Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt mit der am 14.9.1992 beim Erstgericht eingelangten Klage die Zahlung von S 1,192.826, weil er im Zuge eines Wertpapiergeschäfts von einem Angestellten der beklagten Partei nicht entsprechend aufgeklärt worden und ihm durch den Ankauf wertloser Aktien ein Schaden in Höhe des Klagsbetrags entstanden sei.
Die beklagte Partei wendete ein, die ihr obliegende Informations- und Aufklärungspflicht nicht verletzt zu haben.
Mit Beschluß vom 5.11.1992 wurde das Verfahren bis zum "rechtskräftigen Abschluß" eines anderen, ebenfalls beim Erstgericht anhängigen Rechtsstreits unterbrochen und ausgesprochen, daß das Verfahren nur über Antrag der Parteien fortgesetzt werde. Dieser amtswegig gefaßte Beschluß wurde den Parteienvertretern am 30.11.1992 zugestellt und blieb unangefochten.
Am 1.7.1996 beantragte der Kläger infolge rechtskräftiger Beendigung des parallel geführten Rechtsstreits mit der Behauptung, das Urteil des Obersten Gerichtshofs sei dem Klagevertreter am 20.5.1996 zugestellt worden, die Fortsetzung des Verfahrens. Diesen Antrag zog der Kläger am 2.9.1996 ausdrücklich zurück. Am 21.1.1997 beantragte er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand dahin, "daß die Rücknahme des Antrags auf Fortsetzung des Verfahrens aufgehoben und festgestellt" werde, "daß der Fortsetzungsantrag mit Eingang am 2.7.1996 als zu diesem Zeitpunkt eingebracht" gelte; weiters begehrte er die Fortsetzung des Verfahrens durch Anberaumung einer Streitverhandlung. Er brachte vor, die Rückziehung des Fortsetzungsantrags habe auf einem Irrtum des Klagevertreters beruht.
Mit Beschluß vom 30.1.1997 wies das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag ab. Dieser Beschluß erwuchs in Rechtskraft. Am 5.3.1997 beantragte der Kläger neuerlich die Fortsetzung des Verfahrens und "widerrief" dabei ausdrücklich die Erklärung der Rücknahme des Fortsetzungsantrags.
Nunmehr wendete die beklagte Partei Verjährung des Klagsanspruchs infolge nicht gehöriger Fortsetzung der Klage ein.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es führte aus, durch die Zurückziehung des am 1.7.1996 (zeitgerecht) gestellten Fortsetzungsantrags sei dessen Wirkung beseitigt worden. Der mit Schriftsatz vom 5.3.1997 ausgesprochene Widerruf der Zurückziehung des Fortsetzungsantrags habe keine Wirkung entfaltet. Es sei unbeachtlich, daß der Antrag aufgrund eines Irrtums zurückgezogen worden sei. Entscheidend sei nur, daß erst am 6.3.1997 ein Fortsetzungsantrag, der tatsächlich Rechtswirkungen entfaltet habe, beim Erstgericht eingelangt sei. Infolge Verstreichens von fast 11 Monaten nach Wegfall des Unterbrechungsgrunds könne von einer gehörigen Fortsetzung des Verfahrens nicht gesprochen werden; der Klagsanspruch sei verjährt.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Der vom Erstgericht gefaßte Unterbrechungsbeschluß sei rechtskräftig geworden. Es wäre Sache des Klägers gewesen, nach Wegfall des Unterbrechungsgrunds rechtzeitig einen Antrag auf Fortsetzung des Verfahrens zu stellen. Der am 2.7.1996 beim Erstgericht eingelangte Fortsetzungsantrag sei rechtswirksam zurückgezogen worden und damit als nicht eingebracht anzusehen. Es könne daher auch nicht die Zeit zwischen diesem Antrag und dem "Widerruf des Fortsetzungsantrags" am 2.9.1997 als "Fortsetzungszeit" gewertet werden. Die Zurückziehung des Fortsetzungsantrags könne durch einen Widerruf der Zurückziehung nicht ungeschehen gemacht werden. Es wäre dem Kläger nur möglich gewesen, neuerlich einen Fortsetzungsantrag zu stellen, was am 21.1.1997 auch tatsächlich geschehen sei. Der Kläger sei vom 20.5.1996 (Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im Parallelverfahren) bis zum 21.1.1997, also acht Monate lang, untätig gewesen. Durch diese Untätigkeit sei die Unterbrechungswirkung der Klagserhebung beseitigt worden. Aus dem Umstand, daß der Kläger seinen anfänglich rechtzeitig gestellten Fortsetzungsantrag zurückgezogen habe, sei auf dessen mangelndes Interesse an der Verfahrensfortsetzung zu schließen. Der vom Kläger behauptete Irrtum seines Rechtsvertreters sei unbeachtlich, weil die für eine Untätigkeit beachtlichen Gründe zwischen den Parteien vorliegen müßten. Daß die beklagte Partei die Untätigkeit des Klägers veranlaßt habe, sei gar nicht behauptet worden.
Die Revision gegen diese Entscheidung ist unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Es trifft zwar zu, daß der Unterbrechungsbeschluß in mündlicher Verhandlung gefaßt werden muß, widrigenfalls er mit Nichtigkeit behaftet ist (Fucik in Rechberger, ZPO, Rz 1 zu § 190), die amtswegige Wahrnehmung einer Nichtigkeit setzt aber das Vorliegen eines zulässigen Rechtsmittels gegen die davon betroffene Entscheidung voraus. Der außerhalb einer mündlichen Verhandlung vom Erstgericht gefaßte Unterbrechungsbeschluß wurde den Parteien zugestellt, Rechtsmittel wurden dagegen nicht erhoben. Eine rechtskräftige Entscheidung - hier: Unterbrechung des Verfahrens - kann aber nicht mehr als nichtig behoben werden (SZ 59/116 mwN; EFSlg 49.999; SZ 20/47). Es ist daher von einer wirksamen Unterbrechung des Verfahrens entsprechend dem Beschluß vom 5.11.1992 auszugehen. Im übrigen bleibt festzuhalten, daß dem Kläger für den Fall der Unwirksamkeit des Unterbrechungsbeschlusses erst recht Untätigkeit in diesem Verfahren vorzuwerfen wäre, hätte er doch dann ab der Zustellung des Unterbrechungsbeschlusses am 30.11.1992 bis zum 1.7.1996, als er den Fortsetzungsantrag stellte, die Fortsetzung des Verfahrens nicht betrieben. Es läge in diesem Fall daher sogar die vom Kläger für den Verjährungseintritt geforderte "dreijährige Untätigkeit" vor.
Dem Kläger kann auch nicht darin beigepflichtet werden, daß es eines Fortsetzungsantrags nicht bedurft hätte, weil das Erstgericht ohnehin von Amts wegen zur Verfahrensfortsetzung verpflichtet gewesen wäre. Im Unterbrechungsbeschluß vom 5.11.1992 wurde ausdrücklich ausgesprochen, daß eine Fortsetzung des Verfahrens nur über Antrag der Parteien erfolgen werde. Dadurch war der Kläger zur Vornahme einer zur Fortsetzung des Verfahrens erforderlichen Handlung verhalten; dabei ist gar nicht erst zu prüfen, ob der zitierte Satz gesetzwidrigerweise in den Beschluß Aufnahme gefunden hatte, mußte der Kläger doch gerade angesichts dieses Beisatzes erkennen, daß das Gericht von sich aus nicht mehr tätig sein werde (9 Ob 2028/96t; RZ 1994/26; ecolex 1992, 14; vgl SZ 64/156; JBl 1990, 530; SZ 58/112; 8 Ob 282/82; SZ 52/30; JBl 1976, 591; EvBl 1976/6; vgl 7 Ob 130/70).
Soweit sich der Kläger im Zusammenhang mit der Zurückziehung seines Fortsetzungsantrags auf einen Irrtum seines Rechtsvertreters beruft, ist er darauf zu verweisen, daß bloß in seiner Sphäre gelegene Umstände als Rechtfertigungsgründe für die Säumnis nicht in Betracht kommen. Er könnte sich nur auf solche Gründe berufen, die im Verhältnis zwischen den Prozeßparteien liegen (9 ObA 270/97i; 9 Ob 2028/96t; ecolex 1995, 892; 8 Ob 1008/93; JBl 1990, 113; JBl 1990, 530; SZ 58/112; EvBl 1976/6; 7 Ob 130/70).
Der Antrag, ein Verfahren fortzusetzen, ist gewiß eine Prozeßhandlung, die grundsätzlich einseitig durch den Erklärenden geändert, ergänzt oder widerrufen werden kann. Ein solcher Widerruf ist aber nur solange möglich, als die Prozeßhandlung noch nicht Gegenstand einer gerichtlichen Entscheidung geworden ist, der Gegner daraus noch nicht unmittelbar Rechte erlangt hat oder das Gesetz sie ausdrücklich für unwiderruflich erklärt (3 Ob 44/95 mwN; RZ 1990/14; ÖAB 1989, 1126). Ist nun - so auch der Kläger - die Zurückziehung des Fortsetzungsantrags eine Prozeßhandlung, dann hat die beklagte Partei aus dieser wohl unmittelbar Rechte erlangt, nämlich daß eine Verfahrensfortsetzung aufgrund des Antrags des Klägers vom 1.7.1996 nicht mehr stattfinden dürfte. Ein Widerruf dieser zweiten Prozeßhandlung (Zurückziehung des Fortsetzungsantrags) wäre daher schon aus diesem Grunde nicht statthaft. Ebenso aber ist es nicht statthaft, praktisch ad infinitum Widerruf an Widerruf von Prozeßhandlungen zu reihen. Durch den "Widerruf" (= die Zurückziehung) des Fortsetzungsantrags war dieser Antrag endgültig beseitigt; ein weiteres Verfahren über den Fortsetzungsantrag hatte mit Rücksicht auf dessen Zurückziehung nicht mehr stattzufinden.
Der Fortsetzungsantrag vom 1.7.1996 entfaltete daher, da er infolge seiner Rückziehung als gar nicht gestellt zu beurteilen ist, keinerlei Wirkung. Das bedeutet aber, daß vom Wegfall des Unterbrechungsgrunds (Zustellung der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs am 20.5.1996) bis zum wirksam gestellten Unterbrechungsantrag am 21.1.1997 tatsächlich acht Monate verstrichen sind. Die Zeit vom 1.7.1996 bis 2.9.1996 kann aus dieser Zeitspanne, in der der Kläger untätig blieb, nicht ausgeklammert werden, weil der Kläger gerade durch die Zurückziehung des Fortsetzungsantrags eindeutig zum Ausdruck brachte, daß er die Fortsetzung des Verfahrens nicht anstrebe. Deutlicher kann wohl kaum dargelegt werden, daß dem Kläger an der Erreichung des Prozeßziels nichts mehr gelegen ist (vgl EvBl 1976/6; SZ 45/97). Schon ein verhältnismäßig kurzer zeitlicher Abstand zwischen Wegfall des Unterbrechungsgrunds und Fortsetzungsantrag rechtfertigt den Schluß, daß der Kläger das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt hat (ecolex 1995, 892; EvBl 1976/6). Bei einem Zeitraum von acht Monaten ist dieser Schluß geradezu zwingend. Triftige, im Verhältnis zwischen den Parteien gelegene Gründe, die ihren Ursprung nicht in der Sphäre des Klägers haben, konnte der Kläger für seine Säumnis nicht ins Treffen führen, sodaß das Verfahren nicht gehörig fortgesetzt und die Unterbrechungswirkung der Klageerhebung beseitigt ist (ecolex 1995, 892; JBl 1990, 113; SZ 58/112; EvBl 1976/6).
Zu den streitentscheidenden Rechtsfragen besteht - wie oben wiedergegeben - ausreichende Judikatur des Obersten Gerichtshofs, sodaß die Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung unzulässig ist. An die dem entgegenstehende Auffassung des Gerichts zweiter Instanz ist der Oberste Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht gebunden. Die Revision ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO. Die beklagte Partei hat in der von ihr erstatteten Revisionsbeantwortung auf den hier vorliegenden Unzulässigkeitsgrund nicht hingewiesen.
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