OGH 3Ob345/97z

OGH3Ob345/97z17.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Kreissparkasse W*****, vertreten durch Dr.Max Allmayer-Beck, Dr.Johannes Stockert und Dr.Elisabeth Scheuba, Rechtsanwälte in Wien, gegen die verpflichtete Partei Rudolf S*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Gewolf und Dr.Gernot Murko, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 504.000,-- sA, infolge Rekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgerichtes vom 4.August 1997, GZ 1 R 234/97z-9, womit der Rekurs der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Klagenfurt vom 7.April 1997, GZ 7 E 86/97v-2, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die verpflichtete Partei ist schuldig, der betreibenden Partei die mit S 21.385,80 (darin enthalten S 3.564,30 USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 7.4.1997 (ON 2) erklärte das Erstgericht das Urteil des Landgerichtes S***** vom 13.11.1996, GZ *****, für Österreich für vollstreckbar und bewilligte aufgrund dieses Exekutionstitels der betreibenden Partei wider die verpflichtete Partei zur Hereinbringung ihrer Forderung von DM 70.000,-- sA, die Fahrnisexekution sowie die Lohnexekution nach § 294 a EO. Diese Entscheidung wurde dem Verpflichteten anläßlich des Vollzuges am 28.5.1997 zugestellt.

Am 26.6.1997 gab er beim Erstgericht einen Rekurs zu Protokoll, mit dem er geltend machte, daß die betreibende Partei es unterlassen habe, die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift jener Urkunde vorzulegen, aus der sich die Zustellung des den Rechtsstreit einleitenden Schriftstückes ergebe. Das Urteil, das seine Unterschrift nicht trage, könne nicht als derartige Urkunde gelten.

Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Rekursgericht diesen Rekurs als verspätet zurück.

Entgegen den EB zur RV der EO-Novelle 1995 gelte für den Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Exekutionstitels nach § 84 Abs 4 EO die vierwöchige Rekursfrist. Diese habe jedoch mit Ablauf des 25.6.1997 geendet, sodaß er am 26.6.1997 zu gerichtlichem Protokoll erklärte Rekurs verspätet gewesen sei. Die Anwendung der einmonatigen Widerspruchsfrist nach § 84 Abs 1 EO lehnte das Rekursgericht ab.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig und begründete dies damit, daß eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Dauer der Rekursfrist gemäß § 84 EO fehle.

Diese Entscheidung bekämpft der Verpflichtete mit Rekurs, mit welchem er begehrt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Die betreibende Partei erstattete eine Rekursbeantwortung.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, weil zwar der Oberste Gerichtshof bereits in seinen Entscheidungen 3 Ob 2097/96w und 3 Ob 2098/96t = JUS Z 2127 ausgesprochen hat, daß bei Beschlüssen, mit denen über die Vollstreckbarerklärung ausländischer Exekutionstitel entschieden wurde, nach § 84 EO idF der EO-Novelle 1995 entgegen den EB zur RV (195 BlgNR 19. GP 36) eine vierwöchige Rekursfrist gemäß § 521 Abs 1 ZPO offensteht. Zugleich wurde auch klargestellt, daß dann, wenn, wie gemäß § 84 a Abs 1 EO vorgesehen, die Exekutionsbewilligung in derselben Entscheidung erteilt wird, auch für Rekurse gegen diese die längere Frist gilt. Diese Frage wäre im übrigen für die vorliegende Entscheidung nicht präjudiziell, weil der Rekurs, wie vom Rekursgericht zutreffend dargelegt wurde, jedenfalls nach Ablauf auch der vierwöchigen Rekursfrist eingebracht wurde. Zur Frage, ob für das Rekursverfahren nicht die noch längere Widerspruchsfrist des § 84 Abs 2 EO (deren Dauer vom Wohnsitz des Verpflichteten abhängt) gilt, hatte der Oberste Gerichtshof aber noch nicht Stellung zu nehmen, weil in den bisher behandelnden Fällen der Rekurs innerhalb der vierwöchigen Frist eingebracht worden war.

Der Rekurs ist aber nicht berechtigt.

Zu Unrecht beruft sich der Rekurswerber auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, nach der dann, wenn eine Entscheidung mehrere Beschlüsse enthält, für die an sich verschiedene Rechtsmittelfristen gelten, für die Anfechtung jedes ihrer Teile immer die längere Rechtsmittelfrist gilt (GlUNF 5456; SZ 2/134; EvBl 1990/124 = RZ 1990/286 = EFSlg 64.117 = JUS Z 536; zuletzt 4 Ob 1063/95 und zahlreiche E in RIS-Justiz RS0002105; ebenso Kodek in Rechberger Rz 7 vor § 461 und Rz 1 zu § 521; Fasching, ZPR2 Rz 1692, 1991 und 2345). Der Rekurswerber übersieht nämlich, worauf in der Rekursbeantwortung der Betreibenden zu Recht hingewiesen wird, daß diese Rechtsprechung zwar anzuwenden ist, was die Verbindung der Vollstreckbarerklärung mit der Exekutionsbewilligung angeht, sodaß, wie dargelegt, für Rekurse gegen beide Entscheidungen eine einheitliche vierwöchige Rekursfrist gilt, daß aber der Widerspruch ein neben dem Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung gewährter Rechtsbehelf ist. Dieser im Gesetz nicht vorkommende Begriff bezeichnet "alle im Zivilprozeß gestellten Anträge, die eine Abänderung oder Aufhebung gerichtlicher Entscheidungen oder einer im Prozeß eingetretenen Rechtsfolge (zB Säumniswirkung) durch eine weitere gerichtliche Entscheidung anstreben, mit Ausnahme der ausdrücklich als Rechtsmittel geregelten Überprüfungsanträge" (Fasching ZPR2 Rz 1669; ähnlich Rechberger/Simotta ZPR4 Rz 802 und Kodek in Rechberger Rz 1 vor § 461 ZPO). Auch die Rechtsprechung hat diesen Begriff im wesentlichen übernommen und ihn auf Anträge angewendet (vgl etwa zu § 7 Abs 3 EO RZ 1972, 185 und SZ 57/82; zur Wiedereinsetzung SZ 46/32 und SZ 47/99; zu den Klagen nach §§ 35, 36 EO RIS-Justiz RS0002152; zum Widerspruch nach § 397a ZPO, EvBl 1981/164 = JBl 1982, 43; zum Überweisungsantrag nach § 260 Abs 6 ZPO, SZ 68/37). Fasching (aaO Rz 2098 und 2099) rechnet ausdrücklich sowohl den Antrag auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung gemäß § 7 Abs 3 EO als auch den Widerspruch gegen die Exekutionsbewilligung aufgrund ausländischer Exekutionstitel (nach § 83 EO idF vor der EO-Novelle 1995) zu den Rechtsbehelfen.

Soweit überblickbar, wurde noch von niemandem die Ansicht vertreten, daß dann, wenn gegen ein und dieselbe Entscheidung mehrere Rechtsbehelfe oder Rechtsmittel mit unterschiedlichen Fristen zulässig sind, für sämtliche Rechtsbehelfe jeweils die längere Frist gelten sollte. So steht etwa zur Bekämpfung eines Versäumungsurteils neben der (innerhalb von 4 Wochen einzubringenden) Berufung der Widerspruch nach § 397a ZPO zur Verfügung, der nach Abs 2 dieser Gesetzesstelle binnen 14 Tagen einzubringen ist. Daneben ist auch noch ein ebenfalls binnen 14 Tagen (jedoch nicht ab Zustellung, sondern ab Wegfall des Hindernisses: § 148 Abs 2 ZPO) einzubringender Wiedereinsetzungsantrag möglich. Gerade an diesem Fall zeigt sich, daß sich die vom Rekurswerber vertretene Auffassung mit dem Gesetz nicht in Einklang bringen läßt. § 397a Abs 2 ZPO wäre danach völlig obsolet, weil gegen Versäumungsurteile jedenfalls die Berufung offensteht, sodaß, träfe die Auffassung des Rekurswerbers zu, auch der Widerspruch immer rechtzeitig wäre, würde er nur innerhalb der Berufungsfrist eingebracht.

Während sich nach der EO in der vor der EO-Novelle 1995 geltenden Fassung wegen der identischen Frist für den Widerspruch gegen die Exekutionsbewilligung aufgrund ausländischer Exekutionstitel und den dagegen zulässigen Rekurs nicht stellte, galt für die Bekämpfung von einstweiligen Verfügungen vor der ZVN 1983 auch wenn die einstweilige Verfügung ohne Anhörung des Gegners erlassen wurde, neben der 14-tägigen Widerspruchsfrist die achttägige Rekursfrist des § 65 Abs 2 EO (Holzhammer, ZwangsvollstrR2 310; Heller/Berger/Stix 651; RIS-Justiz RS0002033 [bis E 16]). Auch in diesem Fall hat der Oberste Gerichtshof die Anwendung der längeren Frist auf den Rekurs verneint (5 Ob 549/81). Auch wenn der Gesetzgeber eine eindeutige Regelung der Länge der Rekursfrist gegen die Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung unterlassen hat, kann ihm doch nicht unterstellt werden, er hätte bei der Neuregelung des Widerspruchsverfahrens einerseits die entweder einen Monat oder zwei Monate (je nach Wohnsitz des Verpflichteten im In- oder Ausland) Frist des § 84 Abs 2 EO auch auf den Rekurs (etwa auch des betreibenden Gläubigers gegen eine abweisliche Entscheidung?) übertragen wollen, gleichzeitig aber andererseits durch Verweisung auf § 521a ZPO in Verletzung der Waffengleichheit die Rekursbeantwortungsfrist mit 4 Wochen festgesetzt.

Berücksichtigt man, daß durch den Widerspruch gemäß § 84 Abs 3 EO ein durch Urteil zu entscheidendes Erkenntnisverfahren nach der ZPO (in erster Instanz) eingeleitet wird, dann kann auch nicht gesagt werden, daß die Gründe, die zur Rechtsprechung über die Verlängerung von Rechtsmittelfristen bei Häufung von Entscheidungen auf diesem Fall übertragbar wären.

Demnach hat das Rekursgericht zu Recht den erst am 29. Tag nach Zustellung der Entscheidung des Erstgerichtes zu Protokoll gegebenen Rekurs des Verpflichteten als verspätet zurückgewiesen.

Die Frage, ob der Rekurs in einen (wie dargelegt an das Erstgericht gerichteten) Widerspruch nach § 84 Abs 1 EO umgedeutet werden könnte, hatte das Rekursgericht, das dazu funktionell gar nicht zuständig war, nicht zu entscheiden. Dementsprechend kann auch der Oberste Gerichtshof dazu nicht Stellung nehmen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO iVm § 78 und § 83 Abs 2 EO.

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