OGH 6Ob305/97i

OGH6Ob305/97i12.2.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N***** OEG, ***** vertreten durch Dr.Josef Krist, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Adele B*****, vertreten durch Dr.Thomas Rohracher, Rechtsanwalt in Wien, wegen 625.000 S infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 13.Mai 1997, GZ 11 R 223/96m-16, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

a) Dem Verbraucher steht nach § 3 Abs 1 KSchG grundsätzlich ein Rücktrittsrecht zu, wenn er seine zum Vertragsabschluß führende rechtsgeschäftliche Erklärung nach einer Besprechung mit einem Vertreter des Unternehmens in seiner eigenen Wohnung abgegeben hat. Dadurch soll der Verbraucher vor Überrumpelung durch fragwürdig agierende Unternehmer und ihre Vertreter geschützt werden (1 Ob

637/82 = SZ 55/96 = HS 13.349; SZ 57/152, zuletzt 7 Ob 594/94 = ÖBA

1996, 564 = ecolex 1996, 93 = RdW 1996, 207; Schilcher, Das Rücktrittsrecht des Verbrauchers nach § 3 KSchG in Krejci, HdB zum KSchG, 274, 277, 291, 294). Eine Ausnahme vom Rücktrittsrecht sieht das KSchG allerdings für Fälle vor, in denen typischerweise eine derartige Überrumpelung ausgeschlossen ist. So steht dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht dann nicht zu, wenn er selbst die geschäftliche Verbindung mit dem Unternehmer oder dessen Beauftragten zwecks Schließung dieses Vertrages angebahnt hat (§ 3 Abs 3 Z 1 KSchG). Das ist der Fall, wenn der Verbraucher zur Anbahnung des konkreten Verbrauchergeschäftes auf eigenen Antrieb selbst aktiv tätig geworden ist. Geht daher die Initiative zu einem bestimmten Geschäftsabschluß von ihm selbst aus, dann hat er sich eine etwaige nachträgliche Beeinflussung bei seiner Kaufentscheidung selbst zuzuschreiben. Unter "Anbahnen" wird ein Verhalten verstanden, durch das dem Unternehmer gegenüber zum Ausdruck gebracht wird, man wolle in Vorverhandlungen zwecks Abschlusses eines bestimmten Geschäftes treten (Krejci in Rummel2, § 3 KSchG Rz 23). Das Verhalten des Verbrauchers muß daher einen eindeutigen Schluß auf seine Initiative und die Bereitschaft zum Abschluß eines bestimmten Verbrauchergeschäftes zulassen (SZ 55/96; SZ 57/152; ÖBA 1996, 564). Die Anlehnung an die Bestimmung gleichen Inhalts des § 4 Abs 2 RatenG rechtfertigt es, die bereits früher in der Rspr entwickelten Erwägungen zur Anbahnung nach Inserateneinschaltungen fortzuschreiben (SZ 55/183; RIS-Justiz RS0065473). Eine Anbahnung durch den Verbraucher wurde in der Rspr angenommen, wenn er die Antwortkarte einer Postwurfsendung dem Unternehmer übermittelt, um die Vorführung des annoncierten Gerätes zu erreichen (SZ 44/163), oder wenn sich ein Verbraucher auf Grund einer Zeitungsanzeige, in der ein Kraftfahrzeug zum Verkauf angeboten war, telefonisch beim Unternehmer meldet (RZ 1967, 74), oder auf Grund einer (erkennbar von einem Immobilenmakler eingeschalteten) Zeitungsannonce zum Kaufobjekt begibt und dort mit dem Vermittler Vorgespräche aufnimmt (SZ 55/183 = EvBl 1983/32 = JBl 1984, 44 = MietSlg 34/32 mwN; RIS-Justiz RS0079254). Zutreffend beurteilte die zweite Instanz den vorliegenden Fall, in dem die am Liegenschaftskauf interessierte Beklagte (Verbraucherin) auf Grund einer Zeitungsannonce der klagenden Verkäuferin (Unternehmerin), in der die Liegenschaft provisionsfrei angeboten wurde, telefonisch mit der klagenden Partei einen Besichtigungstermin vereinbarte und bei diesem Termin den Abschluß tätigte, als vergleichbaren Fall, der eine Beurteilung unter dem Gesichtspunkt des § 3 Abs 1 KSchG ausschließe (so auch Fischer-Czermak, Das Konsumentenschutzgesetz und der Liegenschaftsverkehr in NZ 1991, 115 ff, 119).

b) § 30a KSchG (Rücktritt von Immobiliengeschäften) ist hier unanwendbar, weil diese Bestimmung gemäß der Übergangsvorschrift des Art III Abs 4 MaklerG BGBl 1996/262 auf Vertragserklärungen anzuwenden ist, die ein Verbraucher nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (1.Juli 1996) abgegeben hat und im vorliegenden Fall die schriftliche Vertragserklärung der Beklagten vom 21.September 1995 stammt. Art III Abs 2 MaklerG nimmt § 30a (KSchG) ausdrücklich aus. Von einer planwidrigen Gesetzeslücke kann auch angesichts der Gesetzesmaterialien (RV 190 BlgNR 19.GP, 38 und RV 2 BlgNR 20.GP, 36 ff, 40 f) entgegen den Rechtsmittelausführungen keine Rede sein, zumal auch sonst eine unerwünschte Rückwirkung gesetzlicher Vorschriften einträte. Die behauptete fehlende Rspr zu § 30a KSchG ist somit bedeutungslos, die Frage nach dem Vorliegen der in § 30a Abs 1 letzter Halbsatz KSchG genannten Voraussetzungen ("Deckung des dringendes Wohnbedürfnis des Verbrauchers ...") stellt sich nicht mehr.

c) Die Rechtsausführungen der zweiten Instanz zu List und Irrtum und Art und Umfang vorvertraglicher Aufklärungspflichten beim Liegenschaftskauf entsprechen der herrschenden Rspr. Sowohl für die Annahme von List (§ 870 ABGB) als auch von Irrtum (§ 871 ABGB) fehlen die erforderlichen Voraussetzungen im Sachverhalt. Ob der Irreführende absichtlich oder doch bewußt vorgegangen ist, ob er Unrichtiges vorgetäuscht hat oder ob der Irregeführte dadurch zur Einwilligung gebracht wurde, ist als eine der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof entzogene Frage der Beweiswürdigung eine solche tatsächlicher Natur (1 Ob 1538/95 mwN).

Erhebliche Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO stellen sich somit nicht. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluß nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte