Spruch:
Der Beschluß des Bezirksgerichtes Wiener Neu- stadt vom 3.Februar 1997, GZ 15 U 7.019/96-10, mit dem vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht zu AZ 3 a E Vr 1.079/93 des Jugendgerichtshofes Wien Abstand genommen und die Probezeit auf fünf Jahre verlängert wurde, verletzt das Gesetz in dem aus dem XX.Hauptstück der Strafprozeßordnung abzuleitenden Grundsatz der Bindungswirkung gerichtlicher Entscheidungen.
Dieser Beschluß wird (ersatzlos) aufgehoben.
Text
Gründe:
Mit dem rechtskräftigen Urteil des Jugendgerichtshofes Wien vom 17. November 1993, GZ 3 a E Vr 1.079/93-53, wurde Markus K***** zu einer (gemäß § 43 Abs 1 StGB) für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt.
Nachdem die Probezeit abgelaufen war, sprach der Jugendgerichtshof Wien mit rechtskräftigem Beschluß vom 2.Jänner 1997, GZ 3 a E Vr 1.079/93-87, gemäß § 497 StPO die endgültige Strafnachsicht aus.
Mit dem (seit 7.Februar 1997 rechtskräftigen) Urteil des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 3.Februar 1997, GZ 15 U 7.019/96-10, wurde Markus K***** wegen einer in der Probezeit begangenen strafbaren Handlung zu einer (unbedingten) Geldstrafe verurteilt.
Zugleich faßte das genannte Bezirksgericht gemäß § 494 a Abs 1 Z 2, Abs 6 StPO den Beschluß, vom Widerruf der mit dem vorerwähnten Urteil des Jugendgerichtshofes Wien gewährten bedingten Strafnachsicht abzusehen und die Probezeit auf fünf Jahre zu verlängern.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Beschluß steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt - mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Die vom Jugendgerichtshof Wien am 2.Jänner 1997 zu AZ 3 a E Vr 1.079/93 beschlossene endgültige Strafnachsicht entfaltete (bereits vor Eintritt der Rechtskraft) eine Bindungswirkung, derzufolge kein Gericht ohne vorausgegangene Aufhebung dieses Beschlusses berechtigt gewesen wäre, über den Entscheidungsgegenstand neuerlich abzusprechen.
Der (rechtskräftige) Beschluß des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 3.Februar 1997 konnte somit weder die schon vorher wirksame endgültige Strafnachsicht beseitigen noch sonst für den Verurteilten irgendwelche Rechtsfolgen nach sich ziehen. Die konstitutive Wirkung der Entscheidung des Jugendgerichtshofs Wien vom 2.Jänner 1997 blieb vielmehr hievon unberührt (15 Os 76/91, 12 Os 87/92, 11 Os 84/94).
Da die aufgezeigte Gesetzesverletzung dem Verurteilten zum Nachteil gereicht, war gemäß § 292 letzter Satz StPO spruchgemäß zu verfahren.
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