OGH 4Ob358/70

OGH4Ob358/7015.12.1970

SZ 43/232

Normen

Rabattgesetz §12
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §14
ZPO §235
Rabattgesetz §12
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §14
ZPO §235

 

Spruch:

Wird an Stelle der bisher geforderten Leistung eine andere Leistung begehrt, dann liegt eine qualitative Änderung des Begehrens und damit eine Klagsänderung vor

OGH 15. Dezember 1970, 4 Ob 358/70 (OLG Wien 2 R 143/70; HG Wien 11 Cg 571/69)

Text

Die klagende Partei behauptet, die beklagte Partei habe Mitte Mai 1969 in einer Postwurfsendung und in mehreren Tageszeitungen in Ankündigungen Artikel gegen auszugebende Gutscheine und Zahlung eines symbolischen Entgelts von 1 S angeboten, deren Marktpreis diesen Betrag weit übersteige, wodurch sie gegen das Zugabengesetz verstoßen habe. Außerdem habe sie hiedurch einen psychischen Kaufzwang ausgeübt. Es ergebe sich aus diesem Verhalten überdies die Gefahr einer Marktverstopfung. Sie beantragte, die beklagte Partei zu verurteilen, im geschäftlichen Verkehr neben dem Warenangebot von Artikeln des täglichen Bedarfs in einem Selbstbedienungsladen die Ankündigung der Abgabe von einzelnen Lebensmitteln in Normalpackungen gegen einen geringfügigen Betrag (Scheinpreis) zu unterlassen. Unter einem wurde das Begehren auf Erteilung der Befugnis zur Urteilsveröffentlichung in den in der Klage näher bezeichneten Zeitschriften gestellt. Gleichzeitig beantragte sie die Erlassung einer dem Unterlassungsbegehren entsprechenden einstweiligen Verfügung.

Das Erstgericht bewilligte diese einstweilige Verfügung, das Rekursgericht wies den Antrag mit der Begründung ab, in dem als bescheinigt angenommenen Verhalten liege weder ein Verstoß gegen das Zugabengesetz noch ein solcher gegen das Unlautere Wettbewerbsgesetz. Der Oberste Gerichtshof gab dem von der Klägerin erhobenen Revisionsrekurs keine Folge (4 Ob 353/69).

In der nach Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes folgenden ersten Tagsatzung vom 26. Februar 1970 erklärte der Klagevertreter, das Klagebegehren auf folgendes Begehren einzuschränken: "Die Beklagte sei schuldig, im geschäftlichen Verkehr beim Vertrieb eines Selbstbedienungsladens beim Verkauf von Artikeln des täglichen Bedarfs die Ankündigung eines 3% übersteigenden Barzahlungsnachlasses, insbesondere gegen Einlösung von Gutscheinen, die die Beklagte vorgängig verteilt habe, zu unterlassen." In ihrer Klagebeantwortung sprach sich die Beklagte gegen die Zulassung der Klagsänderung aus und wendete in der Sache selbst Verjährung ein.

Das Erstgericht ließ mit dem in sein Urteil aufgenommenen Beschluß die Klagsänderung zu und erkannte in der Sache selbst auf Abweisung des Begehrens. Es faßte die in der ersten Tagsatzung abgegebene Erklärung des Klagevertreters als Klagsänderung auf. Der nunmehr auf § 12 RabG gestützte Klagsanspruch sei erst am 26. Februar 1970 erhoben worden und sei daher gemäß § 14 der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Preisnachlässe (Rabattgesetz) vom 21. Februar 1934 verjährt. Die klagende Partei habe spätestens am 11. Juni 1969, am Tag der Verfassung der Klageschrift, von der rechtswidrigen Handlung und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt. Die sechsmonatige Verjährungsfrist sei demnach im Zeitpunkt der Anspruchserhebung am 26. Februar 1970 bereits abgelaufen gewesen. Die klagende Partei könne sich nicht darauf berufen, daß sie den ihrem nunmehrigen Klagsanspruch zu Gründe liegenden Sachverhalt bereits am 18. Juni 1969 geltend gemacht habe, denn sie habe in der Klage einen ganz anderen Klagsanspruch erhoben.

Die klagende Partei erhob Rekurs gegen die Zulassung der Klagsänderung mit dem Antrag, diesen Beschluß aufzuheben und die Klagseinschränkung zur Kenntnis zu nehmen, sowie Berufung gegen das Urteil des Erstgerichtes.

Das Berufungsgericht gab dem Rekurs nicht Folge und bestätigte mit Urteil das Urteil des Erstgerichtes; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteige.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die klagende Partei bekämpft zunächst die Auffassung des Berufungsgerichtes, die bei der ersten Tagsatzung vorgenommene Klagseinschränkung sei als Klagsänderung zu beurteilen. Wenn der Oberste Gerichtshof auch in seinem Beschluß 4 Ob 353/69 davon ausgegangen sei, daß sich die Klägerin ausdrücklich und ausschließlich auf das Zugabengesetz und das Unlautere Wettbewerbsgesetz als Rechtsgrund festgelegt habe, so habe dies nur für das Provisorialerfahren gegolten. Nur im Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung sei das Zugabengesetz und das Unlautere Wettbewerbsgesetz angeführt worden, hingegen sei im Vorbringen zur Klage selbst kein Paragraph zitiert worden.

Soweit das Gericht zweiter Instanz mit seinen Beschluß über die Zulassung der Klagsänderung abgesprochen hat, ist auf diese endgültig geklärte Frage nicht mehr einzugehen. Zu prüfen verbleibt aber die Frage, ob die Erklärung der klagenden Partei in der ersten Tagsatzung vom 26. Februar 1970 eine Klagseinschränkung oder eine Klagsänderung beinhaltete, weil vom Ergebnis die Anspruchsverjährung abhängt. Die klagende Partei beharrt auf ihrem Standpunkt, ihrer Erklärung komme nur die Wirkung einer Klagseinschränkung zu. Sie läßt aber bei ihren Ausführungen außer acht, daß es sich wohl bei unverändertem Sachverhalt, nicht nur um eine Einordnung unter die Bestimmungen eines anderen Gesetzes handelte, sondern auch um eine Änderung des Leistungs- bzw Unterlassungsanspruchs. Wird jedoch an Stelle der bisher geforderten Leistung eine andere Leistung begehrt, dann liegt eine qualitative Änderung des Begehrens und damit eine Klagsänderung vor (Fasching Komm III 114). Von einer nur quantitativen Änderung des Begehrens kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden, denn das Verlangen, neben dem Warenangebot von Artikeln des täglichen Bedarfes die Ankündigung der Abgabe von einzelnen Lebensmitteln in Normalpackungen gegen einen geringfügigen Betrag (Scheinpreis) zu unterlassen, unterscheidet sich von dem Begehren, beim Verkauf von Artikeln des täglichen Bedarfes die Ankündigung eines 3% übersteigenden Barzahlungsnachlasses zu unterlassen, nicht bloß in quantitativer Hinsicht.

Liegt aber keine Klagseinschränkung, sondern eine Klagsänderung vor, dann ist auch die Verjährungsfrage von den Untergerichten richtig gelöst worden. Mit der Erklärung des Klagevertreters bei der ersten Tagsatzung vom 26. Februar 1970 wurde ein gegenüber dem bisherigen Leistungsanspruch qualitativ geänderter Anspruch erhoben. Die klagende Partei vermeint, es genüge zur Unterbrechung der Verjährung, wenn der Sachverhalt an sich in der Klage behauptet wird. Zur Unterbrechung der Verjährung ist aber erforderlich, daß derjenige, der sich auf die Verjährung berufen will, von dem Berechtigten belangt wird (§ 1497 ABGB), d h, daß der betreffende Anspruch auch erhoben wird. Bis zur ersten Tagsatzung hat die Klägerin aber einen auf § 12 RabG gestützten Anspruch nicht erhoben. Die Revisionsbehauptung, im Klagsvorbringen selbst sei keine Gesetzesstelle genannt worden, trifft nicht zu. In der Sachverhaltsdarstellung der Klage bezieht sich die Klägerin ausdrücklich auf das Zugabengesetz und dessen § 3; außerdem wurde der Anspruch auf einen moralischen Kaufzwang, eine Marktverstopfung und Marktsättigung, also auf Tatbestandselemente des § 1 UWG gestützt, dem Beklagten wurde aber nicht vorgeworfen, er hätte einen 3% übersteigenden Preisnachlaß angekundigt oder gewährt. In ihrer Klage hat sich die Klägerin daher, worauf der Oberste Gerichtshof bereits in seinem Beschluß 4 Ob 353/69 verwiesen hat, ausdrücklich und ausschließlich auf das Zugabengesetz und das UWG als Rechtsgrund des geltend gemachten Unterlassungsanspruches festgelegt. Dementsprechend wurde auch das Urteilsbegehren formuliert. Somit lag in der Bekanntgabe des Sachverhalts als Rechtsgrundlage anderer Ansprüche kein "Belangen" im Sinn des § 1497 ABGB. Die Zulassung der Klagsänderung hat nur die prozessuale Wirkung, daß auch über diesen Anspruch im Rahmen desselben Verfahrens verhandelt und entschieden werden kann, die materiellrechtlichen Voraussetzungen des nunmehr erhobenen Anspruches hingegen sind vom Zeitpunkt seiner Geltendmachung zu beurteilen (SZ 11/123, 2 Ob 425/61).

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