OGH 4Ob339/97z

OGH4Ob339/97z12.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek und Dr. Niederreiter sowie durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl R*****, vertreten durch Dr. Peter Posch und Dr. Ingrid Posch, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Franz L*****, vertreten durch Dr. Norbert Schmid, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen S 1,635.439,68 sA (Revisionsinteresse S 1,486.915,46 sA), infolge Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 24. Februar 1997, GZ 22 R 661/96d-55, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Vöcklabruck vom 11. September 1996, GZ 2 C 4094/92i-46, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 24.048,-- bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin S 4.008,-- USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig:

Mit einem Optionsvertrag wird einem Vertragsteil das Recht eingeräumt, ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen (SZ 67/137 mwN). Die Auslegung eines Optionsvertrages richtet sich nach den Grundsätzen, die auch sonst für die Vertragsauslegung gelten (§ 914 ABGB). Danach ist in Fällen, für die die Parteien nicht Vorsorge getroffen haben, der Vertrag nach der "Übung des redlichen Verkehrs" ergänzend auszulegen. Dabei sind die sich aus der Vertragsregelung sich ergebende Willensrichtung und die Grundsätze von Treu und Glauben zugrundezulegen. Es ist zu erkunden, welche Lösung redliche und vernünftige Parteien vereinbart hätten (stRsp ua JBl 1983, 592; WBl 1987, 240 [Scolik]). Die maßgeblichen Auslegungskriterien müssen immer dem Vertrag selbst oder den ihn begleitenden maßgeblichen Umständen zu entnehmen sein (Schwimann/Binder, ABGB**2 V § 914 Rz 118ff mwN).

Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang. Ob der Beklagte den Kläger darauf hinweisen hätte müssen, daß er das Angeld von S 1,000.000,-- als verfallen erachte, ist nicht maßgebend. Die Parteien haben bei Abschluß des Optionsvertrages den Fall nicht bedacht, daß sie das von ihnen damit angestrebte Ziel (Kläger: den Erwerb von zumindest einem Teil der Liegenschaft durch - letztlich - die Familie Rankl; Beklagter: Provision von zuerst S 300.000,-- und dann von insgesamt S 500.000,--; keine Belastung durch Zinsen oder andere Kosten und Spesen) auf andere Weise als durch einen Erwerb der gesamten Liegenschaft durch den Kläger erreichen würden. Sie haben daher im Optionsvertrag nicht geregelt, ob das Angeld von S 1,000.000,-- auch dann dem Beklagten verbleiben solle, wenn er die erwartete Provision erhalten und keinerlei Nachteile haben würde. Ebensowenig haben sie festgelegt, was mit einem allfälligen Mehrerlös geschehen solle.

Um den - von den Parteien nicht bedachten - Fall zu lösen, ist der Vertrag ergänzend auszulegen. Das Berufungsgericht ist dabei nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen vorgegangen. Ob ein Vertrag nach den im konkreten Fall gegebenen Umständen richtig ausgelegt wurde, hat keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO liegt daher nicht vor.

Ist der zwischen den Parteien zustandegekommene Vertrag dahin auszulegen, daß der als Angeld gegebene Betrag bei den im vorliegenden Fall gegebenen Umständen nicht verfällt, so kommt es nicht mehr darauf an, ob die Voraussetzungen für eine richterliche Mäßigung des Angeldes gegeben sind. Das Berufungsgericht hat im übrigen auch insoweit Lehre und Rechtsprechung richtig wiedergegeben.

Der Beklagte hat in der Berufung geltend gemacht, daß das Ersturteil nach § 477 Abs 1 Z 2 und 9 ZPO nichtig sei. Das Berufungsgericht hat die Nichtigkeit verneint. Dieser Beschluß kann weder mit Revision noch mit Rekurs bekämpft werden (stRsp ua SZ 59/169; RIS-Justiz RS0043405).

Aktenwidrig sind Feststellungen, die auf einem bei der Darstellung der Beweisergebnisse unterlaufenen Irrtum beruhen, der aus den Prozeßakten selbst erkennbar und behebbar ist (Kodek in Rechberger, ZPO § 471 Rz 7 mwN). Die vom Beklagten als "aktenwidrig" gerügten Feststellungen sind das Ergebnis einer Würdigung der aufgenommenen Beweise; der Beklagte versucht, sowohl mit seinen Ausführungen zur behaupteten Nichtigkeit als auch mit seinen Ausführungen zur behaupteten Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit, in Wahrheit die - im Revisionsverfahren nicht mehr überprüfbare - Beweiswürdigung des Erstgerichtes zu bekämpfen.

Der - als Verfahrensmangel und nicht als Nichtigkeit zu wertende - behauptete Verstoß gegen § 405 ZPO liegt nicht vor. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes hält sich im Rahmen des Berufungsantrages. Soweit Mängel des Verfahrens erster Instanz geltend gemacht werden, können sie schon deshalb nicht mehr wahrgenommen werden, weil sie entweder in der Berufung nicht gerügt oder vom Berufungsgericht verneint wurden (s Kodek aaO § 503 Rz 3 mwN).

Die Revision war zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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