OGH 9ObA129/97d

OGH9ObA129/97d22.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Maier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter MMag.Dr.Gerhard Stadler und Brigitte Haumer als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Christine Maria K*****, vertreten durch Dr. Gerda Mahler - Hutter, Rechtsanwältin in Berndorf, wider die beklagte Partei E***** GesmbH & Co KG, ***** vertreten durch Dr. Anton Aigner, Rechtsanwalt in Wr. Neustadt, wegen S 200.970,35 brutto sA (Revisionsinteresse S 134.992,- brutto sA), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Dezember 1996, GZ 9 Ra 311/96p-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wr.Neustadt als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. Jänner 1996, GZ 5 Cga 124/95x-13, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung 1. den

Beschluß

gefaßt:

Die Revision wird, soweit sie Nichtigkeit geltend macht, zurückgewiesen;

2. im übrigen zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, daß der fünfte Absatz des Spruches (S 2 3.Absatz der Urteilsausfertigung) wie folgt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 134.932,-

brutto samt 4% Zinsen aus S 10.384,- seit 1.6.1994 bis 30.6.1994, aus S 20.768,- seit 1.7.1994 bis 31.7.1994, aus S 31.152,- seit 1.8.1994 bis 31.8.1994, aus S 41.536,- seit 1.9.1994 bis 30.9.1994, aus S 51.920,- seit 1.10.1994 bis 31.10.1994, aus S 62.304,- seit 1.11.1994 bis 30.11.1994, aus S 72.688,- seit 1.12.1994 bis 31.12.1994, aus S 83.072,- seit 1.1.1995 bis 31.1.1995, aus S 93.456,- seit 1.2.1995 bis 28.2.1995, aus S 128.202,47 seit 1.3.1995 bis 31.3.1995 und aus S 134.992,- seit 1.4.1995 binnen 14 Tagen zu bezahlen."

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 7.605,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.267,50 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit ihren Ausführungen zum Revisionsgrund der Nichtigkeit des Berufungsverfahrens macht die Revisionswerberin inhaltlich geltend, daß - weil "kein Anknüpfungspunkt nach dem IPR" bestehe - die inländische Gerichtsbarkeit nicht gegeben sei. Sie verkennt damit, daß das IPRG das für die Beurteilung maßgebende materielle Recht bestimmt, mit der nach formellem Recht zu prüfenden Frage der inländischen Gerichtsbarkeit aber nichts zu tun hat (9 ObA 265/97d). Da die (österreichische) Beklagte an ihrem allgemeinen Gerichtsstand in Österreich geklagt wird und Gegenstand des Verfahrens ein zwischen den Streitteilen bestehendes Vertragsverhältnis ist, auf das vereinbarungsgemäß ein österreichischer Kollektivvertrag anzuwenden ist und auf Grund dessen die Klägerin - wenn auch im Ausland - gegen Entgelt Arbeitsleistungen für die Beklagte zu erbringen hatte, besteht sowohl ein inländischer Gerichtsstand als auch eine hinreichende Nahebeziehung zum Inland (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 28 JN mwN; das in Österreich am 1. 9. 1996 in Kraft getretene Abkommen von Lugano ist auf die vor diesem Zeitpunkt eingebrachte Klage noch nicht anzuwenden), sodaß die inländische Gerichtsbarkeit jedenfalls gegeben ist. Die Revision war daher - soweit sie Nichtigkeit geltend macht - zurückzuweisen.

Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß zwischen den Streitteilen ein Dienstverhältnis bestanden habe, auf das wegen der von den Parteien getroffenen Rechtswahl österreichisches Recht anzuwenden sei; da das Arbeitsverhältnis zwar durch Dienstnehmerkündigung geendet habe, die Klägerin aber in der Kündigung auf einen ihr zustehenden Austrittsgrund (Vorenthaltung des Entgeltes) verwiesen habe, stehe ihr neben dem ausständigen Entgelt auch die Abfertigung in der noch strittigen Höhe zu. Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, sodaß es genügt, insofern auf die Richtigkeit der ausführlichen Begründung der Berufungsentscheidung zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Ausführungen der Revisionswerberin folgendes entgegenzuhalten:

Daß gemäß § 44 Abs 3 IPRG eine Rechtswahl nur beachtlich ist, wenn sie ausdrücklich getroffen wurde, ist richtig. Ausdrücklich ist die Rechtswahl auch dann, wenn sie - wie hier - mündlich erfolgt (Schwimann in Rummel, ABGB**2 Rz 6 zu § 44 IPRG). Eine das gesamte Arbeitsverhältnis umfassende Rechtswahl ist auch dann anzunehmen, wenn die (ausdrückliche) Rechtswahl für mehrere Sachfragen erfolgt und wegen des Zusammenhanges mit den anderen Fragen mittels Auslegung umfassend verstanden werden muß (SZ 59/91; RS-Justiz RS0077070; Schwimann, aaO Rz 6). Letzteres haben die Vorinstanzen im vorliegenden Fall, in dem die Streitteile die Anwendung des in Betracht kommenden österreichischen Kollektivvertrages vereinbarten, wobei der Geschäftsführer der Beklagten darauf hinwies, daß diese ein österreichisches Unternehmen sei, zutreffend bejaht.

Unberechtigt ist auch der Vorwurf, die in der Berufung erhobene Beweisrüge sei nicht ordnungsgemäß erledigt worden. Das Berufungsgericht hat sich mit den darin erhobenen Einwänden ausführlich auseinandergesetzt und deutlich zum Ausdruck gebracht, warum es die vom Berufungswerber geltend gemachten Bedenken gegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes nicht teilt, sondern die erstgerichtlichen Feststellungen für richtig hält. Von einem Mangel des Berufungsverfahrens kann daher nicht die Rede sein (10 ObS 165/94; RIS-Justiz RS 0043268). Die dazu erstatteten umfangreichen Ausführungen der Revisionswerberin erweisen sich inhaltlich als unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen und als - ebenfalls unzulässige - neuerliche Geltendmachung bereits von der zweiten Instanz verneinter Verfahrensmängel (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 3 zu § 503). Auch die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor, weil entgegen der Meinung der Revisionswerberin der (für die Entscheidung bedeutungslosen) Urkunde Beil ./1 tatsächlich nicht zu entnehmen ist, von wem sie unterfertigt wurde.

Auch mit ihrem Einwand, das Erstgericht hätte über ihre Unzuständigkeitseinrede in einer abgesonderten Verhandlung entscheiden müssen, macht die Revisionswerberin in unzulässiger Weise einen schon vom Berufungsgericht verneinten Verfahrensmangel geltend.

Bei den Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach sich die Klägerin hinsichtlich Arbeitszeit und Anwesenheit an die Vorgaben der Beklagten zu halten hatte, handelt es sich um eine zutreffende Schlußfolgerung aus dem Umstand, daß es neben der Führung der Buchhaltung Aufgabe der Klägerin war, im Büro der Beklagten in Riad das Telefon und den Computer zu bedienen. Berücksichtigt man neben der dergestalt gegebenen Einfügung in das Organisationsgefüge der Beklagten, daß die Klägerin für ihre ausschließlich fremdbestimmte Tätigkeit mit monatlich abzurechnenden, als Gehältern bezeichneten Entgelten entlohnt wurde und daß die Streitteile die Anwendung des Kollektivvertrages für das Eisen- und Metallgewerbe vereinbarten, erweist sich die Auffassung der Vorinstanzen, die Vereinbarung der Streitteile sei als abhängiger Arbeitsvertrag zu qualifizieren, als zutreffend.

Aus der von der Revisionswerberin geforderten Qualifizierung der Beendigungserklärung der Klägerin als Austritt ist für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen, weil dieser Austritt im Hinblick auf den Umstand, daß der Klägerin bereits seit mehreren Monaten die Entlohnung vorenthalten wurde, gerechtfertigt gewesen wäre.

Die Ausführungen im Ersturteil zur Einstufung der Klägerin in die Verwendungsgruppe III des Kollektivvertrages bezogen sich ausschließlich auf den vom Erstgericht bejahten Anspruch der Klägerin auf Sonderzahlungen. Dieser Anspruch ist aber nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens, weil das Berufungsgericht - wie die rechnerische Überprüfung des von ihm zugesprochenen Betrages ergibt - das Klagebegehren, soweit es aus dem Anspruch auf Sonderzahlungen abgeleitet wird, rechtskräftig abgewiesen hat. Aus diesem Grunde ist auch zu den für die Verneinung dieser Ansprüche maßgebenden Überlegungen des Berufungsgerichtes über den räumlichen Geltungsbereich des Kollektivvertrages nicht Stellung zu nehmen.

Die Höhe des von der Klägerin behaupteten Umrechnungskurses hat die Beklagte in erster Instanz nicht bestritten. Bei den dazu erstmals in der Berufung vorgebrachten Einwänden handelt es sich um unzulässige Neuerungen, auf die das Berufungsgericht zu Recht nicht eingegangen ist. Aus eben diesem Grund sind auch die erstmals in der Revision angestellten Überlegungen über den von der Klägerin gewählten Umrechnungsstichtag nicht zu beachten.

Daß die Gegenforderung der Beklagten nach den erstgerichtlichen Feststellungen nicht zu Recht besteht, bedarf keiner näheren Erörterung. Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes waren dazu nicht erforderlich, weil in diesem Zusammenhang in der Berufung ausschließlich die maßgebenden Feststellungen des Erstgerichtes (erfolglos) bestritten wurden.

Bei der von der Revisionswerberin aufgezeigten Unrichtigkeit im Zinsenzuspruch des Berufungsgerichtes - in der nach Monaten gegliederten Zinsenstaffel findet sich in sinnstörender Weise einmal statt der Jahreszahl 1994 die Jahreszahl 1995 - handelt es sich um einen offenkundigen Schreib- oder Diktatfehler. Derartige Fehler können auch noch in höherer Instanz iS § 419 ZPO berichtigt werden. Eine solche Berichtigung stellt keine Abänderung der angefochtenen Entscheidung dar (Ris-Justiz RS0041527).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Berichtigung einer Jahreszahl der Zinsstaffel äußert zugunsten der zur Gänze unterliegenden Beklagten keine Kostenwirksamkeit.

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