stattgefunden habe, sei als Änderung der Klage zu qualifizieren. Wenngleich das Erstgericht diese Änderung nicht ausdrücklich mit Beschluß zugelassen, sondern mit Urteil über den geänderten Sachverhalt entschieden habe, sei die Zulässigkeit der vorgenommenen Änderung der Klage zu bejahen. Für die Frage der Verjährung sei dennoch entscheidend, wann die Klage angebracht wurde, nicht aber der Tag, an dem die Änderung der Klage vorgenommen worden sei. Am Tage der Einbringung der Klage seien aber Ansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 30.4.1993 noch nicht verjährt gewesen. Das Erstgericht werde daher im weiteren Verfahren den Unfallshergang und die Höhe des Schadens festzustellen haben.

Der dagegen von der beklagten Partei erhobene Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Die beklagte Partei geht, wie die Vorinstanzen, davon aus, daß die Klägerin eine (zulässige) Änderung der Klage vorgenommen habe. Sei aber die Klage geändert worden, dann sei der neue rechtserzeugende Sachverhalt erst nach Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht worden.

Rechtliche Beurteilung

Die Klage unterbricht die Verjährung nur für die in ihr geltend gemachten Ansprüche. Wird ein Anspruch erst mit der Änderung einer Klage geltend gemacht, dann entscheidet für die Unterbrechungswirkung im Sinne des § 1497 ABGB nicht die Einbringung der ursprünglichen Klage, sondern das Wirksamwerden der Änderung der Klage (SZ 43/232; SZ 47/23; SZ 51/122; SZ 62/69; Schubert in Rummel, ABGB2 Rz 6 zu § 1497; Mader in Schwimann, ABGB2 Rz 19f zu § 1497). Wird die Änderung der Klage in einem Schriftsatz vorgenommen, dann wird die Verjährungsfrist für den damit erhobenen Anspruch bereits mit seinem Einlangen bei Gericht unterbrochen; die Endgültigkeit der Unterbrechungswirkung ist allerdings vom Vortrag in der mündlichen Streitverhandlung abhängig (SZ 62/69).

Daraus folgt jedoch noch nicht die Berechtigung des Rekurses, weil hier in Wahrheit keine Änderung der Klage vorgenommen wurde, weshalb es für die Beurteilung der Verjährung des geltend gemachten Anspruchs tatsächlich auf das Einlangen der Klage bei Gericht ankommt. Eine Klageänderung bedeutet Änderung des Streitgegenstandes durch den Kläger nach Gerichtsanhängigkeit der Klage. Eine Änderung der Klage liegt vor, wenn das Begehren oder der Klagegrund geändert wird. Die hier begrifflich nur in Frage kommende Änderung des Klagegrundes ist gegeben, wenn die Tatsachen geändert werden, auf welche sich der Anspruch des Klägers gründet (Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 2 f zu § 235; Fasching, LB2 Rz 1224 ff). Nicht als Klageänderung zu werten ist ua eine Berichtigung der tatsächlichen Angaben in der Klage, sofern es dadurch nicht zu einer Änderung des Klagegrundes kommt (Rechberger aaO Rz 4 zu § 235 ZPO), also die Identität des Streitgegenstandes nicht verändert wird (Fasching aaO Rz 1226).

Die klagende Partei hat mit der Klage Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend gemacht, den Unfallort, den Unfallgegner und das Unfallgeschehen genau bezeichnet und zum Unfallszeitpunkt das Datum 30.4.1994 angegeben. In der Verhandlung vom 23.5.1997 berichtigte sie lediglich das Datum des Unfalls auf 30.4.1993. Der Klagegrund wurde damit nicht geändert, weil es nach wie vor um den konkret schon in der Klage bezeichneten Verkehrsunfall geht. Daß der Klagevertreter auf die Frage des Richters angegeben hat, den Halter des beteiligten Fahrzeugs sowie Marke, Type und Kennzeichen dieses Fahrzeuges nicht zu wissen, veränderte nicht die Identität des Streitgegenstandes, geht es doch nach wie vor um denselben Verkehrsunfall, von dem die klagende Partei nunmehr - nach Vorliegen von Beweisergebnissen - zur Auffassung gelangt ist, daß er sich entgegen ihrer Angaben in der Klage bereits ein Jahr früher ereignet hat. Mit ihrer Angabe, die näheren Daten des Verkehrsunfallgegners nicht zu kennen, hat die Klägerin aber nicht zum Ausdruck gebracht, daß nunmehr Ansprüche aus einem anderen Verkehrsunfall geltend gemacht würden. Ihre Haftung aufgrund des berichtigten Vorbringens zieht die beklagte Partei im Rekurs nicht mehr in Zweifel.

Das Erstgericht hat daher die aufgetragenen Verfahrensergänzungen vorzunehmen.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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