OGH 10ObS348/97t

OGH10ObS348/97t15.10.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Steinbauer als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Dr.Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Wilhelm Hackl (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Günter B*****, Angestellter, ***** vertreten durch Dr.Helmut Schmidt, Dr.Ingo Schreiber und Mag.Manfred Sommerbauer, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, wider die beklagte Partei Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, 1200 Wien, Adalbert Stifter-Straße 65, vertreten durch Dr.Vera Kremslehner, Dr.Josef Milchram und Dr.Anton Ehm, Rechtsanwälte in Wien, wegen Versehrtenrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 20.Juni 1997, GZ 9 Rs 109/97h-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt als Arbeits- und Sozialgerichtes vom 6.September 1996, GZ 5 Cgs 29/96y-12, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die im angefochtenen Urteil enthaltene rechtliche Beurteilung der Sache ist zutreffend, weshalb es ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 48 ASGG).

Ergänzend ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten:

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 175 Abs 1 ASVG sind Arbeitsunfälle Unfälle, die sich im örtlichen zeitlichen und ursächlichen Zusammenhang mit der die Versicherung begründenden Beschäftigung ereignen. Außerhalb dieser Erwerbstätigkeit umfaßt der Unfallversicherungsschutz auch Wegunfälle. Dies sind Unfälle, die sich auf einem mit der Beschäftigung zusammenhängenden Weg zur oder von der Arbeitsstätte ereignen (§ 175 Abs 2 Z 1 ASVG). Darunter ist der Weg zwischen Arbeitsstätte und ständigem Aufenthaltsort (und umgekehrt) zu verstehen. Mit § 175 Abs 2 Z 7 ASVG hat der Gesetzgeber auch Wege von der Arbeitsstätte nach Hause (und umgekehrt) oder zu einer anderen in der Nähe der Arbeitsstätte gelegenen Möglichkeit zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse während einer Arbeitspause geschützt. Während die Arbeitsstätte praktisch immer unzweifelhaft feststellbar ist, stellt sich im Rahmen der Wegprüfung auch die Frage, was unter dem zweiten Endpunkt des geschützten Weges, nämlich "Wohnung" bzw ständigem Aufenthaltsort des Arbeitnehmers zu verstehen ist.

Ausgangspunkt der Betrachtung ist dabei die Wohnfunktion: Der Schutz der Unfallversicherung greift nur ein, wenn der Weg angetreten wird, um entweder die versicherte Tätigkeit auszuüben oder eine Wohnfunktion in Anspruch zu nehmen (Tomandl, SV-System 7.ErgLfg 294 ff; Brodil/Windisch- Graetz, Sozialversicherungsrecht in Grundzügen 74; OLG Wien SSV 23/77; OGH SSV-NF 7/36 = SZ 66/44). Bei Wegunfällen ist ein Unfallversicherungsschutz immer dann zu verneinen, wenn sich der Unfall in einer Phase des Weges ereignete, der ausschließlich eigenwirtschaftlichen (persönlichen) Interessen dient. War der geschützte Lebensbereich nur Schauplatz, nicht aber Ursache des Verletzungsereignisses, so ist die Unfallversicherung nicht leistungspflichtig (10 ObS 2373/96k). Ferner ist den Revisionsausführungen entgegenzuhalten, daß im Sinne der Rechtsprechung des Senates (siehe auch SSV-NF 6/24 und 7/106) der Versicherte nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, wenn für die unfallbringende Verrichtung im wesentlichen seine eigenwirtschaftlichen Interessen maßgeblich sind und die auch vorhandenen betrieblichen Interessen nur einen völlig im Hintergrund stehenden Nebenzweck des Handelns bilden. Der innere Zusammenhang zwischen einem Weg und der versicherten Tätigkeit ist - ebenso wie bei allen anderen versicherten Tätigkeiten - nicht nur gegeben, wenn die versicherte Tätigkeit den alleinigen Grund für das Zurücklegen des Weges bildete. Diente der Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit sowohl der versicherten Tätigkeit als auch eigenwirtschaftlichen Interessen ("gemischter Weg"), so ist entsprechend den Grundsätzen bei gemischten Tätigkeiten für den Versicherungsschutz bedeutsam, ob sich der zurückgelegte Weg eindeutig in zwei Teile zerlegen läßt, von denen der eine der versicherten und der andere der nicht versicherten Tätigkeit gedient hat. Soweit diese Aufteilung nicht möglich ist, besteht der innere Zusammenhang, wenn der Weg zwar nicht allein, jedoch zumindest auch wesentlich der versicherten Tätigkeit zu dienen bestimmt war (Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3 Gesetzliche Unfallversicherung, 79.Lfg Rz 204 zu § 8 SGB VII mwN; vgl auch Tomandl, Grundriß des öst.SozR4 Nr 146; derselbe, Der Wegunfall, in Tomandl, Grenzen der Leistungspflicht 137 ff; derselbe in Tomandl, System des österr. SozVersR 7.ErgLfg 317 mwN; ebenso bereits im Leistungsrecht der öst.Unfallvers 75; SSV-NF 2/62, 2/79, 3/71, 3/158, 8/63 ua, zuletzt 10 ObS 162/97i).

Im vorliegenden Fall befand sich der Versicherte auf dem Heimweg von einer nicht geschützten, eigenwirtschaftlichen Tätigkeit. Der unmittelbar vor dem Unfall zurückgelegte Teil des Weges diente nicht wesentlich einer versicherten Tätigkeit, sondern der Rückfahrt von der eigenwirtschaftlichen Beschäftigung.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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