OGH 9ObA45/98b

OGH9ObA45/98b25.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Bukovec und Dr. Bernhard Rupp als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei G***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Alfred Haberhauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Peter K*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Heinz-Eckard Lackner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 93.131,80 sA (Revisionsinteresse S 52.185,- sA), infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. August 1997, GZ 9 Ra 137/97a-41, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 46 Abs 1 ASGG zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Mit ihren für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen folgten die Vorinstanzen dem Vorbringen des Beklagten, wonach ihm der (frühere) Abteilungsdirektor der Klägerin G***** erklärt habe, die offene Forderung der Klägerin aus einem Gehaltsvorschuß werde mit (behaupteten) Provisionsansprüchen des Beklagten ausgeglichen, sodaß der Beklagte nichts mehr schulde. Wenngleich die Vorinstanzen den genauen Zeitpunkt dieser Erklärung als nicht feststellbar erachteten, kann sie nach den übrigen Feststellungen frühestens im Mai 1990 abgegeben worden sein. Dir.G***** war aber bereits seit 1.1.1990 nicht mehr in der bisherigen Funktion sondern in einem anderen Konzernunternehmen tätig und daher nicht zur Abgabe der in Rede stehenden Erklärung berechtigt. Die Namen der neuen Abteilungsleiter und die neue Verwendung des Dir.G***** waren von der Klägerin bereits im Dezember 1989 den Mitarbeitern mit einem Rundschreiben bekanntgegeben worden. Das Erstgericht erachtete aber als nicht feststellbar, daß der Beklagte dieses Rundschreiben zur Kenntnis genommen hat und stellte an anderer Stelle fest, daß er - der seit 1.1.1990 selbst eine Führungsaufgabe innehatte - nicht wußte, daß Dir.G***** seit 1.1.1990 nicht mehr in seiner bisherigen Funktion tätig war.

Rechtliche Beurteilung

Auf § 1026 ABGB, wonach die mit einem Dritten, dem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt war, geschlossenen Verträge verbindlich bleiben, hat sich der Beklagte in erster Instanz nicht berufen. Nach den Feststellungen ist diese Bestimmung hier auch nicht anwendbar. Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung muß der Machthaber, der wirksam eine Vollmacht erteilt und dies auch nach außen kundgegeben hat, die Bevollmächtigung solange gegen sich gelten lassen, bis er den dadurch geschaffenen äußeren Tatbestand der Bevollmächtigung wieder beseitigt, indem er auch die Aufhebung der Vollmacht mit den verkehrsüblichen Mitteln und mit der verkehrsüblichen Sorgfalt kundgibt (SZ 61/75). Die Beweislast dafür, daß der Dritte von der Aufhebung der Vollmacht gewußt oder schuldhaft nicht gewußt hat - bereits leichte Fahrlässigkeit schadet - trifft den Machtgeber (Strasser in Rummel ABGB**2, Rz 44 zu §§ 1020 - 1026 mwN aus der Rechtsprechung). Hier hat die Klägerin bewiesen, das Ausscheiden des Dir. G***** aus seiner bisherigen Funktion bereits Ende 1989 mit Rundschreiben an die Mitarbeiter - und damit in einer verkehrsüblichen Form - bekanntgegeben zu haben. Demgemäß ist aber aus der Feststellung, der Beklagte habe von der neuen Funktion des Dir. G***** nichts gewußt, es stehe nicht fest, daß er das Rundschreiben zur Kenntnis genommen habe, für ihn nichts zu gewinnen, weil von ihm zu erwarten ist, Rundschreiben des Dienstgebers zur Kenntnis zu nehmen, und weil es ihm, der selbst mit Führungsaufgaben betraut war, nicht freisteht, durch Ignorieren von Rundschreiben die Wirkung von Organisationsänderungen für seine Person um mehrere Monate hinauszuschieben. Anders wäre der Sachverhalt nur dann zu beurteilen, wenn der Beklagte aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen vom Rundschreiben nicht Kenntnis hätte erlangen können. Derartiges hat aber der insoweit behauptungs- und beweispflichtige Beklagte weder behauptet noch bewiesen. Er kann sich daher nicht auf § 1026 ABGB berufen.

Daß - wie der Revisionswerber nunmehr geltend macht - die vollmachtslos abgegebene Erklärung iS § 1016 ABGB durch Genehmigung bzw. Vorteilszuwendung wirksam geworden wäre, hat er in erster Instanz mit keinem Wort behauptet und kann aus den Feststellungen der Vorinstanzen auch nicht abgeleitet werden. Eine schlüssige Genehmigung - von einer ausdrücklichen Genehmigung des vollmachtslos zustande gekommenen Geschäftes kann hier von vornherein nicht die Rede sein - hat zur Voraussetzung, daß der Vertreter oder der Dritte nach den Umständen darauf vertrauen durfte und auch darauf vertraut hat, der vollmachtslos Vertretene wolle ihm gegenüber zum Ausdruck bringen, daß er mit dem ohne Vollmacht abgeschlossenen Geschäft einverstanden ist; dabei darf für den Vertreter oder den Dritten kein vernünftiger Grund daran zu zweifeln übrig sein, daß der unwirksam Vertretene ihm gegenüber einen solchen Willen äußern wollte (SZ 49/133; Ris-Justiz RS0014374). Von dieser Voraussetzung kann aber nach den Feststellungen nicht ausgegangen werden. Das dazu ins Treffen geführte (später widerrufene) Schreiben der Klägerin vom 31.1.1991, in welchem dem Beklagten die Tilgung seiner Darlehensschuld mitgeteilt wurde, steht nämlich mit der etwa ein halbes Jahr früher erfolgten Erklärung des Dir.G***** in keinem zeitlichen Zusammenhang und läßt auch nicht erkennen, daß die Klägerin überhaupt von einer vollmachtslos abgegebenen Erklärung wußte. Der Erklärung des Dir.G***** zeitlich näher liegt das Schreiben der Klägerin vom 13.7.1990, mit dem der Beklagte aufgefordert wurde, seine offene Darlehensschuld zu begleichen. Dem (späteren) Schreiben vom 31.1.1991 ging noch eine Vorsprache des Beklagten in der Lohnverrechnung der Klägerin voraus, von der nicht ausgeschlossen werden kann, daß sie für das folgende Schreiben ursächlich war. Welche Erklärungen der Beklagte bei dieser Vorsprache abgab, steht nicht fest, sodaß es nicht möglich ist, ohne "vernünftigen Grund daran zu zweifeln", davon auszugehen, er habe darauf vertrauen dürfen, die Klägerin habe ihm das Schreiben vom 31.1.1991 mit dem Willen übermittelt, eine vollmachtslos abgegebene Erklärung zu genehmigen. Ebensowenig kann sich der Beklagte auf eine Sanierung des Vollmachtsmangels durch Vorteilszuwendung berufen. Abgesehen davon, daß die Zuwendung eines Vorteiles aus der in Rede stehenden Erklärung durch die Klägerin nicht feststeht, gilt eine solche Vorteilszuwendung nur dann als Genehmigung, wenn dem unwirksam Vertretenen bekannt war, daß der Vertreter ohne Vollmacht in seinem Namen abgeschlossen hat und daß der Vorteil aus diesem Geschäft stammt, das der Vertretene nunmehr will (RdW 1989, 360; Ris-Justiz RS0014363). Derartiges hat aber der insoweit behauptungs- und beweispflichtige Beklagte nicht einmal vorgebracht.

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