Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden verworfen.
Aus deren Anlaß wird jedoch das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, hinsichtlich Georg W***** in der rechtlichen Unterstellung der unter Punkt B VI des Schuldspruches bezeichneten Tat (auch) unter den Tatbestand des § 109 Abs 1 StGB und somit auch im Strafausspruch aufgehoben.
Gemäß §§ 288 Abs 2 Z 3, 344 StPO wird im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst zu Recht erkannt:
Georg W***** hat durch die unter Punkt B VI des Schuldspruches bezeichnete Tat das Vergehen des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs 3 Z 1 und 3 StGB begangen.
Hiefür sowie für die unberührt gebliebenen Schuldsprüche wegen der Verbrechen des Mordes als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 75 StGB und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB sowie der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB, der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB, der versuchten Zuhälterei nach §§ 15, 216 Abs 1 StGB, der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, teilweise als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB und nach § 36 Abs 1 Z 1, 3, 4 und 5 WaffenG 1986 wird Georg W***** nach § 75 StGB unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB zu
lebenslanger Freiheitsstrafe
verurteilt.
Die Kostenentscheidung und die Vorhaftanrechnung werden aus dem Ersturteil übernommen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte Georg W***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Der Berufung des Gerhard S***** wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurden Gerhard S***** des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB (A), Georg W***** der Verbrechen des Mordes als Beteiligter nach §§ 12 zweiter Fall, 75 StGB (B 1) und der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 StGB (B III 1, 2, 4) sowie der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (B II), der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (B III 3), der versuchten Zuhälterei nach §§ 15, 216 Abs 1 StGB (B IV), der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 StGB (B V), des Hausfriedensbruches nach § 109 "Abs 1", Abs 3 Z 1 und 3 StGB (B VI), der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, teilweise als Beteiligter nach § 12 StGB (B VII) und nach § 36 Abs 1 Z 1, 3, 4 und 5 WaffenG 1986 schuldig erkannt.
Danach haben in Linz (soweit für das Nichtigkeitsverfahren von Relevanz)
A. Gerhard S***** in der Nacht vom 13. zum 14.November 1996 Petra K*****neidinger durch einen Genickschuß aus einem Revolver der Marke Smith & Wesson, Kaliber 38, vorsätzlich getötet;
B. Georg W*****
I. nach dem 7.November 1996 Gerhard S***** durch die Äußerungen, die Petra K***** hätte seinen Hund vergiftet und sie gehöre weggeräumt sowie "die gehört umgebracht", dazu bestimmt, Petra K***** zu töten;
VI. am 21.November 1996 "den Eintritt in die Wohnung von Sandra A***** und Nicole H***** mit Gewalt, indem er die zuvor von Sandra A***** geöffnete Tür aufdrückte, das Eindringen mehrerer Personen erzwungen, wobei er beabsichtigte, gegen Nicole H***** Gewalt auszuüben".
Im zugrundeliegenden Wahrspruch hatten die Geschworenen die anklagekonform gestellten Hauptfragen 1 und 2 nach dem Verbrechen des Mordes, begangen durch Gerhard S*****, und der Bestimmung zu diesem Verbrechen des Mordes durch Georg W***** bejaht. Die für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 2 gestellte Eventualfrage nach dem Verbrechen der Körperverletzung mit tödlichem Ausgang als Beteiligter (2 a) und die für den Fall der Verneinung der Hauptfrage 2 und der Eventualfrage 2 a nach dem Vergehen der schweren Körperverletzung als Beteiligter gestellte Eventualfrage (3) blieben folgerichtig unbeantwortet. Ebenso hatten die Geschworenen die weiter gestellten Hauptfragen 4 bis 7, 9, 11 bis 20 (mit einer Einschränkung) bejaht und demgemäß die Eventualfragen 8 und 10 unbeantwortet gelassen.
Nur den Schuldspruch wegen Bestimmung zum Verbrechen des Mordes nach §§ 12 zweiter Fall, 75 StGB bekämpft der Angeklagte Georg W***** mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z 10 a und 12 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.
Rechtliche Beurteilung
In der Tatsachenrüge (Z 10 a) bezeichnet der Beschwerdeführer seine Verantwortung, er habe Gerhard S***** nicht zum Mord bestimmen wollen, als durchaus verständlich und nachvollziehbar; er habe nämlich nach dem Tod seines Hundes, den er auf eine Vergiftung durch das spätere Mordopfer Petra K***** zurückführte, in weinerlichem und depressivem Zustand gegenüber Polizeibeamten geäußert, er werde Petra K***** umbringen, dies auch, weil die Genannte gegen ihn Anzeige erstattet habe; da somit im Falle eines Mordes der Verdacht sofort auf ihn gefallen wäre, sei es in seinem Interesse gewesen, daß eine solche Tat nicht begangen werde. Die ihm als Bestimmungshandlungen angelasteten Äußerungen seien nur überzogene Unmutsäußerungen und emotionelle Gefühlsausbrüche infolge des Verlustes seines Hundes gewesen. Sie hätten einer in seinem Milieu herrschenden drastischen und derben Ausdrucksweise entsprochen und seien Ausfluß seiner auf Bildungsmängel beruhenden Persönlichkeitsstruktur gewesen. Erhebliche Bedenken gegen die Annahme der Ursächlichkeit seiner Äußerungen für den Tatentschluß des unmittelbaren Täters Gerhard S***** würden sich insbesondere aus dessen Verantwortung ergeben, weil dieser seine Tat als Wahnsinnstat infolge eines spontanen Entschlusses bezeichnet habe.
Mit diesem Vorbringen unternimmt der Rechtsmittelwerber aber nur den im Nichtigkeitsverfahren unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung der Geschwore- nen nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen, ohne daß er hiebei sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen vermag. Er übergeht dabei nämlich sämtliche ihn belastenden Angaben der Zeugen Nicole H***** (253 ff/I iVm 217 ff/IV), Christine A***** (419 ff/I iVm 257/IV), Nicole R***** (319 ff/I iVm 193 ff/IV), des ursprünglich Mitbeschuldigten Michael S***** (313 ff/II iVm 254/IV) sowie des Mitangeklagten Gerhard S***** im Vorverfahren (441/I iVm 257/IV).
Entgegen der Beschwerde sprach insbesondere die Zeugin H***** davon, daß der Angeklagte S***** gemeint habe, er selbst könne mit der Tat nichts zu tun haben, weil die Polizei bereits auf ihn schauen würde, die anderen sollen "das erledigen" (263/I).
Gerhard S***** gab bei seiner Beschuldigtenvernehmung im Vorverfahren an, "es könnte sein, daß W***** schon vorher (gemeint vor dem Mord) gesagt habe, daß man Petra K***** umbringen sollte" (441/I). Auch Michael S***** belastete den Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung vor der Untersuchungsrichterin, indem er ausführte, er glaube schon, daß S***** an W***** den Auftrag erteilt habe, Petra K***** umzubringen; dies deshalb, weil beide immer zusammen waren und wegen des Hundes. Er habe einmal gehört, wie Georg meinte, die Petra gehöre weg. Die müsse genauso leiden wie sein Hund, die gehöre umgebracht (317/II).
Ausgehend von der Freundschaft zwischen den Angeklagten und angesichts des Milieus, in welchem sie lebten, lassen diese Aussagen durchaus den von den Geschworenen folgerichtig gezogenen Schluß zu, daß die Worte des Rechtsmittelwerbers keine bloßen Unmutsäußerungen, sondern konkrete Bestimmungshandlungen darstellten, die ursächlich für die Tathandlung des Gerhard S***** waren und dieser daher nicht - wie in der Hauptverhandlung angegeben - auf Grund eines eigenen spontanen Entschlusses gehandelt hat.
Bei Prüfung sämtlicher Beweisergebnisse ergeben sich daher insgesamt keine, geschweige denn erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten entscheidenden Tatsachen.
Die Subsumtionsrüge (Z 12) ist nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt.
Die prozeßordnungsgemäße Darstellung dieses materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat nämlich ein Festhalten an den im Wahrspruch festgestellten Tatsachen - auch hinsichtlich der subjektiven Tatseite - zur Voraus- setzung (Mayerhofer StPO4 § 345 Z 12 E 8).
Da sich der Beschwerdeführer über den von den Geschworenen angenommenen Tötungsvorsatz hinwegsetzt und unter Hinweis auf die Verfahrensergebnisse behauptet, es sei "nur" Verletzungsvorsatz vorgelegen, entspricht die Beschwerde nicht den angeführten Erfordernissen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Georg W***** war daher teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt zu verwerfen.
Gerhard S***** hat unmittelbar nach Urteilsverkündung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung angemeldet; nach Zustellung einer Urteilsausfertigung hat er nur die Berufung schriftlich ausgeführt. Da er bei Anmeldung der Rechtsmittel keine Nichtigkeitsgründe deutlich oder bestimmt bezeichnet und auch keine Tatumstände ausdrücklich oder durch deutliche Hinweisung angeführt hat, die Nichtigkeitsgründe bilden sollen, war seine Nichtigkeitsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Aus deren Anlaß mußte sich der Oberste Gerichtshof jedoch davon überzeugen, daß durch die rechtliche Unterstellung der unter Punkt B VI des Schuld- spruches bezeichneten Tat als das Vergehen des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs 1 und Abs 3 Z 1 und 3 StGB das Strafgesetz zum Nachteil des Angeklagten Georg W***** unrichtig angewendet worden ist.
Wegen der unterschiedlichen Ausführungshandlungen ("Eintritt erzwingen" - "Eindringen") sind die Deliktsfälle des § 109 Abs 3 StGB keine Qualifikationen des § 109 Abs 1 StGB. Es handelt sich bei den Tatbeständen des § 109 Abs 1 und des § 109 Abs 3 StGB vielmehr jeweils um Hausfriedensbruchsdelikte eigenständiger Art, die nicht im Verhältnis von Grunddelikt und Deliktsqualifikation stehen. Einfacher Hausfriedensbruch und schwerer Hausfriedensbruch schließen daher einander aus; erfüllt der Täter die Voraus- setzungen des Abs 3, so kann er nicht (auch) nach Abs 1 bestraft werden (Leukauf/Steininger Komm3 § 109 RN 33; Kienapfel BT I4 § 109 Rz 29 und 51 mwN). Die verfehlte Subsumtion wirkt sich durch die Anlastung von zwei einander ausschließenden Tatbeständen in logischer Konsequenz zum Nachteil des Angeklagten aus und war daher aus dem Urteil zu eliminieren. Die gegenteilige Rechtsansicht in 15 Os 110/94 kann nicht weiter aufrecht erhalten werden (entgegen auch 14 Os 142/95 und 14 Os 110, 140/96, diese veröffentlicht in EvBl 1997/37).
Bei der zum Angeklagten Georg W***** erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen derselben und verschiedener Art, den Umstand, daß er bereits mehrfach wegen auf gleicher schädlicher Neigung beruhender Taten verurteilt worden ist, und die Anstiftung des Gerhard S***** zum Verbrechen des Mordes; als mildernd das teilweise reumütige Geständnis, den Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist, und die Begehung der Tat unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustandes.
Die einschlägigen Vorstrafen und die Vielzahl der vom Angeklagten begangenen strafbaren Handlungen dokumentieren eine gegenüber rechtlich geschützten Werten ablehnende und gleichgültige Einstellung des Täters, die so weit ging, daß er auch vor einer rücksichtslosen Tötung eines Menschen nicht zurückschreckte. Dieser Umstand begründet insbesondere zum Verbrechen des Mordes einen überaus hohen Schuldgehalt, und es ergibt sich daraus eine besondere Gefährlichkeit des Angeklagten Georg W*****. Dem wird nur die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe gerecht.
Entgegen den Berufungsausführungen war ihm die Anstiftung des unmittelbaren Täters gemäß § 33 Z 4 StGB als erschwerend anzulasten, weil das Gesetz durch diesen eigenen Erschwerungsgrund zu erkennen gibt, daß es eben der Tatsache der Bestimmung eines anderen zu einem strafbedrohten Verhalten für die Strafbemessung in jedem Fall besonderes Gewicht beimißt. Nur wenn die Verführung eines anderen einen anderen Strafsatz zufolge hätte, dürfte sie nicht gesondert als erschwerend gewertet werden (Leukauf/Steininger aaO § 33 RN 10).
Der Milderungsgrund der allgemein begreiflichen heftigen Gemütsbewegung nach § 34 Z 8 StGB liegt hingegen nicht vor. Es fehlt nämlich bereits, selbst wenn man davon ausgeht, daß Petra K***** tatsächlich den Hund des Angeklagten Georg W***** vergiftet haben sollte, an der allgemeinen Begreiflichkeit, daß darauf mit der Tötung eines Menschen in Form einer "Hinrichtung" reagiert wird.
Die vernachlässigte Erziehung kann dem 29jährigen Berufungswerber nicht mehr als mildernd zugute gehalten werden, weil zwischen der Erziehungszeit und der Tat bereits ein längerer Zeitraum verstrichen ist und ihm die verfehlte Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten durch wiederholte Abstrafungen vor Augen geführt worden ist (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 34 E 7 c).
Die rechtsradikale Einstellung wurde vom Obersten Gerichtshof im Rahmen der Strafzumessung nicht mehr berücksichtigt.
Zur Berufung des Angeklagten
Gerhard S*****:
Das Geschworenengericht verhängte über diesen Angeklagten nach § 75 StGB eine lebenslange Freiheitsstrafe. Es wertete als erschwerend die heimtückische Vorgangsweise gegen ein ihm ausgeliefertes und wehrloses Mädchen und die zwei einschlägigen Vorverurteilungen; als mildernd das Geständnis, dem allerdings die Reumütigkeit fehlte, die Bestimmung durch den Angeklagten W***** und seine eingeschränkte Zurechnungsfähigkeit.
In seinem Rechtsmittel macht der Angeklagte geltend, der Milderungsgrund der mangelnden Dispositionsfähigkeit, die zu einer Kurzschlußhandlung geführt habe, sei erheblich unterbewertet worden. Das von ihm angelegte Geständnis sei reumütig gewesen und habe zur Wahrheitsfindung wesentlich beigetragen. Der Milderungsgrund der vernachlässigten Erziehung sei überhaupt nicht herangezogen worden.
Dem ist zu erwidern, daß die vernachlässigte Erziehung auch bei ihm wegen seines Alters (36 Jahre im Tatzeitpunkt) und seiner bisherigen gerichtlichen Abstrafungen keinen mildernden Umstand darstellt.
Den Milderungsgrund der Begehung der Tat unter dem Einfluß eines abnormen Geisteszustandes (§ 34 Z 1 StGB) steht die daraus resultierende Gefährlichkeit gegenüber, die sich darin äußerte, daß er den Mord unter äußerster Brutalität in Form einer "Hinrichtung" durch Genickschuß beging. Auch das von ihm abgelegte Geständnis, mag es nunmehr auch reumütig sein, vermag den hohen Schuldgehalt der Tat durch zielbewußte Tötung eines Menschen unter Umständen, die dem Opfer keine Chance ließ, nicht wesentlich aufzuwiegen. Berücksichtigt man weiters, daß Petra K***** vor ihrem Tod vom Berufungswerber und anderen Personen schwer mißhandelt und dann von ihm mit Waffengewalt noch gezwungen wurde, in einen Kellerraum zu gehen, dort niederzukien und sie dann von ihm, nachdem sich vorerst ein Schuß infolge Umwicklung der Waffe mit einem Handtuch nicht gelöst hatte, mit einem Genickschuß getötet wurde, liegt der Schuldgehalt der Tat, wie vom Geschworenengericht angenommen, so hoch, daß diesem nur eine lebenslange Freiheitsstrafe entspricht.
Der Berufung des Angeklagten Gerhard S***** war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der bezogenen Gesetzesstelle.
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